The Project Gutenberg EBook of Geschichte von England seit der
Thronbesteigung Jakob's des Zweiten., by Thomas Babington Macaulay

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Title: Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten.
       Achter Band: enthaltend Kapitel 15 und 16.

Author: Thomas Babington Macaulay

Release Date: October 19, 2014 [EBook #47152]

Language: German

Character set encoding: ISO-8859-1

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Thomas Babington Macaulay’s

Geschichte von England

seit der

Thronbesteigung Jakob’s des Zweiten.

 


Aus dem Englischen.


Vollständige und wohlfeilste

Stereotyp-Ausgabe.


Achter Band:

enthaltend Kapitel 15 und 16.

 

Leipzig, 1856.

G.H. Friedlein.


 

Funfzehntes Kapitel.
Wilhelm und Marie.

 


Inhalt.

Seite
Zusammenkunft des Parlaments. — Rücktritt Halifax’5
Geldbewilligungen6
Die Rechtsbill angenommen6
Untersuchung der Uebelstände bei der Marineverwaltung8
Untersuchung wegen der Führung des irländischen Kriegs8
Walker’s Empfang in England9
Edmund Ludlow11
Heftigkeit der Whigs13
Anklagen14
Johann Hampden’s Böswilligkeit16
Die Corporationsbill18
Debatten über die Indemnitätsbill22
Der Fall Sir Robert Sawyer’s23
Der König beabsichtigt sich nach Holland zurückzuziehen26
Er wird zur Aenderung seiner Absicht bestimmt27
Die Whigs widersetzen sich seiner Reise nach Irland.27
Er prorogirt das Parlament28
Freude der Tories29
Auflösung und allgemeine Wahl30
Veränderungen in den executiven Verwaltungszweigen32
Caermarthen erster Minister33
Sir Johann Lowther34
Ursprung und Fortschreiten der parlamentarischen Bestechung in England35
Sir Johann Trevor39
Godolphin tritt ab40
Veränderungen bei der Admiralität40
Veränderungen bei den Milizen40
Stimmung der Whigs42
Verkehr einiger Whigs mit Saint-Germains. Shrewsbury; Ferguson43
Hoffnungen der Jakobiten44
Zusammentritt des neuen Parlaments44
Feststellung des Staatseinkommens45
Jahrgeld der Prinzessin von Dänemark47
Bill, welche die Acte des vorhergehenden Parlaments für gültig erklärte52
Debatten über die Veränderungen bei den Milizen53
Abschwörungsbill53
Begnadigungsacte57
Das Parlament prorogirt59
Rüstungen für den ersten Krieg60XV.4
Jakob’s Verwaltung in Dublin60
Ein Hülfscorps von Frankreich nach Irland gesandt62
Plan der englischen Jakobiten; Clarendon, Aylesbury, Dartmouth64
Penn64
Preston65
Die Jakobiten von Fuller verrathen66
Crone verhaftet67
Schwierigkeiten Wilhelm’s69
Benehmen Shrewsbury’s69
Der Neunerrath71
Clarendon’s Verhalten72
Penn muß Caution erlegen73
Unterredung zwischen Wilhelm und Burnet73
Wilhelm reist nach Irland ab74
Crone’s Prozeß74
Gefahr einer Invasion und Insurrection. Tourville’s Flotte im Kanal76
Verhaftung verdächtiger Personen76
Torrington erhält Befehl, Tourville eine Schlacht zu liefern77
Schlacht bei Beachy Head79
Aufregung in London80
Schlacht bei Fleurus80
Geist der Nation80
Verhalten Shrewsbury’s82

Zusammenkunft des Parlaments. — Rücktritt Halifax’.

XV.5 Während die Convention auf der einen Seite von Old Palace Yard debattirte, debattirte das Parlament auf der andren Seite noch heftiger. Die beiden Häuser hatten sich, nachdem sie am 20. August auseinandergegangen, am 19. October wieder versammelt. Am Tage des Zusammentritts fiel Jedermann eine wichtige Veränderung auf: Halifax saß nicht mehr auf dem Wollsack. Er hatte Grund zu erwarten, daß die Verfolgung, der er während der vorigen Session mit genauer Noth entgangen war, jetzt erneuert werden würde. Die während der Ferien eingetretenen Ereignisse und ganz besonders der unglückliche Verlauf des Feldzugs in Irland hatte seinen Verfolgern neue Mittel in die Hand gegeben, ihm zu schaden. Seine Verwaltung war nicht glücklich gewesen, und wenn dies auch zum Theil Ursachen zugeschrieben werden mußte, gegen welche keine menschliche Einsicht hätte ankämpfen können, so war es doch theilweis auch den Eigenthümlichkeiten seines Characters und seines Geistes zuzuschreiben. Daß eine zahlreiche Partei im Hause der Gemeinen versuchen würde, ihn zu beseitigen, war ausgemacht, und auf den Schutz seines Gebieters konnte er sich nicht mehr verlassen. Es war sehr natürlich, daß ein Prinz, der durch und durch ein Mann der That war, eines Ministers überdrüssig wurde, der ein Mann der Spekulation war. Karl, der in den Staatsrath ging, wie er ins Theater ging, lediglich zu seiner Unterhaltung, war ganz entzückt über einen Rathgeber, der über jede Frage nach beiden Seiten hin hundert angenehme und geistreiche Dinge zu sagen wußte. Wilhelm aber war kein Freund von philosophischen Untersuchungen und Disputationen, mochten sie auch noch so lebhaft und scharfsinnig geführt werden, weil sie viel Zeit kosteten und zu nichts führten. Man erzählte sich und es klingt nicht unwahrscheinlich, daß er einmal sich nicht habe enthalten können, am Rathstische seinen Unwillen über das was er eine krankhafte, gewohnheitsmäßige Unentschiedenheit nannte, in scharfen Worten zu äußern.[1] Aergerlich über sein Mißgeschick im öffentlichen Leben, durch häusliche Schicksalsschläge gebeugt, durch die Furcht vor einer Anklage beunruhigt und nicht mehr durch die königliche Gunst gehalten, wurde Halifax des öffentlichen Lebens müde und begann sich nach der Stille und Einsamkeit seines Landsitzes in Nottinghamshire zu sehnen, einer alten, in Wäldern tiefvergrabenen Cistercienserabtei. Anfangs October wurde es bekannt, daß er nicht länger im Oberhause präsidiren XV.6 wolle; zu gleicher Seit raunte man sich als ein großes Geheimniß zu, daß er sich gänzlich von den Geschäften zurückzuziehen gedenke und daß er das Geheimsiegel nur bis zur erfolgten Ernennung eines Nachfolgers noch behalte. Der erste Baron Atkyns ward zum Sprecher der Lords erwählt.[2]

Geldbewilligungen.

Ueber einige wichtige Punkte schien in der gesetzgebenden Versammlung keine Meinungsverschiedenheit zu herrschen. Die Gemeinen beschlossen einstimmig, den König in dem Werke der Wiedereroberung Irland’s kräftig zu unterstützen und ihn in den Stand zu setzen, den Krieg gegen Frankreich mit Energie fortzuführen.[3] Mit der nämlichen Einhelligkeit votirten sie eine außerordentliche Verwilligung von zwei Millionen.[4] Es wurde beschlossen, daß der größere Theil dieser Summe durch eine Besteuerung des Grundeigenthums aufgebracht werden solle. Der Rest sollte theils durch eine Kopfsteuer, theils durch neue Abgaben auf Thee, Kaffee und Chokolade gedeckt werden. Es wurde auch vorgeschlagen, hunderttausend Pfund von den Juden zu erheben, und das Haus nahm diesen Vorschlag anfangs günstig auf; dann aber tauchten Schwierigkeiten auf. Die Juden reichten eine Petition ein, worin sie erklärten, daß sie außer Stande seien eine solche Summe zu bezahlen und daß sie lieber das Königreich verlassen als darin zu Grunde gehen würden. Einsichtsvollen Politikern konnte es nicht entgehen, daß eine specielle Besteuerung einer nicht zahlreichen Klasse, welche zufällig reich, unpopulär und wehrlos ist, in Wirklichkeit Confiscation genannt werden und schließlich den Staat eher ärmer als reicher machen muß. Nach einiger Discussion wurde die Judensteuer aufgegeben.[5]

Die Rechtsbill angenommen.

Die Rechtsbill, die man in der vorigen Session, nachdem sie viel Streit zwischen den beiden Häusern verursacht, hatte fallen lassen, wurde aufs neue eingebracht und rasch angenommen. Die Peers bestanden jetzt nicht mehr darauf, daß ein Nachfolger auf dem Throne mit Namen bezeichnet werden müsse, wenn Marie, Anna und Wilhelm alle Drei ohne Nachkommenschaft sterben sollten. Elf Jahre lang hörte man nichts mehr von den Ansprüchen des Hauses Braunschweig.

Die Rechtsbill enthielt einige Bestimmungen, welche besondere Erwähnung verdienen. Die Convocation hatte erklärt, daß es dem Interesse des Königreichs zuwider sei, von einem Papisten regiert zu werden, hatte aber keine Maßregel vorgeschrieben, durch welche ermittelt werden konnte, ob ein Fürst ein Papist war oder nicht. Diese Lücke wurde jetzt ausgefüllt durch die Verordnung, daß jeder englische Souverain in vollem Parlament und bei der Krönung die Erklärung gegen die Transsubstantiation wiederholen und unterschreiben solle.

Außerdem wurde verordnet, daß Niemand, der einen Papisten oder XV.7eine Papistin heirathete, fähig sein sollte, in England zu regieren und daß, wenn der Souverain oder die Souverainin eine Papistin oder einen Papisten heirathete, der Unterthan seines Treuschwures entbunden sein sollte. Burnet rühmte sich, daß dieser Theil der Rechtsbill sein Werk sei. Doch hatte er wenig Ursache, stolz darauf zu sein, denn ein erbärmlicheres Stück legislativer Arbeit wird es so leicht nicht geben. Erstens ist keine Prüfungsmaßregel vorgeschrieben. Ob der Gemahl einer Souverainin oder die Gemahlin eines Souverains den Suprematseid geleistet, die Erklärung gegen die Transsubstantiation unterschrieben, nach dem Ritual der englischen Kirche communicirt hat, sind sehr einfache factische Fragepunkte. Ob aber der Gemahl einer Souverainin oder die Gemahlin eines Souverains Papist ist oder nicht, ist eine Frage, über welche die Leute ewig streiten können. Was ist ein Papist. Das Wort hat weder juristisch noch theologisch eine definitive Bedeutung. Es ist nichts weiter als ein gebräuchlicher Spottname und hat im Munde verschiedener Leute einen ganz verschiedenen Sinn. Ist jeder ein Papist, der dem Bischof von Rom unter den christlichen Prälaten ein Primat zugesteht? Wenn das ist, so waren Jakob I., Karl I., Laud und Heylyn Papisten.[6] Oder beschränkt sich die Benennung nur auf Personen, welche den ultramontanen Doctrinen bezüglich der Autorität des heiligen Stuhles huldigen? Wenn das ist, so war weder Bossuet noch Pascal ein Papist.

Was ist ferner der legale Sinn der Worte, welche den Unterthan eines Unterthaneneides entbinden? Ist damit gemeint, daß ein des Hochverraths Angeklagter als Zeuge auftreten könne, um zu beweisen, daß der Souverain eine papistische Person geheirathet habe? Würde zum Beispiel Whistlewood ein Recht auf Freisprechung gehabt haben, wenn er hätte beweisen können, daß König Georg IV. mit Mrs. Fitzherbert vermählt und daß Mrs. Fitzherbert eine Papistin war? Es ist schwer zu glauben, daß irgend ein Gerichtshof sich auf eine solche Frage eingelassen haben würde. Wozu aber dann verordnen, daß der Unterthan in einem gewissen Falle seines Unterthaneneides entbunden sein solle, wenn das Tribunal, vor das er wegen Verletzung seines Unterthaneneides gestellt wird, gar nicht auf die Frage eingeht, ob jener Fall stattgefunden hat?

Die Angelegenheit des Dispensationsrechts wurde ganz anders behandelt, reiflich erwogen und schließlich auf die einzige Art erledigt, auf die sie erledigt werden konnte. Die Rechtserklärung war nicht weiter gegangen, als daß sie das Dispensationsrecht so wie es unlängst ausgeübt worden, für ungesetzlich erklärte. Daß der Krone eine gewisse Dispensationsbefugniß zustand, war eine Behauptung, welche durch Autoritäten und Präcedenzfälle sanctionirt war, von denen selbst whiggistische JuristenXV.8 nicht ohne Achtung sprechen konnten; über die Ausdehnung dieser Befugniß aber waren nicht zwei Juristen gleicher Meinung, und jeder Versuch eine bestimmte Definition festzustellen, war gescheitert. Durch die Rechtsbill endlich wurde die anomale Prärogative, welche so viel heftigen Streit verursacht hatte, unbedingt und für immer aufgehoben.[7]

Untersuchung der Uebelstände bei der Marineverwaltung.

Im Hause der Gemeinen fand, wie dies kaum anders zu erwarten war, eine Reihe scharfer Debatten über das Mißgeschick des Herbstes statt. Die Nachlässigkeit oder Bestechlichkeit der Marinebeamten, die Betrügereien der Lieferanten, die Habgier der königlichen Schiffskapitains, die Verluste der londoner Kaufleute, waren Themata für viele heftige Reden. Grund zu Unwillen war in der That vorhanden. Eine strenge Untersuchung, von Wilhelm persönlich im Schatzamte geleitet, hatte so eben die Thatsache constatirt, daß ein großer Theil des Salzes, mit welchem das der Flotte gelieferte Fleisch eingepökelt worden, zufällig mit Gallus, wie er zur Tintenfabrikation gebraucht wird, vermischt gewesen war. Die Lieferanten schoben die Schuld auf die Ratten und behaupteten, daß die so gewürzten Speisen allerdings unangenehm schmeckten, der Gesundheit aber nicht nachtheilig seien.[8] Die Gemeinen waren jedoch nicht in der Stimmung, um solche Entschuldigungen gelten zu lassen. Mehrere Personen, welche an dem gegen die Regierung verübten Betruge und an dem Vergiften der Seeleute Theil genommen, wurden durch den Sergeanten ins Gefängniß abgeführt.[9] Dem Hauptsünder Torrington aber wurde ein Tadelsvotum zuerkannt, und es scheint nicht, daß nur eine einzige Stimme sich gegen ihn erhob. Er hatte unter beiden Parteien Freunde, besaß viele populäre Eigenschaften, und selbst seine Fehler waren keine solchen, welche öffentlichen Haß erwecken. Das Volk verzieh es einem tapferen und treuherzigen Seemanne gern, daß er seine Flasche, seine Zechgenossen und seine Maitressen zu sehr liebte, und bedachte nicht hinreichend, wie groß die Gefahren eines Landes sein mußten, dessen Wohl und Wehe von einem in sorglose Trägheit versunkenen, durch den Wein abgestumpften, durch Ausschweifungen entnervten, durch Verschwendung ruinirten und durch Schmarotzer und Buhlerinnen beherrschten Manne abhing.

Untersuchung wegen der Führung des irländischen Kriegs.

Die Leiden der Armee in Irland riefen laute Aeußerungen der Theilnahme und des Unwillens hervor. Die Gemeinen ließen der Energie und Umsicht, womit Schomberg den schwierigsten aller Feldzüge geleitet hatte, Gerechtigkeit widerfahren. Daß er nicht mehr erreicht, wurde hauptsächlich den Schurkereien des Kriegscommissariats Schuld gegeben. Die Epidemie, sagte man, würde kein großes Unglück gewesen sein, wenn sie nicht durch die Schlechtigkeit der Menschen verschlimmert worden wäre. Die Krankheit habe in der Regel Diejenigen verschont, welche mit warmer Kleidung und Betten versehen gewesen, habe aber Die, welche leicht gekleidet gewesen und auf dem feuchten Erdboden geschlafen, zu Tausenden hingerafft. Ungeheure Summen seien aus dem Schatze gezogenXV.9 worden und doch sei der Sold der Truppen in Rückstand. Der Staat habe Hunderte von Pferden, viele Tausend Paar Schuhe angeschafft, und doch sei die Bagage wegen Mangel an Zugvieh zurückgelassen worden und die Soldaten seien barfuß durch den Schlamm gewatet. Siebzehnhundert Pfund Sterling seien der Regierung für Arzeneien angerechnet, und doch habe es in dem mit Kranken angefüllten Lager an den einfachsten Medicamenten gefehlt, die jede Apotheke in dem kleinsten Marktflecken führe. Drohende Stimmen erhoben sich gegen Shale. Es wurde dem Throne eine Adresse überreicht, welche verlangte, daß er nach England geschickt und seine Rechnungen und Papiere mit Beschlag belegt werden sollten. Der König sagte dies bereitwilligst zu, die whiggistische Majorität aber war nicht zufriedengestellt. Von wem war Shales für einen so wichtigen Posten wie der des Generalcommissars empfohlen worden? Er war in den schlimmsten Zeiten ein Günstling des Hofes und ein eifriger Vertheidiger der Indulgenzerklärung gewesen. Warum hatte man dieser Creatur Jakob’s die Verproviantirung der Armee Wilhelm’s anvertraut? Einige von Denen, welche gern alle Tories und Trimmers aus dem Staatsdienste vertreiben wollten, schlugen vor, Se. Majestät zu fragen, auf wessen Rath ein das Vertrauen des Königs so wenig verdienender Mann angestellt worden sei. Die gemäßigteren und einsichtsvolleren Whigs wiesen darauf hin, wie taktlos und unhöflich es sein würde, den König zu befragen und ihn in die Nothwendigkeit zu versetzen, entweder seine Minister anzuklagen oder sich mit den Vertretern seines Volks zu veruneinigen. „Rathen Sie Se. Majestät, wenn Sie wollen,” sagte Somers, „daß er Denen, welche ihm diese unglückliche Wahl empfohlen, sein Vertrauen entziehe. Wird dieser Rath so gegeben, wie wir ihn wahrscheinlich geben würden, das heißt einstimmig, so muß derselbe großes Gewicht bei ihm haben. Aber legen Sie ihm nicht eine Frage vor, die kein Privatmann gern beantworten würde, zwingen Sie ihn nicht, zur Wahrung seines persönlichen Ansehens die Männer in Schutz zu nehmen, die Sie beseitigt zu sehen wünschen.” Nach einem zweitägigen harten Kampfe und mehreren Abstimmungen wurde die Adresse mit hundertfünfundneunzig Stimmen gegen hundertsechsundvierzig angenommen.[10] Wie vorauszusehen war, weigerte sich der König, zum Angeber zu werden und das Haus drang nicht weiter in ihn.[11] Auf eine andre Adresse, welche darum ansuchte, daß eine Commission abgesandt werden möchte, um die Lage der Dinge in Irland zu untersuchen, gab Wilhelm hingegen eine sehr gnädige Antwort und bat die Gemeinen, selbst die Mitglieder der Commission zu ernennen. Um dem Könige an Artigkeit nicht nachzustehen, lehnten die Gemeinen dies ab und stellten es der Weisheit Sr. Majestät anheim, die geeignetsten Personen auszuwählen.[12]

Walker’s Empfang in England.

Inmitten der heftigen Debatten über den irländischen Krieg erregte ein erfreulicher Zwischenfall auf einen Augenblick gute Laune und Einmüthigkeit. Walker war in London angekommen und daselbst mit grenzenloser Begeisterung empfangen worden. Sein Portrait prangte in jedem Bilderladen, Neuigkeitsbriefe, XV.10in denen seine Persönlichkeit und seine Haltung beschrieben waren, wurden in jeden Winkel des Reichs gesandt, Flugblätter, die ihn in Prosa und in Versen priesen, wurden in jeder Straße ausgeboten. Die Gilden London’s veranstalteten ihm zu Ehren glänzende Festmähler in ihren Hallen, das Volk drängte sich danach ihn zu sehen wo er sich blicken ließ, und erdrückte ihn fast mit unsanften Liebkosungen. Beide Universitäten verliehen ihm den Grad eines Doctors der Theologie. Einige von seinen Bewunderern riethen ihm, sich in der Uniform im Palaste vorzustellen, in welcher er die mehrmaligen Ausfälle seiner Mitbürger commandirt hatte. Doch mit richtigerem Takt als er zuweilen an den Tag gelegt, erschien er in Hampton Court in dem friedlichen Kleide seines Standes, wurde sehr gut aufgenommen und mit einer Anweisung auf fünftausend Pfund beschenkt. „Und glauben Sie nicht, Herr Doctor,” sagte Wilhelm mit liebenswürdiger Freundlichkeit zu ihm, „daß diese Summe eine Bezahlung für Ihre Dienste sein soll. Ich versichere Ihnen, daß ich Ihre Ansprüche an mich keineswegs als im geringsten vermindert betrachte.”[13]

Doch inmitten des allgemeinen Beifalls ließ sich auch die Stimme der Verleumdung hören. Die Vertheidiger Londonderry’s waren Leute von zwei verschiedenen Nationen und Religionen gewesen. Während der Belagerung hatte der Haß gegen die Irländer alle Sachsen und der Haß gegen den Papismus alle Protestanten zusammengehalten. Als aber die Gefahr vorüber war, begannen Engländer und Schotten, Episkopalen und Presbyterianer über die Vertheilung des Lobes und der Belohnungen zu mäkeln. Die Dissentergeistlichen, welche Walker in der Stunde der Gefahr kräftig unterstützt hatten, beklagten sich darüber, daß er in den von ihm veröffentlichten Bericht über die Belagerung zwar anerkannt, daß sie gute Dienste geleistet, aber unterlassen habe, ihre Namen zu nennen. Die Klage war begründet und würde auch wahrscheinlich einen merklichen Eindruck auf die öffentliche Meinung gemacht haben, wäre sie in einer Sprache erhoben worden, wie sie sich für Christen und Gentlemen ziemte. Aber Walker’s Ankläger setzten in ihrem Grolle Wahrheitsliebe und Schicklichkeit aus den Augen, bedienten sich unanständiger Ausdrücke, brachten verleumderische Beschuldigungen vor, welche siegreich widerlegt wurden, und verscherzten sich so den Vortheil wieder, den sie gehabt hatten. Walker vertheidigte sich mit Mäßigung und Freimüthigkeit. Seine Freunde stritten tapfer für ihn und übten nachdrückliche Wiedervergeltung gegen seine Angreifer. In Edinburg mag die öffentliche Meinung gegen ihn gewesen sein; in London aber scheint der Streit seinen Ruf nur gehoben zu haben. Er wurde als ein anglikanischer Geistlicher von großen Verdiensten betrachtet, der, nachdem er seine Religion gegen ein Heer papistischer Rapparees heldenmüthig vertheidigt, von einem Haufen schottischer Covenanters gemißhandelt wurde.[14]

XV.11Er überreichte den Gemeinen eine Petition, welche die traurige Lage schilderte, in der sich die Wittwen und Waisen einiger während der Belagerung gefallenen tapferen Männer jetzt befanden. Die Gemeinen erkannten ihm auf der Stelle ein Dankvotum zu und beschlossen eine Adresse an den König, worin er ersucht wurde, zehntausend Pfund unter die Familien vertheilen zu lassen, deren Leiden so ergreifend geschildert waren. Am folgenden Tage verbreitete sich unter der Versammlung das Gerücht, Walker sei im Vorzimmer. Er ward hereingerufen und der Sprecher theilte ihm mit großer Würde und Freundlichkeit mit, daß das Haus sich beeilt habe, seinem Gesuche zu willfahren, belobte ihn in den schmeichelhaftesten Ausdrücken, daß er es auf sich genommen habe, eine von ihren eigenen Behörden und Vertheidigern verlassene Stadt zu verwalten und zu vertheidigen, und trug ihm auf, Denen, welche unter ihm gefochten, zu sagen, daß ihre Treue und Tapferkeit den Gemeinen England’s stets in dankbarer Erinnerung bleiben werde.[15]

Edmund Ludlow.

Um die nämliche Zeit brachte eine andre merkwürdige und interessante Episode, welche, wie die erstere, aus den Ereignissen des irischen Kriegs entsprang, eine kleine Diversion in den parlamentarischen Geschäftsgang. Im vergangenen Frühjahr, als jeder Bote aus Irland schlimme Nachrichten brachte und als Jakob’s Autorität in allen Theilen des Königreichs anerkannt war, ausgenommen hinter den Wällen von Londonderry und an den Ufern des Ernesee’s, war es natürlich, daß die Engländer sich erinnerten, mit welcher furchtbaren Energie die großen puritanischen Krieger der vorigen Generation den Aufstand des celtischen Stammes niedergeworfen hatten. Die Namen Cromwell’s, Ireton’s und der anderen Heerführer der siegreichen Armee waren in aller Munde. Einer von diesen Heerführern, Edmund Ludlow, war noch am Leben. Mit zweiundzwanzig Jahren war er als Freiwilliger in die Parlamentsarmee eingetreten und in seinem dreißigsten Lebensjahre war er zum Generalleutnant befördert worden. Jetzt war er alt, seine geistige Kraft aber war noch ungeschwächt. Sein Muth war vom besten Schlage, sein Verstand scharf, aber beschränkt. Was er sah, das sah er klar, aber er sah nicht viel auf einen Blick. Zu einer Zeit der Treulosigkeit und Unbeständigkeit hatte er trotz mannichfacher Versuchungen und Gefahren fest an den Grundsätzen seiner Jugend gehalten. Selbst seine Feinde konnten nicht in Abrede stellen, daß sein Leben consequent gewesen und daß er mit dem nämlichen Muthe, mit dem er gegen die Stuarts aufgetreten, auch gegen die Cromwells aufgetreten war. Nur ein Flecken haftete auf seinem Ruhme, und dieser Flecken war in den Augen der großen Mehrheit seiner Landsleute einer von denen, welche kein Verdienst aufwiegen und keine Zeit verwischen konnte. Sein Name und sein Siegel standen unter dem Todesurtheile Karl’s I.

Nach der Restauration fand Ludlow ein Asyl an den Ufern des Genfer Sees, wohin ihn ein andres Mitglied des hohen Gerichtshofes, Johann XV.12 Lisle, der Gatte jener Alice Lisle, deren Tod einen unauslöschlichen Schandfleck auf das Gedächtniß Jakob’s II. geworfen, begleitete. Doch selbst in der Schweiz waren die beiden Königsmörder nicht sicher. Es wurde ein hoher Preis auf ihre Köpfe gesetzt, und eine Reihe irischer Abenteurer, durch nationalen und religiösen Haß entflammt, versuchte es, den Blutpreis zu verdienen. Lisle fiel von der Hand eines dieser Mörder, Ludlow aber entrann glücklich allen Machinationen seiner Feinde. Ein kleines Häuflein heftiger und entschlossener Whigs zollte ihm eine Verehrung, die sich mit den Jahren steigerte, und ließ ihn als den fast einzigen, sicherlich als den berühmtesten Ueberlebenden eines mächtigen Stammes von Männern, den Siegern in einem furchtbaren Bürgerkriege, den Richtern eines Königs und Gründern einer Republik, zurück. Mehr als einmal war er von den Feinden des Hauses Stuart eingeladen worden, sein Asyl zu verlassen, ihr Feldherr zu werden und das Signal zum Aufstande zu geben, er aber hatte es weislich abgelehnt, sich an den verzweifelten Unternehmungen zu betheiligen, über welche die Wildman und Ferguson unablässig brüteten.[16]

Die Revolution eröffnete ihm eine neue Aussicht. Das Recht des Volks, sich der Tyrannei zu widersetzen, ein Recht, das viele Jahre hindurch Niemand geltend machen konnte, ohne sich kirchlichen Anathemen und bürgerlichen Strafen auszusetzen, war von den Ständen des Reichs feierlich anerkannt und durch Herolde auf der nämlichen Stelle proklamirt worden, wo man vierzig Jahre früher das denkwürdige Schaffot errichtet. Jakob war zwar nicht, wie Karl, den Tod des Verräthers gestorben, doch schien die Strafe des Sohnes sich mehr dem Grade als dem Prinzipe nach von der des Vaters zu unterscheiden. Die, welche kürzlich Krieg gegen einen Tyrannen geführt, ihn aus seinem Palaste vertrieben, ihn aus seinem Lande verstoßen, ihn seiner Krone beraubt hatten, meinten wahrscheinlich, daß das Verbrechen, noch einen Schritt weiter gegangen zu sein, durch eine dreißigjährige Verbannung hinlänglich gesühnt sei. Ludlow’s Verehrer, von denen einige sehr hohe öffentliche Stellungen bekleideten, versicherten ihm, daß er es getrost wagen könne, über den Kanal zu kommen, daß er sogar erwarten dürfe, mit einem hohen Commando nach Irland geschickt zu werden, wo sein Name bei seinen Soldaten und deren Kindern noch immer in liebevollem Andenken stehe.[17] Er kam, und zu Anfang Septembers erfuhr man, daß er in London war.[18] Allein es zeigte sich bald, daß er und seine Freunde sich in der Stimmung des englischen Volks geirrt hatten. Alle, mit Ausnahme einer kleinen extremen Section der Whigpartei, betrachteten den Act, in welchem er eine unvergeßliche Rolle gespielt hatte, nicht nur mit der einer groben Verletzung des Gesetzes und der Gerechtigkeit gebührenden Mißbilligung, sondern mit einem Abscheu, wie ihn selbst die Pulververschwörung nicht erregt hatte. Das alberne und fast gottlose Gebet, das noch heute am 30. Januar in unseren Kirchen verlesen wird, hatte in den Gemüthern des großen Haufens eine wunderliche Ideenverbindung hervorgerufen. Die XV.13Leiden Karl’s wurden den Leiden des Erlösers der Menschheit gleichgestellt, und jeder Königsmörder war ein Judas, ein Kaiphas oder ein Herodes. Allerdings war Ludlow, als er in dem Tribunal zu Westminster Hall saß, ein heißblütiger Enthusiast von achtundzwanzig Jahren, und jetzt kehrte er als ein siebzigjähriger Greis aus dem Exil zurück. Hätte er sich demnach damit begnügt, in strenger Zurückgezogenheit zu leben und die Oeffentlichkeit zu meiden, so würden vielleicht selbst eifrige Royalisten dem alten Republikaner ein Grab in seinem heimathlichen Boden nicht mißgönnt haben. Allein er dachte gar nicht daran, sich zu verbergen. Man erzählte sich bald, daß einer von den Mördern, welche auf England eine Schuld gebracht hätten, wegen der es alljährlich im Bußgewande Gott bitte, daß er darüber nicht mit ihm richten möge, in den Straßen seiner Hauptstadt einherstolzire und sich rühme, daß er über kurz oder lang seine Armee commandiren werde, seine Wohnung sollte angeblich das Hauptquartier der angesehensten Feinde der Monarchie und des Episkopats sein.[19] Die Sache kam vor das Haus der Gemeinen. Die toryistischen Mitglieder forderten laut, daß an dem Verräther Gerechtigkeit geübt werde, und keiner der Whigs wagte es, ein Wort zu seiner Vertheidigung zu sagen. Einige wenige äußerten zwar schüchtern Zweifel, ob die Thatsache seiner Zurückkunft durch solche Zeugen bewiesen sei, die ein parlamentarisches Verfahren rechtfertigen; aber der Einwand wurde nicht beachtet und ohne Abstimmung beschlossen, daß der König ersucht werden solle, einen Fahndungsbefehl gegen Ludlow zu erlassen. Seymour überreichte die Adresse und der König versprach, dem Verlangen zu willfahren. Es vergingen jedoch einige Tage, ehe die Bekanntmachung erschien.[20] Ludlow hatte Zeit, zu entkommen und er verbarg sich wieder in seinem Alpenschlupfwinkel, um nie wieder hervorzukommen. Englische Reisende besuchen noch heute sein dicht am See gelegenes Haus und sein Grab in einer Kirche zwischen den Weingärten, welche die kleine Stadt Vevay umgeben. An dem Hause war früher eine Inschrift zu lesen, welche besagte, daß Demjenigen, der Gott zum Vater habe, jedes Land ein Vaterland sei,[21] und das Epitaph auf dem Grabe bezeugt noch die Gefühle, mit denen der strenge alte Puritaner das irische Volk und das Haus Stuart betrachtete.

Heftigkeit der Whigs.

Tories und Whigs hatten dazu beigetragen, Walker zu ehren und Ludlow ein Brandmal aufzudrücken, oder sie hatten wenigstens so gethan. Aber die Fehde zwischen den beiden Parteien war heftiger als je. Der König hatte die Hoffnung genährt, daß die Animositäten, welche in der vorhergehenden Session die Annahme einer Indemnitätsacte verhindert hatten, während der Ferien sich einigermaßen gelegt haben würden. An dem Tage, an welchem die beiden Häuser wieder zusammentraten, hatte er sie dringend aufgefordert, der Angst und Uneinigkeit ein Ende zu machen, welche nothwendig fortbestehen mußten, so lange eine große Anzahl Leute ihres Eigenthums und ihrer Freiheit, XV.14nicht wenige selbst ihres Lebens nicht sicher seien. Seine Ermahnung blieb jedoch fruchtlos. October, November und December vergingen, und noch war nichts gethan. Es war zwar eine Indemnitätsbill eingebracht und einmal verlesen worden; seitdem aber hatte sie beständig vernachlässigt auf dem Tische des Hauses gelegen.[22] So erbittert die Stimmung gewesen war, in der die Whigs Westminster verlassen hatten, die Stimmung, in der sie zurückkehrten, war noch erbitterter. Den Schmerz früherer Leiden noch fühlend, von neuerem Glücke berauscht, von unversöhnlichem Rachedurst erfüllt und auf ihre unwiderstehliche Kraft bauend, waren sie nicht weniger heftig und starrsinnig als in den Tagen der Ausschließungsbill. Das Jahr 1680 war noch einmal wiedergekehrt. Abermals wurde jede Verständigung zurückgewiesen. Abermals wurden die Stimmen der einsichtsvolleren und rechtschaffeneren Freunde der Freiheit durch das Geschrei der hitzköpfigen und hinterlistigen Agitatoren übertäubt. Abermals wurde Mäßigung als Feigheit verachtet oder als Verrath verabscheut. Alle Lehren, die eine schmerzliche Erfahrung gegeben, waren vergessen. Die nämlichen Männer, welche durch Jahre der Demüthigung, der Einsperrung, der Entbehrung und der Verbannung die Thorheit gebüßt hatten, mit der sie der ihnen durch die papistische Verschwörung in die Hand gegebenen Vortheil gemißbraucht hatten, mißbrauchten jetzt mit gleicher Thorheit den ihnen durch die Revolution gegebenen Vortheil. Die zweite Thorheit würde aller Wahrscheinlichkeit nach, wie die erste, mit ihrer Proscription, Vertreibung und Decimirung geendet haben, hätte nicht die Weisheit und Hochherzigkeit des großen Fürsten, der nur auf die Erfüllung seiner Mission bedacht und gegen Schmeicheleien wie gegen Beleidigungen gleich unempfindlich war, sie kalt und unbeugsam wider ihren Willen gerettet.

Anklagen.

Es schien als ob nur Blut sie zufriedenstellen könnte. Das Aussehen und die Stimmung des Hauses der Gemeinen erinnerte an die Zeit des Einflusses Oates’, und um die Aehnlichkeit vollkommen zu machen, war Oates selbst anwesend. Als Zeuge konnte er zwar jetzt nicht dienen, aber er hatte Blut gerochen und war gekommen, um das Gemetzel, an dem er nicht mehr thätigen Antheil nehmen konnte, wenigstens mit anzusehen. Man sah wieder täglich sein widerliches Gesicht, und täglich hörte man in den Vorzimmern und auf der Galerie sein wohlbekanntes „Ah Laard, ah Laard!” (O Herr, o Herr!)[23] Das Haus fiel zuerst über die Renegaten der vorigen Regierung her. Unter diesen Renegaten standen die Earls von Peterborough und Salisbury im Range am höchsten, hinsichtlich des Verstandes aber am tiefsten, denn Salisbury war von jeher ein Schwachkopf gewesen und Peterborough war schon längst ein kindischer Greis. Gleichwohl erklärten die Gemeinen, daß Beide durch ihren Anschluß an die römische Kirche sich des Hochverraths schuldig gemacht hätten und daß sie deshalb in Anklagestand versetzt werden sollten.[24] Zu dem Ende wurde den Lords eine Benachrichtigung zugesandt. Der alte Peterborough ward alsbald verhaftet und an einer Krücke wankend und in wollene Kleider eingehüllt in den Tower geschickt. XV.15Am folgenden Tage wurde Salisbury vor die Schranken seiner Peers gestellt. Er stammelte einige Worte von seiner Jugend und seiner ausländischen Erziehung hervor und wurde dann abgeführt, um Peterborough Gesellschaft zu leisten.[25] Die Gemeinen waren mittlerweile zu Verbrechern bescheideneren Standes und höherer Geistesbildung übergegangen. Sir Eduard Hales wurde vor sie gebracht. Er hatte allerdings, indem er der Testacte zum Trotz ein Amt bekleidete, schwere Geldstrafe verwirkt. Aber diese Geldstrafen genügten dem rachsüchtigen Character der siegreichen Partei bei weitem nicht und er wurde daher als Verräther eingezogen.[26] Nach ihm wurde Obadja Walker eingeführt. Er benahm sich mit einer Kleinmüthigkeit und Falschheit, die ihm jeden Anspruch auf Achtung oder Mitleid entzogen. Er betheuerte, daß er nie seine Religion gewechselt habe, daß seine Glaubensansichten stets die einiger hochachtbaren Geistlichen der Kirche von England gewesen seien und daß er in mehreren Punkten von den Papisten abweiche. Trotz dieses Wortschwalls wurde er des Hochverraths schuldig erklärt und ins Gefängniß geschickt.[27] Nach ihm wurde Castlemaine vor die Schranke gefordert, verhört und kraft eines Verhaftsbefehls, der ihn des Kapitalverbrechens beschuldigte, eine Aussöhnung des Königreichs mit der römischen Kirche versucht zu haben, in Gewahrsam gebracht.[28]

Inzwischen hatten die Lords einen Ausschuß ernannt, welcher untersuchen sollte, wer für den Tod Russell’s, Sidney’s und einiger anderer angesehener Whigs verantwortlich sei. Präsident dieses Ausschusses, der allgemein der Mordausschuß genannt wurde, war der Earl von Stamford, ein Whig, der in die von seiner Partei gegen die Stuarts geschmiedeten Complots tief verwickelt gewesen war.[29] Die Bücher des Geheimraths wurden untersucht, die Schriftführer befragt und einige Thatsachen ermittelt, welche den Richtern, den Prokuratoren des Schatzes, den Kronzeugen und den Kerkermeistern der Staatsgefängnisse keine Ehre machten; für die Bestechung der Geschwornen aber fand man keine Beweise. Die Sheriffs bewahrten ihr Geheimniß. Sir Dudley North insbesondere bestand ein strenges Verhör mit characteristischer Besonnenheit und Festigkeit und behauptete standhaft, daß er sich niemals um die politischen Ansichten der Leute gekümmert, die er auf eine Geschwornenliste gesetzt, sondern sich nur danach erkundigt habe, ob sie wohlhabende Bürger seien. Er sprach allerdings nicht die Wahrheit und einige von den Whigpeers sagten ihm das in sehr verständlichen Worten und mit sehr lauter Stimme; aber obgleich sie moralisch von seiner Schuld überzeugt waren, konnten sie doch keine Beweise entdecken, auf die sie eine Criminalklage gegen ihn hätten basiren können. Der unauslöschliche Schandfleck bleibt jedoch auf einem Gedächtniß haften und wird immer noch schmerzlich beklagt von Denen, welche bei allem Abscheu vor seiner Ehrlosigkeit und Grausamkeit XV.16nicht vergessen können, daß er einer der originellsten, gründlichsten und accuratesten Denker seiner Zeit war.[30]

Halifax war glücklicher als Dudley North, denn er reinigte sich vollkommen von jeder nicht blos legalen, sondern auch moralischen Schuld. Er war die Hauptzielscheibe des Angriffs, und doch brachte die strenge Untersuchung nichts zu Tage, was ihm nicht zur Ehre gereicht hätte. Tillotson wurde als Zeuge aufgerufen. Er schwor, daß er das Verbindungsglied zwischen Halifax und Russell gewesen sei, als Russell Gefangener im Tower war. „Mylord Halifax,” sagte der Doctor, „zeigte ein sehr theilnehmendes Interesse für Mylord Russell, und Mylord Russell beauftragte mich, Mylord Halifax für seine Menschenfreundlichkeit und Güte zu danken.” Es wurde ferner bewiesen, daß der unglückliche Herzog von Monmouth ein ähnliches Zeugniß für Halifax’ Gutherzigkeit abgegeben habe.

Johann Hampden’s Böswilligkeit.

Doch auch ein feindlicher Zeuge trat auf: Johann Hampden, der durch kriechende Bitten und enorme Bestechungen seinen Hals vom Strange gerettet hatte. Er war jetzt ein mächtiger und angesehener Mann, gehörte zu den Häuptern der dominirenden Partei im Hause der Gemeinen und war bei alledem einer der unglücklichsten Menschen auf Gottes Erde. Die Erinnerung an die jämmerliche Figur, die er vor den Schranken der Old Bailey gespielt, verbitterte sein Gemüth und trieb ihn an, sich ohne Gnade an Denen zu rächen, welche direct oder indirect etwas zu seiner Demüthigung beigetragen hatten. Er war von allen Whigs der intoleranteste und allen Amnestieplänen am hartnäckigsten opponirende. Das Bewußtsein, sich eine Blöße gegeben zu haben, machte ihn eifersüchtig auf seine Würde und ungemein empfindlich. Er paradirte beständig mit seinen Diensten und seinen Leiden, als ob er durch diese prahlerische Darlegung den Schandfleck, den nichts vor seinen eigenen Augen verbergen konnte, wenigstens vor Andern zu verbergen gehofft hätte. Nachdem er schon seit mehreren Monaten im Hause der Gemeinen heftig gegen Halifax haranguirt hatte, trat er jetzt auf, um vor den Lords gegen ihn den Zeugeneid zu leisten. Die Scene war interessant. Der Zeuge sagte von sich selbst, er habe sein Vaterland gerettet, habe die erste Idee der Revolution gehabt und habe Ihre Majestäten auf den Thron gesetzt. Dann versuchte er zu beweisen, daß durch die Machinationen des Lord Geheimsiegelbewahrers sein Leben gefährdet worden sei, ein Versuch, der sein Ziel gänzlich verfehlte und auf Den zurückfiel, von dem er ausgegangen. Hampden mußte eingestehen, daß er seine Gattin zu dem Manne, gegen den er jetzt auftrat, geschickt hatte, um seine Fürsprache zu erbitten. „Ist es nicht sonderbar,” sagte Halifax, „daß Sie die Verwendung eines Mannes nachsuchten, dessen Machinationen Ihren Kopf in Gefahr gebracht hatten?” — „Keineswegs,” erwiederte Hampden, „denn an wen anders hätte ich mich wenden sollen als an die Männer, welche am Ruder waren? Ich wendete mich an Lord Jeffreys, ich wendete mich an Pater Petre und zahlte ihnen sechstausend Pfund für ihre Dienste.” — „Nahm Lord Halifax ebenfalls Geld?” — „Nein, das kann ich nicht sagen.” — „Und sandten Sie nicht Ihre Gemahlin zu ihm, Mr. Hampden, um ihm für seine Güte zu danken?” — „Ja, ich glaube, dies that ich,” XV.17antwortete Hampden; „aber ich wüßte nicht daß diese Güte einen reellen Nutzen für mich gehabt hätte. Wäre dem nicht so, so würde ich Mylord verbunden sein, wenn er mir sagen wollte, worin dieser Nutzen bestanden hätte.” So schmählich das Auftreten dieses entarteten Erben eines berühmten Namens vor den Schranken der Old Bailey gewesen war, vor dem Mordausschusse spielte er eine noch schmählichere Figur.[31] Es ist eine erfreuliche Erscheinung, daß eine Person, die viel schwerere Unbill erfahren hatte, deren Character aber von dem seinigen weit verschieden war, die hochherzige Lady Russell, gegen die Ungerechtigkeit remonstrirte, mit der die extremen Whigs Halifax behandelten.[32]

Johann Hampden’s Bosheit war indessen weder ermüdet noch beschämt. Wenige Tage später hielt er in einem Ausschusse des gesammten Hauses der Gemeinen zur Inbetrachtnahme der Lage der Nation eine hämische Rede, in der er alles Mißgeschick des Jahres dem Einflusse der Männer zuschrieb, welche in den Tagen der Ausschließungsbill vom Parlamente getadelt worden seien, der Männer, die zwischen Jakob und Wilhelm die Vermittler hätten spielen wollen. Der König, sagte er, müsse sämmtliche drei Cavaliere, welche nach Hungerford gesandt worden seien, um mit ihm zu unterhandeln, aus seinem Staatsrathe und aus seiner Nähe entfernen. Hierauf sprach er von der Gefahr, Männer von republikanischen Grundsätzen anzustellen. Dies sollte ohne Zweifel eine Anspielung auf den Hauptgegenstand seiner unversöhnlichen Bosheit sein, denn es war wohlbekannt, daß Halifax, obwohl von Natur gewaltsamen Veränderungen abgeneigt, in seinen politischen Ansichten ein Republikaner war und oft sehr geistreich und humoristisch gegen die erbliche Monarchie sprach. Die einzige Wirkung des gegen ihn gerichteten Ausfalls bestand jedoch darin, daß er ein höhnisches Gelächter hervorrief. Wie konnte ein Hampden, der Enkel des großen Führers des Langen Parlaments, ein Mann, der sich rühmte, mit Algernon Sidney gegen das königliche Haus conspirirt zu haben, das Wort Republikaner als einen Ausdruck des Vorwurfs gebrauchen! Als der Sturm des Gelächters sich gelegt hatte, standen mehrere Mitglieder auf, um den angeklagten Staatsmann zu rechtfertigen. Seymour erklärte, daß, so sehr er auch die Art und Weise, wie die Verwaltung in der letzten Zeit geführt worden sei, mißbillige, er dem vom Johann Hampden vorgeschlagenen Beschlusse doch nicht beitreten könne. „Blicken Sie wohin Sie wollen,” sagte er, „auf Irland, auf Schottland, auf die Flotte, auf die Armee, überall werden Sie reichliche Beweise von schlechter Verwaltung finden. Wenn der Krieg von den nämlichen Händen fortgeführt wird, so haben wir nichts Besseres als eine Wiederholung der nämlichen Unfälle zu erwarten. Aber ich bin nicht geneigt, Männer wegen der besten Handlung, die sie in ihrem Leben gethan, zu verdammen, Männer deshalb zu verdammen, weil sie versuchten, durch rechtzeitiges Vermitteln einer Revolution vorzubeugen.” Ein andrer Sprecher sagte ganz richtig, daß Halifax und Nottingham ins holländische XV.18Lager gesandt worden seien, weil sie das Vertrauen der Nation besessen und weil sie allgemein als Feinde der Dispensationsgewalt, der papistischen Religion und des französischen Einflusses bekannt gewesen seien. Es wurde endlich beschlossen, daß der König in allgemeinen Ausdrücken ersucht werden solle, die Urheber der neuerlichen Mißgriffe ausfindig zu machen und zu entfernen.[33] Es wurde ein Ausschuß zur Entwerfung der Adresse ernannt, und Johann Hampden, als Präsident desselben, setzte eine Vorstellung in so hämischen Ausdrücken auf, daß bei Verlesung derselben im Hause der Gemeinen sein eigner Vater sich mißbilligend darüber äußerte und ein Mitglied ausrief: „Das soll eine Adresse sein? Ein Libell ist es!” Nach einer heißen Debatte wurde die Adresse wieder an den Ausschuß verwiesen und nicht wieder erwähnt.[34]

Die Erbitterung, welche ein großer Teil des Hauses gegen Halifax empfunden, begann in der That nachzulassen. Es war bekannt, daß er bereits aufgehört hatte, ein vertrauter Rathgeber der Krone zu sein, obgleich er das Geheimsiegel noch nicht förmlich abgegeben. Die Macht, die er während der ersten Monate der Regierung Wilhelm’s und Mariens besessen, war auf den kühneren, minder skrupulösen und praktischeren Caermarthen übergegangen, gegen dessen Einfluß Shrewsbury vergebens ankämpfte. Persönlich stand Shrewsbury sehr hoch in der königlichen Gunst; aber er war ein Oberhaupt der Whigs und wurde, wie alle Parteiführer, oft wider seinen Willen von Denen vorwärts getrieben, die ihm folgen zu wollen schienen. Er selbst war zu einer milden und gemäßigten Politik geneigt, aber er besaß nicht die nöthige Festigkeit, um der geräuschvollen Zudringlichkeit, mit der Politiker wie Johann Howe und Johann Hampden Rache an ihren Feinden verlangten, Widerstand zu leisten. Sein Rath hatte daher zu dieser Zeit wenig Gewicht bei seinem Gebieter, der die Tories zwar weder liebte noch ihnen traute, aber fest entschlossen war, sie nicht zu proscribiren.

Unterdessen beschlossen die Whigs, die sich bewußt waren, neuerdings in der Meinung des Königs sowohl wie der Nation gesunken zu sein, einen kühnen und schlauen Versuch zu machen, von Beiden unabhängig zu werden. Ein genauer Bericht über diesen Versuch kann aus dem spärlichen und weit verstreuten Material, das auf uns gekommen ist, nicht zusammengestellt werden. Doch ist die Geschichte auch so wie sie auf uns gekommen, immerhin interessant und lehrreich.

Die Corporationsbill.

Eine Bill zur Wiederherstellung der Rechte derjenigen Corporationen, welche unter den beiden letzten Regierungen ihre Gemeindeverfassungen der Krone zurückgegeben hatten, war im Hause der Gemeinen eingebracht, von Männern aller Parteien mit allgemeinem Beifall begrüßt, zweimal verlesen und einem gewählten Ausschuß überwiesen worden, dessen Präsident Somers war. Am 2. Januar erstattete Somers seinen Bericht. Die Tories waren nur in geringer Zahl anwesend, denn da keine wichtige Discussion in Aussicht stand, hatten viele Landgentlemen die Stadt verlassen, um am Kamin ihrer Schlösser das Weihnachtsfest heiter zu feiern. Die eifrigen Whigs dagegenXV.19 waren stark vertreten. Sobald der Bericht über die Bill erstattet war, erhob sich Sacheverell, der in den stürmischen Parlamenten Karl’s II. als einer der Talentvollsten und Heftigsten unter den Exclusionisten berühmt gewesen war, und beantragte die Hinzufügung einer Klausel, welche bestimmte, daß jeder Municipalbeamte, der in irgend einer Weise an der Abtretung der Gerechtsame eines Burgfleckens Theil gehabt, sieben Jahre lang unfähig sein sollte, ein Amt in diesem Burgflecken zu bekleiden. Die Verfassung fast jeder incorporirten Stadt in England war während des glühenden Anfalls von Loyalität, der auf die Entdeckung des Ryehousecomplots gefolgt war, umgestaltet worden, und in fast jeder solchen Stadt hatten die Tories dafür gestimmt, den Freibrief zurückzugeben und Alles der väterlichen Fürsorge des Souverains zu überlassen. Die Wirkung von Sacheverells Klausel war daher die, daß einige Tausend der reichsten und angesehensten Männer des Königreichs sieben Jahre hindurch unfähig waren, an der Verwaltung ihrer Wohnorte irgend welchen Antheil zu nehmen, und daß der Whigpartei auf sieben Jahre ein überwiegender Einfluß bei den Burgfleckenwahlen gesichert wurde.

Die Minorität protestirte laut gegen die grobe Ungerechtigkeit, zu einer Zeit wo London verödet war, mit hastiger Eil und wie durch Ueberrumpelung ein Gesetz von höchster Wichtigkeit zu erlassen, ein Gesetz, das rückwirkend eine harte Strafe über viele hundert achtbare Gentlemen verhängte, ein Gesetz, als in jeder Stadt, von Berwick bis St. Ives die heftigsten Leidenschaften aufregen und das einen sehr ernsten Einfluß auf die Zusammensetzung des Hauses selbst haben mußte. Die einfachsten Schicklichkeitsrücksichten verlangten wenigstens einen Aufschub. Dieser wurde beantragt, der Antrag aber mit hundertsiebenundzwanzig gegen neunundachtzig Stimmen verworfen. Hierauf wurde die Frage gestellt, ob Sacheverell’s Klausel einen Bestandtheil der Bill bilden solle, und mit hundertdreiunddreißig gegen sechsundsechzig Stimmen bejaht. Sir Robert Howard stellte nun sofort den Antrag, daß Jeder, der, nachdem er nach der Sacheverell’schen Klausel zur Bekleidung eines städtischen Amtes unfähig geworden, sich dennoch erkühne, ein solches Amt zu übernehmen, eine Geldbuße von fünfhundert Pfund verwirken und für seine ganze Lebenszeit unfähig sein sollte, irgend ein öffentliches Amt, welcher Art es auch sei, zu bekleiden. Die Tories wagten es nicht, darüber abstimmen zu lassen.[35] Nach den Regeln des Hauses stand es in der Macht einer Minorität, den Gang einer Bill zu hemmen, und dies war gewiß eine von den sehr seltenen Gelegenheiten, wo die Ausübung dieser Befugniß ganz am rechten Orte gewesen wäre. Die parlamentarischen Taktiker der damaligen Zeit scheinen jedoch nicht gewußt zu haben, in wie weit eine kleine Anzahl Mitglieder den Gang eines Geschäfts aufhalten kann, ohne irgend eine Form zu verletzen.

Es wurde auf der Stelle beschlossen, daß die durch Sacheverell’s und Howard’s Klauseln erweiterte Bill mundirt werden solle. Die heftigsten Whigs hätten sie am liebsten binnen achtundvierzig Stunden definitiv angenommen. Es stand allerdings nicht zu erwarten, daß die Lords sie mit günstigen Augen ansehen würden; aber einige desperate Männer schienen sich vorgenommen zu haben, die Geldbewilligungen vorzuenthalten, bis sie XV.20angenommen war, ja sogar sie der Bewilligungsbill einzuverleiben und so das Oberhaus in die Nothwendigkeit zu versetzen, entweder in eine umfassende Proscription der Tories zu willigen, oder der Regierung die Mittel zur Fortsetzung des Kriegs zu verweigern.[36] Viele Whigs waren jedoch so rechtschaffen, daß sie der Gegenpartei offenes Spiel gönnen wollten, und klug genug, um zu wissen, daß ein durch Gewalt und List erlangter Vortheil nicht von Dauer sein konnte. Diese Männer bestanden darauf, daß man bis zur dritten Lesung mindestens acht Tage verstreichen lassen solle, und sie setzten dies auch durch. Ihre minder skrupulösen Verbündeten beklagten sich bitter, daß die gute Sache verrathen werde. Was seien dies für neue Kriegsgesetze? Warum wolle man gegen Feinde, die keine Kriegslist für unmoralisch hielten und welche nie Pardon gegeben hätten, eine chevalereske Courtoisie beobachten? Und sei etwas geschehen, was nicht in genauester Uebereinstimmung mit der Parlamentsordnung stehe? Diese Ordnung wisse nichts von kurzen und langen Notificationen, von schwach besetzten und vollen Häusern. Es sei Pflicht des Volksvertreters an seinem Platze zu sein. Wenn es ihm beliebe, auf seinem Landsitze zu jagen und zu zechen, während zu Westminster wichtige Dinge berathen würden, mit welchem Rechte könne er dann darüber murren, daß redlichere und fleißigere Diener der Oeffentlichkeit in seiner Abwesenheit eine Bill annahmen, die ihnen für das Gemeinwohl nothwendig erschienen war? Da sich indessen ein Aufschub von einigen Tagen als unvermeidlich herausstellte, so leugneten Diejenigen, welche beabsichtigt hatten, den Sieg durch eine List zu erringen, jetzt diese Absicht. Sie versicherten dem Könige, der nicht umhin konnte, einiges Mißfallen an ihrer Handlungsweise zu äußern und dessen Unwillen viel stärker war als er ihn blicken ließ, auf das Feierlichste, daß sie der Ueberraschung nichts verdankten und daß sie auch in dem gefülltesten Hause einer Majorität ganz gewiß seien. Sacheverell soll mit großer Lebhaftigkeit erklärt haben, daß er seinen Sitz verwetten und nie wieder sein Gesicht im Parlamente zeigen wolle, wenn er sich geirrt habe. Anfangs war man in der That allgemein der Ansicht, daß die Whigs den Sieg davon tragen würden. Bald aber zeigte es sich klar, daß ein harter Kampf bevorstehe. Die Briefposten hatten nach allen Richtungen hin die Nachricht mitgenommen, daß die Gemeinen am 2. Januar ein rückwirkendes Strafgesetz gegen die ganze Torypartei bewilligt hätten und daß dieses Gesetz am 10. zum letzten Male in Erwägung genommen werden solle. Das ganze Königreich von Northumberland bis Cornwall gerieth in Aufruhr. Hundert Ritter und Squires verließen ihre mit Mistel- und Stechpalmenzweigen geschmückten Hallen und ihre unter der Last der Bratenteller und Suppenschüsseln zusammenbrechenden Tafeln und eilten, die kurzen Tage, das kalte Wetter, die schlechten Wege und die schurkischen Whigs verwünschend, nach der Hauptstadt. Auch die Whigs zogen Verstärkung an sich, doch nicht in gleichem Umfange, denn die Klauseln waren im allgemeinen unpopulär, XV.21und das nicht ohne guten Grund. Kein Billigdenkender, welcher Partei er auch angehören möge, wird leugnen, daß die Tories einen großen Fehler begingen, indem sie alle Municipalgerechtsame des Landes und damit zugleich die Befugniß, die Verfassung des Hauses der Gemeinen zu ändern, der Krone zurückgaben. Doch hatte die Nation an diesem Fehler selbst mit Schuld. Wenn die Mayors und Aldermen, deren Bestrafung jetzt beantragt wurde, sich zu der Zeit, als die Loyalitätsfluth am höchsten stand, trotzig geweigert hätten, dem Willen ihres Souverains nachzukommen, so würde man sie auf offener Straße als schurkische Rundköpfe bezeichnet haben, der Rector würde auf der Kanzel vor ihnen gewarnt haben, sie würden in Spottliedern verhöhnt und wahrscheinlich vor ihren eigenen Thüren in effigie verbrannt worden sein. Es ist allerdings ein großer Uebelstand, daß eine Gesellschaft abwechselnd durch die Furcht vor Tyrannei und durch die Furcht vor Anarchie zu Verirrungen getrieben werden kann. Aber diesem Uebelstande ist nicht dadurch abzuhelfen, daß man wegen solcher Verirrungen einige Personen bestraft, welche mit den Uebrigen fehlten und später ihren Fehler mit den Uebrigen bereueten. Auch hätte man nicht vergessen sollen, daß die Uebelthäter, gegen welche Sacheverell’s Klausel gerichtet war, die Sünden, die sie 1683 begangen, im Jahre 1688 reichlich wieder gut gemacht hatten. Sie hatten sich, als Gesammtheit, energisch gegen das Dispensationsrecht erhoben, und die meisten von ihnen waren wirklich von Jakob ihrer städtischen Aemter entsetzt worden, weil sie sich geweigert hatten, seine Politik zu unterstützen. Es ist daher kein Wunder, daß der Versuch, über alle diese Männer ohne Ausnahme eine schimpfliche Strafe zu verhängen, einen Sturm des öffentlichen Unwillens heraufbeschwor, dem viele whiggistische Mitglieder des Parlaments nicht geneigt waren zu trotzen.

Mit dem Herannahen des entscheidenden Kampfes und dem Anwachsen der zurückkehrenden Tories vermehrte sich die Besorgniß Sacheverell’s und seiner Verbündeten. Sie sahen ein, daß sie kaum auf einen vollständigen Sieg hoffen durften, daß sie ein Zugeständniß machen, die Zurückweisung der Bill an den Ausschuß vorschlagen und sich bereit erklären mußten zu erwägen, ob zwischen den Hauptsündern und den Vielen, welche durch böses Beispiel verleitet worden waren, ein Unterschied zu machen sei. Aber in dem Maße wie der Muth der einen Partei sank, stieg der Muth der andren. Die von nur zu gerechtem Unwillen erfüllten Tories beschlossen, auf keine Vergleichsvorschläge zu hören.

Der 10. Januar erschien und noch vor dem späten Tagesanbruch dieser Jahreszeit war das Haus gedrängt voll. Mehr als hundertsechzig Mitglieder waren binnen einer Woche nach der Hauptstadt gekommen. Von der Morgendämmerung an bis die Lichter tief herabgebrannt waren, blieben die Reihen dicht geschlossen, und nur wenige Mitglieder verließen ihre Plätze, außer auf einige Augenblicke, um ein Stück Brod oder ein Glas Wein zu sich nehmen. Boten standen bereit, um das Resultat nach Kensington zu bringen, wo Wilhelm trotz eines heftigen Hustens in gespannter Erwartung bis Mitternacht aufsaß und an Portland schrieb, den er in einer wichtigen Angelegenheit nach dem Haag geschickt hatte.

Der einzige noch vorhandene Bericht über die Debatte ist unvollständig und verworren. Doch läßt sich soviel daraus erkennen, daß die Aufregung groß war und daß sehr starke Aeußerungen fielen. Ein junges whiggistisches Mitglied führte eine so heftige Sprache, daß er in Gefahr XV.22 war, vor die Schranke gefordert zu werden. Der Sprecher wurde mehrmals getadelt, daß er seinen Freunden zuviel Freiheit gestatte. Es kam jedoch eigentlich nicht viel darauf an, ob er die Uebertreter zur Ordnung rief oder nicht. Das Haus war schon längst völlig unlenksam, und alte Mitglieder vermißten schmerzlich den würdevollen Anstand der Debatte und die Autorität des Präsidentenstuhls vergangener Zeiten.[37] Daß Somers die Heftigkeit der Partei, der er angehörte, nicht billigte, kann man sowohl aus dem ganzen Laufe seines öffentlichen Lebens, wie aus dem sehr bezeichnenden Umstande schließen, daß er, obgleich ihm die Durchsetzung der Corporationsbill oblag, die Strafklauseln nicht beantragte, sondern dieses unangenehme Amt ungestümeren und minder scharfsinnigen Männern als er war überließ. Doch ließ er seine Bundesgenossen deshalb nicht im Stich, sondern sprach für sie und versuchte aus einer schlechten Sache so viel als möglich zu machen. Das Haus stimmte mehrere Male ab. Bei der ersten Abstimmung waren hundertvierundsiebzig Stimmen für Sacheverell und hundertneunundsiebzig gegen ihn. Der Kampf wurde hartnäckig fortgesetzt; aber die Majorität stieg von fünf auf zehn, von zehn auf zwölf, und von zwölf auf achtzehn Stimmen. Jetzt endlich gaben sich die Whigs nach einer vierzehnstündigen stürmischen Sitzung für besiegt. Es war kurz vor Mitternacht, als der Sekretär zum unaussprechlichen Jubel und Triumphe der Tories von dem Pergamente, auf welches die Bill abgeschrieben worden war, die gehässigen Klauseln Sacheverell’s und Howard’s abriß.[38]

Debatten über die Indemnitätsbill.

Durch diesen großen Sieg dreist gemacht, versuchten die Tories nun, die Indemnitätsbill, welche seit vielen Wochen unbeachtet bei Seite gelegen hatte, wieder zur Sprache XV.23zu bringen.[39] Aber die Whigs bildeten trotz ihrer eben erlittenen Niederlage noch immer die Majorität des Hauses, und viele Mitglieder, welche die Unpopularität gescheut hatten, die sie sich durch Unterstützung der Sacheverell’schen und Howard’schen Klauseln zugezogen haben würden, waren vollkommen bereit, zur Verzögerung einer allgemeinen Amnestie beizutragen. Sie brachten noch immer ihre Lieblingsalternative vor. Wie, fragten sie, sei es möglich, diesen Amnestieplan zu vertheidigen, ohne die Revolution zu verdammen? Könne man behaupten, daß Verbrechen, welche schwer genug gewesen waren, um Widerstand zu rechtfertigen, nicht schwer genug gewesen seien, um Bestrafung zu verdienen? Und wenn diese Verbrechen von solcher Größe wären, daß sie mit Recht an dem Souverain heimgesucht werden dürften, den die Verfassung von jeder Verantwortlichkeit entbinde, nach welchem Prinzip könne seinen Rathgebern und Werkzeugen, welche doch ohne Zweifel verantwortlich seien, Straflosigkeit gewährt werden? Ein joviales Mitglied kleidete dieses Argument in eine eigenthümliche Form. Er wußte auf den Stuhl des Präsidenten ein Papier zu bringen, das sich bei der Untersuchung als eine Indemnitätsbill für König Jakob herausstellte, mit einer spöttischen Einleitung über die Milde, welche seit der Revolution gegen schwere Verbrecher geübt worden sei, und über die Nachsicht, welche einem Könige gebühre, der sein Volk nur tyrannisirt habe, weil alle Könige es thäten.[40]

An dem nämlichen Tage, an welchem diese persiflirte Indemnitätsbill die Heiterkeit der Gemeinen erregte, wurde der Antrag gestellt, daß das Haus sich zur Berathung der wirklichen Bill zu einem Ausschusse erklären sollte. Die Whigs verwarfen den Antrag durch eine Majorität von hundertdreiundneunzig Stimmen gegen hundertsechsundfunfzig. Hierauf beschlossen sie, daß eine Strafbill gegen Delinquenten unverzüglich eingebracht und mit der Indemnitätsbill verbunden werden sollte.[41]

Der Fall Sir Robert Sawyer’s.

Wenige Stunden später ging ein Beschluß durch, welcher deutlicher als irgend etwas bis dahin Geschehenes bewies, wie wenig Aussicht vorhanden war, daß die öffentliche Meinung durch eine Amnestie schnell begütigt werden würde. Wenige Personen standen in der Achtung der Torypartei höher als Sir Robert Sawyer. Er war ein Mann von großem Vermögen und aristokratischen Verbindungen, von orthodoxen Glaubensansichten und regelmäßigem Wandel, ein talentvoller und erfahrener Jurist, ein tüchtiger Gelehrter und, ein wenig Prahlsucht abgerechnet, ein guter Redner. Er war zur Zeit der Entdeckung des Ryehousecomplots Generalfiscal gewesen, war bei den darauffolgenden Untersuchungen im Interesse der Krone verwendet worden, und hatte diese Untersuchungen mit einer Energie betrieben, welche heutzutage von allen Parteien Grausamkeit genannt werden würde, die aber seiner Zeit und seiner Partei nur als ein lobenswerther Eifer erschien. Seine Freunde behaupteten zwar, er sei in Dingen, wo es sich um Leben und Tod handle, peinlich gewissenhaft,[42] doch ist dies ein Lob, XV.24das Männer, welche die Staatsprozesse des 17. Jahrhunderts mit Augen des 19. Jahrhunderts prüfen und studiren, nicht recht begreifen werden. Die einzige Entschuldigung, die sich für diese Periode seines Lebens geltend machen läßt, ist, daß er den Schandfleck unschuldigen Blutes mit fast allen ausgezeichneten Staatsmännern jener schlimmen Zeit gemein hatte. Wenn wir ihn tadeln, weil er den Prozeß Russell’s geführt, so dürfen wir nicht vergessen, daß Russell den Prozeß Stafford’s geführt hatte.

So groß Sawyer’s Vergehen waren, er hatte sie großentheils wieder gut gemacht. Er war mit Entschiedenheit gegen Papismus und Despotismus aufgetreten, hatte sich im Audienzzimmer selbst auf das Bestimmteste geweigert, im Widerspruch mit Parlamentsacten Verhaftsbefehle zu erlassen, hatte lieber sein einträgliches Amt niedergelegt, als daß er in Westminster Hall als Verfechter des Dispensationsrechts erschienen wäre, war der erste Rechtsbeistand für die sieben Bischöfe gewesen und hatte am Tage ihres Prozesses seine Pflicht mit Gewandtheit, Rechtschaffenheit und Unerschrockenheit gethan. Er war daher ein Liebling der Hochkirchlichen, und man hätte denken sollen, daß auch die Whigs ihm wohl verzeihen konnten. Aber die Whigs waren jetzt nicht zum Vergeben gestimmt und Sawyer wurde wegen seines Verfahrens bei dem Prozesse Sir Thomas Armstrong’s zur Verantwortung gezogen.

Wenn Armstrong nicht verleumdet worden ist, so war er in die schlimmsten Geheimnisse des Ryehousecomplots tief eingeweiht und einer von Denen, die es übernommen hatten, die beiden königlichen Brüder zu ermorden. Als die Verschwörung entdeckt war, floh er auf den Continent und wurde außerhalb des Gesetzes erklärt. Die Behörden der Stadt Leyden ließen sich durch Bestechung bewegen ihn auszuliefern; er wurde schleunigst auf ein englisches Schiff gebracht, nach London transportirt und vor die Kings Bench gestellt. Sawyer trug darauf an, daß der Gerichtshof auf Vollziehung der Acht erkenne, wogegen Armstrong geltend machte, daß seit seiner Aechtung noch kein Jahr verstrichen sei und daß, laut einer unter der Regierung Eduard’s VI. erlassenen Verordnung, ein Geächteter, der sich binnen Jahresfrist stellte, berechtigt sei, auf Cassation seines Urtels anzutragen und an sein Vaterland zu appelliren. Darauf wurde erwiedert, daß Armstrong sich nicht selbst gestellt habe, sondern als Gefangener vor Gericht geführt worden sei und daß er daher keinen Anspruch auf ein Recht habe, welches offenbar nur Denjenigen zuzugestehen sei, die sich freiwillig den Händen der Gerechtigkeit überlieferten. Jeffreys und die anderen Richter verwarfen einstimmig Armstrong’s Einwand und genehmigten den Vollziehungsantrag. Nun ereignete sich eine der entsetzlichsten von den vielen entsetzlichen Scenen, welche damals unsere Gerichtshöfe schändeten. Die Tochter des Unglücklichen stand an seiner Seite. „Mylord,” rief sie aus, „Sie werden meinen Vater nicht morden! Denn dies wäre ein Mord!” „Was soll das heißen?” brüllte der Oberrichter. „Wer ist dieses Weib? Ergreift sie, Kerkermeister, und führt sie fort!” Sie wurde mit Gewalt hinausgeführt und rief im Fortgehen: „Gott der Allmächtige wird Euch richten!” — „Gott der Allmächtige wird die Verräther richten!” sagte Jeffreys. „Solch’ Geschrei kann mich Gott sei Dank nicht beirren.” Als sie fort war, berief sich ihr Vater nochmals auf sein vermeintliches Recht. „Ich verlange nichts weiter,” sagte er, „als die Wohlthat des Gesetzes.” — „Und die soll Euch, bei der GnadeXV.25 Gottes zu Theil werden,” versetzte der Richter. „Herr Sheriff, Sie werden dafür sorgen, daß die Execution nächsten Freitag stattfindet. Das ist die Wohlthat des Gesetzes für Euch!” Am darauf folgenden Freitage wurde Armstrong gehängt, geschleift und geviertheilt und sein Kopf auf Westminster Hall ausgesteckt.[43]

Jeffrey’s Rücksichtslosigkeit und Grausamkeit erregen, selbst noch nach einer so langen Reihe von Jahren, einen Unwillen, der es einem schwer macht, gerecht gegen ihn zu sein. Einem vollkommen vorurtheilsfreien Richter wird es indessen vielleicht durchaus nicht klar scheinen, daß das Executionsurtheil gesetzwidrig war. Einen Präcedenzfall gab es nicht, und der Wortlaut der Acte Eduard’s VI. kann, ohne ihm Gewalt anzuthun, so ausgelegt werden, wie der Gerichtshof ihn auslegte. Hätte die Strafe nur in einer Geldbuße oder in Gefängnißhaft bestanden, so würde in der That Niemand in dem Verfahren etwas Verwerfliches erblickt haben. Aber einen Menschen als Hochverräther an den Galgen zu schicken, ohne ihn mit seinen Anklägern zu confrontiren, ohne seine Vertheidigung zu hören, einzig und allein deshalb, weil eine Verzagtheit, die mit der Unschuld wohl vereinbar ist, ihn getrieben hatte, sich zu verbergen, ist sicherlich eine Verletzung, wenn nicht eines geschriebenen Gesetzes, so doch der großen Prinzipien, mit denen alle Gesetze in Einklang stehen müssen. Der Fall wurde vor das Haus der Gemeinen gebracht. Die verwaiste Tochter Armstrong’s erschien vor der Schranke, um Rache zu fordern, und es folgte eine heiße Debatte. Sawyer wurde heftig angegriffen und kräftig vertheidigt. Die Tories erklärten, ihrer Ansicht nach habe er nur das gethan, wozu er als Anwalt der Krone verbunden war, und seine Pflicht gegen Gott, gegen den König und gegen den Gefangenen erfüllt. Wenn das Erkenntniß gesetzlich sei, könne man Niemandem einen Vorwurf machen, und sei es ungesetzlich, so treffe der Vorwurf nicht den Generalfiskal, sondern die Richter. Es würde mit aller Redefreiheit vor Gericht vorbei sein, wenn ein Advokat deshalb bestraft werden solle, weil er ein streng ordnungsmäßiges Gesuch an einen Gerichtshof gestellt und dargethan habe, daß gewisse Worte eines Gesetzes in einem gewissen Sinne zu verstehen seien. Die Whigs hingegen nannten Sawyer einen Mörder, einen Bluthund, einen Henker. Wenn mit der von den Advokaten beanspruchten Redefreiheit die Freiheit gemeint sei, die Leute an den Galgen zu haranguiren, so sei es hohe Zeit, daß die ganze Nation aufstände und das ganze Geschlecht der Juristen vertilge. „Es wird nicht eher besser werden,” sagte ein Redner, „als bis an einigen Mitgliedern dieses Standes ein Exempel statuirt wird.” — „Es soll kein Verbrechen sein, Execution zu verlangen!” rief Johann Hampden. „Nächstens wird man uns sagen, daß es kein Verbrechen von den Juden gewesen sei zu rufen ‚Kreuziget ihn.’” Ein einsichtsvoller und gerechter Mann würde wahrscheinlich der Meinung gewesen sein, daß dies kein Fall war, wo Strenge geübt werden durfte. Sawyer’s Verfahren mochte bis zu einem gewissen Punkte wohl strafbar gewesen sein; aber wenn eine Indemnitätsacte überhaupt erlassen wurde, so wurde sie doch im Interesse solcher Personen erlassen, deren Verhalten strafbar gewesen war. Es fragte sich nicht, ob er schuldlos XV.26war, sondern ob seine Schuld so absonderlich schwer war, daß er trotz aller seiner Opfer und Dienste speciell von der Amnestie ausgenommen werden mußte, welche vielen Tausenden von Uebelthätern zu Theil werden sollte. Besonnene und unparteiische Richter würden diese Frage wahrscheinlich zu seinen Gunsten entschieden haben. Es wurde jedoch beschlossen, daß er von der Amnestie ausgenommen und aus dem Hause gestoßen werden solle.[44]

Am folgenden Morgen wurde die nunmehr in eine Straf- und Bußbill verwandelte Amnestiebill nochmals berathen. Die Whigs willigten ein, daß sie einem Ausschusse des ganzen Hauses überwiesen werde, schlugen aber vor, dem Ausschusse zu bedeuten, daß er seine Arbeiten mit der Anfertigung einer Liste der zu proscribirenden Uebelthäter beginnen solle. Die Tories beantragten die vorläufige Frage. Das Haus stimmte ab, und die Whigs trugen mit hundertneunzig gegen hundertdreiundsiebzig Stimmen den Sieg davon.[45]

Der König beabsichtigt sich nach Holland zurückzuziehen.

Der König verfolgte diese Ereignisse mit einer peinlichen Spannung. Er war seiner Krone müde. Er hatte es versucht, beiden streitenden Parteien gerecht zu werden; aber mit der Gerechtigkeit war keine von beiden zufrieden. Die Tories haßten ihn, weil, er die Dissenters protegirte, und die Whigs haßten ihn, weil er die Tories protegirte. Die Amnestie schien in weitere Ferne hinausgerückt, als sie es vor zehn Monaten war, da er sie zuerst vom Throne herab empfahl. Der letzte Feldzug in Irland war unglücklich ausgefallen, und es konnte wohl sein, daß der nächste noch unglücklicher ausfiel. Die Mißbräuche in der Verwaltung, welche mehr als die Ausdünstungen der Sümpfe von Dundalk dazu beigetragen hatten, die Wirksamkeit der englischen Truppen zu neutralisiren, waren aller Wahrscheinlichkeit nach so monströs als je. Jeder Verwaltungszweig war gründlich desorganisirt, und die Leute wunderten sich und ärgerten sich darüber, daß ein vor Kurzem zu ihnen gekommener Ausländer, der sie nur unvollkommen kannte und beständig in seinen Bewegungen von ihnen behindert wurde, in einem Jahre nicht die ganze Regierungsmaschine in Ordnung gebracht hatte. Die meisten seiner Minister bemühten sich, anstatt ihn zu unterstützen, Adressen und Anklagen gegen einander aufzubringen. Und doch brachen alle englischen Factionen in ein allgemeines Wuthgeschrei aus, wenn er sich seiner Landsleute bediente, auf deren Treue und Anhänglichkeit er sich verlassen konnte. Die Schurkerei des englischen Kriegscommissariats hatte eine Armee vernichtet, und doch hatte das Gerücht, daß er beabsichtige, einen geschickten, erfahrenenXV.27 und zuverlässigen Commissar aus Holland anzustellen, allgemeine Unzufriedenheit erregt. Der König sah ein, daß er unter solchen Umständen der großen Sache, der er mit ganzer Seele zugethan war, keine Dienste leisten könne. Schon begann der Ruhm, den er sich durch glückliche Durchführung des wichtigsten Unternehmens jener Zeit erworben, zu erbleichen, und selbst seine Freunde fingen an zu zweifeln, ob er wirklich den Scharfblick und die Energie besitze, welche einige Monate zuvor seinen Feinden unwillkürliche Bewunderung abgenöthigt hatten. Aber er wollte seine glänzende Sklaverei nicht langer ertragen. Er wollte in sein Geburtsland zurückkehren und sich damit begnügen, der erste Bürger einer Republik zu sein, der der Name Oranien theuer war. Als solcher konnte er noch immer eine bedeutende Rolle spielen unter Denen, die sich zur Vertheidigung der Freiheiten Europa’s verbündet hatten. Was die unruhigen und undankbaren Insulaner betraf, die ihn verabscheuten, weil er es nicht zulassen wollte, daß sie sich gegenseitig in Stücken zerrissen, so sollte Marie zusehen, wie sie mit ihnen fertig würde. Sie war auf ihrem Boden geboren, sie sprach ihre Sprache, sie war einigen Theilen ihrer Liturgie, die sie für wesentlich hielten und die ihm im besten Falle harmlos erschienen, nicht abhold. Verstand sie auch wenig von Politik und Krieg, so besaß sie dafür Eigenschaften, die ihr nützlicher werden konnten: weibliche Anmuth und Takt, ein sanftes Gemüth und für Jedermann ein Lächeln und ein freundliches Wort. Ihr gelang es vielleicht, die Streitigkeiten zu schlichten, welche Staat und Kirche zerrütteten, und Holland unter seiner und England unter ihrer Verwaltung konnten in herzlichem Einvernehmen zusammen gegen den gemeinsamen Feind agiren.

Er wird zur Aenderung seiner Absicht bestimmt.

Er ließ in aller Stille die Vorbereitungen zu seiner Abreise treffen. Nachdem er dies gethan, berief er eine kleine Anzahl seiner vornehmsten Räthe zusammen und theilte ihnen sein Vorhaben mit. Ein Geschwader, sagte er, liege in Bereitschaft, um ihn in sein Vaterland zurück zu bringen. Er habe nichts mehr mit ihnen zu thun und hoffe, daß die Königin glücklicher sein werde. Die Minister waren wie vom Donner gerührt. Alle Streitigkeiten waren mit einem Male bei Seite gesetzt. Der Tory Caermarthen auf der einen, der Whig Shrewsbury auf der andren Seite, baten und beschworen ihn mit einer rührenden Eindringlichkeit, wie sie in den Conferenzen von Staatsmännern selten vorkommt. Es wurde manche Thräne vergossen. Endlich ließ der König sich bewegen, seinen Plan, die Regierung niederzulegen, wenigstens für den Augenblick aufzugeben. Zugleich aber kündigte er eine andre Absicht an, die er sich fest vorgenommen hatte nicht aufzugeben. Da er noch an der Spitze der englischen Verwaltung bliebe, wollte er selbst nach Irland gehen und versuchen, ob die ganze königliche Autorität, auf dem Punkte, wo das Geschick des Reichs entschieden werden sollte, mit Nachdruck geltend gemacht, hinreichen würde, um Betrügereien zu verhindern und die Disciplin aufrecht zu erhalten.[46]

Die Whigs widersetzen sich seiner Reise nach Irland.

Daß er ernstlich im Sinne gehabt hatte, sich nach Holland zurückzuziehen, blieb nicht allein der Menge, sondern selbst der Königin noch lange ein XV.28Geheimniß.[47] Daß er aber beschlossen hatte, das Commando seiner Armee in Irland zu übernehmen, wurde bald in ganz London bekannt. Man wußte, daß sein Lagergeräth angefertigt wurde und daß Sir Christoph Wren mit der Construction eines hölzernen Hauses beschäftigt war, das der König, auf zwei Wagen gepackt, mit sich nehmen und das überall aufgeschlagen werden sollte, wo er sein Hauptquartier zu nehmen gedachte.[48] Die Whigs schrieen Zeter über den ganzen Plan. Da sie nicht wußten oder wenigstens vorgaben es nicht zu wissen, daß Wilhelm und Wilhelm ganz allein diesen Plan gefaßt und daß keiner seiner Minister es gewagt hatte, ihm zu rathen, daß er sich den irischen Schwertern und dem irischen Klima aussetzen solle, so behauptete die ganze Partei mit Zuversicht, irgend ein Verräther im Cabinet, ein Tory der die Revolution und alles aus der Revolution Hervorgegangene hasse, habe ihn dazu überredet. Würde ein wahrer Freund Seiner Majestät bei seiner schwankenden Gesundheit wohl gerathen haben, sich nicht allein den Gefahren des Kriegs, sondern auch dem bösartigen Einflusse eines Klima’s auszusetzen, das neuerdings Tausenden von weit kräftigeren Leuten verderblich geworden war? Im Familienkreise lächelte der König spöttisch über diese ängstliche Besorgniß um seine Gesundheit, denn in seinen Augen war sie nichts weiter als die Besorgniß eines harten Herrn, welcher fürchtet, daß seine Sklaven arbeitsunfähig werden möchten. Die Whigs, schrieb er an Portland, fürchteten ihr Werkzeug zu verlieren, bevor ihr Werk fertig sei. „Was ihre Freundschaft anlangt,” setzte er hinzu, „so wissen Sie was diese werth ist.” Er sagte seinem Freunde, daß sein Entschluß unwiderruflich feststehe. Es stehe Alles auf dem Spiele und gehen müsse er, selbst wenn das Parlament ihn durch eine Adresse bitten sollte zu bleiben.[49]

Er prorogirt das Parlament.

Er erfuhr bald, daß unverzüglich in beiden Häusern eine solche Adresse beantragt und durch die ganze Macht der Whigpartei unterstützt werden sollte. Diese Nachricht überzeugte ihn, daß es Zeit war, einen entscheidenden Schritt zu thun. Er wollte die Whigs nicht von sich stoßen, aber ihnen eine Lection geben, die ihnen sehr Noth that. Er wollte die Kette zerreißen, in die sie ihn geschmiedet zu haben glaubten. Sie sollten nicht im ausschließlichen Besitz der Macht sein und die besiegte Partei nicht verfolgen. Ihnen zum Trotz wollte er das Commando seiner Armee in Irland übernehmen. Er entwarfXV.29 seinen Plan mit der ihm eigenen Besonnenheit, Festigkeit und Verschwiegenheit. Einen einzigen Engländer mußte er ins Vertrauen ziehen, denn er war unsrer Sprache nicht hinreichend mächtig, um in derselben mit seinen eigenen Worten die beiden Häuser vom Throne herab anzureden, und er pflegte deshalb bei wichtigen Gelegenheiten seine Rede französisch niederzuschreiben und sie dann ins Englische übersetzen zu lassen. Es steht fest, daß der König den bedeutungsvollen Entschluß, den er gefaßt hatte, wirklich nur einer einzigen Person mittheilte, und es kann kaum einem Zweifel unterliegen, daß diese Person Caermarthen war.

Am 27. Januar klopfte der schwarze Stab an die Thür des Hauses der Gemeinen, und Sprecher und Mitglieder begaben sich in das Haus der Lords. Der König war bereits auf dem Throne. Er ertheilte der Bewilligungsbill seine Genehmigung, dankte den beiden Häusern dafür, kündigte seine Absicht an, nach Irland zu gehen, und prorogirte das Parlament. Niemand konnte zweifeln, daß der Prorogation sehr bald die Auflösung folgen werde. Bei den Schlußworten: „Ich habe es für zweckdienlich gehalten, jetzt dieser Session ein Ziel zu setzen”, brachen die Tories sowohl diesseits als jenseits der Schranke in einen stürmischen Jubel aus, und der König überschaute inzwischen sein Auditorium vom Throne herab mit dem scharfen Adlerblicke, dem nichts entging. Man kann es ihm wohl verzeihen, wenn er ein wenig Schadenfreude darüber empfand, Diejenigen quälen zu können, die ihn so grausam gequält hatten. „Ich sah ellenlange Gesichter,” schrieb er den Tag darauf an Portland. „Einige wechselten vor Aerger wohl zwanzigmal die Farbe, während ich sprach.” [50]

Freude der Tories.

Wenige Stunden nach der Prorogation vereinigte ein Abschiedsmahl hundertfunfzig toryistische Mitglieder des Parlaments in der Apollo-Taverne in Fleetstreet. Sie waren jetzt besser auf Wilhelm zu sprechen als zu der Zeit, da sein Schwiegervater aus Whitehall vertrieben worden war. Sie hatten sich noch kaum von dem freudigen Erstaunen erholt, mit der sie vom Throne herab die Ankündigung vernommen, daß die Session zu Ende sei. Die Erinnerung an ihre Gefahr und das Gefühl der Befreiung war noch frisch in ihnen. Sie sprachen davon, sich in Pleno in den Palast zu begeben, um ihren Dank auszusprechen, gaben diese Absicht aber aus triftigen Gründen wieder auf, denn eine Schaar Squires, welche von einem Gastmahle kamen, bei dem weder Ale noch Claret gespart worden war, würde gewiß einiges unpassende Geräusch im Audienzzimmer gemacht haben. Sir Johann Lowther, der an Reichthum und Einfluß keinem Landgentleman der damaligen Zeit nachstand, wurde mit dem Danke der Versammlung in den Palast gesandt. Er spreche, sagte er zum Könige, die Gesinnung einer großen Anzahl loyaler Gentlemen aus. Seine Majestät dürfe überzeugt sein, daß sie in XV.30ihren Grafschaften ihr Möglichstes thun würden, um ihm zu dienen, und sie ließen ihm von Herzen eine glückliche Reise nach Irland, einen vollständigen Sieg, eine baldige Zurückkunft und eine lange und glückliche Regierung wünschen. Im Laufe der folgenden Woche gingen Viele, die sich seit der Revolution nicht im Zirkel von St. James hatten blicken lassen, zum Handkuß. Die, welche bis dahin als halbe Jakobiten betrachtet worden waren, drückten ihre Billigung der Politik der Regierung mit solcher Wärme aus, daß die entschiedenen Jakobiten sehr entrüstet waren und sich bitter über die traurige Verblendung beklagten, welche über die Söhne der Kirche England’s gekommen zu sein scheine.[51]

Alle damaligen Handlungen Wilhelm’s verriethen seinen Entschluß, die Heftigkeit der Whigs fortdauernd, wenn auch mild zu zügeln und sich wo möglich die Zuneigung der Tories zu erwerben. Mehrere Personen, welche die Whigs wegen Hochverraths ins Gefängniß geworfen hatten, wurden gegen Caution in Freiheit gesetzt.[52] Die Prälaten, welche der Ansicht waren, daß sie Jakob noch Unterthanentreue schuldeten, wurden mit einer in der Geschichte der Revolutionen seltenen Schonung behandelt. Innerhalb einer Woche nach der Prorogation kam der 1. Februar, der Tag, an welchem diejenigen Geistlichen, die sich weigerten, den Eid zu leisten, definitiv ihrer Aemter entsetzt werden sollten. Mehrere von den suspendirten Geistlichen schwuren noch in den letzten Augenblicken, um sich vor dem Bettelstab zu retten. Der Primas und fünf seiner Suffragane aber blieben unbeugsam. Sie verwirkten demnach ihre Bisthümer, aber Sancroft wurde benachrichtigt, daß der König noch nicht die Hoffnung aufgegeben habe, daß es ihm gelingen werde, ein Arrangement zu treffen, welches ihn der Nothwendigkeit überhebe, Nachfolger zu ernennen, und daß die nichtschwörenden Prälaten für jetzt in ihren Palästen wohnen bleiben könnten. Ihre Einnehmer wurden zu Einnehmern für die Krone ernannt und erhoben nach wie vor die Einkünfte der erledigten Sitze.[53] Gleiche Nachsicht wurde einigen Geistlichen untergeordneten Ranges bewiesen. So bewohnte Sherlock auch nach seiner Entsetzung fortwährend ungestört sein Amtshaus nahe der Templekirche.

Auflösung und allgemeine Wahl.

Jetzt erschien eine Proklamation, welche das Parlament auflöste. Es wurden Ausschreiben zu einer allgemeinen Wahl erlassen und bald war das ganze Königreich in Gährung. Van Citters, der eine Reihe von ereignißvollen Jahren in England zugebracht hatte, erklärte, er habe London nie heftiger bewegt gesehen.[54] Die Aufregung wurde durch Schriften aller Art, von Predigten in sechzehn Abschnitten bis herab zu leiernden Straßenballaden, genährt. Stimmlisten wurden, zum ersten Male in unsrer Geschichte, zur Benachrichtigung der Wahlbürger gedruckt und verbreitet. Zwei von diesen Listen kann man noch heute in allen Bibliotheken sehen. Die eine davon, welche von den Whigs in Circulation gesetzt war, enthielt die Namen derjenigen Tories, welche gegen die Erklärung der Thronerledigung gestimmtXV.31 hatten. Die andre von den Tories in Umlauf gesetzte Liste enthielt die Namen derjenigen Whigs, welche die Sacheverell’sche Klausel unterstützt hatten.

Es zeigte sich bald, daß die öffentliche Meinung im Laufe des seit dem Zusammentritt der Convention verflossenen Jahres einen großen Umschwung erfahren hatte, und man kann nicht leugnen, daß dieser Umschwung, wenigstens zum Theil, die natürliche Folge und die gerechte Strafe des maßlosen und rachsüchtigen Gebahrens der Whigs war. Der City von London glaubten sie gewiß zu sein. Die Bürgerschaft hatte im vergangenen Jahre vier eifrige Whigs ohne Kampf gewählt; aber alle vier hatten für die Sacheverell’sche Klausel gestimmt, und durch diese Klausel würden viele von den Handelsfürsten von Lombard Street und Cornhill, Männer von großem Gewicht, neben denen die Goldschmiede mit gezogenem Hute unter den Arkaden der Börse auf und ab gingen, mit allen Unehren aus dem Collegium der Aldermen und aus dem Gemeinderathe gestoßen worden sein. Es war ein Kampf auf Leben und Tod; keine Anstrengungen, keine Kunstgriffe wurden gespart. Wilhelm schrieb an Portland, daß die Whigs der City in ihrer Verzweiflung sich aus nichts ein Gewissen machten und daß sie, wenn sie es so fort trieben, eine Indemnitätsacte eben so nöthig brauchen würden als die Tories. Es wurden jedoch vier Tories gewählt, und zwar mit einer so entschiedenen Majorität, daß der Tory, welcher die wenigsten Stimmen hatte, dem Whig, der die meisten hatte, um vierhundert Stimmen überlegen war.[55] Die Sheriffs, welche den Triumph ihrer Feinde so weit als möglich hinauszuschieben wünschten, bewilligten ein Scrutinium; aber obwohl die Majorität sich verminderte, blieb das Resultat unverändert.[56] Zu Westminster wurden zwei Gegner der Sacheverell’schen Klausel ohne Kampf gewählt.[57] Nichts aber bewies schlagender das durch die Proceduren des letzten Hauses der Gemeinen erregte Mißfallen, als die Vorgänge an der Universität Cambridge. Newton zog sich in sein stilles Observatorium über dem Thore von Trinity College zurück. Zwei Tories wurden mit überwiegender Majorität gewählt. Die meisten Stimmen hatte Sawyer, der erst wenige Tage vorher von der Indemnitätsbill ausgenommen und aus dem Hause der Gemeinen gestoßen worden war. Die Acten der Universität enthalten interessante Beweise dafür, daß die unkluge Härte, mit der er behandelt worden, ein enthusiastisches Gefühl für ihn geweckt hatte. Newton stimmte ebenfalls für Sawyer, und dieser bemerkenswerthe Umstand berechtigt uns zu der Annahme, daß auch der große Philosoph, auf dessen Genie und Tugend die Whigpartei mit Recht stolz ist, das starrsinnige und rachsüchtige Benehmen dieser Partei mit Schmerz und Mißfallen betrachtet hatte.[58]

XV.32 Es stellte sich bald klar heraus, daß die Tories im neuen Hause der Gemeinen das Uebergewicht haben würden.[59] Indessen erlangten alle leitenden Whigs, bis auf einen einzigen, einen Sitz darin. Johann Hampden blieb ausgeschlossen und seine Abwesenheit wurde nur von den intolerantesten und unvernünftigsten Mitgliedern seiner Partei bedauert.[60]

Veränderungen in den executiven Verwaltungszweigen.

Unterdessen traf der König in fast jedem Zweige der ausübenden Verwaltung Aenderungen, welche der durch die allgemeine Wahl in der Beschaffenheit des gesetzgebenden Körpers bewirkten entsprachen. An die Bildung eines Ministeriums nach unseren jetzigen Begriffen dachte er jedoch nicht. Insbesondere behielt er sich die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten noch immer selbst vor und überwachte mit größter Aufmerksamkeit alle Anstalten für den bevorstehenden Feldzug in Irland. In seinen vertraulichen Briefen beklagte er sich, daß er mit wenig oder gar keinem Beistande die Organisation der desorganisirten militärischen Einrichtungen bewerkstelligen müsse. Es sei ein schweres Stück Arbeit, sagt er; aber es müsse durchgeführt werden, denn Alles hänge davon ab.[61] Im Allgemeinen war die Verwaltung noch immer in unabhängige Departements eingetheilt und in jedem Departement waren noch immer Whigs und Tories mit einander vermischt, wenn auch nicht ganz in dem früheren Verhältnisse. Im Jahre 1689 war das whiggistische Element entschieden vorherrschend gewesen; im Jahre 1690 herrschte das toryistische Element vor, obwohl nicht so entschieden.

Halifax hatte das Geheimsiegel abgegeben und es wurde Chesterfield angetragen, einem Tory, der in der Convention für eine Regentschaft gestimmt hatte. Chesterfield aber weigerte sich, sein Landhaus und seine Gärten in Derbyshire mit dem Hofe und dem Berathungszimmer zu vertauschen, und das Siegel wurde daher einer Commission anvertraut.[62] XV.33Caermarthen war jetzt der Hauptrathgeber der Krone in allen auf die innere Verwaltung und auf die Leitung der beiden Parlamentshäuser bezüglichen Angelegenheiten. Den weißen Stab und die damit verbundene ungeheure Macht aber war Wilhelm noch immer entschlossen niemals einem einzelnen Unterthan zu übertragen.

Caermarthen erster Minister.

Caermarthen blieb daher nach wie vor Lordpräsident, bezog aber eine Reihe von Gemächern in St. James Palace, was für eine nur dem Premierminister zustehende Bevorzugung galt.[63] Er hatte während des vorhergehenden Jahres sein seltenes Erscheinen im Staatsrathe mit schwankender Gesundheit entschuldigt, und die Entschuldigung war nicht unbegründet, denn seine Verdauungsorgane hatten einige krankhafte Eigenthümlichkeiten, welche das ganze Collegium der Aerzte außer Fassung brachten; seine Gesichtsfarbe war blaß, seine Gestalt hager und sein Gesicht, obgleich hübsch und geistvoll, hatte einen verstörten Ausdruck, der eben so wohl ein fortwährendes Leiden wie einen rastlosen Ehrgeiz verrieth.[64] Sobald er jedoch wieder Minister war, widmete er sich eifrig den Staatsgeschäften und arbeitete täglich vom frühen Morgen bis zum Abend mit einer Energie, welche Jedermann, der seine geisterhaften Züge und seinen unsicheren Gang sah, in Erstaunen setzte.

Hatte er nun auch für sich selbst das Schatzmeisteramt nicht erlangen können, so war doch sein Einfluß im Schatzamte groß. Monmouth, der erste Commissar, und Delamere, der Kanzler der Schatzkammer, zwei der heftigsten Whigs in England, gaben ihre Sitze auf. Bei dieser, wie bei vielen anderen Gelegenheiten zeigte es sich, daß sie nichts als ihren Whiggismus mit einander gemein hatten. Der oberflächliche Monmouth, der sich wohl bewußt war, daß er keine von den Eigenschaften eines Finanzmannes besaß, scheint sich nicht persönlich verletzt gefühlt zu haben, daß er von einem Posten entfernt wurde, den er nie hätte einnehmen sollen. Er nahm mit Dank eine Pension an, die er bei seinen verschwenderischen Gewohnheiten sehr gut brauchen konnte, und fuhr fort, den Staatsrathssitzungen beizuwohnen, den Hof zu frequentiren und die Functionen eines Kammerherrn zu versehen.[65] Auch versuchte er sich in militärischen Angelegenheiten nützlich zu machen, die er wenn nicht gut, doch besser verstand als die meisten seiner vornehmen Standesgenossen, und er bezeigte einige Monate lang Caermarthen große Achtung. Delamere war dagegen in ganz andrer Stimmung. Umsonst bezahlte man ihm seine Dienste überreichlich mit Ehren und Reichthümern. Er wurde zum Earl von Warrington creirt und erhielt alle Jesuiten gehörenden Ländereien, welche in fünf oder sechs Grafschaften entdeckt werden konnten. Eine von ihm geltend gemachte Forderung wegen Ausgaben, die er zur RevolutionszeitXV.34 gehabt, wurde ihm ebenfalls zugestanden und er nahm als Lohn für seine patriotischen Anstrengungen eine Summe mit sich in seine Zurückgezogenheit, die der Staat schwer entbehren konnte. Doch sein Unmuth war dadurch nicht zu beschwichtigen und er beklagte sich bis an sein Ende bitter über den Undank, mit dem man ihm und seiner Partei gelohnt habe.[66]

Sir Johann Lowther.

Sir Johann Lowther wurde erster Lord des Schatzes und er war Derjenige, dem Caermarthen hauptsächlich die Leitung der ostensiblen Geschäfte im Hause der Gemeinen überließ. Lowther war ein Mann von altem Adel, von bedeutendem Vermögen und von großem parlamentarischen Einfluß. Obwohl noch kein alter Mann, war er doch schon ein alter Senator, denn er war noch vor erreichter Volljährigkeit seinem Vater als Parlamentsmitglied für die Grafschaft Westmoreland gefolgt. Die Vertretung von Westmoreland war in der That fast eben so gut ein Erbtheil der Familie Lowther, wie ihr Stammschloß. Sir John besaß höchst achtungswerthe Talente, sein Benehmen war, obwohl es in gleichzeitigen Schmähschriften zu ceremoniös genannt wird, ungemein artig, sein persönlicher Muth war nur zu bereit sich durch die That zu dokumentiren und seine Moralität war tadellos. Seine Zeit war zwischen nützlicher Thätigkeit und anständigen Vergnügungen getheilt, seine Hauptbeschäftigungen bestanden im Besuche des Hauses der Gemeinen und im Präsidiren auf der Richterbank; seine Hauptvergnügungen waren Lectüre und Gartenbau. Seiner politischen Meinung nach war er ein sehr gemäßigter Tory. Er war der erblichen Monarchie und der Staatskirche zugethan, hatte aber an der Revolution Theil gehabt und hegte keine Skrupel wegen Wilhelm’s und Mariens Rechtstitel; er hatte ihnen ohne stillschweigenden Vorbehalt Treue geschworen und scheint seinen Eid streng gehalten zu haben. Mit Caermarthen war er nahe befreundet. Sie hatten bei dem Aufstande im Norden in herzlichem Einvernehmen gewirkt und stimmten in ihren politischen Ansichten soweit überein, als ein schlauer Staatsmann und ein ehrlicher Landgentleman in diesem Punkte übereinstimmen konnten.[67] Durch Caermarthen’s Einfluß wurde Lowther jetzt auf einen der XV.35wichtigsten Posten im Königreiche erhoben. Unglücklicherweise war es ein Posten, der ganz andere Eigenschaften erheischte, als man braucht, um ein schätzbares Parlamentsmitglied und ein tüchtiger Präsident bei Quartalsitzungen zu sein. Der neue erste Lord des Schatzes besaß weder die für sein Amt nöthige Beredtsamkeit, noch war sein Character dazu hinreichend gestählt. Er hatte weder die nöthige Gewandtheit, um die Spötteleien und Vorwürfe, denen er in seiner neuen Eigenschaft als Hofmann und Staatsbeamter ausgesetzt war, zu pariren, noch die nöthige Kraft, dieselben zu ertragen. Und dann hatte er etwas zu thun, wozu er zu gewissenhaft war, etwas, was Wolsey oder Burleigh nie gethan hatten, etwas, was kein englischer Staatsmann unsrer Generation je gethan hat, was aber von den Zeiten Karl’s II. bis zu den Zeiten Georg’s III. eine der wichtigsten Obliegenheiten eines Ministers war.

Ursprung und Fortschreiten der parlamentarischen Bestechung in England.

Die Geschichte des Ursprungs, der Zunahme und Abnahme der parlamentarischen Bestechung in England ist noch von Niemandem geschrieben worden. Kein Gegenstand hat eine größere Menge beredtsamen Tadels und beißender Sarkasmen veranlaßt. Drei Generationen ernster und humoristischer Schriftsteller haben über die Feilheit des Senats geweint und gelacht. Diese Feilheit wurde auf der Wahlbühne getadelt, auf der Kanzel mit dem Bannfluche belegt und auf der Bühne verspottet, von Pope in glänzenden Versen und von Bolingbroke in eleganter Prosa, von Swift mit wildem Hasse und von Gay mit launiger Bosheit angegriffen. Die Stimmen von Tories und Whigs, von Johnson und Akenside, von Smollett und Fielding verstärkten das Geschrei. Aber keiner der Scheltenden oder Scherzenden nahm sich die Mühe die Erscheinung zu erklären, oder sie auf ihre wirklichen Ursachen zurückzuführen.

Zuweilen wurde das Uebel der Verderbtheit eines einzelnen Ministers zugeschrieben; wenn er aber vom Ruder verdrängt war und wenn Diejenigen, die ihn laut beschuldigt, an seiner Statt regierten, ergab es sich, daß der Wechsel der Personen keine Veränderung des Systems herbeigeführt hatte. Anderemale wurde das Uebel der Ausartung des Nationalcharacters zugeschrieben. Verschwendungssucht und Habgier, sagte man, hätten in unsrem Vaterlande die nämliche Wirkung erzeugt, die sie vor Alters in der römischen Republik erzeugten. Der moderne Engländer verhalte sich zu dem Engländer des 16. Jahrhunderts wie Verres und Curio zu Dentatus und Fabricius. Diejenigen welche diese Sprache führten, waren so unwissend und oberflächlich wie Leute, welche die Vergangenheit auf Kosten der Gegenwart herausstreichen, es in der Regel sind. Ein einsichtsvoller Mann würde bemerkt haben, daß, wenn die Engländer aus der Zeit Georg’s II. wirklich schmutziger und ehrloser gewesen wären als ihre Vorfahren, die Verschlechterung sich nicht an einer Stelle allein gezeigt haben würde. Die Feilheit der Justiz und die Feilheit der Beamten würde mit der Feilheit des Parlaments gleichen Schritt gehalten haben. Allein es ist nichts gewisser als daß die Gerichtshöfe und die öffentlichen Behörden immer reiner und reiner wurden, während die Feilheit der Legislatur zunahm. Die Vertreter des Volks waren zu den Zeiten Hardwicke’s und Pelham’s unzweifelhaft käuflicher als zu den Zeiten der Tudors. Aber die Kanzler der Tudors machten sich kein Gewissen daraus von Rechtsuchenden Silbergeschirr und Juwelen anzunehmen, und Hardwicke würde jeden Rechtsuchenden, der es gewagt hätte, ihm ein Geschenk zuXV.36 bringen, haben verhaften lassen. Die Schatzmeister der Tudors erwarben sich durch den Verkauf von Stellen, Titeln und Begnadigungen fürstliches Vermögen, und Pelham würde Jedem, der ihm für eine Pairie oder ein Zollcommissariat Geld geboten hatte, durch seine Dienerschaft aus dem Hause haben werfen lassen. Es liegt somit auf der Hand, daß das Vorherrschen der Bestechlichkeit im Parlament nicht einer allgemeinen Sittenverderbniß zugeschrieben werden darf. Die Krankheit war eine örtliche, wir müssen uns daher nach einer örtlichen Ursache umsehen, und eine solche wird nicht schwer zu finden sein.

Unter unseren früheren Regenten hatte das Haus der Gemeinen mit der ausübenden Verwaltung wenig zu thun; der Sprecher war beauftragt es nicht zu dulden, daß die Mitglieder sich in Staatsangelegenheiten mischten. War einer der Herren gar nicht zur Ruhe zu bringen, so wurde er vor den Geheimen Rath gefordert und zur Rede gesetzt, erhielt einen Verweis und wurde in den Tower geschickt, um dort über sein pflichtwidriges Benehmen nachzudenken. Die Gemeinen suchten sich zwar nach Möglichkeit zu schützen, indem sie ihre Berathungen geheim hielten, Fremden keinen Zutritt gestatteten und die Wiedererzählung dessen was hinter den Thüren geschah, zu einem Verbrechen stempelten. Aber diese Vorsichtsmaßregeln halfen nicht viel. In einer so zahlreichen Versammlung gab es immer Ohrenbläser, weiche bereit waren, ihre Collegen im Palaste anzuschwärzen. Dem Hofe zu opponiren war daher ein gefährliches Ding. Von Kaufen der Stimmen war damals natürlich noch wenig oder gar nicht die Rede. Ein ehrlicher Mann ließ sich nicht erkaufen, und ein Schurke war wohlfeiler einzuschüchtern oder zu zwingen, als zu erkaufen.

Aus einem ganz andren Grunde hat in neuerer Zeit, so weit die Erinnerung der gegenwärtigen Generation zurückreicht, kein directes Kaufen von Stimmen stattgefunden. Das Haus der Gemeinen ist jetzt die höchste Behörde im Staate; aber es ist der Nation verantwortlich. Selbst diejenigen Mitglieder, welche nicht durch große Wahlkörper gewählt sind, werden durch die öffentliche Meinung in Schranken gehalten. Alles wird gedruckt. Alles wird diskutirt, jedes im Laufe der Debatte gesprochene Wort wird am nächsten Morgen von einer Million Menschen gelesen. Wenige Stunden nach einer wichtigen Abstimmung werden die Listen der Majorität und der Minorität in jeder Stadt, von Plymouth bis Inverneß, kritisirt und analysirt. Findet man einen Namen da, wo er nicht sein sollte, so kann der Apostat gewiß sein, daß er sehr nachdrücklich an die Versprechungen und Versicherungen, denen er untreu geworden, erinnert werden wird. Heutzutage kann sich daher eine Regierung die Majorität des repräsentativen Körpers am besten dadurch sichern, daß sie das Vertrauen der Nation gewinnt.

Zwischen der Zeit aber, wo unsere Parlamente aufhörten, durch die königliche Prärogative gezügelt zu werden, und der Zeit, wo sie andauernd und wirksam durch die öffentliche Meinung gezügelt zu werden begannen, lag ein langer Zwischenraum. Nach der Restauration wagte keine Regierung wieder zu den Mitteln zu greifen, durch welche vor dem Bürgerkriege die Redefreiheit beschränkt worden war. Kein Mitglied konnte mehr wegen seiner Reden oder seiner Vota zur Rechenschaft gezogen werden. Er konnte die Annahme von Bewillungsbills hintertreiben, er konnte die ganze auswärtige Politik des Landes angreifen; er konnte AnklageschriftenXV.37 gegen sämmtliche erste Minister auf den Tisch des Hauses niederlegen, und er lief nicht die mindeste Gefahr, so behandelt zu werden, wie Morrice von Elisabeth, oder Eliot von Karl I. behandelt worden war. Der Senator fürchtete den Hof nicht mehr. Dessenungeachtet wurden alle Schutzwehren, hinter denen sich die schwachen Parlamente des 16. Jahrhunderts gegen die Angriffe der Prärogative verschanzt hatten, nicht nur aufrecht erhalten sondern noch erweitert und verstärkt. Kein Politiker scheint erkannt zu haben, daß diese Schutzwehren ihrem ursprünglichen Zwecke nicht mehr dienten und angefangen hatten, einem ganz andren Zwecke zu dienen. Die Regeln, welche ursprünglich dazu bestimmt gewesen waren, treue Volksvertreter gegen das Mißfallen des Souverains zu schützen, dienten jetzt dazu, treulose Volksvertreter gegen das Mißvergnügen der Nation zu schützen und erwiesen sich zu dem letzteren Zwecke als viel wirksamer als sie es zu dem ersteren gewesen waren. Daß in einem gesetzgebenden Körper, der von den Beschränkungen des 16. Jahrhunderts befreit, aber noch nicht den Beschränkungen des 19. Jahrhunderts unterworfen war, in einem gesetzgebenden Körper, der weder den König noch das Volk fürchtete, Bestechlichkeit herrschte, war natürlich, ja unvermeidlich.

Die Pestbeule begann in den Tagen der Cabale sichtbar und greifbar zu werden. Clifford, der Kühnste und Heftigste von den bösen Fünf, hatte das Verdienst, die Entdeckung zu machen, daß ein lärmender Patriot, der nicht mehr eingesperrt werden durfte, durch eine Goldschmiedsnote in einen Höfling verwandelt werden könne. Es wurde bald ein Sprüchwort, daß das Parlament einer Pumpe gleiche. Wenn eine Pumpe ausgetrocknet sei, sagten die Witzlinge, brauche man nur eine kleine Quantität Wasser hineinzuschütten, damit sie eine große Quantität Wasser von sich gebe; ebenso bedürfe es bei einem sich knauserig zeigenden Parlamente oft nur der zweckmäßigen Vertheilung von zehntausend Pfund, um eine Million bewilligt zu erhalten. Durch die Revolution, welche unser Land von so manchem andren Uebel befreit, wurde das Uebel nicht vermindert, sondern sogar verschlimmert. Das Haus der Gemeinen war jetzt der Krone gegenüber mächtiger als je und doch war es der Nation nicht strenger verantwortlich als früher. Die Regierung hatte einen neuen Beweggrund, die Mitglieder zu erkaufen, und die Mitglieder hatten keinen neuen Beweggrund, sich nicht erkaufen zu lassen. Wilhelm hatte zwar einen Widerwillen gegen die Bestechung; er beschloß, sich derselben zu enthalten, und während des ersten Jahres seiner Regierung führte er diesen Vorsatz auch durch. Leider aber ermuthigten die Ereignisse dieses Jahres ihn nicht, in seiner guten Absicht zu beharren. Sobald Caermarthen an die Spitze der inneren Verwaltung des Reichs gestellt war, trat eine vollständige Aenderung ein. Er war in der That kein Neuling in der Kunst des Stimmenkaufens. Vor sechzehn Jahren war er Clifford’s Nachfolger im Schatzamte geworden, hatte Clifford’s Taktiken geerbt, sie verbessert und sie in einer Ausdehnung angewendet, die den Erfinder in Erstaunen gesetzt haben würde. Von dem Tage, an welchem Caermarthen zum zweiten Male zur Oberleitung der Staatsangelegenheiten berufen wurde, ward die parlamentarische Bestechung fortwährend fast ohne Unterbrechung von einer langen Aufeinanderfolge von Staatsmännern bis zur Beendigung des amerikanischen Kriegs ausgeübt. Keine der beiden großen englischen Parteien kann der andren in diesem Punkte speciell die SchuldXV.38 beimessen. Die Tories waren die Ersten, die das System einführten, und die Letzten, die daran festhielten, seinen größten Umfang aber erreichte es zur Zeit des Uebergewichts der Whigs. In welchem Umfange die Unterstützung des Parlaments mit Geld erkauft wurde, läßt sich nicht genau ermitteln. Doch ist es wahrscheinlich, daß die Anzahl der Söldlinge durch das Gerücht sehr übertrieben wurde und niemals groß, wenn auch oft beträchtlich genug war, um bei wichtigen Abstimmungen den Ausschlag zu geben. Ein gewissenloser Minister nahm die Dienste dieser Söldlinge mit eifriger Bereitwilligkeit an, und ein rechtschaffener Minister unterwarf sich im Interesse des Gemeinwohls einem Gebrauche, den er als eine schmachvolle Erpressung betrachtete. Aber viele Jahre hindurch verstand sich jeder Minister, mochte sein persönlicher Character sein welcher er wollte, wohl oder übel dazu das Parlament auf die einzige Manier zu behandeln, auf die es behandelt werden konnte. Es wurde endlich eben so notorisch, daß im Schatzamte ein Stimmenmarkt, wie daß in Smithfield ein Viehmarkt gehalten ward. Zahlreiche Demagogen die nicht im Amte waren, eiferten gegen diesen schmählichen Handel, jeder von diesen Demagogen aber sah sich, sobald er ans Ruder kam, durch eine Art von Fatalität getrieben, an dem Handel Theil zu nehmen, oder ihn wenigstens stillschweigend zu gestatten. Hin und wieder weigerte sich vielleicht ein Mann, der romanhafte Begriffe von Staatsdienertugend hatte, selbst der Zahlmeister der bestochenen Schaar zu sein und wendete den Blick ab, während seine minder skrupulösen Collegen thaten was er als unerläßlich kannte, obwohl er fühlte, daß es erniedrigend war. Doch waren Fälle solcher Prüderie nur selten. Das allgemein, selbst unter rechtschaffenen und ehrenwerthen Politikern angenommene Prinzip war, daß es schimpflich sei, Bestechungen zu nehmen, aber nothwendig, solche zu vertheilen. Es ist eine bemerkenswerthe Thatsache, daß das Uebel seinen Höhepunkt während der Verwaltung Heinrich Pelham’s erreichte, eines Staatsmannes vom besten Willen, von makelloser Moralität in seinem Privatleben und von exemplarischer Uneigennützigkeit. Es ist nicht schwer zu errathen, durch welche Argumente er und andere wohlmeinende Männer, welche die Mode ihres Zeitalters mitmachten, ihr Gewissen beruhigten. Kein noch so strenger Casuist hat geleugnet, daß es eine Pflicht sein kann, etwas zu geben, was zu nehmen eine Sünde ist. Es war schändlich von Jeffreys, für das Leben der unglücklichen Gefangenen, die er in Dorchester und Taunton verurtheilte, Geld zu verlangen. Aber es war nicht schändlich, nein es war sogar lobenswerth von den Verwandten und Freunden eines Gefangenen, nach ihren Kräften beizusteuern, um für Jeffreys eine Börse zu füllen. Der Corsar von Sallee, der einen gefangenen Christen zu Tode zu prügeln drohte, wenn er kein Lösegeld herbeischaffte, war ein nichtswürdiger Schurke. Aber einen gefangenen Christen von einem Sallee Corsaren loskaufen, war nicht nur eine unschuldige, sondern eine höchst verdienstliche Handlung. In solchen Fällen würde die Anwendung des Wortes Bestechung ganz unpassend sein. Diejenigen, welche den schmutzigen Gewinn annehmen, sind schon verdorben; wer sie besticht, macht sie nicht erst schlecht, er findet sie bereits so, und er verhindert nur, daß ihre bösen Neigungen schlimme Wirkungen erzeugen. Konnte nicht dasselbe Argument zur Entschuldigung eines Ministers geltend gemacht werden, der, weil kein andres Mittel etwas nützte, habsüchtige und niedrigdenkende Männer bezahlte, damit sie ihr Vaterland nicht ruinirten?

XV.39 Durch ein ähnliches Raisonnement wurden auch Wilhelm’s Skrupel beschwichtigt. Der ehrliche Burnet nahm sich mit dem unhöfischen Muthe, der ihn auszeichnete, die Freiheit, dem Könige Vorstellungen deshalb zu machen. „Niemand,” antwortete Wilhelm, „haßt die Bestechung mehr als ich. Aber ich habe es mit einer Art Menschen zu thun, mit denen nur auf diesem unedlen Wege etwas anzufangen ist. Ich muß mich wohl oder übel dazu entschließen, oder das Land ist verloren.”[68]

Sir Johann Trevor.

Der Lordpräsident mußte im Hause der Gemeinen einen Agenten für das Erkaufen der Mitglieder haben, und Lowther war für ein solches Geschäft zu unbeholfen und zu gewissenhaft. Aber ein Mann, der Klugheit und Verworfenheit in hohem Grade in sich vereinigte, ward ohne Mühe gefunden. Es war der Staatsarchivar Sir Johann Trevor, der in dem einzigen Parlamente, welches Jakob gehalten, Sprecher gewesen war. So hoch Trevor sich in der Welt emporgeschwungen hatte, es gab Leute, die ihn gekannt hatten, als er noch ein wunderlich aussehender Advokatenschreiber im innern Temple gewesen war. In der That, wer ihn einmal gesehen hatte, konnte ihn so leicht nicht vergessen, denn seine grotesken Gesichtszüge und sein abscheuliches Schielen machten ihn zu einer lebenden Karrikatur. Seine nicht gewöhnlichen natürlichen Anlagen hatten ihn befähigt, es in der Kunst der Chikane schon frühzeitig zur Meisterschaft zu bringen. Spiel und Wetten waren sein Vergnügen und er wußte daraus viel praktischen Nutzen für seinen Beruf zu ziehen. Denn seine Ansicht über eine aus einer Wette oder einem Hazardspiele entsprungene Streitfrage hatte eben so viel Autorität als der Ausspruch irgend eines Gerichtshofes in Westminster Hall. Er erhob sich bald zu einem der heiteren Gesellschafter, welche Jeffreys am Abend bei der Flasche in fröhlicher Weinlaune umarmte und am andren Morgen im Gerichtssaale verwünschte und heruntermachte. Unter einem solchen Lehrmeister machte Trevor rasche Fortschritte in der eigenthümlichen Art von Rhetorik, die sich in den Prozessen Baxter’s und der Alice Lisle entfaltet hatte. Man erzählte sich in der That von einigen Schimpfwettkämpfen zwischen dem Kanzler und seinem Freunde, in denen der Schüler keine geringere Zungenfertigkeit und Gemeinheit an den Tag gelegt hatte als der Meister. Diese Zänkereien fanden jedoch erst statt, als der jüngere Glücksritter sich soviel Reichthümer und Würden erworben hatte, daß er der Protection, die ihn emporgehoben, nicht mehr bedurfte.[69] Unter den Hochkirchlichen genoß Trevor trotz seines notorischen Mangels an Grundsätzen damals eine gewisse Popularität, die er hauptsächlich ihrer Ueberzeugung verdankt zu haben scheint, daß, wie falsch er im allgemeinen auch sein mochte, sein Haß gegen die Dissenters wenigstens wahr und aufrichtig sei. Es stand kaum zu bezweifeln, daß er in einem Hause der Gemeinen, in welchem die Tories das Uebergewicht hatten, mit Unterstützung des Hofes leicht zum Sprecher gewählt werden konnte. Er wünschte sehnlichst, seinen früheren Posten wieder zu erhalten, den er vortrefflich zu einem der einträglichsten im Königreiche zu machen verstand, und er übernahm daher bereitwillig das geheime und schmachvolle Amt, für welches Lowther ganz untauglich war.

XV.40 Richard Hampden wurde zum Kanzler der Schatzkammer ernannt. Diese Ernennung sollte wahrscheinlich ein Beweis von der Dankbarkeit des Königs für sein gemäßigtes Verhalten und für seine Bemühungen sein, die Heftigkeit seiner whiggistischen Freunde, und besonders seines Sohnes, zu brechen.

Godolphin tritt ab.

Godolphin verließ freiwillig das Schatzamt, warum, wissen wir nicht. Wir können kaum daran zweifeln, daß die Auflösung des Parlaments und das Ergebniß der allgemeinen Wahl ihm Freude gemacht haben mußten; denn seine politischen Ansichten neigten sich zum Toryismus hin und er hatte unter der vorigen Regierung Manches gethan, was zwar kein großes Verbrechen war, aber doch einer Amnestie sehr bedurfte. Er hielt es wahrscheinlich nicht für vereinbar mit seiner persönlichen Würde, im Staatsrathe unter Lowther zu sitzen, der ihm im Range nachstand.[70]

Veränderungen bei der Admiralität.

Es wurde eine neue Admiralitätscommission ernannt, und an die Spitze der Marineverwaltung wurde Thomas Herbert, Earl von Pembroke, gestellt, ein Mann von vornehmer Geburt und ausgezeichneter Bildung, der zur Torypartei gehört, für eine Regentschaft gestimmt und die Tochter Sawyers geheirathet hatte. Daß Pembroke’s Toryismus jedoch nicht engherziger und illiberaler Art war, wird hinreichend durch den Umstand bewiesen, daß Johann Locke ihm unmittelbar nach der Revolution seinen Essay on the Human Unterstanding widmete, zum Zeichen der Dankbarkeit für in schlimmen Zeiten geleistete freundliche Dienste.[71]

Es wurde nichts unterlassen, um Torrington über diese Veränderung zu trösten. Denn wenn er sich auch als ein unfähiges Verwaltungsmitglied erwiesen hatte, stand er doch als Seemann in der allgemeinen Achtung so hoch, daß die Regierung seine Dienste nicht verlieren wollte. Man versicherte ihm, daß er durchaus nicht habe zurückgesetzt werden sollen. Er könne dem Vaterlande nicht zu gleicher Zeit auf dem Meere und in Westminster dienen, und man habe es für minder schwer gehalten, ihn im Amte zu ersetzen, als auf dem Verdeck seines Flaggenschiffs. Er war anfangs höchlich entrüstet und reichte wirklich seine Entlassung ein; aber man machte seinem Stolze einige Zugeständnisse. Eine Pension von dreitausend Pfund und zehntausend Acres Kronland in der Ebene von Peterborough waren für seine Habgier unwiderstehliche Köder, und in einer für England bösen Stunde willigte er ein, an der Spitze der Seemacht zu bleiben, von der die Sicherheit unserer Küsten abhing.[72]

Veränderungen bei den Milizen.

Während diese Veränderungen in den Aemtern um Whitehall vorgingen, wurden auch die Statthalterschaftsposten im ganzen Königreiche revidirt. Die Tories beklagten sich seit einem Jahre, daß ihr Antheil an der Verwaltung der Districte, XV.41die sie bewohnten, in keinem Verhältniß zu ihrer Anzahl, zu ihrem Reichthum und zu dem Ansehen stehe, dessen sie in der Gesellschaft genössen. Zu ihrer großen Freude erlangten sie jetzt ihre frühere Stellung in ihren Grafschaften wieder. Die Whigs schrieen, der König sei schändlich hintergangen und durch schlechte Rathgeber bewogen worden, das Schwert Männern in die Hand zu geben, die es, sobald sich eine günstige Gelegenheit darböte, gegen ihn selbst kehren würden. In einem Dialoge, für dessen Autor man den neu creirten Earl von Warrington hielt und welcher damals sehr verbreitet war, der aber schon längst vergessen ist, sprach der redend eingeführte Lordlieutenant einer Grafschaft die Besorgniß aus, daß die Mehrzahl seiner Untergebenen im Herzen Verräther seien.[73] Nirgends aber war die durch die neue Vertheilung der Gewalt erregte Unzufriedenheit so groß als in der Hauptstadt. Durch eine unmittelbar nach der Revolution veröffentlichte Commission of Lieutenancy waren die Milizen der City unter das Commando entschiedener Whigs gestellt worden. Die mächtigen und reichen Bürger, welche übergangen waren, klagten, daß die Liste mit Aeltesten puritanischer Congregationen, mit Shaftesbury’s Feuerköpfen, und mit Ryehouseverschwörern angefüllt sei und daß es kaum möglich sei, unter dieser Masse von Fanatikern und Gleichmachern (Levellers) einen einzigen der Monarchie und der Staatskirche aufrichtig ergebenen Mann zu finden. Jetzt erschien eine neue, von Caermarthen und Nottingham zusammengestellte Liste. Sie hatten Compton, den Bischof der Diöcese, zu Rathe gezogen, und Compton war eben kein sehr vorsichtiger Rathgeber. Er war ursprünglich ein Hochkirchlicher und ein Tory gewesen, die Härte, mit der man ihm unter der vorigen Regierung begegnet war, hatte ihn in einen Latitudinarier und Rebellen verwandelt, und jetzt war er aus Eifersucht auf Tillotson wieder Hochkirchlicher und Tory geworden. Die Whigs beklagten sich, daß sie undankbarerweise von einer Regierung, die ihnen ihre Existenz verdanke, proscribirt, daß einige von den besten Freunden König Wilhelm’s mit Schimpf und Schande entlassen worden seien, um einigen seiner schlimmsten Feinde Platz zu machen, Männern, die des Vertrauens eben so unwürdig seien wie ein irischer Rapparee, Männern, welche den Freibrief und die uralten Privilegien der City einem Tyrannen überliefert hätten, Männern, die sich durch die Grausamkeit hervorgethan hätten, mit der sie die Strafgesetze gegen die protestantischen Dissenters zur Anwendung gebracht, Männern, welche Mitglieder der Juries gewesen seien, die Russell und Cornish schuldig befunden hatten.[74] Die Mißstimmung war so groß, daß sie eine kurze Zeit lang dem Staate Geldverlegenheit zu bereiten drohte. Die von dem vorigen Parlamente bewilligten Steuern gingen langsam ein, und die Bedürfnisse des öffentlichen Dienstes waren dringend. Unter XV.42solchen Umständen wendete sich die Regierung immer an die Bürger London’s um Beistand, und Wilhelm’s Regierung hatte sich bisher vorzugsweise an diejenigen Bürger gewendet, welche whiggistischen Ansichten huldigten. Jetzt sah es anders aus. Einige angesehene Whigs weigerten sich in ihrem ersten Unmuth kurz und mürrisch, Geld vorzustrecken; ja ein paar zogen sogar ganz unerwartet bedeutende Summen aus der Schatzkammer zurück.[75] Die finanziellen Verlegenheiten hätten leicht sehr ernsthaft werden können, hätten nicht einige reiche Tories, die, wenn Sacheverell’s Klausel zum Gesetz erhoben worden wäre, von allen municipalen Ehrenstellen ausgeschlossen worden sein würden, dem Schatze hunderttausend Pfund vorgestreckt und versprochen, noch eine größere Summe herbeizuschaffen.[76]

Während die City in diesem aufgeregten Zustande war, kam ein durch königliche Proklamation angeordneter allgemeiner Fasttag. Die zur Motivirung dieses feierlichen Andachtsactes angeführten Gründe waren der beklagenswerthe Zustand Irland’s und die bevorstehende Abreise des Königs. Es wurden Gebete für das persönliche Wohl Sr. Majestät und für den Erfolg seiner Waffen zum Himmel emporgesandt. Die Kirchen London’s waren gedrängt voll, und die ausgezeichnetsten Kanzelredner der Hauptstadt, welche fast ohne Ausnahme entweder gemäßigte Tories oder gemäßigte Whigs waren, bemühten sich, das Volk zu beschwichtigen und ermahnten ihre Heerden in diesem kritischen Zeitpunkte dem Fürsten, mit dessen Geschick das Geschick der ganzen Nation verkettet sei, eine herzliche Unterstützung nicht vorzuenthalten. Burnet erzählte einer zahlreichen Gemeinde von der Kanzel herab, wie die Griechen, als der Großtürke Anstalt machte, Constantinopel zu belagern, nicht bewogen werden konnten, einen Theil ihres Reichthums der gemeinsamen Vertheidigung zum Opfer zu bringen und wie bitter sie nachher ihren Geiz bereueten, als sie gezwungen wurden, den siegreichen Ungläubigen die Schätze auszuliefern, die sie den Bitten des letzten christlichen Kaisers abgeschlagen hatten.[77]

Stimmung der Whigs.

Die Whigs in ihrer Gesammtheit bedurften jedoch einer solchen Mahnung nicht, denn bei all’ ihrem Aerger und Unmuth erkannten sie doch sehr wohl, daß von der Stabilität des Thrones Wilhelm’s Alles abhing, was ihnen am höchsten galt. Wozu einige von ihnen sich vielleicht hätten verleiten lassen, wenn sie einen andren Führer hätten finden können, wenn zum Beispiel ihr protestantischer Herzog, ihr König Monmouth noch am Leben gewesen wäre, mag dahin gestellt bleiben. Jetzt hatten sie keine andre Wahl als zwischen dem Fürsten, den sie auf den Thron gesetzt, und dem Fürsten, den sie vom Throne gestoßen hatten. Es wäre wahrhaftig sehr sonderbar gewesen, wenn sie für Jakob Partei genommen hätten, um Wilhelm zu bestrafen, dem sie keinen schlimmeren Fehler zur Last legen konnten, als daß er die rachsüchtigen Gefühle nicht theilte, mit denen sie der Tyrannei Jakob’s gedachten. So sehr ihnen die Amnestiebill mißfiel, sie hatten die XV.43blutigen Assisen nicht vergessen. Sie blieben daher trotz ihrer Verstimmung ihrem eigenen Könige treu und waren, obgleich sie über ihn murrten, bereit, ihm mit Gut und Blut wider seinen Gegner beizustehen.[78]

Verkehr einiger Whigs mit Saint-Germains. Shrewsbury; Ferguson.

Es gab allerdings Ausnahmen, aber es waren ihrer nur sehr wenige und sie kamen fast nur in zwei Klassen vor, deren gesellschaftliche Stellung zwar weit von einander verschieden war, die sich aber in Lauheit der Grundsätze sehr ähnelten. Alle die Whigs, von denen man weiß, daß sie mit Saint-Germains in Unterhandlung standen, gehörten nicht dem Hauptkörper der Partei, sondern entweder dem Kopfe oder dem Schweife derselben an. Es waren entweder Patrizier von hohem Range und hoher amtlicher Stellung, oder Lumpe, die schon seit langer Zeit zu den unsaubersten Parteizwecken benutzt wurden. Zur ersteren Klasse gehörte Shrewsbury, die hervorragendste Persönlichkeit der letzteren war Robert Ferguson. Von dem Tage, an welchem das Conventionsparlament aufgelöst wurde, fing Shrewsbury an in seiner Treue zu wanken; im Publikum aber bekam man davon erst lange nachher eine Ahnung. Daß Ferguson wenige Monate nach der Revolution ein wüthender Jakobit geworden, war Niemandem ein Geheimniß und konnte eigentlich auch Niemanden Wunder nehmen. Er konnte für seinen Abfall nicht einmal den erbärmlichen Entschuldigungsgrund anführen, daß er zurückgesetzt worden sei. Die schmachvollen Dienste, die er früher seiner Partei als Spion, als Anstifter von Unruhen, als Vertheiler von Bestechungen, als Verfasser von Libellen, als Einbläser falscher Zeugen geleistet hatte, waren für die Ehre der neuen Regierung nur zu freigebig belohnt worden. Ein hohes Amt konnte er daher unmöglich bekleiden. Aber es war für ihn eine Sinekure mit fünfhundert Pfund jährlichem Gehalte im Departement der Accise creirt worden. Er besaß daher was nach seinen Begriffen Reichthum war; aber Reichthum befriedigte ihn nicht. Zwar hatte er nie Bedenken getragen, für Geld Betrügereien, welche durch Heuchelei noch erschwert wurden, zu verüben; doch war die Liebe zum Gelde nicht seine stärkste Leidenschaft. Lange Gewohnheit hatte in ihm einen moralischen Krankheitszustand entwickelt, von dem Leute, welche die politische Agitation zu ihrem Lebensberufe erwählt haben, selten ganz frei sind. Er konnte nicht Ruhe halten. Das Aufwiegeln, das ursprünglich sein Geschäft gewesen, war dadurch auch sein Vergnügen geworden. Er konnte eben so wenig leben, ohne Unheil zu stiften, wie ein alter Branntweintrinker oder ein alter Opiumesser ohne seine tägliche Portion Gift leben kann. Gerade die Unbequemlichkeiten und Gefahren eines gesetzwidrigen Lebens hatten einen unwiderstehlichen Reiz für ihn. Er konnte eben so wenig in einen friedlichen und loyalen Unterthan verwandelt werden, wie der Fuchs in einen Schäferhund verwandelt werden oder wie die Weihe die Gewohnheiten des Hausgeflügels erlernen kann. Wie der rothe Indianer seine Jagdgründe cultivirten Feldern und schönen Städten vorzieht, wie der Zigeuner, wenn er unter einem behaglichen Dache wohnt und eine gesunde, frische Nahrung hat, sich noch immer nach dem zerrissenen Zelte auf dem Moor und nach der Mahlzeit von verdorbenem Fleisch zurücksehnt, eben so wurde Ferguson des Ueberflusses und der Sicherheit, XV.44seines Gehalts, seines Hauses, seiner Tafel und seiner Equipage müde und sehnte sich danach, wieder der Präsident von Gesellschaften, in welche Niemand ohne die Parole eingelassen wurde, der Vorsteher geheimer Druckereien, der Verbreiter aufrührerischer Flugschriften zu sein, die Mauern mit Signalements seiner Person und mit Belohnungsanerbietungen für seine Festnehmung bedeckt zu sehen, sechs bis sieben Namen mit einer andren Perrücke und einem andren Rocke für jeden derselben zu führen und drei Mal die Woche mitten in der Nacht die Wohnung zu wechseln. Seine Feindschaft galt nicht dem Papismus oder dem Protestantismus, dem monarchischen oder dem republikanischen System, dem Hause Stuart oder dem Hause Nassau, sondern überhaupt allem zur Zeit Bestehenden.

Hoffnungen der Jakobiten.

Den Jakobiten war dieser neue Verbündete sehr willkommen, denn sie beschäftigten sich gerade mit Plänen, bei denen sie der Hülfe eines alten erfahrenen Verschwörers dringend bedurften. Von dem Tage, an welchem bekannt gemacht worden war, daß Wilhelm beschlossen habe, das Commando in Irland zu übernehmen, war eine große Bewegung unter ihnen entstanden und sie sahen seiner Abreise mit ungeduldiger Hoffnung entgegen. Er war ein Fürst, gegen den man es nicht leicht wagte, die Fahne der Empörung aufzupflanzen. Sein Muth, sein Scharfblick, die Verschwiegenheit seiner Räthe, der Erfolg, der bis dahin alle seine Unternehmungen gekrönt hatte, imponirten der Menge, und selbst seine erbittertsten Feinde fürchteten ihn mindestens eben so sehr als sie ihn haßten. So lange er noch in Kensington war, bereit, jeden Augenblick zu Pferde zu steigen, begnügten sich die Uebelgesinnten, denen ihr Kopf und ihr Vermögen lieb war, damit, ihrem Hasse dadurch Luft zu machen, daß sie auf den Untergang seiner Habichtsnase tranken und mit bedeutungsvoller Energie die Orange, das Emblem seines Hauses, zusammendrückten. Aber ihr Muth stieg bei dem Gedanken, daß nun bald das Meer zwischen ihm und unsrer Insel liegen würde. Bei den militärischen und politischen Berechnungen der damaligen Zeit hatten dreißig Meilen Wasser ebenso viel zu bedeuten wie jetzt dreihundert Meilen. Wind und Wellen unterbrachen häufig alle Communication zwischen England und Irland. Es geschah zuweilen, daß zwei bis drei Wochen lang keine Nachricht von London nach Dublin gelangte. Zwanzig englische Grafschaften konnten unter den Waffen stehen, bevor man in Ulster nur erfuhr, daß ein Aufstand befürchtet werde. Zu Anfang des Frühjahrs versammelten sich daher die dirigirenden Mißvergnügten in London, um einen umfassenden Operationsplan zu entwerfen, und correspondirten eifrig sowohl mit Frankreich als mit Irland.

Zusammentritt des neuen Parlaments.

So war die Stimmung der englischen Parteien, als das neue Parlament am 20. März seine Sitzungen eröffnete. Das erste Geschäft welches die Gemeinen vorzunehmen hatten, war die Wahl eines Sprechers. Lowther schlug Trevor vor, der auch ohne Opposition gewählt und mit dem herkömmlichen Ceremoniell vorgestellt und bestätigt wurde. Hierauf hielt der König eine Rede, in der er den beiden Häusern ganz besonders zwei wichtige Gegenstände zur Berathung anempfahl: die Feststellung der Staatseinkünfte und die Bewilligung einer Amnestie. Er hob nachdrücklich die Nothwendigkeit der Beschleunigung hervor. Jeder Tag sei kostbar, der Augenblick zumXV.45 Handeln rücke heran. „Lassen Sie uns nicht,” sagte er, „die Zeit mit Debatten hinbringen, während unsere Feinde im Felde stehen.”[79]

Feststellung des Staatseinkommens.

Der erste Gegenstand, den die Gemeinen in Berathung nahmen, war der Stand des Staatseinkommens. Ein großer Theil der Steuern war seit der Thronbesteigung Wilhelm’s und Mariens unter der Autorität von auf kurze Zeit erlassenen Acten erhoben worden, und es war jetzt Zeit, endgültige Anordnungen zu treffen. Es wurde dem Hause ein Verzeichniß der Besoldungen und Pensionen vorgelegt, für welche Deckung zu beschaffen war, und der Betrag der dafür ausgeworfenen Summen rief wohlbegründete Klagen seitens der unabhängigen Mitglieder hervor, unter denen sich Sir Karl Sedley durch seinen sarkastischen Humor auszeichnete. Eine geistreiche Rede, die er gegen die Stelleninhaber hielt, wurde heimlich gedruckt und weit verbreitet; sie ist seitdem oft neu aufgelegt worden und beweist, daß seine Zeitgenossen sich nicht irrten, indem sie ihn für einen Mann von Talent und lebendigem Geiste hielten, was man bei Lesung seiner Gedichte und Schauspiele versucht wird zu bezweifeln. Leider verpuffte die üble Laune, welche der Anblick der Civilliste erregte, in Späßen und Invectiven, ohne irgend eine Reform herbeizuführen.

Das ordentliche Einkommen, welches der Regierung vor der Revolution zur Verfügung gestanden hatte, war theils erblich gewesen, theils aus Steuern gezogen worden, welche jedem Souverain auf Lebenszeit bewilligt waren. Das erbliche Einkommen war mit der Krone auf Wilhelm und Marien übergegangen. Es floß aus den Erträgnissen der königlichen Domainen, aus Sporteln, Geldbußen und Weinlicenzen, aus den Erstlingen und Zehnten der Pfründen, aus den Einnahmen des Postamts und aus demjenigen Theile der Accise, welcher unmittelbar nach der Restauration Karl II. an Stelle der unseren früheren Königen schuldigen Lehndienste für alle Zeiten bewilligt worden war. Das Einkommen aus allen diesen Quellen wurde auf vier- bis fünfhunderttausend Pfund geschätzt.[80]

Die Accis- und Zolleinnahmen, welche Jakob auf Lebenszeit bewilligt worden waren, hatten am Schlusse seiner Regierung die Summe von ungefähr neunhunderttausend Pfund erreicht. Wilhelm wünschte natürlich dieses Einkommen in derselben Weise zu beziehen, wie sein Oheim es genossen hatte, und seine Minister thaten ihr Möglichstes, um seine Wünsche zu befriedigen. Lowther beantragte, daß die Bewilligung für des Königs und der Königin gemeinschaftliche und für jedes Einzelnen Lebenszeit gelten solle, und er sprach wiederholt und nachdrücklich zur Vertheidigung dieses Antrags. Er hob Wilhelm’s Ansprüche auf die öffentliche Dankbarkeit und das öffentliche Vertrauen hervor, die Befreiung der Nation von Papismus und Willkürherrschaft, die Befreiung der Kirche von Verfolgung und die der Verfassung gegebene feste Grundlage. Könnten die Gemeinen einem Fürsten gegenüber knausern, der mehr für England gethan habe, als irgend einer seiner Vorgänger in so kurzer Zeit für dasselbe gethan, mit einem Fürsten, der jetzt im Begriff stehe, sich feindlichen Waffen und einem ungesunden Klima auszusetzen, um die englische Colonie in Irland zu erhalten, mit einem Fürsten, für den man in jedem Winkel der Welt XV.46bete, wo sich eine protestantische Gemeinde zum Gottesdienste versammeln dürfe?[81] Doch über diesen Gegenstand sprach Lowther umsonst. Sowohl Whigs als Tories waren der festen Meinung, daß die Freigebigkeit der Parlamente die Hauptursache des Unheils der letzten dreißig Jahre sei; daß der Freigebigkeit des Parlaments von 1660 die schlechte Verwaltung der Cabale, der Freigebigkeit des Parlaments von 1685 die Indulgenzerklärung zugeschrieben werden müsse und daß es unverantwortlich von dem Parlamente von 1690 sein würde, wenn es eine lange, schmerzliche und unveränderliche Erfahrung nicht benutzte. Nach langer Discussion kam ein Vergleich zu Stande. Der Theil der Accise, welcher Jakob auf Lebenszeit bewilligt gewesen war und den man auf dreihunderttausend Pfund jährlich schätzte, wurden Wilhelm und Marien auf gemeinschaftliche und auf jedes Einzelnen Lebenszeit bewilligt. Man nahm an, daß Ihre Majestäten mit dem erblichen Einkommen und mit den dreihunderttausend Pfund aus der Accise, unabhängig von parlamentarischer Controle zwischen sieben- und achthunderttausend Pfund jährlich haben würden. Von diesem Einkommen waren die Kosten des königlichen Haushaltes und diejenigen Civilämter zu bestreiten, von denen dem Hause eine Liste vorgelegt worden war. Daher wurde dieses Einkommen die Civilliste genannt. Jetzt ist der Aufwand für den königlichen Haushalt von den Kosten der Civilverwaltung völlig getrennt; aber durch eine sonderbare Sinnverdrehung ist der Name Civilliste dem zur Bestreitung des königlichen Haushalts bestimmten Theile der Einkünfte geblieben. Noch sonderbarer ist es, daß mehrere Nachbarvölker diesen unpassendsten Namen von der Welt der Entlehnung werth gehalten haben. Diejenigen Zollgebühren, welche Karl und Jakob nach einander auf Lebenszeit zuerkannt worden waren und die sich in dem Jahre vor der Revolution auf sechshunderttausend Pfund belaufen hatten, wurden der Krone nur auf vier Jahre bewilligt.[82]

Wilhelm gefiel dieses Arrangement keineswegs. Es schien ihm ungerecht und undankbar, daß ein Volk, welches er gerettet hatte, die Höhe seines Einkommens von seinem guten Verhalten abhängig machte. „Die Herren Engländer,” sagte er zu Burnet, „trauten Jakob, der ein Feind ihrer Religion und ihrer Gesetze war, und mir, dem sie die Erhaltung ihrer Religion und ihrer Gesetze verdanken, wollen sie nicht trauen.” Burnet erwiederte ihm sehr richtig, daß es keinen Beweis von persönlichem Vertrauen gebe, den Se. Majestät nicht zu verlangen berechtigt wäre, daß aber die hier vorliegende Frage keine Frage des persönlichen Vertrauens sei. Die Stände des Reichs wünschten ein allgemeines Prinzip festzustellen; sie wünschten einen Präcedenzfall zu haben, der die späte Nachwelt gegen Uebel sichere, wie sie die sorglose Freigebigkeit früherer Parlamente erzeugt habe. „Von diesen Uebeln hat Eure Majestät die gegenwärtige Generation befreit. Durch Annahme der Gabe der Gemeinen unter den offerirten Bedingungen wird Eure Majestät auch ein Befreier zukünftiger Generationen sein.” Wilhelm war nicht überzeugt, aber er besaß zuviel Weltklugheit und Selbstbeherrschung, um seiner üblen Laune freien Lauf XV.47zu lassen und er nahm mit freundlicher Miene, an was er nicht umhin konnte als unfreundlich gegeben zu betrachten.[83]

Jahrgeld der Prinzessin von Dänemark.

Die Civilliste war mit einer Annuität von zwanzigtausend Pfund für die Prinzessin von Dänemark belastet, als Zuschuß zu den dreißigtausend Pfund, die ihr zur Zeit ihrer Vermählung ausgesetzt worden waren. Dieses Arrangement war das Resultat eines Vergleichs, der mit vieler Mühe und nach langen heftigen Streitigkeiten zu Stande gebracht worden war. Der König und die Königin hatten seit dem Antritte ihrer Regierung niemals auf besonders gutem Fuße mit ihrer Schwester gestanden. Daß Wilhelm einer Frau nicht gefallen konnte, die eben nur so viel Verstand hatte, um zu bemerken, daß ihm ein mürrisches Wesen und ein abstoßendes Benehmen eigen waren, und die seine höheren Eigenschaften durchaus nicht zu würdigen vermochte, ist nicht zu verwundern. Für Marien aber war es ein Bedürfniß geliebt zu werden. Eine so liebenswürdige und geistvolle Frau konnte nicht viel Vergnügen an dem Umgange mit Anna finden, die, wenn bei guter Laune, heiter einfältig, wenn bei schlechter Laune mürrisch einfältig war. Indessen würde die Königin, die auch der geringste ihrer Dienstleute wegen ihrer Herzensgüte liebte, sich schwerlich eine Person zum Feinde gemacht haben, deren Freundschaft zu gewinnen ihre Pflicht und ihr Interesse erheischte, wäre nicht ein ungewöhnlich mächtiger und ungewöhnlich bösartiger Einfluß unablässig bemüht gewesen, den Frieden des königlichen Hauses zu stören. Die Zuneigung der Prinzessin Anna zu Lady Marlborough war so stark, daß man dieselbe in einem abergläubischen Zeitalter einem Talisman oder einem Zaubertranke zugeschrieben haben würde. Nicht nur daß die beiden Freundinnen in ihrem vertraulichen Verkehr mit einander alle Ceremonien und Titel bei Seite geworfen hatten und schlechtweg Mrs. Morley und Mrs. Freeman geworden waren, selbst Prinz Georg, der sich um das Ansehen seiner Geburt eben so wenig kümmerte wie um irgend etwas Andres außer Claret und marinirten Lachs, ließ es sich gefallen, Mr. Morley genannt zu werden. Die Gräfin rühmte sich, den Namen Freeman deshalb gewählt zu haben, weil er der Offenheit und Keckheit ihres Characters ganz besonders entspreche, und man muß ihr die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß sie ihre despotische Herrschaft über die schwache Prinzessin nicht durch gewöhnliche Höflingskünste begründete und lange behauptete. Sie besaß wenig von dem Takte, der das characteristische Talent ihres Geschlechts ist, und sie war viel zu heftig, um schmeicheln oder sich verstellen zu können; aber ein seltener Zufall hatte sie einem Character entgegengeführt, auf den gebieterisches Wesen und Widerspruch wie Zaubertränke wirkten. In dieser grotesken Freundschaft waren Hingebung, Geduld und Selbstverleugnung ganz auf Seiten der Herrin, während die Launen, der übermüthige Stolz und die Ausbrüche von Heftigkeit auf Seiten der Dienerin waren.

Höchst merkwürdig ist das Verhältniß, in welchem die beiden Frauen zu Mr. Freeman standen, wie sie Marlborough nannten. Im Auslande wußte fast Jedermann, daß Anna von den Churchill geleitet wurde. Ebenso bekannt war es, daß der Mann, der sich ihrer Gunst in so hohem XV.48Grade erfreute, nicht nur ein großer Feldherr und Staatsmann, sondern auch einer der schönsten Cavaliere seiner Zeit war, daß er von Gesicht und Gestalt auffallend hübsch, daß sein Character zugleich sanft und entschlossen, seine Manieren zugleich gewinnend und edel waren. Nichts war natürlicher, als daß körperliche und geistige Vorzüge wie die seinigen ein weibliches Herz leicht erobern mußten. Viele Leute auf dem Festlande glaubten daher auch, er sei Anna’s begünstigter Anbeter, und er wurde in gleichzeitigen französischen Libellen, welche längst vergessen sind, als solcher dargestellt. In England jedoch fand diese Verleumdung selbst bei dem großen Haufen niemals Glauben, und man findet selbst in dem gemeinsten Gassenhauer, der in unseren Straßen gesungen wurde, keine Spur davon. Die Prinzessin scheint sich in der That nie eines mit ihren ehelichen Pflichten unverträglichen Gedankens schuldig gemacht zu haben. In ihren Augen war Marlborough mit all’ seiner Genialität und Tapferkeit, seiner Schönheit und Liebenswürdigkeit nichts weiter als der Gatte ihrer Freundin. Einen directen Einfluß auf Ihre Königliche Hoheit besaß er nicht; nur durch Vermittelung seiner Gattin konnte er auf sie einwirken, und seine Gattin war kein passives Werkzeug. Obgleich es nicht möglich ist, in irgend etwas was sie gethan, gesagt oder geschrieben hat, das geringste Anzeichen von höherer Verstandesbildung zu entdecken, setzten ihre heftigen Leidenschaften und ihr starker Wille sie doch oftmals in den Stand, einen Gatten zu beherrschen, der zum Gebieter über ernste Senate und über mächtige Heere geboren war. Sein Muth, ein Muth, den die gefahrvollsten Situationen des Kriegs nur noch kälter und unerschütterlicher machten, verließ ihn beim Anblick der leichtfließenden Thränen und wortreichen Vorwürfe, der schmollenden Lippen und des traurig gesenkten Hauptes seiner Sara. Die Geschichte führt uns wenige Schauspiele vor, welche merkwürdiger waren, als das eines großen und gelehrten Mannes, der, wenn er weitumfassende und tiefdurchdachte politische Pläne entworfen hatte, dieselben nur dadurch ins Werk setzen konnte, daß er ein oft unlenksames, thörichtes Weib vermochte, ein andres noch thörichteres Weib zu lenken.

In einem Punkte stimmten der Earl und die Gräfin vollkommen überein: sie liebten Beide den Geldgewinn, nur daß er das gewonnene gern aufhäufte, sie aber nicht abgeneigt war, es wieder auszugeben.[84] Die Gunst der Prinzessin betrachteten sie Beide als ein werthvolles Besitzthum. Schon unter der Regierung ihres Vaters hatten sie angefangen, durch Anna’s Freigebigkeit reich zu werden. Sie war von Natur zur Sparsamkeit geneigt und selbst als sie auf dem Throne saß, waren ihre Equipagen und ihre Tafel keineswegs prächtig.[85] Man sollte daher meinen, daß, während sie noch Unterthanin war, dreißigtausend Pfund jährlich und eine Wohnung im Palaste für alle ihre Bedürfnisse mehr als ausreichendXV.49 hätte sein müssen. Es gab vielleicht im ganzen Königreiche nicht zwei Edelleute, die ein solches Einkommen besaßen. Aber um den Gelddurst Derer zu stillen, die sie beherrschten, war kein Einkommen groß genug. Sie hatte zu wiederholten Malen Schulden gemacht, welche Jakob immer bezahlte, doch nicht ohne sein Erstaunen und Mißfallen darüber zu äußern.

Die Revolution eröffnete den Churchill eine neue und unbegrenzte Aussicht auf Gewinn. Das ganze Verhalten ihrer Gebieterin bei dieser großen Krisis hatte bewiesen, daß sie keinen andren Willen, kein andres Urtheil, keine andre Ueberzeugung hatte als die ihrigen. Ihnen hatte sie Neigungen, Vorurtheile, Gewohnheiten und Interessen aufgeopfert. Auf ihren Befehl hatte sie an der Verschwörung gegen ihren Vater Theil genommen, war mitten im Winter durch Eis und Koth in einem Miethwagen von Whitehall in’s Lager der Rebellen geflohen und hatte eingewilligt, ihre Stelle in der Thronfolgeordnung dem Prinzen von Oranien abzutreten. Sie sahen mit Vergnügen, daß das Weib, auf das sie einen so unbegrenzten Einfluß ausübten, wieder auf Andere einen nicht gewöhnlichen Einfluß ausübte. Die Revolution war kaum vollbracht, so zeigten viele Tories, denen der neue König so wenig gefiel wie der vertriebene, und die in Zweifel waren, ob ihre Religion von den Jesuiten oder von den Latitudinariern mehr zu fürchten hatte, eine entschiedene Neigung, sich um Anna zu schaaren. Die Natur hatte sie zur Bigotten geschaffen. Ihre Seelenverfassung war von der Art, daß sie, ohne zu prüfen und ohne zu zweifeln, fest an der Religion ihrer Kindheit hing bis sie in ihren Sarg gelegt wurde. Am Hofe ihres Vaters war sie taub gegen Alles gewesen, was zu Gunsten der Transsubstantiation und der Ohrenbeichte geltend gemacht werden konnte. Diese Apathie und Hartnäckigkeit gaben ihr eine gewisse Bedeutung. Es war etwas Wichtiges, das einzige Glied der königlichen Familie zu sein, das Papisten und Presbyterianer mit gleichem Widerwillen betrachtete. Während eine zahlreiche Partei geneigt war, sie zu vergöttern, betrachteten ihre beiden schlauen Diener sie lediglich als eine Puppe. Sie wußten, daß sie es in ihrer Macht hatte, der Regierung ernste Ungelegenheiten zu bereiten, und sie beschlossen, diese Macht zu benutzen, um dem Namen nach für sie, factisch aber für sich selbst Geld zu erpressen. Während Marlborough die englischen Streitkräfte in den Niederlanden befehligte, war die Ausführung des Planes natürlich seiner Gattin überlassen, und sie ging dabei nicht wie er ohne Zweifel gethan haben würde, mit Vorsicht und Mäßigung zu Werke, sondern, wie aus ihrer eignen Erzählung deutlich hervorgeht, mit abscheulicher Heftigkeit und Schamlosigkeit. Allerdings hatte sie Leidenschaften zu befriedigen, von denen er gänzlich frei war. Er war zwar einer der habsüchtigsten, aber auch einer der mindest boshaften Menschen; bei ihr dagegen war die Bosheit eine viel stärkere Leidenschaft als die Habsucht. Sie haßte leicht und ihr Haß war gründlich, unversöhnlich. Zu den Gegenständen ihres Hasses gehörten alle Verwandten ihrer Gebieterin, sowohl von väterlicher als von mütterlicher Seite. Niemand, der ein natürliches Interesse an der Prinzessin nahm, konnte ohne Besorgniß die sonderbare Verblendung mit ansehen, die sie zum Sklaven eines herrschsüchtigen und rücksichtslosen Zankteufels machte. Das wußte die Gräfin sehr wohl. In ihren Augen waren die königliche Familie und die Familie Hyde, wie sehr sie auch in anderen Punkten differiren mochten, gegen sie verbündet,XV.50 und sie verabscheute sie alle, Jakob, Wilhelm und Marien, Clarendon und Rochester. Jetzt war der rechte Augenblick gekommen, um dem seit Jahren aufgesammelten Groll Luft zu machen. Es war nicht genug, für Anna ein großes, ein königliches Einkommen zu erlangen, dieses Einkommen mußte durch Mittel und Wege erlangt werden, welche die von der Favoritin verabscheuten Personen kränkten und demüthigten. Es durfte nicht als ein Zeichen brüderlicher Güte erbeten und angenommen, sondern es mußte in trotzigem Tone gefordert und widerstrebenden Händen mit Gewalt entrissen werden. Ein directes Gesuch wurde weder an den König noch an die Königin gerichtet, aber sie erfuhren mit Erstaunen, daß Lady Marlborough die toryistischen Mitglieder des Parlaments unermüdlich bearbeitete, daß sich eine Prinzessinpartei bilde und daß im Hause der Gemeinen beantragt werden solle, Ihrer Königlichen Hoheit ein von der Krone unabhängiges bedeutendes Einkommen auszusetzen. Marie fragte ihre Schwester, was dieses Verfahren bedeute. „Ich höre,” antwortete Anna, „daß meine Freunde beabsichtigen, mir ein festes Einkommen zu sichern.” Die Königin soll hierauf, schwer verletzt durch einen Ausdruck, mit dem man sagen zu wollen schien, daß sie und ihr Gemahl nicht zu den Freunden ihrer Schwester gehörten, mit ungewohnter Härte entgegnet haben: „Von was für Freunden sprichst Du? hast Du andere Freunde als den König und mich?”[86] Der Gegenstand wurde dann zwischen den beiden Schwestern nie wieder erwähnt. Marie sah wahrscheinlich ein, daß sie einen Mißgriff gethan, indem sie sich an eine Person gewendet, die nur ein passives Werkzeug in den Händen Anderer war. Es wurde ein Versuch gemacht, mit der Gräfin zu unterhandeln. Nachdem einige untergeordnete Agenten ihr umsonst Vorstellungen gemacht hatten, begab sich Shrewsbury zu ihr. Man konnte wohl erwarten, daß seine Intervention den gewünschten Erfolg haben werde, denn wenn man der damaligen chronique scandaleuse glauben darf, so hatte er hoch, nur zu hoch in ihrer Gunst gestanden.[87] Er war vom Könige ermächtigt, der Prinzessin zu versprechen, daß, wenn sie davon abstehen wolle, das Haus der Gemeinen um Unterstützung ihrer Sache anzugehen, ihr Einkommen von dreißigtausend auf funfzigtausend Pfund erhöht werden solle. Die Gräfin schlug dieses Anerbieten rund ab. Sie war schamlos genug, die Andeutung fallen zu lassen, daß das Wort des Königs keine genügende Sicherheit biete. „Ich bin fest überzeugt,” sagte Shrewsbury, „daß Seine Majestät seine Verpflichtungen pünktlich erfüllen wird. Thut er dies nicht, so will ich ihm keine Stunde länger dienen.” — „Das würde Ihnen zu großer Ehre gereichen, für die Prinzessin aber ist es ein sehr armseliger Trost,” entgegnete das hartnäckige Weib. Nachdem Shrewsbury sich vergebens bemüht hatte, die Dienerin zu bewegen, erlangte er endlich eine Audienz bei der Gebieterin. Anna sagte ihm mit Worten, die ihr wahrscheinlich von ihrer Freundin Sara in den Mund gelegt waren, die Sache sei bereits zu weit gediehen, als daß sie rückgängig gemacht werden könnte, und müsse der Entscheidung der Gemeinen überlassen bleiben.[88]

XV.51

Das Wahre an der Sache war, daß die Einbläser der Prinzessin vom Parlamente eine viel größere Summe als die vom König angebotene zu erlangen hofften. Sie wollten nur mit siebzigtausend Pfund zufrieden sein. Doch sie gingen zu weit in ihrer Geldgier. Das Haus der Gemeinen schien zwar geneigt, Ihre Königliche Hoheit zu befriedigen; als aber ihre allzu eifrigen Freunde die Summe zu nennen wagten, die sie bewilligt zu sehen wünschten, erhob sich lautes Murren. Siebzigtausend Pfund jährlich zu einer Zeit, wo die nothwendigen Ausgaben des Staats sich täglich mehrten, wo der Ertrag der Zölle sich täglich verminderte, wo jeder Gutsherr und jeder Pächter den Aufwand für seine Tafel und seinen Keller beschränkte! Die allgemeine Ansicht des Hauses war, daß die Summe, die der König, wie man wußte, zu bewilligen geneigt war, vollkommen hinreichend sei.[89] Endlich wurde von beiden Seiten etwas zugestanden. Die Prinzessin mußte sich mit funfzigtausend Pfund jährlich begnügen und Wilhelm willigte darein, daß ihr diese Summe durch eine Parlamentsacte gesichert werde. Sie belohnte die Dienste der Lady Marlborough mit einem Jahrgelde von tausend Pfund;[90] doch ist dies aller Wahrscheinlichkeit nach nur ein sehr kleiner Theil dessen, was die Churchill bei diesem Geschäft verdienten.

Nachdem diese Angelegenheit geordnet war, lebten die beiden königlichen Schwestern viele Monate hindurch auf einem artigen und sogar anscheinend freundschaftlichen Fuße. Marie aber empfand, obwohl sie gegen Anna keinen Groll gehegt zu haben scheint, unzweifelhaft gegen Lady Marlborough einen so starken Haß, wie ihn ein sanftes Gemüth überhaupt zu fühlen vermag. Marlborough hatte einen großen Theil der Zeit, während der seine Gattin die Tories bearbeitet, im Auslande zugebracht, und war, obgleich er unzweifelhaft im Einvernehmen mit ihr gehandelt, doch wie immer mit Mäßigung und Anstand zu Werke gegangen. Er erhielt daher nach wie vor von Wilhelm mancherlei Gunstbezeigungen, die von keiner Mißfallensäußerung begleitet waren.

In der Debatte über die Feststellung des Einkommens trat der Unterschied zwischen Whigs und Tories nicht sehr auffallend hervor. In der That, wenn die beiden Parteien in irgend etwas übereinstimmten, so war es darin, daß sie es für zweckmäßig hielten, die Zölle der Krone auf nicht mehr als vier Jahre zu bewilligen. Aber es gab andere Fragen, welche die alte Feindschaft in aller Stärke wieder hervorriefen. Die Whigs bildeten jetzt die Minorität, aber eine durch ihre Anzahl furchtbare und durch ihre Talente noch furchtbarere Minorität. Sie führten den parlamentarischen Krieg mit nicht geringerer Erbitterung, als da sie die Majorität bildeten, aber noch etwas geschickter. Sie stellten mehrere Anträge, die ein Hochkirchlicher nicht wohl unterstützen, denen aber ein Diener Wilhelm’s und Marien’s nicht wohl opponiren konnte. Der Tory, der für diese Anträge stimmte, lief große Gefahr von den starrsinnigen Cavalieren seiner Grafschaft als ein Abtrünniger bezeichnet zu werden; der Tory, der gegen dieselben stimmte, lief große Gefahr in Kensington unfreundlich empfangen zu werden.

XV.52 Bill, welche die Acte des vorhergehenden Parlaments für gültig erklärte.

Augenscheinlich in Verfolgung dieser Politik legten die Whigs auf den Tisch der Lords eine Bill nieder, welche alle durch das vorige Parlament erlassenen Gesetze für gültig erklärte. Diese Bill war nicht sobald gelesen, als auch die Polemik des vergangenen Frühjahrs sich erneuerte. Die Whigs hatten bei dieser Gelegenheit fast alle diejenigen Cavaliere zu Bundesgenossen, welche mit der Regierung in Connection standen. Die strengen Tories, mit Nottingham an der Spitze, erklärten sich bereit zu verordnen, daß jedes im Jahre 1689 erlassene Gesetz dieselbe Kraft haben solle, die es gehabt haben würde, wenn es von einem in regelmäßiger Weise einberufenen Parlamente erlassen worden wäre; nichts aber würde sie bewegen anzuerkennen, daß eine ohne Autorität des großen Siegels zusammengetretene Versammlung von Lords und Gentlemen verfassunggemäß ein Parlament sei. Wenige Fragen scheinen stärkere Leidenschaften erregt zu haben, als die in praktischer Beziehung ganz unwichtige Frage, ob die Bill declaratorisch sein sollte oder nicht. Nottingham, stets rechtschaffen und ehrenwerth, aber ein Bigotter und Formalist, war in diesem Punkte ganz besonders obstinat und unbeugsam. Bei einer Debatte verlor er seine Selbstbeherrschung, setzte die Schicklichkeit aus den Augen, die er sonst streng zu beobachten pflegte, und wäre bei einem Haare unter Aufsicht des schwarzen Stabes gestellt worden.[91] Nach langem Kampfe behaupteten die Whigs mit einer Majorität von sieben Stimmen das Feld.[92] Viele Peers unterzeichneten einen von Nottingham entworfenen energischen Protest. In diesem Protest war die Bill, welche in der That der sprachlichen Kritik Blößen darbot, unhöflicherweise als weder in gutem Englisch noch in verständlichem Style abgefaßt bezeichnet. Die Majorität faßte den Beschluß, daß der Protest gestrichen werden solle, und gegen diesen Beschluß protestirten Nottingham und seine Anhänger abermals.[93] Dem Könige mißfiel die Hartnäckigkeit seines Staatssekretärs, sie mißfiel ihm so sehr, daß Nottingham erklärte, er gedenke die Siegel abzugeben; doch der Streit wurde bald geschlichtet. Wilhelm war zu einsichtsvoll, als daß er den Werth eines redlichen Mannes in einem unredlichen Zeitalter nicht zu schätzen gewußt hätte, denn gerade die Gewissenhaftigkeit, welche Nottingham zum Widerspenstigen machte, war eine Gewähr dafür, daß er nie ein Verräther werden würde.[94]

Die Bill kam ins Unterhaus und man erwartete mit Gewißheit, daß der Kampf dort lang und heftig sein würde; aber eine einzige Rede brachte die Sache ins Reine. Somers setzte mit einer logischen Schärfe und Beredtsamkeit, über welche selbst ein Auditorium erstaunte, das gewohnt war, ihn mit Vergnügen anzuhören, die Ungereimtheit des von den Hochtories festgehaltenen Prinzips auseinander. „Wenn die Convention,” — so argumentirte er, — „kein Parlament war, wie können wir ein Parlament sein? Eine Verordnung Elisabeth’s bestimmt, daß Niemand in diesem Hause Sitz und Stimme haben solle, bis er den alten SuprematseidXV.53 geleistet habe. Nicht Einer von uns hat diesen Eid geleistet. Anstatt dessen haben wir Alle den neuen Eid geleistet, den das vorige Parlament an die Stelle des alten gesetzt hat. Es ist sonach ein Widerspruch, wenn man sagt, daß die Acte des vorigen Parlaments jetzt nicht mehr gültig seien, und gleichwohl von uns verlangt, daß wir ihre fortdauernde Gültigkeit dekretiren sollen. Denn entweder sind sie schon gültig, oder wir können sie nicht gültig machen.” Dieses Raisonnement, das in der That so unwiderleglich war wie das des Euklid, machte der Debatte sehr bald ein Ende. Die Bill wurde von den Gemeinen achtundvierzig Stunden nach ihrer ersten Lesung angenommen.[95]

Debatten über die Veränderungen bei den Milizen.

Dies war der einzige Sieg, den die Whigs während der ganzen Session errangen. Im Unterhause beschwerten sie sich laut über die Veränderung, welche in der militärischen Verwaltung der City vorgenommen worden war. Die Tories, sich ihrer Stärke bewußt und durch Rachedurst erhitzt, weigerten sich nicht allein, das Geschehene zu tadeln, sondern beschlossen sogar, dem Könige öffentlich und feierlich dafür zu danken, daß er so viele Schismatiker entfernt und so viele Mitglieder der Staatskirche an deren Stelle gesetzt habe. Clarges, Mitglied für Westminster, der als Freund Caermarthen’s bekannt war, beantragte eine Dankadresse. „Die Veränderungen, welche in der City vorgenommen worden sind,” sagte Clarges, „beweisen die warme Fürsorge Sr. Majestät für uns. Ich hoffe er wird in allen Grafschaften des Landes ähnliche Veränderungen vornehmen.” Die Minorität wehrte sich tapfer. „Wollen Sie dem Könige dafür danken,” sagte sie, „daß er das Schwert seinen gefährlichsten Feinden in die Hand giebt? Einige von Denen, die man ihm gerathen hat mit einem militärischen Commando zu betrauen, haben sich noch nicht einmal entschließen können, ihm Treue zu schwören. Andere waren zu einer schlimmen Zeit als zuverlässige Geschworene bekannt, die gewiß waren, einen Exclusionisten auf jeden Beweis oder auch auf gar keinen Beweis hin schuldig zu finden.” Auch unterließen die whiggistischen Redner nicht, solche Themata zur Sprache zu bringen, über welche alle Parteien in der Stunde der Gefahr mit Beredtsamkeit sprechen, die aber jede in der Stunde des Glücks nur zu bereit ist leicht zu nehmen. „Fassen wir nicht einen Beschluß,” sagten sie, „welcher einen Tadel gegen einen großen Theil unserer Landsleute enthält, die gute Unterthanen und gute Protestanten sind. Der König muß das Oberhaupt seines ganzen Volkes sein. Machen wir ihn nicht zum Oberhaupte einer Partei.” Das war eine ganz vortreffliche Doctrin; nur klang sie sonderbar im Munde von Männern, die sich wenige Wochen früher der Indemnitätsbill widersetzt und für die Sacheverell’sche Klausel gestimmt hatten. Die Adresse wurde mit hundertfünfundachtzig gegen hundertsechsunddreißig Stimmen angenommen.[96]

Abschwörungsbill.

Sobald die Zahlen verkündet waren, stellten die Whigs im Aerger über ihre Niederlage einen Antrag, der die XV.54toryistischen Staatsdiener in nicht geringe Verlegenheit setzte. Der Huldigungseid, sagten die Whigs, sei in viel zu laxen Ausdrücken abgefaßt. Er halte wohl einige wenige ehrenwerthe Jakobiten, die viel zu unbedeutend seien, um schädlich werden zu können, von öffentlichen Aemtern fern, vermöge aber durchaus nicht, die biegsamen und glatten Gewissen schlauer Priester zu binden, die sich zwar stellten, als ob sie die Jesuiten verabscheuten, es aber in der unmoralischen Casuistik, welche den schlimmsten Theil des Jesuitismus bilde, sehr weit gebracht hätten. Einige angesehene Geistliche hätten öffentlich ausgesprochen, andere sogar es zu schreiben gewagt, daß sie Wilhelm in einem ganz andren Sinne Treue geschworen hätten als Jakob. Jakob hätten sie die ganze Treue geschworen, die ein loyaler Unterthan einem rechtmäßigen Souverain schuldet; als sie aber versprochen, Wilhelm zu gehorchen, hätten sie nur gemeint, daß sie, so lange es in seiner Macht liege, sie wegen Rebellirens und Conspirirens gegen ihn aufhängen zu lassen, sich nicht der Gefahr aussetzen würden, gehängt zu werden. Niemand dürfe sich darüber wundern, daß die Vorschriften und das Beispiel der mißvergnügten Geistlichen die mißvergnügten Laien verdorben habe. Wenn Domherren und Rectoren sich nicht schämten zu gestehen, daß sie das Neue Testament mit zweideutigen Gedanken geküßt, dürfe man schwerlich erwarten, daß Advokaten und Steuereinnehmer gewissenhafter sein würden. Die Folge davon sei, daß es in jedem Verwaltungszweige von Verräthern wimmele, daß Männer, die das Brot des Königs äßen, Männer, denen die Eintreibung und Abführung seiner Revenuen, die Verproviantirung seiner Schiffe, die Bekleidung seiner Soldaten, die Ausrüstung seiner Artillerie für den Felddienst anvertraut sei, ihn einen Usurpator zu nennen und auf seinen baldigen Sturz zu trinken pflegten. Könne wohl eine Regierung sicher sein, die von ihren eigenen Dienern gehaßt und betrogen würde? Und sei nicht die englische Regierung Gefahren ausgesetzt, die ernste Besorgnisse erwecken müßten, selbst wenn alle ihre Diener treu wären? Eine angefochtene Thronfolge, Krieg mit Frankreich, Krieg in Schottland, Krieg in Irland, sei dies Alles nicht schon genug, auch ohne Verrath in jedem Arsenale und in jedem Zollhause? Es bedürfe eines Eides, der in zu bestimmte Ausdrücke gefaßt sei, um hinwegerklärt werden zu können, in Ausdrücken, die kein Jakobit nachsprechen könne, ohne sich eines Meineids bewußt zu sein. Wenn auch die Eiferer für das unveräußerliche erbliche Recht im allgemeinen kein Bedenken trügen, Wilhelm Treue zu schwören, so würden sie doch wahrscheinlich nicht Lust haben, Jakob abzuschwören. Auf diese Gründe hin wurde eine Abschwörungsbill von äußerster Strenge im Hause der Gemeinen eingebracht. Es wurde beantragt, zu verordnen, daß Jeder, der ein bürgerliches, militärisches oder geistliches Amt bekleide, bei Strafe der Entlassung den verbannten König feierlich abschwören solle, daß jeder Friedensrichter den Abschwörungseid von jedem Unterthan verlangen könne und daß, wenn derselbe verweigert würde, der Widerspenstige ins Gefängniß geworfen werden und so lange darin bleiben solle, bis sein Starrsinn gebrochen sei.

Die Härte dieser letzten Bestimmung wurde allgemein und mit vollem Rechte getadelt. Jeden unwissenden, dienstfertigen Magistratsbeamten in einen Staatsinquisitor zu verwandeln, darauf zu bestehen, daß ein schlichter Mann, der ruhig und in Frieden lebte, der den Gesetzen gehorchte, der seine Abgaben bezahlte, der nie ein öffentliches Amt bekleidet undXV.55 keine Aussicht hatte, jemals ein solches zu bekleiden, der sich nie über Probleme der Staatswissenschaft den Kopf zerbrochen hatte, unter eidlicher Bekräftigung eine bestimmte Ansicht über einen Gegenstand abgeben sollte, über den die gelehrtesten Doctoren des Jahrhunderts ganze Bibliotheken polemischer Werke geschrieben hatten, und ihn in einem Kerker verfaulen zu lassen, wenn er sich nicht entschließen konnte zu schwören: dies wäre gewiß der höchste Grad von Tyrannei gewesen. Die Klausel welche von den öffentlichen Beamten verlangte, den entthronten König abzuschwören, war nicht den nämlichen Einwendungen ausgesetzt. Doch auch gegen diese Klausel wurden einige gewichtige Argumente geltend gemacht. Wer, sagte man, einen rechtschaffenen Character und einen gesunden Verstand hat, ist durch den jetzigen Eid hinreichend gebunden. Indem ein solcher Mann dem Könige Wilhelm Treue und Gehorsam schwört, schwört er selbstverständlich König Jakob ab. Es mag allerdings unter den Dienern des Staats und selbst unter den Dienern der Kirche einige geben, die weder Ehrgefühl noch Religion haben und welche bereit sind, für Geld meineidig zu werden. Es mag Andere geben, welche die verderbliche Gewohnheit haben, die heiligsten Pflichten der Moral wegzuphilosophiren, und die der Ueberzeugung sind, daß sie ohne zu sündigen mit einem stillschweigenden Vorbehalt ein Versprechen geben können, das ohne solchen Vorbehalt sündhaft sein würde. Gegen diese beiden Klassen von Jakobiten gewährt der gegenwärtige Eid allerdings keine Sicherheit. Aber wird der neue Test, wird überhaupt irgend ein Test wirksamer sein? Wird Jemand, der kein Gewissen hat, oder Jemand, dessen Gewissen sich durch unmoralische Sophismen beschwichtigen läßt, Bedenken tragen, jedwede Phrase, die man ihm vorsagt, nachzusprechen? Der erstere wird die Heilige Schrift ohne jeden Gewissensscrupel küssen, und die Scrupel des Andren werden sehr leicht zu heben sein. Heute schwört er dem einen Könige mit einem stillschweigenden Vorbehalt Treue, morgen wird er dem andren Könige mit einem stillschweigenden Vorbehalt Treue schwören. Man hoffe nicht, daß der Scharfsinn der Gesetzgeber jemals einen Eid ersinnen wird, den der Scharfsinn der Casuisten nicht zu umgehen wüßte. Welchen Werth hat überhaupt irgend ein Eid in solchen Dingen? Unter den vielen Lehren, welche die Unruhen der vorigen Generation uns hinterlassen haben, ist keine einleuchtender als die, daß keine noch so genau bestimmte Wortformel, kein noch so feierlicher Schwur jemals eine Regierung vom Untergange gerettet hat noch jemals retten wird. Wurde nicht der Feierliche Bund und Covenant unter dem Hurrahgeschrei vieler Tausende, die ihn selbst unterschrieben, vom Henker verbrannt? Wie viele von den Staatsmännern und Kriegern, welche die Hauptrolle bei der Wiedereinsetzung Karl’s II. spielten, hatten ihn nicht zu wiederholten Malen abgeschworen? Ist es sogar nicht wohlbekannt, daß einige von diesen Männern prahlend versicherten, daß sie ihn nie hätten wiedereinsetzen können, wenn sie ihn nicht abgeschworen hätten?

Die Debatten waren heftig und der Ausgang schien kurze Zeit zweifelhaft, denn einige von den im Amte befindlichen Tories hatten keine Lust, ein Votum abzugeben, das ihnen als ein Zeichen von Lauheit in der Sache des Königs, dem sie dienten, ausgelegt werden konnte. Wilhelm erklärte jedoch, daß er nicht wünsche, seinen Unterthanen einen neuen Eid aufzudringen. Einige Worte aus seinem Munde entschieden den Ausgang des Kampfes. Die Bill wurde sechsunddreißig StundenXV.56 nachdem sie eingebracht worden, mit hundertzweiundneunzig gegen hundertfünfundsechzig Stimmen verworfen.[97]

Selbst nach dieser Niederlage kehrten die Whigs hartnäckig zum Angriffe zurück. Da sie in dem einen Hause geschlagen worden waren, erneuerten sie den Kampf in dem andren. Fünf Tage nach Verwerfung der Abschwörungsbill bei den Gemeinen, wurde eine andre, etwas mildere, aber immer noch sehr harte Abschwörungsbill auf den Tisch der Lords gelegt.[98] Der nunmehrige Vorschlag ging dahin, daß Niemand in einem der beiden Parlamentshäuser Sitz und Stimme haben noch ein bürgerliches, militärisches oder richterliches Amt bekleiden solle, der nicht die Erklärung abgebe, Wilhelm und Marien gegen Jakob und seine Anhänger beizustehen. Jeder männliche Bewohner des Königreichs, der das sechzehnte Lebensjahr erreicht hatte, sollte bis zu einem bestimmten Tage die nämliche Erklärung abgeben, that er es nicht, so sollte er doppelte Steuern bezahlen und des Wahlrechts verlustig gehen.

An dem zur zweiten Lesung festgesetzten Tage kam der König ins Haus der Peers. Er gab seine formelle Zustimmung zu mehreren Gesetzen, legte seinen Königsmantel ab, ließ sich auf einen für ihn bereit gestellten Sessel nieder und hörte der Debatte mit großer Aufmerksamkeit zu. Zum allgemeinen Erstaunen sprachen zwei Cavaliere, die sich durch ihren Eifer für die Revolution ausgezeichnet hatten, gegen den vorgeschlagenen Huldigungseid. Lord Wharton, ein Puritaner, der für das Lange Parlament gefochten, sagte mit ergötzlicher Naivität, er sei ein sehr alter Mann, habe viel unruhige Zeiten durchlebt, habe seiner Zeit eine große Menge Eide geleistet und fürchte sehr, daß er sie nicht alle gehalten habe. Er bat den Himmel, daß ihm dies nicht als Sünde angerechnet werden möchte, und erklärte, daß er sich nicht dazu verstehen könne, seiner eignen Seele wie den Seelen seiner Nächsten noch mehr Schlingen zu legen. Der Earl von Macclesfield, der Anführer der englischen Freiwilligen, welche Wilhelm von Helvoetluys nach Torbay begleitet hatten, erklärte, daß er sich ganz in dem nämlichen Falle befinde wie Lord Wharton. Marlborough unterstützte die Bill und sagte, er wundre sich, daß Macclesfield, der eine so hervorragende Rolle bei der Revolution gespielt habe, dagegen sei. Gereizt durch die Beschuldigung der Inconsequenz, erwiederte Macclesfield mit rücksichtsloser Heftigkeit: „Der edle Earl übertreibt die Bedeutsamkeit der Rolle, die ich bei der Befreiung unsres Vaterlandes gespielt habe. Ich war allerdings bereit und werde stets bereit sein, zur Vertheidigung der Gesetze und Freiheiten desselben mein Leben zu wagen. Aber es giebt Grenzen, über die ich, selbst um seiner Gesetze XV.57und Freiheiten willen, nie hinausgehen könnte. Ich lehnte mich nur gegen einen schlechten König auf: ich kenne Leute, die weit mehr thaten.” Obwohl Marlborough nicht leicht aus der Fassung zu bringen war, die Spitze dieses Sarkasmus mußte er nothwendig fühlen. Wilhelm sah ungehalten aus und die Stimmung des ganzen Hauses war verdüstert. Mit einundfunfzig gegen vierzig Stimmen wurde beschlossen, die Bill an den Ausschuß zu verweisen, und sie kam auch wirklich in den Ausschuß, allein es wurde kein Bericht darüber erstattet. Nach vielen harten Kämpfen zwischen den Whigs unter Leitung Shrewsbury’s und den Tories unter Leitung Caermarthen’s war sie so verstümmelt, daß wenig mehr als der Name von ihr übrig blieb und daß Die, welche sie eingebracht hatten, sie eines weiteren Streites nicht für werth hielten.[99]

Begnadigungsacte.

Die Niederlage der Whigs wurde durch eine Mittheilung von Seiten des Königs vervollständigt. Caermarthen erschien im Hause der Lords mit einem von Wilhelm unterzeichneten Pergament in der Hand. Es war eine Begnadigungsacte für politische Vergehen.

Eine vom Souverain ausgehende Begnadigungsacte und eine von den Ständen des Reichs ausgehende Indemnitätsacte unterscheiden sich in einigen wesentlichen Punkten von einander. Eine Indemnitätsacte geht durch alle Stadien, die andere Gesetze durchlaufen müssen und kann auf diesem Wege von beiden Häusern abgeändert werden. Eine Begnadigungsacte wird mit besonderer Ehrerbietung aufgenommen, wird nur einmal bei den Lords und einmal bei den Gemeinen gelesen und muß entweder ganz verworfen oder so wie sie ist angenommen werden.[100] Dem vorigen Parlamente hatte Wilhelm eine solche Acte nicht vorzulegen gewagt. In dem neuen Parlamente aber war er der Majorität gewiß und die Minorität gab keinen Grund zu Besorgnissen. Der Starrsinn, der zwei Sessionen hindurch den Fortschritt der Indemnitätsbill gehemmt hatte, war endlich durch Niederlagen und Demüthigungen gebrochen. Beide Häuser hörten die Lesung der Begnadigungsacte stehend und entblößten Hauptes an und genehmigten sie ohne eine einzige dissentirende Stimme.

Diese Einstimmigkeit würde nicht stattgefunden haben, wären nicht einige große Verbrecher von der Amnestie ausgeschlossen gewesen. Unter diesen standen in erster Reihe die noch lebenden Mitglieder des hohen Gerichtshofes, der Karl I. verurtheilt hatte. Ihnen reihten sich die beiden namenlosen Scharfrichter an, welche mit maskirten Gesichtern auf dem Schaffot vor dem Bankethause ihr Henkeramt verrichtet. Niemand wußte wer und welchen Standes sie waren. Vielleicht lebten sie schon längst nicht mehr. Dennoch hielt man es für nothwendig zu erklären, daß, wenn sie jetzt, nach einem Zeitraum von einundvierzig Jahren entdeckt würden, sie noch immer der Strafe für ihr großes Verbrechen unterliegen sollten. Vielleicht würde es kaum nöthig gewesen sein, diese Männer zu erwähnen, wären nicht durch das kürzliche Erscheinen Ludlow’s in England die AnimositätenXV.58 der vorhergehenden Generation wieder angefacht worden. Außerdem wurden etwa dreißig von den Werkzeugen der Tyrannei Jakob’s dem Gesetz überlassen. Mit diesen wenigen Ausnahmen wurden alle bis zu dem Tage, an welchem der Acte die königliche Namensunterschrift beigefügt worden, mit dem Mangel der Vergessenheit bedeckt.[101] Selbst diejenigen Verbrecher, welche mit Namen ausgenommen waren, hatten wenig zu fürchten. Viele von ihnen lebten im Auslande, und die in England befindlichen waren überzeugt, daß man sie nicht behelligen würde, wenn sie sich keines neuen Vergehens schuldig machten.

Die Begnadigungsacte verdankte die Nation Wilhelm allein und sie ist einer seiner reinsten und edelsten Ruhmestitel. Vom Beginn der bürgerlichen Unruhen des 17. Jahrhunderts bis zur Revolution war auf jeden von der einen oder der andren Partei gewonnenen Sieg eine blutige Proscription gefolgt. Als die Rundköpfe über die Cavaliere siegten, als die Cavaliere über die Rundköpfe siegten, als die Fabel von der papistischen Verschwörung den Whigs das Uebergewicht gab, als die Entdeckung des Ryehousecomplots das Uebergewicht den Tories zurückgab, war Blut, wieder Blut und immer wieder Blut geflossen. Jeder große Ausbruch und jeder große Umschwung des Volksgeistes war von strengen Maßregeln begleitet gewesen, denen die herrschende Partei seiner Zeit lauten Beifall zollte, welche aber die Geschichte und die Nachwelt bei ruhiger Betrachtung gemißbilligt haben. Kein einsichtsvoller und humaner Mann, welcher politischen Meinung er auch huldigen mag, spricht jetzt ohne Tadel von dem Tode Laud’s oder Vane’s, Stafford’s oder Russell’s. Von den wechselseitigen Schlächtereien ist die letzte und schlimmste die, welche untrennbar mit den Namen Jakob und Jeffreys verbunden ist. Sie würde aber sicherlich nicht die letzte, und vielleicht auch nicht die schlimmste gewesen sein, hätte Wilhelm nicht soviel Tugend und Festigkeit besessen, dem Drängen seiner eifrigsten Anhänger entschieden zu widerstehen. Diese Männer wollten für Alles was sie während sieben unheilvoller Jahre erduldet hatten, furchtbare Wiedervergeltung üben. Das Schaffot Sidney’s, der Galgen Cornish’s, der Scheiterhaufen, auf welchem Elisabeth Gaunt in den Flammen umgekommen war, weil sie einen Flüchtling beherbergt, die Portale der Kirchen von Somersetshire, über denen die Köpfe und Gliedmaßen ermordeter Landleute ausgesteckt waren, die Kielräume der Jamaikaschiffe, aus denen jeden Tag der Leichnam eines vor Durst und verdorbener Luft umgekommenen Gefangenen den Haifischen vorgeworfen worden war: dies Alles war bei der Partei, welche der Revolution auf einige Zeit die Herrschaft im Staate verschafft hatte, noch in frischem Andenken. Einige Oberhäupter dieser Partei hatten ihr Leben durch hohe Lösegelder erkauft; Andere hatten lange in Newgate geschmachtet; noch Andere hatten Winter auf Winter in den Mansarden von Amsterdam gedarbt und gefroren. Es war ganz natürlich, daß sie zur Zeit ihrer Macht und ihres Glücks einen Theil der ertragenen Leiden ihren Feinden zurückzugeben wünschten. Ein ganzes Jahr lang verfolgten sie ihren Racheplan. Es gelang ihnen, eine Indemnitätsbill nach der andren zu Schanden zu machen, und nichts stand zwischen ihnen und ihren Opfern als Wilhelm’s unerschütterlicher Entschluß, daß der Ruhm der großen Befreiung, die er bewerkstelligt, XV.59nicht durch Grausamkeiten befleckt werde. Seine Milde war eine nur ihm eigene. Es war nicht die Milde eines damit Prahlenden, oder eines Sentimentalen, oder eines Sanftmüthigen. Sie war kalt, schroff, unbeugsam. Sie brachte keine schönen theatralischen Effecte hervor, sie zog ihm heftige Schmähungen von Seiten Derjenigen zu, deren böswillige Leidenschaften er nicht befriedigen wollte, und trug ihm keinen Dank von Seiten Derer ein, die ihm Vermögen, Freiheit und Leben verdankten. Während die heftigen Whigs über seine Nachsicht spöttelten, machten ihm die Agenten der gestürzten Regierung, sobald sie ihre Stellungen gesichert sahen, anstatt ihre Verpflichtungen gegen ihn anzuerkennen, in beleidigender Sprache Vorwürfe wegen der Milde, die er auf sie ausgedehnt hatte. Seine Begnadigungsacte, sagten sie, habe seine Erklärung vollständig widerlegt. Könne man wohl glauben, daß er, wenn an den Beschuldigungen, die er gegen die vorige Regierung erhoben, etwas Wahres sei, den Schuldigen Straflosigkeit gewährt haben würde? Er selbst gestehe jetzt mit seiner eigenhändigen Unterschrift ein, daß die Geschichten, durch welche er und seine Freunde die Nation getäuscht und die königliche Familie vertrieben hätten, bloße Verleumdungen seien, die er zur Erreichung seines Zweckes ersonnen. Jetzt, nachdem dieser Zweck erreicht sei, würden die Beschuldigungen, durch die er den Volksgeist bis zum Wahnsinn erhitzt habe, kalt zurückgenommen.[102] Doch er ließ sich durch nichts von dem Allen irre machen. Er hatte wohl gethan. Er hatte seine Popularität bei Leuten, die seine wärmsten Verehrer gewesen waren, aufs Spiel gesetzt, um Leuten, die seinen Namen nie anders als mit einer Verwünschung nannten, Ruhe und Sicherheit zu verschaffen, und hatte Denen, die er beschützt, keine geringere Wohlthat erwiesen als Denen, die er um ihre Rache gebracht. Die eine Partei hatte er vor einer Proscription, die andre vor einer Reaction bewahrt, die eine solche Proscription unvermeidlich erzeugt haben würde. Schlimm genug für sein Volk, wenn es seine Politik nicht gebührend würdigte. Er hatte seine Pflicht gegen dasselbe erfüllt, und er scheute weder Tadel, noch verlangte er Dank.

Das Parlament prorogirt.

Am 20. Mai wurde die Begnadigungsacte angenommen. Der König kündigte hierauf den beiden Häusern an, daß er seine Reise nach Irland nicht länger aufschieben könne, daß er daher beschlossen habe, sie zu prorogiren, und daß, wenn nicht ein unerwartetes Ereigniß ihm ihren Rath und Beistand nöthig machte, er sie bis zum nächsten Winter nicht von ihren Wohnsitzen zurückrufen würde. „Dann,” sagte er, „hoffe ich, so Gott will, auf ein glückliches Wiedersehen.”

Das Parlament hatte eine Acte erlassen, welche bestimmte daß, sobald er England verließe, Marie berechtigt sein sollte, die Regierung des Königreichs in seinem und ihrem Namen zu verwalten. Nichtsdestoweniger aber sollte er während seiner Abwesenheit seine ganze Autorität behalten. Es wurden gegen diese Anordnung einige Einwendungen erhoben. In diesem Falle, sagte man, gebe es also zwei oberste Gewalten im Staate; ein öffentlicher Beamter könne vom König und der Königin einander direct widerstreitende Befehle erhalten und nicht wissen, welchen XV.60er nachkommen solle. Der Einwurf war ohne allen Zweifel theoretisch wohl begründet; allein es bestand ein so vollkommenes Vertrauen und eine so innige Zuneigung zwischen dem königlichen Paare, daß ein praktischer Nachtheil nicht zu befürchten war.[103]

Rüstungen für den ersten Krieg.

In Bezug auf Irland waren die Aussichten Wilhelm’s jetzt viel erfreulicher, als sie es einige Monate früher gewesen. Die Thätigkeit, mit der er die Rüstungen für den nächsten Feldzug persönlich betrieben, hatte Außerordentliches bewirkt. Die Nerven der Regierung waren neu gestählt, in jedem Zweige der Militärverwaltung war der Einfluß eines energischen Geistes zu erkennen. Reiche Vorräthe von Lebensmitteln, Bekleidungsstücken und Arzeneien von ganz andrer Qualität als die, welche Shales geliefert hatte, wurden über den St. Georgskanal geschickt. Tausend Bagagewagen waren mit großer Eil angefertigt oder herbeigeschafft worden, und einige Wochen lang war die Straße zwischen London und Chester mit denselben bedeckt. Massen von Rekruten wurden abgesandt, um die Lücken auszufüllen, welche Krankheit in die englischen Reihen geschlagen hatte; frische Regimenter aus Schottland, Cheshire, Lancashire und Cumberland wurden in der Bai von Belfast ausgeschifft, und die Uniformen und Waffen der Neuankommenden verriethen deutlich den mächtigen Einfluß des Auges des Gebieters. Zugleich mit den britischen Bataillonen trafen auch mehrere kühne Schaaren deutscher und skandinavischer Söldlinge ein, und so belief sich vor Ende Mai die in Ulster versammelte englische Streitmacht auf dreißigtausend kampffähige Männer. Eine weitere kleine Anzahl Truppen und eine ungeheuere Masse von Kriegsvorräthen befanden sich an Bord einer Flotte, welche in der Mündung des Dee lag und bereit war die Anker zu lichten, sobald der König sich eingeschifft haben würde.[104]

Jakob’s Verwaltung in Dublin.

Jakob hätte die Zeit, während seine Truppen in ihren Winterquartieren lagen, eben so gut anwenden sollen. Strenge Disciplin und regelmäßige Waffenübungen hätten die athletischen und begeisterten Landleute, die unter seinem Banner versammelt waren, in gute Soldaten verwandeln können. Aber man ließ die Gelegenheit unbenutzt vorübergehen. Der Hof von Dublin beschäftigte sich während dieser Zeit der Unthätigkeit mit Spiel und Wein, mit Liebesbriefen und Herausforderungen. Die Hauptstadt gewährte zwar keinen sehr glänzenden Anblick, denn die Gesammtzahl der Equipagen, welche daselbst aufgebracht werden konnten, die des Königs und der französischen Gesandtschaft mit eingerechnet, betrug keine vierzig.[105] Aber trotz des geringen Glanzes herrschte doch große Ausschweifung. Ernste Katholiken schüttelten die Köpfe und sagten, das Schloß sehe nicht aus wie der Palast eines Königs, der sich rühme der Vorkämpfer einer Kirche zu sein.[106] Die militärische Verwaltung war noch eben so traurig bestelltXV.61 als je. Die Cavallerie wurde zwar durch die Bemühungen einiger tapferer Offiziere auf einer hohen Stufe der Tüchtigkeit erhalten; aber ein Infanterieregiment unterschied sich durch nichts als den Namen von einer starken Bande Rapparees. Ja, eine Bande Rapparees belästigte sogar die friedlichen Bürger weniger und fügte dem Feinde mehr Schaden zu als ein Regiment Infanterie. Avaux schilderte in einer Denkschrift, die er Jakob überreichte, mit nachdrücklichen Worten die Mißbräuche, welche das irische Fußvolk zu einem Fluche und zu einer Schmach für Irland machten. Ganze Compagnien, sagt der Gesandte, verlassen auf dem Marsche ihre Fahnen und machen Abstecher nach Rechts und Links, um zu plündern und zu verwüsten; der Soldat sorgt nicht für Instandhaltung seiner Waffen, der Offizier kümmert sich nie darum, ob die Waffen in gutem Stande sind und die Folge davon ist, daß jeder dritte Mann sein Gewehr verloren hat und jeder andre dritte Mann ein Gewehr besitzt, das nicht losgeht. Avaux beschwor den König, das Maraudiren zu verbieten, anzubefehlen, daß die Truppen regelmäßig exercirt würden und jeden Offizier zu bestrafen, der es duldete, daß seine Leute ihre Waffen und Monturen vernachlässigten. Wenn dies geschehe, dürfe Se. Majestät hoffen, zum bevorstehenden Frühjahr eine Armee zu commandiren, mit der der Feind sich gar nicht werde messen können. Der Rath war ganz gut, Jakob aber so weit entfernt, denselben anzunehmen, daß er ihn kaum geduldig anhören wollte. Noch ehe ihm acht Zeilen vorgelesen waren, gerieth er in Zorn und beschuldigte den Gesandten der Uebertreibung. „Diese Schrift, Sire, ist nicht für die Oeffentlichkeit geschrieben,” sagte Avaux, „sondern nur zur Aufklärung Eurer Majestät, und in einer Schrift, welche den Zweck hat, Eure Majestät aufzuklären, sind Schmeichelei und Beschönigung nicht angewandt. Doch ich will nicht darauf bestehen, etwas vorzulesen, was Ihnen so unangenehm ist.” — „Lesen Sie weiter,” versetzte Jakob ärgerlich, „ich will das Ganze hören.” Er wurde nach und nach ruhiger, nahm die Denkschrift an sich, und versprach einige der darin enthaltenen Winke zu benutzen. Aber sein Versprechen war bald wieder vergessen.[107]

Seine Finanzverwaltung war das genaue Ebenbild seiner Militärverwaltung. Seine einzige fiskalische Hülfsquelle war directe oder indirecte Beraubung. Jeder Protestant, der in irgend einem Theile der drei südlichen Provinzen Irland’s zurückgeblieben war, wurde direct beraubt durch den einfachen und kurzen Prozeß, daß man ihm sein Geld aus dem Kasten, seinen Wein aus dem Keller, sein Brennmaterial vom Hofe und seine Kleider aus der Garderobe nahm. Indirect wurde er durch eine neue Verausgabung von Münzen beraubt, welche kleiner und geringhaltiger waren als irgend welche die bisher das Bildniß und die Legende Jakob’s getragen hatten. Selbst das Kupfergeld begann in Dublin selten zu werden, und man sah sich genöthigt, Ludwig um Unterstützung anzugehen, der seinem Verbündeten großmüthig eine alte geborstene Kanone schenkte, um Kronen und Schillinge daraus prägen zu lassen.[108]

XV.62Ein Hülfscorps von Frankreich nach Irland gesandt.

Doch der französische König hatte beschlossen, einen Succurs ganz andrer Art hinüberzuschicken. Er erbot sich vier irische Regimenter in seinen Dienst zu nehmen und durch die beste damals in der Welt bekannte Disciplin ausbilden zu lassen. Sie sollten von Macarthy commandirt werden, der bei Newton Butler schwer verwundet und gefangen genommen worden war. Er war von seinen Wunden genesen und hatte durch Wortbruch seine Freiheit wieder erlangt. Diesen schimpflichen Wortbruch hatte er durch erbärmliche Winkelzüge und sophistische Entschuldigungen, die einem Jesuiten besser angestanden haben würden als einem Edelmann und Soldaten, noch schimpflicher gemacht. Ludwig wollte es sich gefallen lassen, daß ihm die Leute in Lumpen gehüllt und unbewaffnet zugeschickt würden, nur bestand er darauf, daß die Gemeinen kräftige Burschen und die Offiziere keine bankerottirten Kaufleute und fortgejagte Lakaien, sondern womöglich Leute von guter Familie wären, die Pulver gerochen hätten. Für diese Truppen, deren Zahl sich auf nicht ganz viertausend Mann belief, verpflichtete er sich, zwischen sieben- und achttausend vortreffliche französische Infanteristen nach Irland zu schicken, welche in einer Schlacht voraussichtlich von größerem Nutzen sein würden, als sämmtliche Kernes von Leinster, Munster und Connaught zusammengenommen.[109]

Einen großen Fehler beging er dabei. Die Armee, die er Jakob zur Unterstützung sandte, war zwar klein im Vergleich zu der Armee in Flandern oder zu der Rheinarmee, aber sie war zu einem Dienste bestimmt, von welchem das Schicksal Europa’s abhängen konnte, und hätte daher von einem ausgezeichneten General befehligt werden sollen. Es fehlte in Frankreich nicht an solchen Generälen; aber Jakob und seine Königin baten dringend um Lauzun, und sie setzten seine Ernennung durch, trotz Avaux’ energischer Gegenvorstellungen, trotz Louvois’ Rath und trotz Ludwig’s gegentheiliger Meinung.

Als Lauzun sich in Louvois’ Cabinet begab, um seine Instructionen in Empfang zu nehmen, führte der kluge Minister eine Sprache, welche deutlich bewies, wie wenig Vertrauen er in den eitlen und excentrischen fahrenden Ritter setzte. „Lassen Sie Sich um des Himmels willen nicht durch Ihre Kampflust hinreißen. Setzen Sie Ihren ganzen Ruhm darein, die Engländer zu ermüden und vor Allem halten Sie strenge Mannszucht.”[110]

XV.63

Lauzun’s Ernennung war nicht nur an sich ein Mißgriff, sondern man mußte auch, um einen Mann an einen Posten zu stellen, dem er nicht gewachsen war, zwei andere Männer von Posten entfernen, für die sich beide ganz vorzüglich eigneten. So unmoralisch und hartherzig Rosen und Avaux immer sein mochten, so war doch Rosen ein geschickter Feldherr und Avaux ein gewandter Diplomat. Obwohl es nicht wahrscheinlich ist, daß sie im Stande gewesen wären, Irland’s Schicksal abzuwenden, so würden sie doch wahrscheinlich den Kampf haben in die Länge ziehen können, und daß der Kampf in die Länge gezogen wurde, lag offenbar im Interesse Frankreich’s. Es würde jedoch eine Beleidigung für den greisen General gewesen sein, wenn man ihn unter Lauzun’s Oberbefehl gestellt hätte, und zwischen Lauzun und dem Gesandten bestand eine so heftige Feindschaft, daß ein herzliches Zusammenwirken von ihnen nicht zu erwarten gewesen wäre. Rosen und Avaux wurden daher Beide unter vielen besänftigenden Versicherungen der königlichen Zufriedenheit und Gunst nach Frankreich zurückberufen. Zu Anfang des Frühjahrs segelten sie mit der Flotte, welche Lauzun nach Irland gebracht hatte, von Cork ab.[111] Lauzun war nicht sobald gelandet, als er sich überzeugte, daß nichts zu seinem Empfange vorbereitet war, obgleich man ihn seit längerer Zeit erwartet hatte. Es waren keine Quartiere für seine Leute, keine Magazine zur Aufnahme seiner Vorräthe, keine Pferde, keine Fuhrwerke besorgt.[112] Seine Truppen mußten die Beschwerden eines langen Marsches durch eine Wüste ertragen, ehe sie nach Dublin gelangten. Hier fanden sie allerdings leidliche Verpflegung. Sie erhielten freies Quartier bei Protestanten, hatten reichlich Brot und drei Pence täglich. Lauzun wurde zum Oberbefehlshaber der irischen Armee ernannt und nahm seine Residenz im Schlosse.[113] Sein Gehalt war der nämliche wie der des Vicekönigs, achttausend Jakobus, gleich zehntausend Pfund Sterling jährlich. Diese Summe erbot sich Jakob nicht in Kupfermünze mit seinem Bildniß, sondern in französischem Golde zu bezahlen. Lauzun aber, zu dessen Fehlern die Habsucht nicht gehörte, weigerte sich, seine Kasse aus einem fast leeren Schatze zu füllen.[114]

Auf ihn und die ihn begleitenden Franzosen machten das Elend des irischen Volks und die Verkehrtheit der irischen Regierung einen Eindruck, den sie schwer beschreiben konnten. Lauzun schrieb an Louvois, der Hof und das ganze Land befänden sich in einem Zustande, von welchem sich derjenige, der immer in wohlgeordneten Staaten gelebt habe, keinen Begriff machen könne. Es sei, sagte er, ein Chaos wie das, von dem er im ersten Buche Mosis gelesen habe. Die öffentlichen Beamten thäten weiter nichts, als daß sie sich mit einander stritten und die Regierung und das Volk ausplünderten. Nachdem er etwa einen Monat im Schlosse zugebracht, erklärte er, daß er um Alles in der Welt keinen zweiten solchen Monat durchleben möchte, und seine tüchtigsten Offiziere bestätigten seine Aussage.[115] Einer von ihnen war allerdings so ungerecht, das XV.64irische Volk nicht nur als unwissend und träge, was es in der That war, sondern auch als hoffnungslos dumm und gefühllos zu schildern, was es sicherlich nicht war. Die englische Politik, sagte er, habe sie so vollkommen verthiert, daß man sie kaum noch menschliche Geschöpfe nennen könne. Sie seien unempfindlich gegen Lob und Tadel, gegen Versprechungen und Drohungen; und doch sei es schade um sie, denn sie seien in physischer Hinsicht der schönste Menschenschlag in der Welt.[116]

Plan der englischen Jakobiten; Clarendon, Aylesbury, Dartmouth.

Inzwischen hatte Schomberg den Feldzug unter günstigen Auspicien eröffnet. Mit geringer Mühe hatte er Charlemont, die letzte wichtige Festung, welche die Irländer noch in Ulster behaupteten, genommen; aber das große Werk der Wiedereroberung der drei südlichen Provinzen der Insel verschob er bis zu Wilhelm’s Ankunft. Wilhelm beschäftigte sich unterdessen mit den Anordnungen zur Regierung und Vertheidigung England’s während seiner Abwesenheit. Er wußte sehr wohl, daß die Jakobiten auf ihrer Hut waren. Bis vor ganz Kurzem waren sie noch keine zusammenhängende und organisirte Faction gewesen. Es hatte, um Melfort’s Ausdruck zu gebrauchen, zahlreiche Trupps gegeben, welche alle entweder mit Jakob im Dubliner Schlosse, oder mit Marien von Modena in Saint-Germains in Verbindung standen, unter einander aber keine Connection hatten und sich gegenseitig nicht trauten.[117] Seitdem es aber bekannt geworden war, daß der Usurpator über den Kanal zu gehen beabsichtige und daß er sein Scepter in weiblichen Händen zurücklassen wolle, hatten sich diese Trupps eng aneinander angeschlossen und eine ausgedehnte Verbindung zu bilden begonnen. Clarendon, der die Eide verweigert, und Aylesbury, der sie ehrloser Weise geleistet hatte, gehörten zu den Hauptverräthern. Dartmouth war, obgleich er den im Besitz der Macht befindlichen Souverainen Treue geschworen, einer ihrer thätigsten Feinde und er übernahm was man das Marinedepartement des Complots nennen kann. Sein Geist war beständig mit einem englischen Seemann eben nicht zur Ehre gereichenden Plänen zur Zerstörung der englischen Flotten und Arsenale beschäftigt. Er stand in enger Verbindung mit einigen Seeoffizieren, welche der neuen Regierung zwar dienten, aber doch nur ungern und mit halbem Herzen, und er schmeichelte sich, daß er diese Männer durch das Versprechen großer Belohnungen und durch geschicktes Anschüren des neidischen Hasses, mit dem sie die holländische Flagge betrachteten, dazu bewegen werde, zu desertiren und ihre Schiffe in einen französischen oder irländischen Hafen zu bringen.[118]

Penn.

Penn’s Benehmen war kaum minder schändlich. Er war ein eifriger und geschäftiger Jakobit, und seine neue Lebensbahn war der XV.65moralischen Reinheit noch ungünstiger, als es die vorige gewesen war. Es war kaum möglich, zu gleicher Zeit ein consequenter Quäker und ein Höfling zu sein; ganz und gar unmöglich aber war es, ein consequenter Quäker und ein Verschwörer zu sein. Es ist schmerzlich es sagen zu müssen, daß Penn, während er selbst den Vertheidigungskrieg für sündhaft zu halten erklärte, doch Alles that was in seiner Macht stand, um eine fremde Armee ins Herz seines eignen Landes zu bringen. Er schrieb Jakob, daß die Anhänger des Prinzen von Oranien nichts so sehr fürchteten als einen Aufruf zu den Waffen, und daß, wenn jetzt von Frankreich oder Irland aus ein Einfall in England unternommen würde, die Zahl der Royalisten sich größer herausstellen werde als sie je gewesen. Avaux hielt diesen Brief für so wichtig, daß er Ludwig eine Abschrift davon einsandte.[119] Diese und ähnliche Mittheilungen, schrieb der schlaue Gesandte, hätten auf die Stimmung König Jakob’s einen guten Eindruck gemacht, Se. Majestät sei endlich überzeugt, daß er seine Lande nur mit dem Schwerte in der Hand wieder erlangen könne. Es ist ein interessanter Umstand, daß es dem großen Friedensprediger vorbehalten sein sollte, diese Ueberzeugung im Geiste des alten Tyrannen hervorzurufen.[120] Penn’s Verfahren war der Aufmerksamkeit der Regierung nicht entgangen. Man hatte Verhaftsbefehle gegen ihn erlassen und er war eingezogen worden; es hatten aber keine Beweise gegen ihn aufgebracht werden können, die eine Anklage auf Hochverrath begründet hätten; er hatte bei jeder Partei viele Freunde, die er auch trotz aller seiner Fehler zu haben verdiente, und er wurde daher bald wieder in Freiheit gesetzt, um zu seinen Comploten zurückzukehren.[121]

Preston.

Der Hauptverschwörer war jedoch Richard Graham, Viscount Preston, der unter der vorigen Regierung Staatssekretär gewesen war. Obgleich schottischer Peer, war er doch nur englischer Baronet. Er hatte zwar von Saint-Germains ein englisches Hochadelsdiplom erhalten; aber das Diplom war von einem späteren Datum als XV.66die Flucht, welche die Convention für eine Abdankung erklärt hatte. Die Lords hatten sich deshalb nicht nur geweigert, ihn ihrer Privilegien theilhaftig werden zu lassen, sondern sie schickten ihn sogar ins Gefängniß, weil er sich unbefugterweise einen der Ihrigen genannt habe. Da er indessen klein beigegeben und seinen Anspruch zurückgezogen, hatte er seine Freiheit wieder erlangt.[122] Obgleich die demüthige Sprache, die er bei dieser Gelegenheit zu führen sich herabgelassen, keineswegs einen Märtyrersinn verrieth, so betrachtete ihn doch seine Partei und die Welt überhaupt als einen Mann von Muth und Ehre. Er führte noch die Siegel seines Amtes und wurde von den Anhängern des unveräußerlich erblichen Rechts noch immer als der wirkliche Staatssekretär angesehen. Er stand in hoher Gunst bei Ludwig, an dessen Hofe er früher gelebt, und die französische Regierung hatte ihm seit der Revolution bedeutende Geldsummen zu politischen Zwecken anvertraut.[123]

Während Preston in der Hauptstadt mit den anderen Häuptern der Partei Berathungen pflog, häuften die auf dem Lande wohnenden Jakobiten Waffen auf, hielten Musterungen und formirten sich in Compagnien, Schwadronen und Regimenter. In Worcestershire zeigten sich beunruhigende Symptome. In Lancashire hatten viele Gentlemen von Jakob ausgestellte Offizierpatente erhalten, nannten sich Obersten und Hauptleute und entwarfen lange Listen von Unteroffizieren und Gemeinen. Briefe aus Yorkshire brachten die Nachricht, daß starke Männerschaaren, die sich in keiner guten Absicht versammelt zu haben schienen, auf den Sümpfen bei Knaresborough gesehen worden seien. Briefe aus Newcastle berichteten von einem großen Wettballspiele, das in Northumberland gehalten worden sei und von dem man stark vermuthe, das es nur als Vorwand zu einer Versammlung der Mißvergnügten gedient habe. Es sollten sich unter der Menge hundertfunfzig wohl berittene und bewaffnete Reiter befunden haben, von denen viele Papisten gewesen wären.[124]

Unterdessen gingen Briefpackete voll Verrath zwischen Kent und der Picardie und zwischen Wales und Irland beständig hin und her. Einige der Boten waren aufrichtige Fanatiker, andere aber waren bloße Miethlinge, welche aus den ihnen zur Besorgung anvertrauten Geheimnissen Gewinn zogen.

Die Jakobiten von Fuller verrathen.

Der interessanteste unter diesen zweifachen Verräthern war Wilhelm Fuller. Dieser Mann hat uns selbst erzählt, daß ihm in seiner Kindheit ein Buch in die Hände gefallen sei, das eine Beschreibung des verbrecherischen Lebens und des entsetzlichen Todes Dangerfield’s enthielt. Die Phantasie des Knaben wurde dadurch erhitzt; er verschlang das Buch und lernte es fast auswendig; eine seltsame Ahnung stieg in ihm auf und verfolgte ihn seitdem beständig, daß sein Schicksal dem des schändlichen Abenteurers gleichen XV.67werde, dessen Geschichte er so eifrig gelesen hatte.[125] Man hätte meinen sollen, daß die Aussicht, mit zerfleischtem Rücken und ausgeschlagenem Auge in Newgate zu sterben, eben nicht viel Lockendes gehabt haben könnte; allein die Erfahrung lehrt, daß es überspannte Köpfe giebt, für welche eine gewisse Berühmtheit, selbst wenn sie mit Schmerz und Schande begleitet ist, einen unwiderstehlichen Reiz hat. Von diesem verwerflichen Ehrgeize beseelt, erreichte Fuller sein Vorbild und übertraf es vielleicht noch. Er war im römisch-katholischen Glauben erzogen und war Page bei Lady Melfort gewesen, als Lady Melfort als eine der schönsten Frauen im Hofstaate Mariens von Modena in Whitehall glänzte. Nach der Revolution begleitete er seine Gebieterin nach Frankreich, wurde wiederholt zu delikaten und gefährlichen Aufträgen verwendet und galt in Saint-Germains für einen treuen Diener des Hauses Stuart. In Wirklichkeit aber hatte er sich auf einer seiner Reisen nach London der neuen Regierung verkauft und den Glauben abgeschworen, in welchem er erzogen war. Die Ehre, wenn man es so nennen darf, aus einem werthlosen Papisten einen werthlosen Protestanten aus ihm gemacht zu haben, schrieb er mit characteristischer Unverschämtheit der klaren Logik und dem tadellosen Wandel Tillotson’s zu.

Im Frühjahr 1690 wünschte Marie von Modena ihren Correspondenten in London einige sehr wichtige Depeschen zukommen zu lassen. Da diese Depeschen zu voluminös waren um in den Kleidern eines einzelnen Boten verborgen werden zu können, mußte man sich zweier Vertrauten bedienen. Der Eine war Fuller, der Andre war ein eifriger junger Jakobit, Namens Crone. Vor ihrer Abreise erhielten sie noch genaue Instructionen von der Königin selbst. Bei einer gewöhnlichen Untersuchung war an ihnen kein Schnitzchen Papier zu entdecken; aber ihre Knöpfe enthielten mit unsichtbarer Tinte geschriebene Briefe.

Das Paar reiste nach Calais. Der Gouverneur dieser Stadt lieferte ihnen ein Boot, das sie unter dem Schutze der Nacht an der flachen und sumpfigen Küste von Kent unweit des Leuchtthurmes von Dungeneß absetzte. Von hier gingen sie nach einer Meierei, verschafften sich Pferde und schlugen verschiedene Wege nach London ein. Fuller eilte nach Schloß Kensington und überreichte dem Könige die ihm anvertrauten Papiere. Der erste Brief, den Wilhelm entfaltete, schien nur überschwengliche Complimente zu enthalten; aber es wurden Holzkohlen angezündet und eine den damaligen Diplomaten wohlbekannte Flüssigkeit auf das Papier gebracht; das Zimmer füllte sich mit einem übelriechenden Dampfe und Zeilen sehr ernsten Inhalts begannen sichtbar zu werden.

Crone verhaftet.

Die Hauptsache war jetzt vor Allem, daß man Crone’s habhaft zu werden suchte. Unglücklicherweise hatte er Zeit gehabt, seine Briefe abzugeben, bevor er festgenommen wurde; aber man XV.68hatte ihm eine Schlinge gelegt, in die er leicht ging. Die aufrichtigen Jakobiten waren im Allgemeinen sehr unzuverlässige Verschwörer; es gab unter ihnen eine ungewöhnlich große Anzahl Dummköpfe, Prahler und Schwätzer, und dazu gehörte auch Crone. Wäre er klug und vorsichtig gewesen, so würde er öffentliche Orte gemieden, seine Zunge streng bewacht und sich bei Tische mit einer Flasche begnügt haben. Anstatt dessen sahen die Agenten der Regierung, wie er an einer Wirthshaustafel in Gracechurch Street auf die Gesundheit König Jakob’s trank und bombastisch von der kommenden Restauration, von der französischen Flotte und den Tausenden rechtschaffener Engländer sprach, welche nur das Zeichen erwarteten, um sich für ihren rechtmäßigen Souverain bewaffnet zu erheben. Er wurde in das Sekretariatsbureau nach Whitehall gebracht. Anfangs schien er ganz ruhig und unbefangen zu sein; als er aber unter den Umstehenden Fuller in Freiheit und elegant gekleidet, mit einem Degen an der Seite erblickte, sank dem Gefangenen der Muth und er war kaum im Stande ein Wort hervorzubringen.[126]

Die Nachricht, daß Fuller als Königszeuge aufgetreten, Crone verhaftet und Wilhelm wichtige Briefe aus Saint-Germains in die Hände gefallen seien, flog rasch durch ganz London und verbreitete Schrecken unter Allen, die sich schuldig fühlten.[127] Allerdings war die Aussage eines Zeugen, wäre dieser Zeuge auch ein achtbarerer Mann als Fuller gewesen, gesetzlich nicht hinreichend, um Jemanden des Hochverraths zu überführen. Aber Fuller hatte die Sache so einzurichten gewußt, daß mehrere Zeugen vorgeführt werden konnten, die seine Aussage gegen Crone bestärkten, und wenn Crone in der Todesangst Fuller’s Beispiel nachahmte, so fielen die Köpfe der Oberhäupter der Verschwörung in die Gewalt der Regierung. Der Muth der Jakobiten wuchs jedoch, als sie erfuhren, daß Crone, obgleich zu wiederholten Malen von Denen verhört, die ihn in ihrer Gewalt hatten, und obgleich überzeugt, daß nichts als ein offenes Geständniß ihm das Leben retten konnte, ein entschlossenes Stillschweigen bewahrt habe. Welchen Eindruck eine Verurtheilung und die nahe Aussicht des Todes auf ihn machen würde, stand noch zu erwarten. Seinen Complicen war durchaus nichts daran gelegen, daß seine Standhaftigkeit auf eine so harte Probe gestellt werde, und sie wendeten daher eine Menge erlaubter und unerlaubter Kunstgriffe an, um eine Ueberführung zu hintertreiben. Eine Frau, Namens Clifford, bei der er gewohnt hatte und die einer der thätigsten und schlauesten Agenten der jakobitischen Partei war, wurde mit dem Geschäft betraut, ihn standhaft zu erhalten und ihm Dienste zu leisten, vor denen skrupulöse oder ängstliche Agenten zurückgeschreckt sein würden. Als der gefürchtete Tag kam, war Fuller zu unwohl, um in der Zeugenloge zu erscheinen und die Sitzung wurde daher verschoben. Er behauptete, daß seine Krankheit keine natürliche sei, daß man ihm in einer Speise etwas Schädliches beigebracht habe, daß seine Nägel sich entfärbt hätten, daß ihm die Haare ausfielen und daß geschickte Aerzte ihn für vergiftet erklärten. Aber solche Geschichten müssen, selbst wenn sie sich auf eine bessere Autorität als auf die eines Fuller gründen, stets mit großem Mißtrauen aufgenommen werden.

XV.69

Während Crone seiner Untersuchung entgegensah, wurde auf dem Wege zwischen Dover und London ein zweiter Agent des Hofes von Saint-Germains, Namens Tempest, verhaftet, und er erwies sich als der Ueberbringer zahlreicher Briefe an Mißvergnügte in England.[128] Es stellte sich mit jedem Tage klarer heraus, daß der Staat von Gefahren umgeben war, und doch war es durchaus nothwendig, daß das geschickte und entschlossene Staatsoberhaupt in diesem kritischen Augenblicke seinen Posten verließ.

Schwierigkeiten Wilhelm’s.

Mit peinlicher Besorgniß, die nur ein Mann wie er unter dem Anschein stoischer Heiterkeit zu verbergen vermochte, traf Wilhelm seine Anstalten zur Abreise. Marie war tief bekümmert, und ihr Kummer ging ihm mehr zu Herzen als Diejenigen ahneten, die aus seinem Benehmen auf den Zustand seines Innern schlossen.[129] Er wußte auch, daß er sie umringt von Schwierigkeiten, mit denen zu kämpfen ihre Gewohnheiten sie nicht befähigt hatten, zurücklassen sollte. Sie bedurfte gewiß beständig einsichtsvollen und wohlmeinenden Rathes; und wo war solcher Rath zu finden? Es gab zwar unter seinen Dienern viel tüchtige und auch einige tugendhafte Männer; aber selbst wenn er anwesend war, hatten ihre politischen und persönlichen Animositäten nur zu oft sowohl ihre Talente wie ihre Tugenden nutzlos für ihn gemacht. Konnte man also wohl erwarten, daß die sanfte Marie im Stande sein werde, den Parteigeist und die Eifersüchteleien zu zügeln, welche ihr energischer und kluger Gemahl nur sehr unvollkommen hatte in Schranken halten können? Hätte man das innere Cabinet, das die Königin unterstützen sollte, ausschließlich aus Whigs oder aus Tories zusammengesetzt, so würde die halbe Nation unzufrieden gewesen sein. Bestand es aus Whigs und Tories, so konnte man wieder gewiß sein, daß beständige Uneinigkeit herrschen werde. Wilhelm befand sich in einer Lage, die ihm nur die Wahl zwischen verschiedenen Uebeln ließ.

Benehmen Shrewsbury’s.

Alle diese Schwierigkeiten wurden noch vermehrt durch das Benehmen Shrewsbury’s. Das Studium des Characters dieses Mannes ist höchst interessant. Er schien das verwöhnte Schooßkind der Natur wie des Glücks zu sein. Vornehme Geburt, hoher Rang, große Besitzungen, schöne Talente, umfassende Kenntnisse, angenehme Persönlichkeit, ungemein anmuthige und gewinnende Manieren vereinigten sich bei ihm, um ihn zu einem Gegenstande der Bewunderung und des Neides zu machen. Aber trotz aller dieser Vorzüge hatte er einige moralische und intellectuelle Eigenheiten, die ihn sich selbst und Allen, welche mit ihm in Berührung kamen, zur Last machten. Sein Benehmen zur Zeit der Revolution hatte der Welt eine hohe Meinung nicht nur von seinem Patriotismus, sondern auch von seinem Muthe, seiner Energie und seiner Entschiedenheit beigebracht. Doch wahrscheinlich hatten damals seine jugendliche Begeisterung und die durch öffentliche Sympathie und Beifall verursachte Freude ihn über sich selbst erhoben. Fast keine andre Epoche seines Lebens war mit diesem glänzenden Anfang aus einem Gusse. Er war kaum Staatssekretär geworden, als es sich XV.70auch schon zeigte daß seine Kräfte für einen solchen Posten nicht ausreichten. Die tägliche Anstrengung, die schwere Verantwortlichkeit, die Täuschungen, die Kränkungen und der Tadel, welche von der Macht unzertrennlich sind, brachen seinen Muth, verbitterten seine Gemüthsstimmung und untergruben seine Gesundheit. Naturen wie die seinige scheinen der aufrechthaltenden Kraft starker religiöser Grundsätze ganz besonders zu bedürfen, und leider hatte Shrewsbury, indem er das Joch des Aberglaubens abschüttelte, in dem er erzogen war, sich auch von heilsameren Banden befreit, welche seinen von Haus aus schwachen Character vielleicht zur Festigkeit und Rechtschaffenheit gestählt haben würden. Da er dieser Stütze entbehrte, war er bei all’ seinen ausgezeichneten Gaben ein schwacher Mensch und konnte trotz vieler liebenswürdiger und gewinnender Eigenschaften ein braver Mann nicht genannt werden. Um glücklich zu sein hätte er entweder viel besser oder viel schlechter sein müssen. So wie er war, kannte er weder den edlen Seelenfrieden, der der Lohn der Rechtschaffenheit ist, noch den verächtlichen Seelenfrieden, der aus Schamlosigkeit und Unempfindlichkeit entspringt. Wenige Leute, die so wenig Kraft hatten, der Versuchung zu widerstehen, haben von Reue und Scham so grausam gelitten wie er.

Für einen Mann von solchem Character muß die Stellung eines Staatsministers während des auf die Revolution folgenden Jahres eine beständige Qual gewesen sein. Die Schwierigkeiten, von denen die Regierung auf allen Seiten umlagert war, die Böswilligkeit ihrer Feinde, die Unbilligkeit ihrer Freunde, die Erbitterung mit der die feindlichen Parteien über einander und über jeden Vermittler, der sie zu trennen versuchte, herfielen, hätten allerdings auch einen entschlossenen Character entmuthigen können. Shrewsbury war noch kein halbes Jahr im Amte, als er Herz und Kopf vollständig verloren hatte. Er begann Briefe an Wilhelm zu schreiben, von denen sich kaum denken läßt, daß ein so energischer Fürst sie ohne ein Gemisch von Mitleid und Verachtung gelesen haben kann. „Ich fühle,” — dies war der stete Refrain dieser Episteln — „daß ich meinem Posten nicht gewachsen bin. Ich bin keiner Anstrengung mehr fähig. Ich bin nicht mehr der Nämliche, der ich vor einem halben Jahre war. Meine Gesundheit wird immer schwankender, meine Seele leidet Folterqualen, mein Gedächtniß ist geschwächt; nur Ruhe und Zurückgezogenheit kann mich wiederherstellen.” Wilhelm gab freundliche und besänftigende Antworten, und eine Zeit lang beruhigten diese Antworten das zerrüttete Gemüth seines Ministers.[130] Endlich aber versetzten die Auflösung des Parlaments, die allgemeine Wahl, die Veränderungen in den Friedensrichterstellen und in den Milizen, und schließlich die Debatten über die beiden Abschwörungsbills Shrewsbury in einen an Wahnsinn grenzenden Zustand. Er zürnte den Whigs, daß sie den König schlecht behandelten, und doch zürnte er noch mehr dem Könige, daß er die Tories begünstigte. In welchem Augenblicke und durch welchen Einfluß der unglückliche Mann bewogen wurde, einen Verrath zu begehen, dessen Bewußtsein einen dunklen Schatten auf sein ganzes ferneres Leben warf, ist nicht genau bekannt. Sehr wahrscheinlich aber ist es, daß seine Mutter, die, obgleich das verworfenste Weib von der Welt, große Gewalt über ihn XV.71hatte, eine schwache Stunde, wo er erbittert darüber war, daß man seinen Rath verschmäht und den von Danby und Nottingham vorgezogen hatte, in verderblicher Weise benutzte. Sie war noch Mitglied der Kirche, von der ihr Sohn sich losgesagt, und meinte vielleicht dadurch daß sie ihn von seinen Empörungsgedanken zurückbrachte, die Verletzung ihres Ehegelübdes und den Mord ihres Gemahls einigermaßen wieder gut zu machen.[131] Gewiß ist soviel, daß Shrewsbury noch vor Ende des Frühjahrs 1690 Jakob seine Dienste angeboten und Jakob sie angenommen hatte. Man verlangte einen Beweis von der Aufrichtigkeit des Convertiten: er mußte die Siegel aufgeben, die er aus der Hand des Usurpators angenommen.[132] Es ist wahrscheinlich, daß Shrewsbury seinen Fehler kaum begangen hatte, als er ihn auch schon zu bereuen begann. Aber er besaß nicht Characterstärke genug, um auf dem Wege des Bösen umzukehren. Seine eigne Schändlichkeit verabscheuend, eine Entdeckung fürchtend, die seiner Ehre verderblich werden mußte, vor dem Weitergehen eben so wohl wie vor dem Umkehren zurückschreckend, litt er Qualen, an die man unmöglich ohne Mitleid zurückdenken kann. Die wahre Ursache seiner Seelenangst war noch ein tiefes Geheimniß; seine inneren Kämpfe und seine Ansichtswechsel aber waren allgemein bekannt und lieferten der Stadt einige Wochen lang Stoff zur Unterhaltung. Eines Nachts, als er eben in sehr aufgeregtem Gemüthszustande mit den Siegeln in der Hand sich in den Palast begeben wollte, wurde er durch Burnet überredet, seine Demission noch um einige Stunden zu verschieben. Einige Tage später wurde Tillotson’s Beredtsamkeit zu dem nämlichen Zwecke angewendet.[133] Drei- oder viermal legte der Earl die Insignien seines Amtes auf den Tisch des königlichen Cabinets und eben so oft ließ er sich durch das freundliche Zureden des Gebieters, dem Unrecht gethan zu haben er sich bewußt war, bewegen, dieselben wieder mit sich zu nehmen. So verzögerte sich sein Rücktritt bis zum letzten Tage vor der Abreise des Königs. Die fortwährende Gemüthsbewegung hatte Shrewsbury ein schleichendes Fieber zugezogen, so daß Bentinck, der noch einen letzten Versuch machen wollte, ihn zur Fortführung seines Amtes zu bewegen, ihn im Bett und zu unwohl fand, um mit ihm sprechen zu können.[134] Die so oft eingereichte Entlassung wurde daher endlich angenommen und einige Monate lang war Nottingham der einzige Staatssekretär.

Der Neunerrath.

Es war keine kleine Vermehrung der Sorgen Wilhelm’s, daß in einem solchen Augenblicke seine Regierung durch diesen XV.72Austritt geschwächt würde. Er that indessen sein Möglichstes mit den ihm noch verbleibenden Kräften und wählte schließlich neun Mitglieder des Geheimen Raths, deren Rathschläge Marie befolgen sollte. Vier davon, Devonshire, Dorset, Monmouth und Eduard Russell, waren Whigs; die übrigen fünf, Caermarthen, Pembroke, Nottingham, Marlborough und Lowther, waren Tories.[135]

Wilhelm beschied die Neun in das Bureau des Staatssekretariats. Als sie hier versammelt waren, trat er mit der Königin ein, ersuchte sie, sich niederzusetzen und richtete einige ernste und gehaltvolle Worte an sie. „Es fehlt ihr an Erfahrung,” sagte er; „aber ich hoffe diesem Mangel abgeholfen zu haben, indem ich Sie zu ihren Rathgebern erwählt. Ich lege mein Königreich in Ihre Hände. Nichts von den äußeren wie von den inneren Angelegenheiten soll vor Ihnen geheim gehalten werden. Ich beschwöre Sie, umsichtig und einig zu sein.”[136] Privatim sagte er seiner Gemahlin, wie er über den Character der Neun dachte, und aus ihren Briefen an ihn läßt sich schließen, daß nur wenige darunter waren, denen er eine hohe Achtung bezeigte. Marlborough sollte ihr Rathgeber in militärischen Angelegenheiten sein und die Truppen in England commandiren. Russell, welcher Admiral der blauen Flagge war und zum Lohn für die Dienste, die er zur Zeit der Revolution geleistet, den einträglichen Posten des Schatzmeisters der Flotte erhalten hatte, eignete sich ganz zu ihrem Rathgeber in allen das Seewesen betreffenden Fragen. Caermarthen aber war ihr als Derjenige bezeichnet, auf den sie sich bei vorkommender Meinungsverschiedenheit hauptsächlich verlassen sollte. Caermarthen’s Scharfblick und Erfahrung waren unbestreitbar; seine Grundsätze waren allerdings locker; aber wenn es eine Person in der Welt gab, von der man annehmen durfte, daß er ihr treu sein werde, so war diese Person Marie. Er war seit langer Zeit ihr specieller Freund und Diener; er hatte sich durch das Zustandebringen ihrer Verbindung mit Wilhelm ihre Gunst in hohem Grade erworben und hatte in der Convention seinen Eifer für ihre Interessen bis zu einem Punkte getrieben, den sie selbst als das rechte Maß überschreitend getadelt hatte. Es war daher aller Grund zu der Hoffnung vorhanden, daß er ihr in dieser kritischen Zeitperiode mit aufrichtiger Ergebenheit dienen werde.[137]

Clarendon’s Verhalten.

Einer ihrer nächsten Verwandten war dagegen einer ihrer bittersten Feinde. Aus den in den Händen der Regierung befindlichen Beweismittel ging unbestreitbar hervor, daß Clarendon in die jakobitischen Insurrectionspläne tief verwickelt war. Die Königin aber wollte durchaus nicht, daß man gegen einen ihrer Verwandten mit Strenge verfuhr, und Wilhelm, der sich erinnerte, welche Bande XV.73sie um seinetwillen zerrissen und welche Vorwürfe sie sich zugezogen hatte, überließ bereitwillig Leben und Freiheit ihres Oheims ihrer persönlichen Fürsprache. Bevor aber der König nach Irland abreiste, sprach er sehr ernsthaft mit Rochester. „Ihr Bruder,” sagte er zu ihm, „hat gegen mich conspirirt. Ich bin dessen gewiß, denn ich habe schriftliche Beweise, die von seiner eignen Hand herrühren. Man drang in mich, ihn nicht mit in die Begnadigungsacte aufzunehmen, aber ich wollte nicht etwas thun, was die Königin tief bekümmert haben würde. Um ihretwillen vergebe ich das Geschehene, aber Mylord Clarendon wird wohl thun in Zukunft vorsichtiger zu sein, sonst wird er erfahren, daß solche Dinge kein Spaß sind.” Rochester theilte Clarendon die Ermahnung mit. Clarendon, der in fortwährender Correspondenz mit Dublin und Saint-Germains stand, betheuerte, daß es sein einziger Wunsch sei, ruhig zu leben, und daß die bestehende Regierung, obwohl er wegen der Eide bedenklich gewesen sei, doch keinen gehorsameren Unterthanen habe als er zu sein sich vorgenommen.[138]

Penn muß Caution erlegen.

Unter den Briefen, welche die Regierung aufgefangen, befand sich auch einer von Jakob an Penn. Dieser Brief war zwar kein legaler Beweis dafür, daß der Adressat sich des Hochverraths schuldig gemacht; aber er erweckte Verdacht, der, wie wir jetzt wissen, wohl begründet war. Penn wurde vor den Geheimen Rath gestellt und verhört. Er sagte sehr richtig, daß er Niemanden hindern könne an ihn zu schreiben und daß er für das was man ihm schreibe, nicht verantwortlich sei. Dagegen gab er auch zu, daß er durch Bande der Dankbarkeit und Zuneigung, die kein Wechsel des Glücks lösen könne, an den vorigen König geknüpft sei. „Ich würde mich freuen, wenn ich ihm in seinen Privatangelegenheiten einen Dienst leisten könnte, aber ich habe eine heilige Pflicht gegen mein Vaterland, und deshalb war ich nie so ehrlos, daß ich nur den Gedanken gehegt hätte, ihn zurückzurufen.” Dies war eine Lüge und Wilhelm wußte das wahrscheinlich. Doch er wollte nicht streng gegen einen Mann verfahren, der viele Ansprüche auf Achtung hatte und der schwerlich ein gefährlicher Verschwörer wurde. Er erklärte sich daher für befriedigt und schlug vor, den Gefangenen von der Anklage zu entbinden. Dagegen remonstrirten jedoch einige Mitglieder des Geheimen Raths und Penn mußte Caution stellen.[139]

Unterredung zwischen Wilhelm und Burnet.

Am Tage vor seiner Abreise ließ Wilhelm Burnet in sein Cabinet kommen und sprach in festem aber wehmüthigem Tone von den Gefahren, welche das Land von allen Seiten bedrohten, von der Heftigkeit der streitenden Parteien und von dem schlechten Geiste, der nur zu viele Mitglieder des Klerus zu beseelen scheine. „Doch ich vertraue auf Gott. Ich will mein Werk durchführen oder darin umkommen. Nur um die arme Königin ist mir bange,” und mit ungewohnter Innigkeit wiederholte er noch einmal: „Die arme Königin!” „Wenn Sie mich lieben,” setzte er hinzu, „so besuchen Sie sie recht oft und helfen Sie ihr wo Sie können. Ich für meine Person würde mich, wenn Eins nicht wäre, darauf freuen, wieder zu Pferde steigen und unter dem Zelte wohnen zu können. Denn ich bin XV.74überzeugt, daß ich mich besser dazu eigne, einen Feldzug zu dirigiren, als Eure Häuser der Lords und Gemeinen zu leiten. Obwohl ich aber weiß, daß ich den Weg der Pflicht gehe, ist es doch hart für meine Frau, daß ihr Vater und ich einander im Felde gegenüberstehen müssen. Gott gebe, daß ihm nichts zustößt. Beten Sie für mich, Doctor.” Burnet entfernte sich tief ergriffen und sprach wahrscheinlich mit nicht gewöhnlicher Inbrunst die Gebete, um die sein Gebieter ihn ersucht hatte.[140]

Wilhelm reist nach Irland ab.

Am folgenden Tage, dem 4. Juni, reiste der König nach Irland ab. Prinz Georg hatte seine Dienste angeboten, hatte sich mit einem großen Kostenaufwande equipirt und erwartete mit Gewißheit, einen Platz im Wagen des Königs zu erhalten. Aber Wilhelm, der sich von der Unterhaltung mit Sr. Königlichen Hoheit wenig Vergnügen oder Nutzen versprach und der selten etwas auf Zuvorkommenheiten gab, wählte Portland zum Reisegesellschafter und schien während dieses ganzen ereignißvollen Feldzuges von der Anwesenheit des Prinzen nicht die geringste Notiz zu nehmen.[141] Wäre Georg sich allein überlassen gewesen, so würde er die Kränkung schwerlich bemerkt haben. Aber wenn auch er selbst zu stumpfsinnig war, um so etwas zu fühlen, so fühlte seine Gemahlin für ihn, und ihr Haß wurde durch Unheilstifter von nicht gewöhnlicher Geschicklichkeit fortwährend angeschürt. Bei dieser, wie bei mancher andren Gelegenheit erwiesen sich die Mängel von Wilhelm’s Character als sehr nachtheilig für die hochwichtigen Interessen, die er zu wahren hatte. Seine Regierung würde viel glücklicher gewesen sein, wenn er neben seinem Muthe, seiner Capacität und seiner Seelengröße ein wenig von der ungezwungenen Heiterkeit und Courtoisie seines Oheims Karl besessen hätte.

Am vierten Tage traf der König in Chester ein, wo eine Flotte von Transportschiffen das Zeichen zum Absegeln erwartete. Am 11. Juni schiffte er sich ein und wurde von einem Geschwader von Kriegsschiffen unter den Befehlen Sir Cloudesley Shovel’s über den St. Georgskanal begleitet.[142]

Crone’s Prozeß.

Der Monat, welcher auf Wilhelm’s Abreise von London folgte, war einer der ereignißreichsten und angstvollsten in der ganzen Geschichte England’s. Wenige Stunden nachdem er aufgebrochen, wurde Crone vor die Schranke der Old Bailey gestellt. Eine große Anzahl Richter saß auf der Bank. Fuller hatte sich wieder hinreichend erholt, um vor Gericht erscheinen zu können, und der Prozeß begann. Die Jakobiten waren unermüdlich in ihren Anstrengungen gewesen, die politische Meinung der Personen zu ermitteln, deren Namen auf der Geschwornenliste standen. Es wurden so viele verworfen, daß es einige Mühe machte, die erforderliche Zahl von zwölfen zusammenzubringen, und unter diesen zwölf war nur einer, auf den die Mißvergnügten sich verlassen zu können glaubten. Sie irrten sich darin auch nicht ganz, denn dieser Mann hielt sich gegen seine elf Collegen die ganze Nacht und XV.75den halben folgenden Tag, und er würde sie wahrscheinlich durch Hunger zum Nachgeben gezwungen haben, wäre nicht Mrs. Clifford, die mit ihm im Einverständniß war, dabei betroffen worden, wie sie ihm Confect durch das Fenster zuwarf. Da er nichts mehr zu essen bekam, gab er nach und es erfolgte das Verdict Schuldig, das angeblich zweien von den Geschwornen das Leben gekostet haben soll. Es wurde nun sofort auf Sistirung des Urtheils angetragen, und zwar auf den Grund hin, weil ein auf der Rückseite der Anklageschrift stehendes lateinisches Wort unrichtig geschrieben war. Dies war allerdings ein nichtssagender Einwand. Jeffreys würde denselben ohne weiteres durch einen Strom von Flüchen verworfen haben und zu dem angenehmsten Theile seiner Amtspflicht übergegangen sein: dem Gefangenen die ganze Procedur des Halbhängens, Ausweidens, Verstümmelns und Viertheilens zu beschreiben. Aber Holt und seine Collegen erinnerten sich, daß sie jetzt zum ersten Male seit der Revolution einen des Hochverraths Angeklagten aburtheilten. Es war daher nöthig, in einer nicht mißzuverstehenden Weise zu zeigen, daß eine neue Aera begonnen hatte und daß die Tribunale in Zukunft eher auf Seite der Humanität irren als das Beispiel der grausamen Eile und Leichtfertigkeit nachahmen würden, womit Cornish, als er vor Gericht um sein Leben kämpfte, von servilen Richtern zum Schweigen gebracht wurde. Die Verkündigung des Urtels wurde daher aufgeschoben, es wurde ein Tag zur Erwägung des von Crone erhobenen Einwandes festgesetzt und der Anwalt des Angeklagten bedeutet, seine Beschwerde einzureichen. „Dies würde unter keiner der beiden letzten Regierungen geschehen sein, Mr. Crone,” sagte der Lord Oberrichter mit bedeutungsvoller Miene. Nach vollständiger Anhörung der Betheiligten erklärten die Richter einstimmig den Schreibfehler für unwesentlich, und der Gefangene wurde zum Tode verurtheilt. Er erkannte an, daß sein Prozeß unparteiisch geführt worden sei, dankte den Richtern für ihre Geduld und bat sie, sich bei der Königin für ihn zu verwenden.[143]

Er wurde bald benachrichtigt, daß sein Schicksal in seiner Hand liege. Die Regierung war geneigt, ihn zu begnadigen, wenn er sich dessen durch ein unumwundenes Geständniß würdig machen wollte. Der Kampf in seinem Innern war furchtbar und zweifelhaft. Einmal berichtete Mrs. Clifford, welche Zutritt in seine Zelle hatte, den jakobitischen Oberhäuptern, daß er in großer Seelenangst sei. Er könne nicht sterben, sollte er gesagt haben, er sei zu jung, um ein Märtyrer zu werden.[144] Am nächsten Morgen fand sie ihn heiter und entschlossen.[145] Er hielt sich bis zum Vorabende des zu seiner Hinrichtung festgesetzten Tages; da ließ er endlich um eine Unterredung mit dem Staatssekretär bitten. Nottingham begab sich nach Newgate; aber noch ehe er daselbst ankam, war Crone schon wieder andren Sinnes geworden und entschlossen nichts zu sagen. „Dann,” sagte Nottingham, „sehe ich Sie nicht wieder; denn der morgende Tag ist ganz bestimmt Ihr letzter.” Nachdem jedoch Nottingham sich entfernt hatte, kam Monmouth in’s Gefängniß, und er schmeichelteXV.76 sich, den Entschluß des Gefangenen erschüttert zu haben. Spät in dieser Nacht kam der Befehl, die Execution um acht Tage zu verschieben.[146] Die Woche verging jedoch, ohne daß der Gefangene Enthüllungen machte; der Galgen und der Block zum Viertheilen waren in Tyburn bereit, Strang und Beil harrten am Thore von Newgate, ganz Holborn Hill und die Straße nach Oxford waren mit Schaulustigen bedeckt: da brachte ein Bote einen neuen Aufschub, und Crone wurde, anstatt nach dem Richtplatze geschleift zu werden, in das Berathungszimmer nach Whitehall gebracht. Seine Standhaftigkeit war endlich durch die nahe Aussicht auf den Tod besiegt worden, und er gab bei dieser Gelegenheit wichtige Aufschlüsse.[147]

Gefahr einer Invasion und Insurrection. Tourville’s Flotte im Kanal.

Solcher Enthüllungen wie er sie zu geben vermochte, bedurfte man allerdings in diesem Augenblicke sehr dringend, denn man erwartete stündlich eine Invasion und einen Aufstand.[148] Wilhelm war kaum von London abgereist, als eine große französische Flotte unter den Befehlen des Grafen von Tourville den Hafen von Brest verließ und in den britischen Kanal einlief. Tourville war der beste Marinecommandeur, den sein Vaterland damals besaß. Er hatte alle Zweige seines Berufs studirt. Man sagte von ihm, daß er befähigt sei, jeden Posten an Bord auszufüllen, vom Schiffszimmermann bis hinauf zum Admiral, sowie auch daß er mit dem unerschrockenen Muthe eines Seemannes die Liebenswürdigkeit und Artigkeit eines vollendeten Cavaliers verbinde.[149] Er segelte jetzt nach der englischen Küste und kam derselben so nahe, daß seine Schiffe auf den Wällen von Plymouth deutlich gesehen werden konnten. Von Plymouth steuerte er langsam die Küste von Devonshire und Dorsetshire entlang, und man hatte starken Grund zu der Befürchtung, daß seine Bewegungen mit den englischen Mißvergnügten verabredet waren.[150]

Die Königin und ihr Cabinetsrath beeilten sich Maßregeln zur Vertheidigung des Landes gegen fremde wie einheimische Feinde zu treffen. Torrington übernahm das Kommando der in den Dünen liegenden Flotte und segelte nach St. Helen, wo er sich mit einem holländischen Geschwader unter Evertsen’s Commando vereinigte. Es hatte den Anschein als würden die Klippen der Insel Wight Zeugen eines der größten Seetreffen werden, von denen uns die Geschichte erzählt. Hundertfunfzig Linienschiffe konnten auf dem Wachtthurme von St. Catharine gezählt werden. Oestlich von der westlichen Küstenwand von Black Gang Chine und im Angesicht der reich bewaldeten Felsen von St. Lawrence und Ventnor war die vereinigte Seemacht England’s und Holland’s aufgestellt. Westlich bis zu dem weißen Vorgebirge, wo die Wogen zwischen den Nadeln brausen, lag die französische Flotte.

Verhaftung verdächtiger Personen.

Es war am 26. Juni, noch nicht vierzehn Tage nachdem Wilhelm nach Irland abgesegelt XV.77war, als die feindlichen Flotten diese Stellungen einnahmen. Wenige Stunden vorher war in Whitehall eine wichtige und angstvolle Sitzung des Geheimen Raths gehalten worden. Die mit Frankreich verbündeten Mißvergnügten waren wachsam und voll der besten Hoffnung. Marie hatte auf ihrer Spazierfahrt bemerkt, daß es in Hydepark von ihnen wimmelte. Der ganze Staatsrath war der Meinung, daß es nothwendig sei, einige Personen, von deren Schuld die Regierung Beweise habe, zu verhaften. Als Clarendon genannt wurde, sprach sein Freund und Verwandter, Sir Heinrich Capel, einige Worte zu seinen Gunsten. Die anderen Räthe stutzten, blieben aber still, denn es war keine angenehme Aufgabe, einen Verwandten der Königin in ihrer Anwesenheit anzuklagen. Marie hatte bisher in den Sitzungen des Geheimen Raths kaum ein Mal den Mund geöffnet; jetzt aber, wo sie klare Beweise von der Verrätherei ihres Oheims von seiner eignen Hand besaß und wußte, daß nur die Achtung vor ihrer Person ihre Rathgeber abhielt, etwas zu beantragen, was das öffentliche Wohl erheischte, brach sie ihr Stillschweigen. „Sir Henry,” sagte sie, „ich weiß, und jeder der hier anwesenden weiß so gut wie ich, daß zuviel gegen Mylord Clarendon vorliegt, als daß man ihn frei ausgehen lassen könnte.” Der Verhaftsbefehl wurde aufgesetzt und Capel unterzeichnete ihn wie alle Uebrigen. „Ich bin besorgter um Lord Clarendon,” schrieb Marie an ihren Gemahl, „als man vielleicht glaubt.” Noch denselben Abend wurden Clarendon und mehrere andere angesehene Jakobiten im Tower einquartiert.[151]

Torrington erhält Befehl, Tourville eine Schlacht zu liefern.

Als der Geheimerath seine Sitzung aufgehoben, hatte die Königin mit dem Neunerrath eine Frage von größter Wichtigkeit zu erwägen. Welche Befehle sollten Torrington übersandt werden? Das Wohl des Staats konnte von seinem Urtheil und von seiner Geistesgegenwart abhängen, und einige von Mariens Rathgebern fürchteten, daß er der Situation nicht gewachsen sei. Ihre Besorgniß nahm zu, als die Nachricht kam, daß er die Küste der Insel Wight den Franzosen preisgegeben habe und sich vor ihnen in der Richtung der Meerenge von Dover zurückziehe. Der scharfsichtige Caermarthen und der unternehmende Monmouth tadelten übereinstimmend diese Vorsichtstaktik. Torrington hatte zwar nicht so viele Schiffe als Tourville, aber Caermarthen war der Ansicht, daß es in einem solchen Augenblicke rathsam sei selbst gegen eine Uebermacht zu kämpfen, und Monmouth war während seines ganzen Lebens dafür, zu jeder Zeit und gegen jede Uebermacht zu kämpfen. Russell, der unbestreitbar einer der besten Seeleute seines Jahrhunderts war, meinte, die Ungleichheit der Zahlen sei nicht so groß, um einem Offizier, der englische und holländische Marinesoldaten befehligte, Besorgniß einzuflößen. Er schlug deshalb vor, dem Admiral einen Verweis zukommen zu lassen, der in so nachdrücklichen Worten abgefaßt war, daß die Königin sich nicht entschließen konnte, ihn zu unterschreiben. Die Ausdrücke wurden zwar bedeutend gemildert, in der Hauptsache aber wurde Russell’s Rath befolgt. Torrington erhielt bestimmten Befehl, sich nicht weiter zurückzuziehen und unverweilt eine Schlacht zu liefern. Devonshire war damit noch nicht XV.78zufriedengestellt. „Es ist meine Pflicht, Madame,” sagte er, „Ihrer Majestät unverhohlen zu sagen, wie ich über eine Angelegenheit von solcher Wichtigkeit denke, und ich denke, daß Mylord Torrington nicht der Mann ist, in dessen Hände man das Geschick dreier Königreiche legen kann.” Devonshire hatte Recht; aber seine Collegen waren einstimmig der Meinung, daß es sehr gefährlich sein würde, einen Befehlshaber Angesichts des Feindes und am Vorabend einer allgemeinen Schlacht abzusetzen, und man kann schwerlich sagen, daß sie Unrecht hatten. „Sie müssen ihn entweder lassen wo er ist,” sagte Russell, „oder ihn als Gefangenen zurückholen lassen.” Es wurden mehrere Auswege angedeutet. Caermarthen schlug vor, Russell zur Unterstützung Torrington’s abzusenden. Monmouth bat dringend um die Erlaubniß, zur Flotte abgehen zu dürfen, gleichviel in welcher Eigenschaft, als Kapitain oder als Freiwilliger. „Lassen Sie mich nur erst an Bord sein,” sagte er, „und ich setze meinen Kopf zum Pfande, daß es zur Schlacht kommt.” Nach langem Hin- und Herreden und Zaudern wurde beschlossen, daß Russell und Monmouth nach der Küste abgehen sollten.[152] Sie reisten ab, aber es war zu spät. Die Depesche welche Torrington befahl zu kämpfen, war ihnen vorausgeeilt. Er erhielt dieselbe, als er sich auf der Höhe von Beachy Head befand. Nachdem er sie gelesen, war er in großer Verlegenheit. Lieferte er keine Schlacht, so machte er sich eines directen Ungehorsams schuldig. Lieferte er eine Schlacht, so lief er seiner Ansicht nach große Gefahr, geschlagen zu werden. Er vermuthete wahrscheinlich, — denn er war argwöhnischen und neidischen Characters, — daß die Instructionen, die ihn in ein so peinliches Dilemma brachten, von Feinden und Nebenbuhlern in der Absicht entworfen waren, seinem Glücke und seinem Rufe zu schaden. Besonders erbitterte ihn der Gedanke, daß er sich von Russell hofmeistern lassen sollte, der ihm im Range nachstand, gleichwohl aber als Mitglied des Neunerraths eine Oberaufsicht über alle Zweige des öffentlichen Dienstes ausübte. Es scheint kein Grund vorhanden, Torrington des Mangels an gutem Willen zu beschuldigen, und noch weniger kann man annehmen, daß es einem Offizier, der sein ganzes Leben unter Gefahren hingebracht und der sich stets tapfer benommen, an dem persönlichen Muthe gefehlt haben sollte, den Hunderte von Matrosen auf jedem von ihm befehligten Schiffe besaßen. Aber es giebt einen höheren Muth, der Torrington gänzlich abging. Er scheute jede Verantwortlichkeit, die Verantwortlichkeit des Kämpfens wie die Verantwortlichkeit des Nichtkämpfens, und es gelang ihm, einen Mittelweg zu finden, der alle Nachtheile, denen er ausweichen wollte, in sich vereinigte. Er wollte dem Buchstaben seiner Instructionen nachkommen, wollte aber nicht Alles aufs Spiel setzen. Einige von seinen Schiffen sollten mit dem Feinde scharmützeln, die Hauptmacht seiner Flotte aber sollte nicht gefährdet werden. Es lag auf der Hand, daß die Schiffe, welche mit den Franzosen anbanden, in eine höchst gefährliche Situation kommen mußten und große Verluste zu erwarten hatten, und man hat nur zu guten Grund zu glauben, daß Torrington schändlich genug war, seine Anordnungen so zu treffen, daß Gefahr und Verlust fast ausschließlich auf die Holländer fielen. Er konnte sie nicht leiden und sie waren in England so unpopulär, daß die Vernichtung ihres XV.79ganzen Geschwaders sehr wahrscheinlich geringeres Murren erregt haben würde als die Wegnahme einer von unseren eigenen Fregatten.

Schlacht bei Beachy Head.

Es war am 29. Juni, als der Admiral den Befehl zum Losschlagen erhielt. Am folgenden Tage, um vier Uhr Morgens rückte er gegen die französische Flotte vor und formirte seine Schiffe in Schlachtordnung. Er hatte keine sechzig Linienschiffe, während die Franzosen deren mindestens achtzig hatten, aber seine Schiffe waren stärker bemannt als die des Feindes. Er placirte die Holländer ins Vordertreffen und gab ihnen das Zeichen zur Eröffnung des Feuers. Diesem Befehl wurde prompt Folge geleistet und Evertsen und seine Landsleute kämpften mit einem Muthe, dem sowohl ihre englischen Verbündeten wie ihre französischen Feinde trotz nationaler Vorurtheile volle Gerechtigkeit widerfahren ließen. In keiner der Schlachten Van Tromp’s oder De Ruyter’s war die Ehre der batavischen Flagge glänzender behauptet worden. Mehrere Stunden lang hielt das Vordertreffen den ungleichen Kampf mit sehr geringer Unterstützung von Seiten irgend eines andren Theiles der Flotte aus, bis endlich der holländische Admiral sich zurück zog, dem Feinde einen zerschossenen und entmasteten Rumpf überlassend. Sein Nächster im Commando und mehrere hohe Offiziere waren gefallen. Nach diesem unglücklichen und schimpflichen Gefecht war es unmöglich, die See gegen die Franzosen zu behaupten. Die holländischen Schiffe, welche aus dem Treffen zurückkehrten, waren in einem kläglichen Zustande. Torrington ließ einige derselben zerstören, nahm die übrigen ins Schlepptau und floh dann die Küste von Kent entlang, um in der Themse eine Zuflucht zu suchen. Sobald er im Flusse war, ließ er alle Bojen entfernen und machte dadurch die Schifffahrt so gefährlich, daß die Verfolger es nicht wagen durften ihm nachzukommen.[153]

Viele und insbesondere die französischen Minister, waren jedoch der Meinung, daß die alliirte Flotte hätte vernichtet werden können, wenn Tourville unternehmender gewesen wäre. Er scheint in einem Punkte nur zu große Aehnlichkeit mit seinem besiegten Gegner gehabt zu haben. Obwohl persönlich tapfer, war er doch ein ängstlicher Commandeur. Sein Leben setzte er mit sorgloser Heiterkeit aufs Spiel, aber man sagte er sei krankhaft ängstlich und kindisch vorsichtig, wenn sein Ruf als Seemann gefährdet sei. Diese Vorwürfe verdrossen ihn so sehr, daß er zum Unglück für sein Vaterland bald bis zur Verwegenheit kühn wurde.[154]

XV.80Aufregung in London.

London hat kaum jemals einen so traurigen Tag erlebt als den, an welchem die Nachricht von der Schlacht bei Beachy Head eintraf. Die Schande war unerträglich und die Gefahr drohend. Wie, wenn der siegreiche Feind das that was De Ruyter gethan hatte? Wie, wenn die Seemagazine von Chatham wieder zerstört wurden? Wie, wenn der Tower selbst bombardirt werden sollte? Wie, wenn der große Wald von Masten und Raaen unterhalb der Londonbrücke in Flammen aufging?

Schlacht bei Fleurus.

Und dies war noch nicht Alles. Auch aus den Niederlanden waren so eben schlimme Nachrichten eingelaufen. Die verbündeten Truppen unter Waldeck hatten in der Nähe von Fleurus die Franzosen unter den Befehlen des Herzogs von Luxemburg angegriffen. Man hatte lange und heftig um die Palme des Siegs gestritten; doch endlich hatte die Geschicklichkeit des französischen Generals und die ungestüme Tapferkeit der französischen Cavallerie die Oberhand behalten.[155] So war zu gleicher Zeit die Armee Ludwig’s in Flandern siegreich und seine Flotte im unbestrittenen Besitz des Kanals. Der Marschall Humieres lag mit einer ansehnlichen Streitmacht nicht weit von der Meerenge von Dover. Es war ausgesprengt worden, daß er im Begriff stehe, sich mit Luxemburg zu verbinden. Die Mittheilungen aber, welche die englische Regierung von geschickten Militärs in den Niederlanden und von Spionen unter den Jakobiten erhielt und die einem so großen Meister in der Kriegskunst wie Marlborough ernster Beachtung werth schienen, lauteten dahin, daß die Armee Humieres’ unverzüglich nach Dünkirchen marschiren und dort von der Flotte Tourville’s an Bord genommen werden würde.[156] Zwischen der Küste von Artois und der Nore durfte kein einzelnes Schiff, das das rothe Kreuz des Heiligen Georg in seiner Flagge führte, sich zu zeigen wagen. Die Einschiffung konnte binnen wenigen Stunden bewerkstelligt sein und ein paar weitere Stunden genügten zur Ueberfahrt. So konnte London jeden Augenblick durch die Nachricht erschreckt werden, daß dreißigtausend französische Veteranen in Kent gelandet seien und daß die Jakobiten der Hälfte der Grafschaften des Königreichs unter den Waffen ständen. Sämmtliche reguläre Truppen, welche zur Vertheidigung der Insel ausgebracht werden konnten, beliefen sich auf nicht mehr als zehntausend Mann. Es darf bezweifelt werden, ob unser Vaterland jemals eine beunruhigendere Krisis durchgemacht hat als die der ersten Juliwoche des Jahres 1690.

Geist der Nation.

Doch das Uebel brachte sein Heilmittel selbst mit sich. Der kannte England schlecht, der da glaubte, daß es zu gleicher Zeit von einem Aufstande und von einer Invasion bedroht sein könnte, denn die Gefahr einer Invasion war eigentlich die beste Sicherheit gegen die Gefahr eines Aufstandes. Die Sache Jakob’s war die Sache Frankreich’s und obgleich in den Augen flüchtiger Beobachter die französische Allianz seine Hauptstütze zu sein schien, so war sie doch in Wirklichkeit gerade das Hinderniß, das seine Restauration unmöglich machte. In dem Patriotismus, dem nur zu oft unfreundlichen und ungeselligen PatriotismusXV.81 unserer Vorfahren lag zu gleicher Zeit das Geheimniß von Wilhelm’s Schwäche und von seiner Stärke. Sie waren eifersüchtig auf seine Liebe zu Holland, aber sie sympathisirten aufrichtig mit seinem Hasse gegen Ludwig. Ihrem starken Nationalgefühle müssen fast alle die kleinen Widerwärtigkeiten zugeschrieben werden, welche den Thron des Befreiers von seinem Regierungsantritte bis zu seinem Tode zu einem so unbehaglichen Sitze machten. Dem nämlichen Gefühle aber ist es auch zuzuschreiben, daß sein Thron, obgleich fortwährend bedroht und oft erschüttert, doch niemals umgestürzt wurde. Denn so sehr auch sein Volk seine fremden Günstlinge haßte, seine fremden Feinde haßte es noch mehr. Die Holländer waren Protestanten, die Franzosen waren Papisten; die Holländer wurden als selbstsüchtige, habgierige, übermüthige Alliirte betrachtet, die Franzosen waren Todfeinde. Das Schlimmste was von den Holländern zu befürchten stand, war, daß sie einen zu großen Antheil an dem Patronat der Krone erlangen, daß sie einen zu großen Theil der Kriegslasten auf uns wälzen, daß sie auf unsere Kosten commercielle Vortheile erlangen konnten. Die Franzosen aber konnten uns besiegen; die Franzosen konnten uns zu Sklaven machen; die Franzosen konnten Drangsale über uns bringen gleich denen, welche die schönen Gefilde und Städte der Pfalz in eine Wüste verwandelt hatten. Es konnte den Hopfenpflanzungen von Kent ergehen wie es den Weinbergen am Neckar ergangen war. Die High Street von Oxford und der Domplatz von Salisbury konnten mit Trümmern bedeckt werden wie die, welche die Stätten bedeckten, wo einst die Paläste und Kirchen Heidelberg’s und Mannheim’s gestanden hatten. Das von dem alten Kirchthurm beschattete Pfarrhaus, die zwischen Bienenkörben und blühenden Apfelbäumen hervorblickende Pächterwohnung, das von hohen Ulmen umgebene gutsherrliche Schloß konnten einer Soldateska preisgegeben werden, die von Mitleid gegen gebrechliche Greise, gegen zarte Frauen und gegen Säuglinge nichts wußte. Die Worte: „Die Franzosen kommen!” unterdrückten sofort alles Murren über Abgaben und Mißbräuche, über Wilhelm’s unfreundliches Wesen und Portland’s einträgliche Stellen, und erweckten einen eben so hohen und unbesiegbaren Muth, wie er hundert Jahre früher die Reihen beseelte, welche Elisabeth bei Tilbury musterte. Wäre die Armee Humieres’ gelandet, so würde ihr sicherlich fast jedes männliche Individuum, das fähig war, die Waffen zu tragen, entgegengetreten sein. Nicht nur die Gewehre und Piken, sondern auch die Sensen und Heugabeln würden noch nicht hingereicht haben für die Hunderttausende, die sich, jeden Glaubens- und Parteiunterschied vergessend, wie ein Mann erhoben haben würden, um den englischen Boden zu vertheidigen.

Die unmittelbare Folge der Niederlagen im Kanal und in Flandern war daher, daß sich die große Masse des Volks für einen Augenblick fest zusammenschaarte. Die nationale Abneigung gegen die Holländer schien suspendirt zu sein. Ihr tapferes Benehmen bei Beachy Head fand lauten Beifall und Torrington’s Unthätigkeit wurde laut getadelt. London ging mit dem Beispiele der Einigkeit und Kraftäußerung voran, die durch die letzte Wahl hervorgerufene Gereiztheit legte sich plötzlich, alle Parteiunterschiede schwanden. Der Lordmayor wurde zur Königin beschieden. Sie ersuchte ihn so bald als möglich zu ermitteln, was die Hauptstadt thun würde, wenn der Feind es wagen sollte, eine Landung zu unternehmen. Er rief die Vertreter der Stadtviertel zusammen, besprach sich mit ihnenXV.82 und kehrte nach Whitehall zurück, um zu berichten, daß sie sich einmüthig verpflichtet hätten, mit Gut und Blut der Regierung beizustehen, daß hunderttausend Pfund bereit lägen, um in die Schatzkammer eingezahlt zu werden, daß zehntausend wohlbewaffnete und ausgerüstete Londoner bereit seien, jeden Augenblick zu marschiren und daß ein Verstärkungsheer von sechs Infanterieregimentern, einem starken Reiterregiment und tausend Dragonern augenblicklich ausgehoben werden würde, ohne daß es der Krone einen Farthing kosten sollte. Von Ihrer Majestät verlange die Stadt nichts weiter, als daß sie geruhen möge, diese Truppen unter die Befehle von Offizieren zu stellen, auf die sie sich verlassen könne. Der nämliche Geist zeigte sich in allen anderen Theilen des Landes. Obgleich in den südlichen Grafschaften die Ernte bevorstand, eilten die Landleute mit ungewöhnlicher Freudigkeit zu den Sammelplätzen der Miliz. Die jakobitischen Landgentlemen, welche seit mehreren Monaten Vorbereitungen zu der allgemeinen Erhebung trafen, welche stattfinden sollte, sobald Wilhelm abgereist und Beistand aus Frankreich angelangt sein würde, verbrannten jetzt, da Wilhelm gegangen war und eine französische Invasion stündlich erwartet wurde, ihre von Jakob unterzeichneten Offizierspatente und versteckten ihre Waffen in verborgenen Wandschränken oder in Heuschobern. Die Jakobiten in den Städten wurden insultirt wo sie sich blicken ließen und mußten sich vor dem erbitterten Pöbel in ihre Häuser einschließen.[157]

Verhalten Shrewsbury’s.

Nichts ist für Diejenigen, welche gern die Falten des menschlichen Herzens studiren, interessanter als die Wirkung, welche die öffentliche Gefahr auf Shrewsbury hervorbrachte. Einen Augenblick war er wieder der Shrewsbury von 1688. Sein Character war, obwohl beklagenswerth unbeständig, doch nicht unedel, und der Gedanke, daß er durch entschlossenes Vorangehen in der Vertheidigung seines Vaterlandes in so gefahrvoller Krisis seinen großen Fehler wieder gut machen und sich wieder Achtung erwerben könne, verlieh seinem Körper und seinem Geiste neue Energie. Er hatte sich nach Epsom zurückgezogen, in der Hoffnung daß Ruhe und reine Luft einen heilsamen Einfluß auf seine erschütterte Gesundheit und auf seinen geschwächten Geist ausüben werde. Aber wenige Stunden nach dem Eintreffen der Nachricht von der Schlacht bei Beachy Head war er in Whitehall und bot der Königin seine Börse und seinen Degen an. Man hatte die Idee gehabt, die Flotte unter den Oberbefehl eines vornehmen Edelmanns zu stellen, dem zwei erfahrene Seeoffiziere als Rathgeber beigegeben werden sollten. Shrewsbury bat darum, daß er ernannt werden möchte, wenn ein solches Arrangement zu Stande käme. Das Interesse und die Ehre jedes Bewohners des Königreichs, sagte er, sei dabei betheiligt, den Feind nicht siegreich im Kanale umherfahren zu lassen, und er werde freudig sein Leben wagen, um den verlornen Ruhm der englischen Flagge wiederherzustellen.[158]

Sein Anerbieten wurde nicht angenommen. Ueberhaupt wurde der Plan, das Commando der Seemacht zwischen einem vornehmen Manne, XV.83der die Striche des Compasses nicht kannte, und zwei wettergebräunten alten Seeleuten, die vom Kajütenjungen bis zum Admiralsrange emporgestiegen waren, wohlweislich bei Seite gelegt. Dagegen wurden energische Anstrengungen gemacht, um die verbündeten Geschwader zum Dienste auszurüsten, und nichts unterlassen, was den natürlichen Groll der Holländer besänftigen konnte. Die Königin schickte ein Mitglied des Geheimen Raths mit einer speciellen Mission an die Generalstaaten ab. Er war der Ueberbringer eines Schreibens, in welchem sie den Muth von Evertsen’s tapferem Geschwader lobte. Sie versicherte ihnen, daß ihre Schiffe auf den englischen Werften ausgebessert und daß die verwundeten Holländer eben so sorgsam verpflegt werden sollten wie verwundete Engländer. Es wurde angekündigt, daß eine strenge Untersuchung der Ursachen der letzten Niederlage eingeleitet werden solle, und Torrington, der sich in der That damals nicht öffentlich hätte zeigen dürfen, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen wollte, in Stücken zerrissen zu werden, wurde in den Tower geschickt.[159]

Während der ersten drei Tage nach dem Eintreffen der Unglücksbotschaften von Beachy Head hatte London ein unheimliches und aufgeregtes Aussehen. Am vierten Tage aber war Alles verändert. Die Glocken läuteten, Flaggen wurden aufgezogen, in die Fenster wurden Lichter zu einer Illumination bereit gestellt, und die Leute in den Straßen schüttelten einander freudig die Hände. Es war an diesem Morgen ein Courier mit wichtigen Nachrichten aus Irland angekommen.

Fußnoten.

[1] „Halifax a eu une reprimande sévère publiquement dans le conseil par le Prince d’Orange pour avoir trop balancé.” — Avaux an De Croissy, Dublin, 16. (26.) Juni 1689. „Sein quecksilberartiger Geist,” sagt Burnet, II. 4., „vertrug sich nicht gut mit dem Phlegma des Königs.”

[2] Clarendon’s Diary, Oct. 10. 1689; Lords’ Journals, Oct. 19. 1689.

[3] Commons’ Journals, Oct. 24. 1689.

[4] Commons’ Journals, Nov. 2. 1689.

[5] Commons’ Journals Nov. 7. 19., Dec. 30. 1689. Es war damals Regel des Hauses, daß keine Petition gegen die Auflegung einer Steuer angenommen werden durfte. Diese Regel wurde nach einem sehr harten Kampf im Jahre 1842 aufgehoben. Die Petition der Juden wurde nicht angenommen und ist in den Protokollen nicht erwähnt. Etwas aber erfährt man darüber in N. Luttrell’s Diary und in Grey’s Debates unterm 19. Nov. 1689.

[6] Jakob sagt in der nämlichen Schrift, in der er zu beweisen versuchte, daß der Papst der Antichrist sei: „Ich für meine Person würde, wenn dies jetzt noch ein fraglicher Punkt wäre, von ganzem Herzen darein willigen, daß der Bischof von Rom den ersten Sitz habe.” Jakob schrieb einen interessanten Brief über diesen Gegenstand an Karl und Buckingham, als sie in Spanien waren. Heylyn sagt, als er von Laud’s Unterhandlung mit Rom spricht: „So daß also der Papst sich bei uns in England mit einer Priorität anstatt einer Superiorität über die Bischöfe, und mit einem Primat anstatt einem Supremat in denjenigen Theilen des Christenthums begnügen sollte, welche meiner Ansicht nach kein Mann von Bildung und Mäßigung ihm zuzugestehen sich gesträubt haben würde.”

[7] Stat. 1 W. & M. sess. 2. c. 2.

[8] Treasury Minute Book, Nov. 3. 1689.

[9] Commons’ Journals und Grey’s Debates, Nov. 13. 14. 18. 19. 23. 28. 1689.

[10] Commons’ Journals und Grey’s Debates, Nov. 26. 27. 1689.

[11] Commons’ Journals, Nov. 28., Dec. 2. 1689.

[12] Commons’ Journals und Grey’s Debates, Nov. 30., Dec. 2. 1689.

[13] London Gazette, Sept. 2. 1689.; Observations upon Mr. Walker’s Account of the Siege of Londonderry, licensed Oct. 4. 1689; Narcissus Luttrell’s Diary; Mr. J. Mackenzie’s Narrative a False Libel, a Defence of Mr. G. Walker written by his Friend in his Absence, 1690.

[14] Walker’s True Account, 1689; An Apology for the Failures charged on the True Account, 1689; Reflections on the Apology, 1689; A Vindication of the True Account by Walker, 1689; Mackenzie’s Narrative, 1690; Mr. Mackenzie’s Narrative a False Libel, 1690; Dr. Walker’s Invisible Champion foyled by Mackenzie, 1690; Welwood’s Mercurius Reformatus, Dec. 4. 11. 1689. Der oxforder Herausgeber von Burnet’s Geschichte äußert sein Erstaunen über das Stillschweigen, das der Bischof in Bezug auf Walker beobachtet. In dem Burnet’schen Manuscript, Harl. 6584. befindet sich eine warme Lobrede auf Walker. Warum diese nicht in der Geschichte vorkommt, vermag ich nicht zu sagen.

[15] Commons’ Journals Nov. 18. 19. 1689 und Grey’s Debates.

[16] Wade’s Confession, Harl. MS. 6845.

[17] Siehe die Vorrede zur ersten Ausgabe seiner Memoiren, Vevay, 1698.

[18] „Oberst Ludlow, ein alter Oliverianer und einer von den Richtern Karl’s I., ist kürzlich aus der Schweiz in diesem Königreiche angelangt.” Narcissus Luttrell’s Diary, Septbr. 1689.

[19] Third Caveat against the Whigs, 1702.

[20] Commons’ Journals Nov. 6. 8. 1689.; Grey’s Debates; London Gazette, Nov. 18.

[21] „Omnia solum forti patria, quia patris.” Siehe Addison’s Travels. Es ist ein bemerkenswerther Umstand, daß Addison, obgleich ein Whig, von Ludlow in einem Tone spricht, der sich besser für einen Tory geziemt haben würde, und über die Inschrift als scheinheiliges Geschwätz spottet.

[22] Commons’ Journals, Nov. 1. 7. 1689.

[23] Roger North’s Life of Dudley North.

[24] Commons’ Journals, Oct. 26. 1689.

[25] Lords’ Journals, Oct. 26, 27. 1689.

[26] Commons’ Journals Oct. 26. 1689.

[27] Commons’ Journals, Oct. 26. 1689; Wood’s Athenae Oxonienses; Dodd’s Church History VIII. II. 3.

[28] Commons’ Journals, Oct 28. 1689; die Prozeßverhandlungen findet man in der Collection of State Trials.

[29] Lords Journals, Nov. 2. 6. 1689.

[30] Lords’ Journals, Dec. 20. 1689; Life of Dudley North.

[31] Der Bericht befindet sich in den Protokollen der Lords vom 20. Dec. 1689. Hampden’s Vernehmung fand am 18. Nov. statt.

[32] Dies geht meiner Ansicht nach klar hervor aus einem Briefe von Lady Montague an Lady Russell, datirt vom 23. Dec. 1689, drei Tage nach der Berichterstattung des Mordausschusses.

[33] Commons’ Journals, Dec. 14. 1689; Grey’s Debates; Boyer’s Life of William.

[34] Commons’ Journals, Dec. 21; Grey’s Debates; Oldmixon.

[35] Commons’ Journals, Jan. 2. 1689/90.

[36] So müssen, wie ich glaube, einige bedeutsame Worte in einem Briefe verstanden werden, den Wilhelm den Tag nach Sacheverell’s kühnem und unerwarteten Antrage an Portland schrieb. Wilhelm berechnet die Summe der Geldbewilligungen und sagt dann: „S’il n’y mettent des conditions que vous savez, c’est une bonne affaire: mais les Wigges sont si glorieux d’avoir vaincu qu’ils entreprendront tout.”

[37] „Da die Autorität des Präsidentenstuhls, die Achtung und Ehrfurcht vor der Ordnung und das geziemende Verfahren bei der Debatte durch das ordnungswidrige und tumultuarische Benehmen des Hauses unwiederbringlich verloren sind.” Sir J. Trevor an den König, im Anhange zu Dalrymple’s Memoiren, II. Thl. 4. Buch.

[38] Commons’ Journals, Jan. 18. 1689/90. Ich habe mein Möglichstes gethan, um aus sehr lückenhaften Materialien einen Bericht über diesen Kampf zusammenzustellen. Burnet’s Erzählung enthält mehr Irrthümer als Seiten. Er verließ sich offenbar auf sein Gedächtniß, und dieses war ihm völlig untreu. Meine Hauptautoritäten sind die Protokolle; Grey’s Debatten; Wilhelm’s Briefe an Portland; die Depeschen Van Citters’; A Letter concerning the Disabling Clauses, lately offered to the House of Commons, for regulating Corporations, 1690; The True Friends to Corporations vindicated, in an answer to a letter concerning the Disabling Clauses, 1690; und Some Queries concerning the Election of Members for the ensuing Parliament 1690. Letzterem Pamphlet ist eine Liste Derer angehängt, welche für Sacheverell’s Klausel stimmten. Siehe auch Clarendon’s Diary, Jan. 10. 1689/90, und den dritten Theil des Caveat against the Whigs, 1712. Wilhelm’s Brief vom 10. Januar schließt folgendermaßen. (Es war erst die Nachricht von der ersten Abstimmung nach Kensington gelangt.) „Il est à présent onze eures de nuit, et à dix eures la Chambre Basse estoit encore ensemble. Ainsi je ne vous puis escrire par cette ordinaire l’issue de l’affaire. Les previos questions les Tories l’ont emporté de cinq vois. Ainsi vous pouvez voir que la chose est bien disputée. J’ay si grand somiel, et mon toux m’incomode que je ne vous en saurez dire davantage. Jusques à mourir à vous.”

In der nämlichen Nacht schrieb Van Citters an die Generalstaaten. Er sagt die Debatte sei sehr heiß gewesen. Die Absicht der Whigs, die er die Presbyterianer nennt, habe in nichts Geringerem bestanden, als ihre Gegner von allen Aemtern auszuschließen und sich in den ausschließlichen Besitz der Macht zu bringen.

[39] Commons’ Journals, Jan. 11. 1689/90.

[40] Narcissus Luttrell’s Diary, Jan. 16. 1690; Van Citters an die Generalstaaten, 21. (31.) Januar.

[41] Commons’ Journals, Jan. 16. 1689/90.

[42] Roger North’s Life of Guildford.

[43] Siehe den Bericht über den Prozeß in der Collection of State Trials.

[44] Commons’ Journals, Jan. 20. 1689/90; Grey’s Debates, Jan. 18. 20.

[45] Commons’ Journals, Jan. 21. 1689/90. An dem nämlichen Tage schrieb Wilhelm von Kensington an Portland: „C’est aujourd’hui le grand jour à l’éguard du Bill of Indemnité. Selon tout ce que je puis aprendre, il y aura beaucoup de chaleur, et rien déterminer; et de la manière que la chose est entourré, il n’y a point d’aparence que cette affaire viene à aucune conclusion. Et ainsi il se pouroit que la cession fast fort courte; n’ayant plus d’argent à espérer; et les esprits s’aigrissent l’un contre l’autre de plus en plus.” Drei Tage später schrieb Van Citters an die Generalstaaten, daß die Aufregung wegen der Indemnitätsbill sehr groß sei.

[46] Burnet II. 39; Handschriftliches Memoir von dem ersten Lord Lonsdale unter den Mackintosh Papers.

[47] Burnet II. 40.

[48] Narcissus Luttrell’s Diary, Januar, Februar.

[49] Wilhelm an Portland, 10. (20.) Jan. 1690. „Les Wiges ont peur de me perdre trop tost, avant qu’ils n’ayent fait avec moi ce qu’ils veulent: car, pour leur amitié, vous savez ce qu’il y a à compter là-dessus en ce pays icy.”

14. (24.) Jan. — „Me voilà le plus embarassé du monde, ne sachant quel parti prendre, estant toujours persuadé que, sans que j’aille en Irlande, l’on n’y faira rien qui vaille. Pour avoir du conseil en cette affaire, je n’en ay point à attendre, personne n’ausant dire ses sentimens. Et l’on commence déjà à dire ouvertement que ce sont des traitres qui m’ont conseillé de prendre cette résolution.”

21. (31.) Jan. „Je n’ay encore rien dit,” — dem Parlamente, meint er, — „de mon voyage pour l’Irlande. Et je ne suis point encore déterminé si j’en parlerez, mais je crains que nonobstant j’aurez une adresse pour n’y point aller; ce qui m’embarasserez beaucoup, puis que c’est une nécessité absolue que j’y aille.”

[50] Wilhelm an Portland, 28. Jan. (7. Febr.) 1690. Van Citters an die Generalstaaten von dem nämlichen Tage; Evelyn’s Diary; Lords’ Journals, Jan. 27. Ich will Wilhelm’s eigene Worte anführen: „Vous voirez mon harangue imprimée: ainsi je ne vous en direz rien. Et pour les raisons qui m’y ont obligé je les reserverez à vous les dire jusques à vostre retour. Il semble que les Tories en sont bien aise, mais point les Wiggs. Ils estoient tous fort surpris quand je leur parlois, n’ayant communiqué mon dessin qu’à une seule personne. Je vis de visages long comme une aune, changé de couleur vingt fois pendant que je parlois. Tous ces particularités jusques à vostre heureux retour.”

[51] Evelyn’s Diary; Clarendon’s Diary, Feb. 9. 1690; Van Citters an die Generalstaaten 31. Jan. (10. Febr.); Lonsdale-Manuscript, citirt von Dalrymple.

[52] Narcissus Luttrell’s Diary.

[53] Clarendon’s Diary, Febr. 11. 1690.

[54] Van Citters an die Generalstaaten, 14. (24.) Febr. 1690; Evelyn’s Diary.

[55] Wilhelm an Portland, 28. Febr. (10. März) 1690; Van Citters an die Generalstaaten, 4. (14.) März; Narcissus Luttrell’s Diary.

[56] Van Citters, 11. (21.) März; 1689/90; Narcissus Luttrell’s Diary.

[57] Van Citters an die Generalstaaten 11. (21.) März 1689/90.

[58] Die Stimmen waren: für Sawyer 165, für Finch 141, für Bennet, von dem ich vermuthe, daß er ein Whig war, 87. An der Universität giebt jeder Abstimmende sein Votum schriftlich ab. Eines der bei dieser Gelegenheit abgegebenen Voten lautete: „Henricus Jenkes, ex amore justitiae, eligit virum consultissimum Robertum Sawyer.”

[59] Van Citters an die Generalstaaten, 18. (28.) März 1690.

[60] Es ist ergötzlich, wie ausländische Tagesschriftsteller, welche den wirklichen Zustand der Dinge in England nicht kannten, die Wichtigkeit Johann Hampden’s, dessen Namen sie nicht einmal richtig schreiben konnten, übertrieben. In einem französischen Gespräch zwischen Wilhelm und dem Schatten Monmouth’s sagt Wilhelm: „Entre ces membres de la Chambre Basse étoit con certain homme hardy, opiniâtre et zélé à l’excès pour sa créance; on l’appelle Embden également dangereux par son esprit et par son crédit ... Je ne trouvay point de chemin plus court pour me délivrer de cette traverse que de casser le parlement, en convoquer un autre, et empescher que cet homme, qui me faisoit tant d’ombrages, ne fust nommé pour un des deputez au nouvel parlement.”„Ainsi,” sagt hierauf der Geist, „cette cassation de Parlament qui a fait tant de bruit et a produit tant de raisonnemens et de spéculations, n’estoit que pour exclure Embden. Mais s’il estoit si adroit et si zélé, comment as-tu pu trouver le moyen de le faire exclure du nombre des deputez?” Auf diese sehr verständige Frage antwortet der König: „Il m’a fallu faire d’étranges manoeuvres pour en venir à bout.”L’Ombre de Monmouth, 1690.

[61] „A présent tout dépendra d’un bon succès en Irlande, et à quoy il faut que je m’aplique entièrement pour régler le mieux que je puis toutte chose ... Je vous asseure que je n’ay pas peu sur les bras, estant aussi mal assisté que je suis.” Wilhelm an Portland, 28. Jan. (7. Febr.) 1690.

[62] Van Citters, 14. (24.) Febr. 1689/90, Memoir of the Earl of Chesterfield, by himself; Halifax an Chesterfield, 6. Febr.; Chesterfield an Halifax, 8. Febr. Der Herausgeber der Briefe des zweiten Earls von Chesterfield hat sich im Datum dieser Correspondenz um ein Jahr geirrt, weil er die Veränderung der Zeitrechnung nicht beachtete.

[63] Van Citters an die Generalstaaten, 11. (21.) Febr. 1690.

[64] Eine sonderbare Eigenthümlichkeit seiner Constitution wird in einer wenige Monate nach seinem Tode erschienenen Schilderung von ihm erwähnt. Siehe das Werk betitelt: „Lives and Characters of the most Illustrious Persons, British and Foreign, who died in the year 1712.”

[65] Monmouth’s Pension und das gute Einvernehmen zwischen ihm und dem Hofe werden in einem Briefe von einem jakobitischen Agenten in England erwähnt, der sich in den Archiven des französischen Kriegsministeriums befindet. Er ist datirt vom 8. (18.) April 1690.

[66] Die Schenkungen von Grundeigenthum, welche Delamere erhielt, werden von Narcissus Luttrell erwähnt. Aus dem Briefbuche des Schatzamts geht hervor, daß Delamere auch nach seinem Rücktritt noch beständig die Regierung um Geld anging. Bezüglich seines allgemeinen Characters darf man sich nicht auf die Schilderungen der Satyriker verlassen. Seine eigenen Schriften aber sowie die Eingeständnisse des Geistlichen, der seine Grabrede hielt, beweisen, daß sein Character nicht der sanfteste war. Clarendon bemerkt (17. Dec. 1688), daß eine Kleinigkeit hinreichte, um Lord Delamere aufzubringen. In einem Gedicht, betitelt: The King of Hearts, wird Delamere geschildert als

„Nie zufrieden, selbst wenn Andren vorgezogen.”

Sein Gedicht bot der Satyre Stoff:

„Sein Blick verräth ein schwaches Hirn,
Es thront der blasse Neid auf seiner Stirn.”

[67] Ich habe mein Urtheil über Lowther hauptsächlich nach zwei von ihm verfaßten Abhandlungen gebildet, von denen die eine zwar gedruckt, meines Wissens aber nicht in den Buchhandel gekommen ist. Eine Copie der andren befindet sich unter den Mackintosh-Handschriften. Einiges habe ich auch gleichzeitigen Satyren entlehnt. Daß Lowther nur zu bereitwillig war, sein Leben in Zweikämpfen aufs Spiel zu setzen, wird durch die Thatsache genügend bewiesen, daß er, als er erster Lord des Schatzes war, die Herausforderung eines Zollbeamten annahm, den er abgesetzt hatte. Es fand ein Zweikampf statt und Lowther wurde schwer verwundet. Der Vorfall ist in Luttrell’s Tagebuche vom April 1690 erwähnt.

[68] Burnet II. 76.

[69] Roger North’s Life of Guildford.

[70] Bis einige Jahre nach dieser Zeit war immer das vornehmste Mitglied des Staatsraths erster Lord des Schatzes. So nahmen Monmouth, Delamere und Godolphin ihre Stellen nach der Rangordnung ein, in der sie als Peers standen.

[71] Die Dedication wurde jedoch für zu überschwenglich gehalten. „Das Einzige,” pflegte Pope zu sagen, „was er seinem philosophischen Meister nie vergeben konnte, war die Widmung zu dem Essay.” — Ruffhead’s Life of Pope.

[72] Van Citters an die Generalstaaten, 23. April (5. Mai) 1690; Narcissus Luttrell’s Diary; Treasury Letter Book, Feb. 4. 1689/90.

[73] Dieser Dialogue between a Lord Lieutenant and his Deputies findet sich nicht in der Sammlung von Warrington’s Schriften, welche im Jahre 1694 wie es scheint mit Genehmigung seiner Familie erschien.

[74] Van Citters an die Generalstaaten 18. (28.) März, 4. (14.) April 1690; Narcissus Luttrell’s Diary; Burnet II. 72.; The Triennial Mayor, or the Rapparees, a Poem, 1691. Der Dichter sagt von einem der neuen Civilbeamten:

Sein Anspruch auf Gewissen muß wohl schwinden,
Da seinen Namen wir in einer blut’gen Jury finden
Die einen Publius erwürgt wie einen Schurken.

[75] Treasury Minute Book, Feb. 5. 1689/90.

[76] Van Citters, 11. (21.) Febr., 14. (24.) März, 18. (28.) März 1690.

[77] Van Citters, 14. (24.) März; 1690. Die Predigt ist noch vorhanden. Sie wurde in der Bowkirche vor dem Collegium der Aldermen gehalten.

[78] Welwood’s Mercurius Reformatus, Febr. 12. 1690.

[79] Commons Journals’, March 20, 21, 22. 1689/90.

[80] Commons Journals’, March 28. 1690, March 1, 20. 1688/89.

[81] Grey’s Debates, March 27, 28. 1690.

[82] Commons’ Journals, March 28. 1690. Einen sehr klaren und genauen Bericht über die Art und Weise, wie das Einkommen festgestellt wurde, übersandte Van Citters unterm 7, (17.) April 1690 den Generalstaaten.

[83] Burnet II. 43.

[84] In einem damaligen Spottgedicht kommen folgende Zeilen vor:

O glücklich Paar, in ihrem Leben
Wird’s keine Spur von Zwietracht geben;
Ihr Seelenheil verkaufen sie zur Stelle,
Lohnt Geldgewinn dafür, der Hölle.
The Female Nine, 1690.

[85] Swift erwähnt den Mangel an Gastfreundschaft und Prunk in ihrem Haushalte. Journal to Stella, Aug. 8. 1711.

[86] The Duchess of Marlborough’s Vindication. Die Herzogin war jedoch eine so freche Lügnerin, daß man ihr nicht glauben darf, außer wenn sie sich selbst anklagt.

[87] Siehe The Female Nine.

[88] The Duchess of Marlborough’s Vindication. Mit der gewohnheitsmäßigen Ungenauigkeit, die es selbst da wo sie gar keinen Grund zu lügen hat, nothwendig macht, jedes von ihr geschriebene Wort mit Argwohn zu lesen, creirt sie Shrewsbury zum Herzog und titulirt ihn „Ew. Gnaden.” Er wurde erst 1694 zum Herzog ernannt.

[89] Commons’ Journals, Dec. 17. 18. 1689.

[90] Duchess of Marlborough’s Vindication.

[91] Van Citters, 8. (18.) April 1690.

[92] Van Citters, 8. (18.) April; Narcissus Luttrell’s Diary.

[93] Lord’s Journals, April 8. 10. 1690; Burnet II. 41.

[94] Van Citters, 25. April (5. Mai) 1690.

[95] Commons’ Journals, April 8. 9. 1690; Grey’s Debates; Burnet II. 42. Van Citters erwähnt in einem Briefe vom 8., daß man einen heißen Kampf im Unterhause erwarte.

[96] Commons’ Journals, April 24. 1690; Grey’s Debates.

[97] Commons’ Journals, April 24, 25, 26; Grey’s Debates; Narcissus Luttrell’s Diary. Narcissus ist ungewöhnlich entrüstet. Er nennt die Bill „einen arglistigen Streich der Fanatiker, die Bischöfe und die meisten Geistlichen der englischen Kirche zu vertreiben.” In einem whiggistischen Pasquill betitelt: „A speech intended to have been spoken on the Triennial Bill on Jan. 28. 1692/93”, heißt es vom Könige, er sei höchst ungehalten über die Abschwörungsbill gewesen.

[98] Lords’ Journals, May 1. 1690. Diese Bill befindet sich in den Archiven des Hauses der Lords. Burnet verwechselt sie mit der Bill, welche die Gemeinen in der vorhergehenden Woche verworfen hatten. Ralph, der wohl sah, daß Burnet einen Fehler gemacht, aber nicht merkte, wo der Fehler lag, machte bei dem Versuche, denselben zu verbessern, noch mehrere andere dazu, und der Oxforder Herausgeber des Burnet ist durch Ralph confus geworden.

[99] Lords’ Journals, May 2., 3. 1690; Van Citters vom 2. Mai; Narcissus Luttrell’s Diary; Burnet II. 44 und Dartmouth’s Note. Die von dem Ausschusse vorgenommenen Abänderungen kann man an der Bill selbst in den Archiven des Oberhauses sehen.

[100] Diese Unterschiede wurden seiner Zeit viel besprochen. Van Citters, 20. (30.) Mai 1690.

[101] Stat. W. & M. sess. I. c. 10.

[102] Roger North war einer von den vielen Mißvergnügten, welche nicht müde wurden, diese Saite anzuschlagen.

[103] Stat. 2. W. & M. sess. 1. c. 6; Grey’s Debates, April 29., May 1., 5., 6., 7., 1690.

[104] Story’s Impartial History; Narcissus Luttrell’s Diary.

[105] Avaux, 15. (25.) Jan. 1690.

[106] Macariae Excidium. Dieses höchst interessante Werk ist unlängst mit großer Sorgfalt und großem Fleiße von Mr. O’Callaghan herausgegeben worden. Ich verdanke seiner Gelehrsamkeit und seinem Fleiße so viel, daß ich sehr gern die nationale Parteilichkeit entschuldige, welche zuweilen, wie mir scheint, seinem Urtheile eine falsche Richtung giebt. Wenn ich das Macariae Excidium anführe, so führe ich stets den lateinischen Text an. Die englische Lesart ist meiner Ueberzeugung nach nichts als eine Uebersetzung aus dem Lateinischen, und zwar eine sehr nachlässige und unvollständige Uebersetzung.

[107] Avaux, 14. (24.) Nov. 1689.

[108] Louvois schreibt an Avaux unterm 26. Dec. (5. Jan.) 1689/90: „Comme le Roy a veu par vos lettres que le Roy d’Angleterre craignoit de manquer de cuivre pour faire de la monnoye, Sa Majesté a donné ordre qu’on mist sur le bastiment qui portera cette lettre une pièce de canon du calibre de deux qui est éventée, de laquelle ceux qui travaillent à la monnoye du Roy d’Angleterre pourront se servir pour continuer à faire de la monnoye.

[109] Louvois an Avaux, 1. (11.) Nov. 1689. Aus den Listen im französischen Kriegsministerium geht hervor, daß die Zahl der Truppen, welche Ludwig nach Irland schickte, sich auf siebentausendzweihunderteinundneunzig Mann aller Grade belief. Im französischen Kriegsministerium befindet sich ein Brief vom Marschall d’Estrées, der die vier irischen Regimenter bald nach ihrer Landung in Brest sah. Er schildert sie als „mal chaussés, mal vêtus, et n’ayant point d’uniforme dans leurs habits, si ce n’est qu’ils sont tous fort mauvais.” Ein sehr genauer Bericht über Macarthy’s Wortbruch findet sich in Mr. O’Callaghan’s History of the Irish Brigades. Ich muß bedauern, daß ein Schriftsteller, dem ich so viel verdanke, ein Benehmen zu vertheidigen sucht, das nach seiner eigenen Darstellung desselben im höchsten Grade ehrlos war.

[110] Lauzun an Louvois, 28. Mai (7. Juni) und 16. (26.) Juni 1690 im französischen Kriegsministerium.

[111] Siehe die späteren Briefe von Avaux.

[112] Avaux an Louvois, 14. (24.) März 1690; Lauzun an Louvois, 23. März (3. April).

[113] Story’s Impartial History; Lauzun an Louvois, 20. (30.) Mai 1690.

[114] Lauzun an Louvois, 28. Mai (7. Juni) 1690.

[115] Lauzun an Louvois, 2. (12.) April, 10. (20.) Mai 1690. La Hoguette, der den Rang eines Maréchal de Camp bekleidete, schrieb um die nämliche Zeit in demselben Sinne an Louvois.

[116] „La politique des Anglois a été de tenir ces peuples cy comme des esclaves, et si bas qu’il ne leur estoit pas permis d’apprendre à lire et à écrire. Cela les a rendu si bestes qu’ils n’ont presque point d’humanité. Rien ne les esmeut. Ils sont peu sensibles à l’honneur; et les menaces ne les estonnent point. L’interest même ne les peut engager au travail. Ce sont pourtant les gens du monde les mieux faites.” Desgrigny an Louvois, 27. Mai (6. Juni) 1690.

[117] Siehe Melfort’s Briefe an Jakob, geschrieben im October 1689. Sie befinden sich unter den Nairne Papers und wurden von Macpherson gedruckt.

[118] Life of James, II. 443. 450; Prozesse Ashton’s und Preston’s.

[119] Avaux schrieb unterm 5. Juni 1689 folgendermaßen an Ludwig: „Il nous est venu des nouvelles assez considérables d’Angleterre et d’Escosse. Je me donne l’honneur d’en envoyer des mémoires à vostre Majesté, tels que je les ay receus du Roy de la Grande Bretagne. Le commencement des nouvelles dattées d’Angleterre est la copie d’une lettre de M. Pen, que j’ay veue en original.” Das Mémoire des Nouvelles d’Angleterre et d’Escosse, das mit dieser Depesche eingesandt wurde, beginnt mit folgenden Sätzen, welche Penn’s Briefen entnommen sein müssen: „Le Prince d’Orange commence d’estre fort dégoutté de l’humeur des Anglois; et la face des choses change bien viste, selon la nature des insulaires; et sa santé est fort mauvaise. Il y a un nuage qui commence à se former au nord des deux royaumes, où le Roy a beaucoup d’amis, ce qui donne beaucoup d’inquiétude au principaux amis du Prince d’Orange, qui, estant riches, commencent à estre persuadez que ce sera l’espée qui décidera de leur sort, ce qu’ils ont tant taché d’éviter. Ils appréhendent une invasion d’Irlande et de France; et en ce cas le Roy aura plus d’amis que jamais.”

[120] „Le bon effet, Sire, que ces lettres d’Escosse et d’Angleterre ont produit, est qu’elles ont enfin persuadé le Roy d’Angleterre qu’il ne recouvrera ses estats que les armes à la main; et ce n’est pas peu de l’en avoir convaincu.”

[121] Van Citters an die Generalstaaten 1. (11.) März 1689; Van Citters nennt Penn „den bekenden Archquaker.”

[122] Siehe seinen Prozeß in der Collection of State Trials, und die Protokolle der Lords vom 11. 12. und 27. Nov. 1689.

[123] Eine Sendung von zweitausend Pistolen ist in einem Schreiben von Croissy an Avaux vom 16. (26.) Febr. 1689 erwähnt. Jakob befiehlt Preston in einem vom 26. Jan. 1689 datirten Briefe, sich noch immer, trotz Melfort’s Ernennung, als Staatssekretär zu betrachten.

[124] Narcissus Luttrell’s Diary; Commons’ Journals, May 14., 15., 20. 1690. Kingston’s True History, 1697.

[125] „The Whole Life of Mr. William Fuller, being an Impartial Account of his Birth, Education, Relations and Introduction into the Service of the late King James and his Queen, together with a True Discovery of the Intrigues for which he lies now confined; as also of the Persons that employed and assisted him therein, with his Hearty Repentance for the Misdemeanours he did in the late Reign, and all others whom he hath injured; impartially writ by Himself during his Confinement in the Queen’s Bench, 1703.” Ich werde dieses Buch natürlich mit Vorsicht benutzen.

[126] Fuller’s Life of himself.

[127] Clarendon’s Diary, March 6, 1690; Narcissus Luttrell’s Diary.

[128] Clarendon’s Diary, May 10. 1690.

[129] Er schrieb an Portland: „Je plains la povre reine, qui est en des terribles afflictions.”

[130] Siehe die Briefe Shrewsbury’s in Coxe’s Correspondenz, Theil I. Kap. 1.

[131] Daß Lady Shrewsbury eine Jakobitin war und ihr Möglichstes that, um auch ihren Sohn zu einem solchen zu machen, geht mit Gewißheit aus einer Schrift Lloyd’s vom Mai 1694 hervor, die sich unter den Nairne’schen Manuscripten befindet und von Macpherson abgedruckt wurde.

[132] Dies wird durch einige Worte in einer Schrift bewiesen, welche Jakob im November 1692 der französischen Regierung vorlegte. „Il y a,” sagt er, „le Comte de Shrusbery, qui, étant Secrétaire d’Etat du Prince d’Orange, s’est défait de sa charge par mon ordre.” Eine Copie dieser höchst werthvollen Schrift befindet sich in den Archiven des französischen Kriegsministeriums, eine andre unter den Nairne’schen Manuscripten in der Bodlejanischen Bibliothek. Eine englische Uebersetzung findet man in Macpherson’s Sammlung.

[133] Burnet II. 45.

[134] Shrewsbury an Somers, 22. Sept. 1697.

[135] Unter den State Poems (vol. II. p. 211.) findet sich ein Gedicht, dem ein unwissender Herausgeber den Titel gegeben hat: „A Satyr written when the K— went to Flanders and left nine Lords Justices.” Ich habe eine augenscheinlich gleichzeitige Abschrift von dieser Satyre mit der Jahrzahl 1690. Es springt in der That auf den ersten Blick in die Augen, daß die neun Personen, welche den Gegenstand der Satyre bilden, die neun Mitglieder des inneren Raths sind, welche Wilhelm ernannte, um Marien zu unterstützen, als er nach Irland ging. Einige von ihnen waren niemals Lords Justices.

[136] Aus einer von Lowther geschriebenen Erzählung, die sich unter den Mackintosh-Manuscripten befindet.

[137] Siehe Mariens Briefe an Wilhelm, veröffentlicht von Dalrymple.

[138] Clarendon’s Diary, May 30. 1690.

[139] Gerhard Croese.

[140] Burnet II. 46.

[141] The Duchess of Marlborough’s Vindication.

[142] London Gazette vom 5., 12., 16. Juni 1690; Hop an die Generalstaaten aus Chester vom 9. (19.) Juni. Hop begleitete Wilhelm als Gesandter der Generalstaaten nach Irland.

[143] Clarendon’s Diary, June 7., 12. 1690; Narcissus Luttrell’s Diary; Baden, der holländische Legationssekretär an Van Citters, 10. (20.) Juni, Fuller’s Life of himself; Welwood’s Mercurius Reformatus, June 11. 1690.

[144] Clarendon’s Diary, June 8. 1690.

[145] Clarendon’s Diary, June 10.

[146] Baden an Van Citters, 20. (30.) Juni 1690; Clarendon’s Diary, June 19.; Narcissus Luttrell’s Diary.

[147] Clarendon’s Diary, June 25.

[148] Narcissus Luttrell’s Diary.

[149] Memoiren Saint-Simons.

[150] London Gazette, 26. Juni 1690; Baden an Van Citters, 24. Juni (4. Juli).

[151] Marie an Wilhelm, 26. Juni 1690; Clarendon’s Diary von demselben Datum; Narcissus Luttrell’s Diary.

[152] Marie an Wilhelm, 28. Juni und 2. Juli 1690.

[153] Bericht der Commission der Admiralität an die Königin, datirt aus Sheerneß vom 18. Juli 1690; Aussagen der Kapitains Cornwall, Jones, Martin und Hubbard, und des Viceadmirals Delaval; Burnet II. 52, und Sprecher Onslow’s Note; Mémoires du Maréchal de Tourville; Memoirs of Transactions at Sea by Josiah Burchett Esq., Secretary to the Admiralty, 1703; London Gazette, July 3.; Historical and Political Mercury for July 1690; Marie an Wilhelm vom 2. Juli; Torrington an Caermarthen, 1. Juli. Den Bericht über die Schlacht in der Pariser Gazette vom 15. Juli 1690 kann man nicht ohne Beschämung lesen: „On a sceu que les Hollandois s’estoient très bien battus et qu’ils s’estoient comportez en cette occasion en braves gens, mais que les Anglois n’en avoient pas agi de même.” In der französischen offiziellen Darstellung der Schlacht auf der Höhe von Cap Bevézier — eine sonderbare Corruption von Pevensey — lauten einige Stellen in dem nämlichen Sinne: „Les Hollandois combattirent avec beaucoup de courage et de fermeté; mais ils ne furent pas bien secondez par les Anglois.” — „Les Anglois se distinguèrent des vaisseaux de Hollande par le peu de valeur qu’ils montrèrent dans le combat.”

[154] Life of James, II. 409; Burnet, II. 5.

[155] London Gazette, June 30. 1690; Historical and Political Mercury for July 1690.

[156] Nottingham an Wilhelm vom 15. Juli 1690.

[157] Burnet II. 53. 54.; Narcissus Luttrell’s Diary, July 7., 11., 1690; London Gazette, July 14. 1690.

[158] Marie an Wilhelm, 3., 10. Juli 1690; Shrewsbury an Caermarthen, 15. Juli.

[159] Marie an die Generalstaaten, 12. Juli; Burchett’s Memoirs; An important Account of some remarkable Passages in the Life of Arthur, Earl of Torrington, 1691.


 

Sechzehntes Kapitel.
Wilhelm und Marie.

 


Inhalt.

Seite
Wilhelm landet in Carrickfergus und begiebt sich nach Belfast5
Zustand Dublin’s6
Wilhelm’s militärische Maßregeln6
Wilhelm marschirt südwärts8
Die irländische Armee zieht sich zurück8
Die Irländer halten am Boyne Stand9
Die Armee Jakob’s10
Die Armee Wilhelm’s11
Walker, nunmehriger Bischof von Derry, begleitet die Armee12
Wilhelm recognoscirt die Stellung der Irländer13
Wilhelm wird verwundet13
Schlacht am Boyne14
Jakob’s Flucht18
Verlust der beiden Armeen20
Fall von Drogheda20
Zustand von Dublin20
Jakob’s Flucht nach Frankreich22
Dublin wird von den französischen und irischen Truppen geräumt22
Wilhelm’s Einzug in Dublin23
Eindruck der Nachrichten aus Irland in Frankreich23
Eindruck der Nachrichten aus Irland in Rom24
Eindruck der Nachrichten aus Irland in London25
Jakob’s Ankunft in Frankreich; sein Empfang daselbst26
Tourville versucht eine Landung in England27
Teignmouth wird zerstört30
Erbitterung der englischen Nation gegen die Franzosen31
Die jakobitische Presse32
Die jakobitische Gebets- und Demüthigungsformel33
Entrüstung gegen die eidverweigernden Bischöfe34
Militärische Operationen in Irland; Waterford genommen36
Die irische Armee bei Limerick zusammengezogen. Lauzun erklärt, daß der Platz nicht zu halten sei37
Die Irländer bestehen auf der Vertheidigung von Limerick38
Tyrconnel ist gegen die Vertheidigung von Limerick39
Limerick wird von den Irländern allein vertheidigt40
Sarsfield überrumpelt die englische Artillerie41
Ankunft Baldearg O’Donnel’s in Limerick42
Die Belagerer leiden vom Regen44
Erfolgloser Sturm auf Limerick; die Belagerung aufgehoben44XVI.4
Tyrconnel und Lauzun gehen nach Frankreich45
Wilhelm kehrt nach England zurück46
Wilhelm’s Empfang in England46
Expedition nach dem Süden Irland’s47
Marlborough nimmt Cork47
Marlborough nimmt Kinsale48
Die schottischen Angelegenheiten49
Intriguen Montgomery’s mit den Jakobiten49
Krieg in den Hochlanden50
Fort William erbaut51
Zusammentritt des schottischen Parlaments52
Melville Lord Obercommissar52
Die Regierung erlangt die Majorität52
Kirchliche Gesetzgebung54
Auflösung der Coalition zwischen dem Club und den Jakobiten58
Die Häupter des Clubs verrathen einander59
Allgemeine Ergebung in die neue Kirchenverfassung62
Klagen der Episkopalen62
Die presbyterianischen Eidverweigerer63
Wilhelm unzufrieden mit den kirchlichen Einrichtungen in Schottland66
Zusammentritt der Generalversammlung der schottischen Kirche67
Lage der Dinge auf dem Continent68
Der Herzog von Savoyen schließt sich der Coalition an68
Steuerbewilligungen69
Mittel und Wege70
Verfahren gegen Torrington71
Torrington’s Prozeß und Freisprechung72
Erbitterung der Whigs gegen Caermarthen73
Ein jakobitisches Complot75
Zusammenkunft der Hauptverschwörer76
Die Verschwörer beschließen, Preston nach Saint-Germains zu schicken77
Die Preston anvertrauten Papiere77
Caermarthen von dem Complot unterrichtet79
Verhaftung Preston’s und seiner Begleiter79

XVI.5 Wilhelm landet in Carrickfergus und begiebt sich nach Belfast.

Wilhelm war das ganze Frühjahr mit Ungeduld in Ulster erwartet worden. Falsche Gerüchte von seiner Ankunft hatten im Laufe des Monats Mai die protestantischen Niederlassungen längs der Küste dieser Provinz zu wiederholten Malen in Bewegung gesetzt. Erst am Nachmittag des 14. Juni landete er in Carrickfergus. Die Bewohner der Stadt hatten sich in der Hauptstraße versammelt und begrüßten ihn mit lautem Jubel, aber sie sahen ihn nur auf einen Augenblick. Sobald er festen Boden unter seinen Füßen hatte, stieg er in seinen Wagen und reiste nach Belfast. Unterwegs begegnete er Schomberg. Das Zusammentreffen fand dicht bei einem weißen Hause statt, der einzigen menschlichen Wohnung, welche damals auf einer Strecke von vielen Meilen an dem öden Strande der Bucht des Laggan zu sehen war. Gegenwärtig erheben sich auf der Stelle, wo damals das weiße Haus stand, ein Dorf und eine Baumwollenfabrik und das ganze Ufer ist mit Landhäusern, Parkanlagen und Gärten besäumt. Belfast ist einer der größten und blühendsten Sitze des Gewerbfleißes auf den britischen Inseln geworden und hat jetzt eine betriebsame Bevölkerung von achtzigtausend Seelen. Die Zölle, welche jährlich im Zollhause bezahlt werden, übersteigen die, welche in den günstigsten Jahren der Regierung Karl’s II. im Zollhause zu London entrichtet wurden. Andere irische Städte mögen dem Auge einen malerischeren Anblick darbieten; aber Belfast ist die einzige große Stadt Irland’s, in der der Reisende nicht durch den widerlichen Anblick und Geruch langer Reihen menschlicher Höhlen abgeschreckt wird, welche an Comfort und Sauberkeit den in glücklicheren Ländern für das Vieh bestimmten Wohnungen bei weitem nachstehen. In keiner andren großen irischen Stadt herrscht eine solche Reinlichkeit, keine andre ist so gut gepflastert und so glänzend erleuchtet. Anstatt der Kuppeln und Thürme sieht man Gebäude, welche dem Geschmack zwar weniger zusagen, aber nicht minder von Wohlstand zeugen, gewaltige Fabriketablissements, die um mehrere Stockwerke über die Schornsteine der Wohnhäuser emporragen und die Luft mit dem Getöse ihrer Maschinen erfüllen. Das Belfast, in welches Wilhelm einzog, war eine kleine englische Niederlassung von ungefähr dreihundert Häusern, von einem längst verschwundenen stattlichen Schlosse beherrscht, dem Stammsitze der edlen Familie Chichester. In diesem Schlosse, das einige Aehnlichkeit mit dem Palaste von Whitehall gehabt haben soll und das durch seine sich auf der Flußseite weit hinab erstreckenden Terrassen und Gartenanlagen berühmt war, hatte man Vorbereitungen zum Empfange des Königs getroffen. Am nördlichen Eingange wurde er von den Behörden und Gemeinderäthen in ihrer Amtstracht bewillkommnet, und die Menge drängte sich mit dem Rufe: „Gott segne den protestantischen König!” um seinen Wagen. Denn die Stadt war eines der Bollwerke des reformirten Glaubens, und als zwei Generationen später die EinwohnerXVI.6 zum ersten Male gezählt wurden, ergab es sich, daß die Katholiken nicht mehr als ein Funfzehntel der Bevölkerung bildeten.[1]

Die Nacht brach herein, aber die protestantischen Grafschaften waren wach und auf den Beinen. Eine Geschützsalve vom Schlosse zu Belfast hatte die Ankunft des Königs verkündet. Sie wurde wiederholt durch Kanonen, welche Schomberg in weiten Entfernungen von einander aufgepflanzt hatte, um von einem Posten zum andren Signale geben zu können. Ueberall wo die Schüsse gehört wurden, wußte man, daß König Wilhelm angekommen war, und noch vor Mitternacht loderten auf allen Höhen von Antrim und Down Freudenfeuer. Der Feuerschein wurde am andren Ufer der Buchten von Carlingford und Dundalk gesehen und verkündete den Vorposten des Feindes, daß die entscheidende Stunde herannahte. Am zweiten Tage nach Wilhelm’s Landung reiste Jakob von Dublin ins irische Lager ab, das unweit der nördlichen Grenze von Leinster aufgeschlagen war.[2]

Zustand Dublin’s.

In Dublin war die Aufregung furchtbar. Niemand konnte mehr daran zweifeln, daß die entscheidende Krisis bevorstand, und die Qual der Ungewißheit steigerte die Leidenschaften der beiden feindlichen Racen auf den Höhepunkt. Die Mehrheit konnte in den Blicken und Reden der unterdrückten Minderheit unschwer Zeichen entdecken, welche die Hoffnung auf eine baldige Befreiung und eine furchtbare Rache verriethen. Simon Luttrell, unter dessen Obhut die Hauptstadt gestellt war, beeilte sich die Vorsichtsmaßregeln zu ergreifen, welche Angst und Haß ihm eingaben. Es erschien eine Proklamation, welche allen Protestanten einschärfte, von Einbruch der Dunkelheit bis zum Tagesanbruch zu Hause zu bleiben, und ihnen bei Todesstrafe verbot, sich an irgend welchem Orte und zu irgend welchem Zwecke in Gruppen von mehr als fünf Personen zu versammeln. Selbst gegen diejenigen Geistlichen der Landeskirche, welche nie aufgehört hatten, die Lehre vom Nichtwiderstande zu predigen, wurde keine Nachsicht geübt. Doctor Wilhelm King, der, nachdem er lange standhaft geblieben, seit kurzem in seinem politischen Glauben wankend zu werden begann, wurde gefänglich eingezogen. Kein Gefängniß war groß genug, um nur die Hälfte von Denen aufzunehmen, welche der Gouverneur in Verdacht schlimmer Absichten hatte. Das Collegium und mehrere Pfarrkirchen wurden dazu benutzt, und in diesen Gebäuden waren Leute, denen nichts zur Last gelegt werden konnte als ihre Religion, in solchen Massen zusammengepfercht, daß sie kaum athmen konnten.[3]

Wilhelm’s militärische Maßregeln.

Inzwischen betrieben XVI.7die beiden rivalisirenden Fürsten eifrig die Zusammenziehung ihrer Truppen. Loughbrickland war der Ort, den Wilhelm zum Sammelplatz für die zerstreuten Divisionen seiner Armee bestimmt hatte. Während seine Truppen sich sammelten, arbeitete er unermüdlich darauf hin, ihre Disciplin zu verbessern und für ihren Unterhalt zu sorgen. Er hatte aus England zweihunderttausend Pfund Sterling baares Geld und eine große Menge Kriegsbedarf und Lebensmittel mitgebracht. Alles Plündern wurde bei strenger Strafe verboten. Zu gleicher Zeit wurden reichlich Lebensmittel vertheilt und alle Regimentszahlmeister waren angewiesen, ihre Rechnungen immer sofort einzureichen, damit keine Rückstände blieben.[4] Thomas Coningsby, Parlamentsmitglied für Leominster, ein thätiger und nicht skrupulöser Whig, begleitete den König und fungirte als Generalzahlmeister. Es verdient besonders erwähnt zu werden, daß Wilhelm zu dieser Zeit den Zolleinnehmer von Belfast ermächtigte, jedes Jahr zwölfhundert Pfund an einige der angesehensten dissentirenden Geistlichen von Down und Antrim zu zahlen, als Unterstützung für sie und ihre Amtsbrüder. Der König erklärte, daß er diese Summe den nonconformistischen Geistlichen theils als Belohnung für ihre ihm bewiesene ausgezeichnete Loyalität, theils als eine Entschädigung für ihre neuerlichen Verluste aussetze. Dies ist der Ursprung der Schenkung, welche die Regierung noch jetzt alljährlich den presbyterianischen Geistlichen von Ulster zukommen läßt.[5]

Wilhelm war wieder ganz er selbst. Seine Lebensgeister, zu Boden gedrückt durch eine anderthalbjährige Existenz in unerfreulichen Verhältnissen und inmitten von Factionen und Intriguen, welche er nur halb verstand, hoben sich wieder beim Anblick der Zelte und Fahnen.[6] Es war merkwürdig, wie rasch dieser in Westminster so unpopuläre Mann eine vollkommene Herrschaft über die Herzen seiner Waffenbrüder erlangte. Sie sahen mit Bewunderung, daß er trotz seiner Kränklichkeit alle Mühen und Beschwerden theilte, die sie selbst ertragen mußten, daß er mehr an ihre Bequemlichkeit als an die seinige dachte, daß er einigen Offizieren, die über ihren Eifer, ihm Leckerbissen für seine Tafel zu verschaffen, die Bedürfnisse der gemeinen Soldaten vernachlässigten, nachdrücklich tadelte; daß er von dem Augenblicke an wo er ins Feld rückte, nicht ein einziges Mal in einem Hause wohnte, sondern selbst in der Nähe von Städten und Palästen in seiner kleinen transportabeln Bretterhütte schlief; daß keine Bitten ihn bewegen konnten, sich an einem heißen Tage und bei heftigem Winde aus der erstickenden Staubwolke zu entfernen, die über der marschirenden Colonne hing und minder zarte Lungen als die seinige auf eine harte Probe stellte. Jeder unter seinen Befehlen Dienende wurde mit seiner Persönlichkeit und mit seiner Stimme vertraut, denn es gab kein Regiment, das er nicht mit der sorgfältigsten Aufmerksamkeit inspicirt hätte. Seine freundlichen Mienen und Reden blieben lange in der Erinnerung. Ein wackerer Soldat hat in seinem Tagebuche der liebenswürdigen Freundlichkeit gedacht, mit der der König einen Korb mit den ersten Kirschen des Jahres von ihm annahm, so wie der Heiterkeit, mit der Se. Majestät XVI.8sich beim Abendessen mit Denen unterhielt, welche um die Tafel herum standen.[7]

Wilhelm marschirt südwärts.

Am 27. Juni, dem zehnten Tage nach seiner Landung, marschirte Wilhelm mit allen seinen Truppen von Loughbrickland in südlicher Richtung ab. Er hatte sich fest vorgenommen, die erste Gelegenheit zu einer Schlacht zu ergreifen. Schomberg und einige andere Offiziere empfahlen Vorsicht und Aufschub; der König aber entgegnete ihnen, daß er nicht nach Irland gekommen sei, um Gras unter seinen Füßen wachsen zu lassen. Der Ausgang des Feldzugs scheint zu beweisen, daß er als General richtig urtheilte, und daß er als Staatsmann richtig urtheilte, kann nicht bezweifelt werden. Er wußte, daß die englische Nation mit der Art der bisherigen Kriegführung unzufrieden war, daß nur ein rascher und glänzender Erfolg den Enthusiasmus seiner Freunde wieder beleben und den Muth seiner Feinde brechen und daß eine Niederlage seinem Rufe und seinen Interessen kaum nachtheiliger sein konnte als ein langwieriger und unentschiedener Feldzug.

Die Gegend, durch die er marschirte, war seit achtzehn Monaten von Soldaten und von Rapparees entsetzlich verwüstet worden. Alles Vieh war geschlachtet, die Anpflanzungen niedergehauen, die Umzäunungen und Häuser in Trümmern. Kein menschliches Wesen war längs der Marschroute zu sehen, außer einigen wenigen halbnackten und ausgehungerten Jammergestalten, die keine andre Nahrung hatten als Haferhülsen, welche sie, wie die Hühner, aus Schmutz und Asche heraussuchten.[8] Gleichwohl konnten die natürliche Fruchtbarkeit des Bodens, das üppige Grün der Erde, die für den Handel so vortheilhaft gelegenen Buchten und Flüsse, trotz des nachtheiligen Lichtes, in welchem sich Alles darstellte, dem aufmerksamen Blicke des Königs nicht entgehen. Er mochte wohl bei sich denken, wie ganz anders diese Gegend ausgesehen haben würde, wenn sie mit einer Regierung und einer Religion gesegnet gewesen wäre, welche sein heimisches Holland zu einem Weltwunder gemacht hatten; welche endlose Reihe von Landhäusern, Blumengärten und Meierhöfen die Straße von Lisburn nach Belfast besäumt, wie viele Hunderte von Barken beständig den Laggan auf und ab gefahren sein, welcher Wald von Masten den öden Hafen von Newry belebt, und welche riesigen Waarenmagazine und stattlichen Wohnhäuser den Boden bedeckt haben würden, den jetzt die schmutzigen Gassen von Dundalk einnahmen. „Das Land,” hörte man ihn sagen, „ist werth, daß man darum kämpft.”

Die irländische Armee zieht sich zurück.

Jakob scheint ursprünglich beabsichtigt zu haben, an der Grenze zwischen Leinster und Ulster das Glück einer Schlacht zu versuchen. Dieser Plan wurde jedoch, wie es scheint auf Lauzun’s Vorstellungen hin, wieder aufgegeben, denn ihm klangen Louvois’ Ermahnungen noch immer in den Ohren, obgleich er sehr wenig geneigt und sehr wenig geschickt dazu war, einen Feldzug nach dem Fabianischen System zu führen.[9] Obwohl Jakob entschlossen war, Dublin nicht ohne eine Schlacht aufzugeben, willigte er doch ein sich XVI.9bis zu einer Stelle zurückzuziehen, wo er den Vortheil des Terrains für sich hatte. Als daher Wilhelm’s Vorhut Dundalk erreichte, war von der irländischen Armee nichts als eine große Staubwolke zu sehen, die sich langsam in südlicher Richtung gegen Ardee hin wälzte. Die Engländer campirten eine Nacht in der Nähe des Ortes, wo Schomberg im vorigen Jahre sein Lager aufgeschlagen hatte, und manche schmerzliche Erinnerungen wurden durch den Anblick des öden Sumpfes geweckt, der das Grab vieler tausend tapferer Männer geworden war.[10]

Wilhelm rückte jedoch weiter vor und die Irländer zogen sich fortwährend vor ihm zurück, bis seine Armee, in drei Colonnen marschirend, am Morgen des 30. Juni den Kamm eines Höhenzuges unweit der Südgrenze der Grafschaft Louth erreichte. Zu ihren Füßen lag ein Thal, jetzt so fruchtbar und lieblich, daß der hinabsehende Engländer sich in einen der bevorzugtesten Theile seines bevorzugten Vaterlandes versetzt glauben kann. Weizenfelder, Waldungen und blumige Wiesen ziehen sich sanft abfallend bis ans Ufer des Boyne hinunter. Dieser schöne und ruhige Strom, der die Grenze von Louth und Meath bildet, ergießt sich, nachdem er viele Meilen zwischen grünen, mit modernen Palästen und mit den verfallenen Burgen der unter englischer Oberhoheit gestandenen normännischen Barone bedeckten Ufern dahin geströmt ist, nicht weit von hier in das Meer. Fünf Meilen westlich von der Stelle, wo Wilhelm auf den Fluß hinabsah, erhebt sich jetzt am grünenden Ufer, von stolzen Forsten umgeben, Slane Castle, das Schloß des Marquis von Conyngham. Zwei Meilen östlich lagert eine Rauchwolke aus den Schornsteinen der Fabriken und Dampfschiffe über der lebhaften Stadt und dem Hafen von Drogheda. Auf der Meather Seite des Boyne steigt der Boden, noch immer allenthalben mit Kornfeldern, Wiesen, Blumen und Bäumen bedeckt, sanft zu einer Anhöhe auf, die mit einer Gruppe von Eschen gekrönt ist, welche die verfallene Kirche und den verödeten Gottesacker von Donore beschatten.[11]

Im 17. Jahrhundert gewährte die Landschaft einen ganz andren Anblick. Von Kunst und Industrie waren nur wenige Spuren vorhanden. Auf dem Flusse sah man kaum ein andres Fahrzeug als die rohen Fischerböte von mit Pferdehäuten überzogenem Flechtwerk, deren sich das celtische Landvolk zum Forellen- und Lachsfang bediente. Drogheda, das gegenwärtig zwanzigtausend betriebsame Einwohner zählt, war damals ein kleiner Knäuel enger und schmutziger Gassen, von einem Graben und einem Walle umgeben. Die Häuser waren von Holz, mit hohen Giebeln und vorspringendem Obergestocke. Außerhalb der Stadtmauer war kaum eine menschliche Wohnung zu sehen, außer an einer Stelle Namens Oldbridge. Bei Oldbridge war der Fluß passirbar und südlich von der Furth standen einige Lehmhütten und ein einziges aus festeren Materialien erbautes Haus.

Die Irländer halten am Boyne Stand.

Als Wilhelm das Thal des Boyne erblickte, konnte er einen Ausruf und eine Bewegung der Freude nicht unterdrücken. Er hatte gefürchtet, daß der Feind eine XVI.10entscheidende Schlacht vermeiden und den Krieg so lange hinziehen würde, bis die Herbstregen mit ihrem Gefolge von Krankheiten wiederkehrten. Diese Besorgniß schwand jetzt, und er hatte die Gewißheit, daß der Kampf heiß und kurz sein würde. Jakob’s Zelt war auf der Höhe von Donore aufgeschlagen und die Fahnen des Hauses Stuart und des Hauses Bourbon wehten nebeneinander herausfordernd auf den Wällen von Drogheda. Das ganze südliche Flußufer war mit den Lagerzelten und Batterien der feindlichen Armee bedeckt. Tausende von Kriegern bewegten sich durch die Zeltgassen und jeder Soldat, ob Reiter oder Infanterist, ob Franzos oder Irländer, hatte ein weißes Feldzeichen am Hut. Diese Farbe war aus Artigkeit gegen das Haus Bourbon gewählt worden. „Ich bin erfreut Euch zu sehen, Gentlemen,” sagte der König, als sein scharfes Auge die irischen Reihen überblickte. „Wenn Ihr mir jetzt entkommt, so ist es meine eigne Schuld.”[12]

Die Armee Jakob’s.

Jeder der beiden einander feindlich gegenüberstehenden Fürsten hatte einige Vortheile über seinen Rivalen. Jakob hatte, in der Defensive, hinter Verschanzungen und mit einem Flusse vor sich, die stärkere Position;[13] aber seine Truppen standen hinsichtlich der Anzahl wie der Brauchbarkeit denen seines Gegners nach. Er mochte über etwa dreißigtausend Mann zu verfügen haben. Ungefähr ein Drittel dieser Streitmacht bestand aus vortrefflicher französischer Infanterie und vortrefflicher irischer Cavallerie; der Rest seiner Armee aber war das Gespött von ganz Europa. Die irischen Dragoner waren schlecht; die irische Infanterie noch schlechter. Man sagte damals, ihre gewöhnliche Art zu fechten bestehe darin, daß sie ihre Gewehre einmal abfeuerten und dann mit dem Geheul „Pardon!” und „Mord!” davonliefen. Ihre Unbrauchbarkeit wurde damals von ihren Feinden wie von ihren Verbündeten allgemein natürlicher Feigheit Schuld gegeben. Wie ungegründet diese Beschuldigung war, ist seitdem durch viele Heldenthaten in allen Weltgegenden glänzend bewiesen worden. Es hätte in der That selbst im 17. Jahrhundert verständigen Männern wohl einleuchten können, daß ein Volk, das mit die beste Reiterei von der Welt lieferte, bei richtiger Ausbildung gewiß auch gute Fußsoldaten liefern würde. Der größte unserer Feldherren erklärte zu wiederholten Malen und ganz entschieden, daß selbst die herrliche Armee, die sich unter seinen Befehlen von Torres Vedras bis Toulouse durchschlug, binnen wenigen Wochen zu allen militärischen Zwecken untauglich geworden sein würde, wenn man ihr gestattet hätte, sich das Plündern anzugewöhnen. Was konnte man also wohl von Truppen erwarten, denen man vom ersten Tage ihres Eintritts in die Armee nicht XVI.11nur erlaubt, sondern die man sogar aufgefordert hatte, sich für den geringen Sold durch Plündern zu entschädigen? Sie waren, wie es kaum anders sein konnte, ein bloßer Haufen Gesindel, zwar wüthend und lärmend in ihrem Eifer für die Sache, der sie sich geweiht hatten, aber unfähig einem wohlorganisirten Truppencorps beharrlichen Widerstand zu leisten. In der That, die Disciplin, wenn man es so nennen darf, der Armee Jakob’s hatte für den celtischen Kerne weiter nichts gethan als daß sie ihn erniedrigte und entnervte. Nach einem anderthalbjährigen nominellen Soldatendienste war er factisch noch eben so weit davon entfernt, ein Soldat zu sein, wie an dem Tage, da er seine Hütte mit dem Feldlager vertauschte.

Die Armee Wilhelm’s.

Wilhelm hatte unter seinen Befehlen nahe an sechsunddreißigtausend Mann, die aus vieler Herren Länder stammten und vielerlei Sprachen redeten. Kaum eine einzige protestantische Kirche, kaum eine einzige protestantische Nation war nicht vertreten in dieser Armee, welche durch eine wunderbare Kette von Ereignissen dahin gebracht worden war, auf der entlegensten Insel des Westens für den protestantischen Glauben zu kämpfen. Ungefähr die Hälfte der Truppen waren geborene Engländer. Unter ihnen befand sich Ormond mit den Leibgarden und Oxford mit den Blauen. Sir Johann Lanier, ein Offizier, der sich auf dem Continent militärische Erfahrung erworben hatte und dessen kluge Umsicht hoch geschätzt wurde, stand an der Spitze des Reiterregiments der Königin, jetzt das elfte der Dragonergarden. Ferner war Beaumont’s Infanterie dabei, die sich Jakob’s Befehl zum Trotz geweigert hatte, irische Papisten in ihre Reihen aufzunehmen, und Hastings’ Infanterie, die an dem unglücklichen Tage von Killiecrankie den militärischen Ruf des sächsischen Stammes gerettet hatte. Ferner die beiden Tangerschen Bataillone, bis dahin nur durch Gewaltthätigkeiten und Räubereien bekannt, aber dazu bestimmt, am folgenden Morgen eine lange Ruhmeslaufbahn zu beginnen. Die schottischen Garden kämpften unter dem Commando ihres Landsmannes Jakob Douglas. Zwei schöne englische Regimenter, welche im Dienste der Generalstaaten gestanden und unter Wilhelm’s Anführung schon oft dem Tode ins Angesicht geblickt hatten, begleiteten ihn in diesem Feldzuge nicht nur als ihren General, sondern auch als ihren vaterländischen König. Sie heißen gegenwärtig das fünfte und sechste der Linie. Das erstere wurde von einem Offizier geführt, der nur geringe Kenntniß von den höheren Zweigen der Kriegswissenschaft hatte, den aber die ganze Armee als den Tapfersten der Tapferen anerkannte, von Johann Cutts. Unter den holländischen Truppen zeichneten sich Portland’s und Ginkell’s Reiter und Solms’ blaues Regiment, aus zweitausend Mann der schönsten Infanterie von Europa bestehend, namentlich aus. Deutschland hatte einige seinen vornehmsten Familien entsprossene Krieger ins Feld geschickt. Prinz Georg von Hessen-Darmstadt, ein tapferer Jüngling, der seine Lehrzeit in der Kriegskunst bestand, ritt zur Seite des Königs. Eine starke Brigade dänischer Söldlinge wurde vom Herzog Karl Friedrich von Würtemberg befehligt, einem nahen Verwandten des Oberhauptes seiner erlauchten Familie. Man sagte, daß die Irländer unter allen Soldaten Wilhelm’s diese an meisten fürchteten. Denn Jahrhunderte sächsischer Oberhoheit hatten die Erinnerung an die Gewaltthätigkeit und Grausamkeit der skandinavischen Seekönige nicht verwischt, und eine alte Prophezeiung, daß die Dänen dereinst die Kinder des Landes vernichten würden, wurdeXVI.12 noch immer mit abergläubischem Entsetzen wiederholt.[14] Unter den fremden Hülfstruppen befanden sich ein brandenburgisches und ein finnländisches Regiment. Doch in diesem großen, aus so verschiedenen Elementen zusammengesetzten Heere waren zwei Corps von einem ganz besonders wilden und unversöhnlichem Geiste beseelt: die französischen Hugenotten, welche nach dem Blute der Franzosen lechzten, und die irischen Engländer, die es nicht erwarten konnten, die eingeborenen Irländer niederzutreten. Die Reihen der Refugiés waren von Spionen und Verräthern wirksam gesäubert worden und bestanden aus Männern, wie sie im vorhergehenden Jahrhundert gegen die Macht des Hauses Valois und gegen das Genie des Hauses Lothringen gekämpft hatten. Alle furchtlosen Männer der unbesiegbaren Colonie hatten sich in Wilhelm’s Lager begeben; so Mitchelburne mit den hartnäckigen Vertheidigern Londonderry’s, und Wolseley mit den Kriegern, welche am Tage von Newton Butler einstimmig „Vorrücken” gerufen hatten. Sir Albert Conyngham, der Ahnherr der edlen Familie, deren Stammschloß jetzt auf den Boyne herniedersieht, hatte aus der Umgegend des Ernesees ein tapferes Dragonerregiment herbeigeführt, das noch heute stolz ist auf den Namen Enniskillen und das an den Ufern des Schwarzen Meeres bewiesen hat, daß es seit der Schlacht am Boyne noch nicht ausgeartet ist.[15]

Walker, nunmehriger Bischof von Derry, begleitet die Armee.

Walker begleitete trotz seines vorgerückten Alters und seines friedlichen Berufs die Männer von Londonderry und suchte durch Wort und Beispiel ihren Eifer anzuspornen. Er war jetzt ein angesehener Prälat. Hesekiel Hopkins war vor den papistischen Verfolgern und presbyterianischen Rebellen nach London geflüchtet, hatte es über sich gewonnen, der Regierung Treue zu schwören, hatte eine Pfarre erhalten und war in der Ausübung der bescheidenen Amtspflichten eines Pfarrgeistlichen gestorben.[16] Wilhelm erfuhr auf seinem Marsche durch Louth, daß das reiche Bisthum Derry zu seiner Verfügung stand, und er ernannte sofort Walker zum neuen Bischofe. Der wackere Greis wurde während der wenigen Stunden, die ihm noch zu leben vergönnt waren, mit Huldigungen und Beglückwünschungen überhäuft. Unglücklicherweise war bei ihm von der Belagerung her, in der er sich so glänzend ausgezeichnet, eine Leidenschaft für das Kriegshandwerk zurück geblieben, und er redete sich leicht ein, daß er eine Pflicht gegen sein Vaterland und gegen seine Religion erfülle, wenn er sich dieser Leidenschaft hingebe. Er hätte bedenken sollen, daß die außergewöhnlichen Umstände, die ihn damals berechtigt hatten, die Waffen zu ergreifen, nicht mehr existirten und daß ein kämpfender Priester in einer disciplinirten Armee, welche von erfahrenen und berühmten Generälen geführt wird, viel wahrscheinlicher im Wege ist als etwas nützen kann. Der neuerwählte Bischof hatte sich vorgenommen, überall zu sein wo die Gefahr am größten war, und die Art und Weise, wie er sich der Gefahr aussetzte, erregte das äußerste Mißfallen seines königlichen XVI.13Gönners, der einen Zudringlichen eben so wenig leiden konnte wie einen Feigling. Ein Soldat, der aus der Schlacht davonlief, und ein Geistlicher, der sich in die Schlacht drängte, waren die beiden Dinge, welche Wilhelm am meisten verdrossen.

Wilhelm recognoscirt die Stellung der Irländer.

Es war noch früh am Tage. Der König ritt langsam am nördlichen Ufer des Flusses hin und beobachtete aufmerksam die Stellung der Irländer, von denen er zuweilen nur durch einen Zwischenraum von wenig mehr als zweihundert Fuß getrennt war. Er war begleitet von Schomberg, Ormond, Sidney, Solms, Prinz Georg von Hessen, Coningsby und Anderen. „Ihre Armee ist nur klein,” sagte einer der holländischen Offiziere. Sie schien in der That aus nicht mehr als sechzehntausend Mann zu bestehen. Aus dem Munde von Ueberläufern wußte man aber, daß viele Regimenter durch die Erhabenheiten des Terrains verborgen wurden. „Sie sind vielleicht stärker als sie aussehen,” bemerkte Wilhelm; „aber mögen sie schwach oder stark sein, ich werde bald ins Reine darüber kommen.”[17]

Endlich stieg er an einer Stelle, Oldbridge fast gerade gegenüber, ab, setzte sich ins Gras nieder, um auszuruhen und rief nach dem Frühstück. Die Saumrosse wurden ihrer Bürde entledigt, die Feldflaschen geöffnet und ein Tischtuch auf den Rasen gebreitet. Der Ort wird durch einen Obelisk bezeichnet, der zu einer Zeit errichtet wurde, als viele Veteranen, die sich der Ereignisse jenes Tages erinnern konnten, noch am Leben waren.

Wilhelm wird verwundet.

Während Wilhelm das Frühstück einnahm, zeigte sich auf dem andern Ufer dicht am Wasser ein Trupp Reiter. Man konnte darunter einige erkennen, die einst bei den Revuen in Hydepark und auf den Bällen in der Gallerie von Whitehall geglänzt hatten: den jugendlichen Berwick, den kleinen Lauzun mit seinen schönen Haaren, Tyrconnel, vor Zeiten von den Hoffräulein als das Ideal männlicher Kraft und Schönheit bewundert, jetzt aber vom Alter gebeugt und vom Podagra gelähmt, und über Alle emporragend das stolze Haupt Sarsfield’s.

Die Anführer der irischen Armee entdeckten bald, daß der Mann, der, von einer glänzenden Suite umgeben, am entgegengesetzten Ufer frühstückte, der Prinz von Oranien war, und sie schickten sofort nach Artillerie. Zwei Feldstücke, durch einen Reitertrupp maskirt, wurden fast bis an den Rand des Flusses gebracht und hinter einer Hecke aufgefahren. Wilhelm, der eben aufgestanden und wieder zu Pferde gestiegen war, war der Zielpunkt für beide Geschütze. Der erste Schuß traf eines der Pistolenholster des Prinzen Georg von Hessen und riß sein Pferd zu Boden „O,” rief der König, „der arme Prinz ist todtgeschossen!” Kaum waren diese Worte über seine Lippen, so traf ihn selbst eine zweite Kugel, ein Sechspfünder. Sie zerriß ihm den Rock, streifte seine Schulter und entzog ihm einige Unzen Blut. Beide Armeen sahen, daß der Schuß getroffen hatte, denn der König sank einen Augenblick auf den Hals seines Pferdes nieder. Im irischen Lager erscholl ein lautes Jubelgeschrei; die XVI.14Engländer und ihre Verbündeten erschraken. Solms warf sich auf die Erde nieder und brach in Thränen aus. Wilhelm’s Haltung beruhigte jedoch seine Freunde bald wieder. „Es ist mir nichts geschehen,” sagte er; „aber die Kugel kam gerade nahe genug.” Coningsby legte sein Taschentuch auf die Wunde, es wurde nach einem Wundarzt geschickt, der einen Verband anlegte, und sobald dies geschehen war, ritt der König unter lauten Zurufen durch alle Posten seiner Armee. Die Energie seines Geistes war so groß, daß er trotz seiner Kränklichkeit und trotz der eben erhaltenen Verletzung an diesem Tage neunzehn Stunden auf dem Pferde zubrachte.[18]

Die Kanonade wurde auf beiden Seiten bis zum Abend unterhalten. Wilhelm beobachtete mit besonderer Aufmerksamkeit den Eindruck, den die irischen Schüsse auf diejenigen englischen Regimenter machten, welche noch nie im Feuer gestanden hatten, und er erklärte sich mit dem Resultate seiner Beobachtungen zufrieden. „Es geht Alles gut,” sagte er, „sie halten Stand im Feuer.” Lange nach Sonnenuntergang inspicirte er seine Truppen noch einmal bei Fackelschein und gab Befehl, daß alle nöthigen Vorkehrungen getroffen wurden, um am nächsten Morgen den Uebergang über den Fluß zu erzwingen. Jeder Soldat sollte einen grünen Zweig am Hute tragen, das Gepäck und die Ueberröcke wurden unter der Obhut einer Wache zurückgelassen, die Parole war Westminster.

Der Entschluß des Königs, die Irländer anzugreifen, wurde nicht von allen seinen Unteranführern gebilligt. Schomberg insbesondere erklärte das Unternehmen für zu gewagt und zog sich, da er überstimmt wurde, nicht in der besten Laune in sein Zelt zurück. Als ihm der Befehl zum Kampfe überbracht wurde, brummte er vor sich hin, er sei mehr gewöhnt, solche Befehle zu geben, als zu empfangen. Diese kleine Anwandlung von Verdruß, welche man einem General, der große Siege erfochten hatte, als sein Gebieter noch ein Kind war, wohl verzeihen konnte, machte der tapfere Veteran am folgenden Morgen glänzend wieder gut.

Schlacht am Boyne.

Der 1. Juli brach an, ein Tag, der seitdem nie wiedergekehrt ist, um in den beiden Völkerstämmen, die sich in Irland theilen, die verschiedenartigsten Gefühle zu erwecken. Die Sonne ging strahlend an einem wolkenlosen Himmel auf. Bald nach vier Uhr waren beide Armeen in Bewegung. Wilhelm befahl seinem rechten Flügel unter den Befehlen Meinhart Schomberg’s, eines Sohnes des Herzogs, nach der Brücke von Slane, einige Meilen stromaufwärts, zu marschiren, den Fluß zu passiren und den linken Flügel der irischen Armee zu umgehen. Meinhart Schomberg hatte Portland und Douglas zur Seite. Jakob, der eine solche Absicht vermuthete, hatte schon ein Dragonerregiment unter dem Commando Sir Neill’s O’Neill nach der Brücke abgesandt. O’Neill benahm sich als tapferer Offizier, wurde aber bald tödtlich verwundet; seine Leute ergriffen die Flucht, und der rechte Flügel der Engländer ging über den Fluß.

Diese Bewegung beunruhigte Lauzun. Wie, wenn der englische rechte XVI.15Flügel in den Rücken der Armee Jakob’s gelangte? Ungefähr vier Meilen südlich vom Boyne lag ein Ort Namens Duleek, wo die Straße nach Dublin so schmal war, daß nicht zwei Wagen einander ausweichen konnten, und wo zu beiden Seiten der Straße ein Sumpf war, der dem Fuße keinen festen Halt bot. Wenn Meinhart Schomberg diese Stelle besetzte, so war den Irländern der Rückzug abgeschnitten und sie mußten entweder siegen oder sich bis auf den letzten Mann niederhauen lassen. In Folge dieser Befürchtung brach der französische General mit seinen Landsleuten und mit Sarsfield’s Reitern nach der Brücke von Slane auf, und die Vertheidigung der Furthen bei Oldbridge blieb den Irländern allein überlassen.

Es war jetzt bald zehn Uhr. Wilhelm stellte sich an die Spitze seines linken Flügels, der ausschließlich aus Reiterei bestand, und traf Anstalten, nicht weit oberhalb Drogheda den Fluß zu passiren; das Centrum seiner Armee, das fast lediglich aus Infanterie bestand, wurde dem Commando Schomberg’s anvertraut und Oldbridge gegenüber aufgestellt. Bei Oldbridge war die ganze irische Infanterie versammelt, das Meather Ufer wimmelte von Piken und Bayonetten. Die französischen Ingenieurs hatten aus den Hecken und Gebäuden eine Fortificationslinie gebildet und dicht am Wasser eine Brustwehr aufgeworfen.[19] Hier befand sich Tyrconnel; unter ihm commandirten Richard Hamilton und Antrim.

Schomberg gab die Parole und Solms’ Blaue setzten sich zuerst in Bewegung. Unter Trommelwirbel rückten sie muthig bis an den Rand des Flusses vor. Dann schwiegen die Trommeln und die Leute gingen zehn Mann hoch ins Wasser. Nach ihnen stiegen die Regimenter Londonderry und Enniskillen ins Wasser. Ein wenig links von diesen beiden Regimentern durchwatete Caillemot an der Spitze einer langen Colonne französischer Refugiés den Strom. Zur Linken Caillemot’s und seiner Refugiés arbeitete sich das Gros der englischen Infanterie, bis unter die Arme im Wasser, durch den Fluß. Noch weiter stromabwärts fanden die Dänen noch eine Furth. Binnen wenigen Minuten war der Boyne eine Viertelmeile weit mit Gewehren und grünen Zweigen bedeckt.

Erst als die Angreifenden die Mitte des Flusses erreicht hatten, erkannten sie die ganze Schwierigkeit und Gefahr des begonnenen Unternehmens. Sie hatten bisher noch wenig mehr als die Hälfte der feindlichen Armee gesehen; jetzt schienen ganze Infanterie- und Cavallerieregimenter aus der Erde zu wachsen. Ein wildes herausforderndes Geschrei ertönte das ganze Ufer entlang und einen Augenblick schien der Ausgang zweifelhaft; aber die Protestanten drangen entschlossen vorwärts und im nächsten Augenblicke wich die ganze irische Schlachtlinie zurück Tyrconnel sah in rathloser Verzweiflung zu. Es fehlte ihm nicht an persönlicher Tapferkeit, aber seine militärischen Kenntnisse waren so gering, daß er kaum einmal sein Regiment im Phönixpark die Revue passiren ließ, ohne einen Fehler zu machen, und die rings umher sich öffnenden Reihen wieder zu sammeln, war keine Aufgabe für einen General, der die Energie seines Körpers und seines Geistes überlebt und doch noch die Anfangsgründe seiner Berufswissenschaft zu lernen hatte. Mehrere von seinen besten Offizieren fielen, während sie umsonst ihre Soldaten XVI.16dahin zu bringen versuchten, den holländischen Blauen ins Angesicht zu blicken. Richard Hamilton beorderte eine Abtheilung Fußvolk, über die französischen Refugiés herzufallen, welche noch tief im Wasser standen. Er trat selbst an ihre Spitze und ging, begleitet von mehreren tapferen Offizieren mit gezogenem Degen ins Wasser. Aber weder seine Befehle, noch sein Beispiel konnten diesem Haufen von Viehdieben Muth einhauchen. Er wurde fast allein gelassen und zog sich in Verzweiflung vom Ufer zurück. Weiter stromabwärts lief Antrims’ Division gleich einer Heerde Schaafe beim Anrücken der englischen Colonne davon. Ganze Regimenter warfen Waffen, Fahnen und Monturstücke fort und flohen ins Gebirge, ohne einen Schlag gethan oder einen Schuß abgefeuert zu haben.[20]

Es bedurfte vieler Jahre und vieler Heldenthaten, um den Vorwurf zu verwischen, den diese schimpfliche Flucht an dem irischen Namen zurückließ. Und doch wurde es noch vor dem Ende des Tages glänzend bewiesen, daß der Vorwurf ungerecht war. Richard Hamilton stellte sich an die Spitze der Cavallerie und sie machte unter seinem Commando einen tapferen, wenn auch fruchtlosen Versuch, die Ehre des Tags zu retten. Sie bestand einen verzweifelten Kampf im Flusse mit Solms’ Blauen, trieb die dänische Brigade ins Wasser zurück und fiel ungestüm über die hugenottischen Regimenter her, welche zu weichen begannen, da sie nicht mit Piken versehen waren, deren sich die Infanterie damals gewöhnlich bediente, um einen Reiterangriff zurückzuschlagen. Caillemot erhielt, während er seine Mitverbannten anfeuerte, eine tödtliche Wunde in den Schenkel. Vier von seinen Leuten trugen ihn durch die Furth zurück in sein Zelt. Auf diesem traurigen Wege trieb er die letzten Reihen, XVI.17welche noch bis in die Brust im Wasser standen, noch immer zum Vorrücken an. „Weiter, weiter, meine Burschen! zum Ruhm, zum Ruhm!” Schomberg, der am nördlichen Ufer geblieben war und von hier aus das Vorrücken seiner Truppen mit dem Auge eines Generals überwacht hatte, meinte jetzt, daß die Lage der Dinge die persönliche Anstrengung des Soldaten von ihm verlange. Seine Umgebung drang vergebens in ihn, daß er den Küraß anlegen möchte. Ohne die schützende Rüstung ritt er durch den Fluß und sammelte die Refugiés wieder, welche Caillemot’s Fall in Verwirrung gebracht hatte. „Vorwärts, meine Herren, vorwärts!” rief er, auf die papistischen Schwadronen zeigend, in französischer Sprache, „dort sind Ihre Verfolger!” dies waren seine letzten Worte. Während er sprach, drang ein Trupp irischer Reiter auf ihn ein und umringte ihn auf einen Augenblick. Als sie sich wieder entfernten, lag er am Boden. Seine Freunde hoben ihn auf, aber er war schon eine Leiche. Er hatte zwei Säbelhiebe am Kopfe und eine Carabinerkugel im Halse. Fast in dem nämlichen Augenblicke wurde Walker, als er eben die Colonisten von Ulster ermahnte, sich als Männer zu zeigen, todtgeschossen. Ziemlich eine halbe Stunde lang wüthete der Kampf am südlichen Flußufer fort. Rauch, Staub und Getöse erfüllten die Luft. Alte Soldaten hörte man sagen, daß sie selten in den Niederlanden heißere Arbeit gesehen hätten. Gerade in diesem Augenblicke kam Wilhelm mit dem linken Flügel an. Die Passage durch den Fluß hatte ihn wegen der starken Strömung viel Mühe gekostet. Sein Pferd hatte schwimmen müssen und war fast im Schlamme stecken geblieben. Sobald der König wieder auf festem Boden stand, nahm er sein Schwert in die linke Hand, — denn den rechten Arm konnte er wegen seiner Wunde und wegen des Verbandes nicht gebrauchen, — und führte seine Leute dahin wo das Gefecht am hitzigsten war. Seine Ankunft entschied den Ausgang der Schlacht. Die irischen Reiter zogen sich jedoch nur hartnäckig fechtend zurück. Man erinnerte sich noch lange unter den Protestanten von Ulster, daß Wilhelm inmitten des Getümmels an die Spitze der Enniskillener ritt. „Was wollt Ihr für mich thun?” rief er aus. Er wurde nicht gleich erkannt und ein Reiter, der ihn für einen Feind hielt, wollte schon auf ihn feuern. Wilhelm schob den Carabiner sanft zur Seite und sagte: „Wie? kennt Ihr Eure Freunde nicht?” — „Es ist Seine Majestät!” rief der Oberst. Ein freudiges Hurrah erscholl in den Reihen der standhaften Protestanten. „Gentlemen,” sagte Wilhelm, „Ihr sollt heute meine Garden sein. Ich habe viel von Euch gehört, laßt mich einmal etwas sehen.” Es war eine der merkwürdigsten Eigenthümlichkeiten dieses für gewöhnlich so finsteren und schweigsamen Mannes, daß die Gefahr eine ähnliche Wirkung wie der Wein auf ihn äußerte, ihm das Herz öffnete, die Zunge löste und seinem Benehmen jeden Anschein von Gezwungenheit entzog. An diesen denkwürdigen Tagen sah man ihn überall wo die Gefahr am größten war. Eine Kugel traf die Kappe seines Pistols, eine andre riß den Absatz seines Stiefels fort; aber seine Leutnants drangen vergeblich in ihn, daß er sich auf einen Posten zurückziehen möchte, von wo er seine Befehle ertheilen konnte, ohne ein für ganz Europa so kostbares Leben zu gefährden. Durch sein Beispiel angespornt, gewannen seine Truppen sehr bald Boden. Die irische Reiterei machte zum letzten Male Halt bei einem Hause Namens Plottin Castle, ungefähr anderthalb Meilen südlich von Oldbridge. Hier wurden die Enniskillener mit einem Verluste vonXVI.18 funfzig Mann geworfen und hitzig verfolgt, bis Wilhelm sie wieder sammelte und die Verfolgung umkehrte. In diesem Gefecht wurde Richard Hamilton, der Alles gethan hatte was Tapferkeit thun konnte, um seinen durch Treulosigkeit verwirkten Ruf wieder zu erlangen, schwer verwundet, gefangen genommen und auf der Stelle durch Pulverdampf und Gemetzel vor den Fürsten geführt, gegen den er so schwer gesündigt hatte.[21] Bei keiner Gelegenheit zeigte sich Wilhelm’s Character augenfälliger. „Sind wir fertig,” sagte er zu ihm, „oder werden Ihre Reiter noch länger kämpfen?” — „Bei meiner Ehre, Sire,” antwortete Hamilton, „ich glaube sie werden es.” — „Ihre Ehre!” murmelte Wilhelm; „Ihre Ehre!” Dieser halbunterdrückte Ausruf war die einzige Rache, die er für eine Beleidigung zu nehmen sich herabließ, für welche mancher in seinem gewöhnlichen Umgange viel freundlichere und huldreichere Fürst eine furchtbare Wiedervergeltung geübt haben würde. Hierauf befahl er, sich gewaltsam bezwingend, seinem eignen Wundarzte, die Verletzungen des Gefangenen zu untersuchen.[22]

Die Schlacht war vorüber. Hamilton irrte sich, indem er glaubte seine Reiter würden den Kampf fortsetzen. Ganze Corps waren zusammengehauen worden. Ein schönes Regiment hatte nur noch dreißig nicht verwundete Leute. Es war genug, daß diese tapferen Soldaten das Feld behauptet, bis sie keine Unterstützung, keine Hoffnung, keine Leitung mehr hatten, bis ihr tapferster Anführer gefangen und ihr König geflohen war.

Jakob’s Flucht.

Ob Jakob seinen früheren Ruf der Tapferkeit dem Zufalle und der Schmeichelei verdankte, oder ob sein Character mit den vorgerückten Jahren sich veränderte, ist ungewiß. Gewiß ist, daß man in seiner Jugend von ihm glaubte, er besitze nicht nur das gewöhnliche Maß von Tapferkeit, das einen Soldaten befähigt, einen Feldzug ohne Schande zu bestehen, sondern auch die höhere und heitere Unerschrockenheit, welche den großen Feldherrn characterisirt.[23] Eben so gewiß ist aber, XVI.19daß er in seinen späteren Jahren zu wiederholten Malen bei Gelegenheiten, wie sie oftmals zaghafte und schwache Frauen mit einem heroischen Muthe beseelt haben, eine kleinmüthige Besorgniß um seine persönliche Sicherheit an den Tag legte. Die Blicke seiner Zeitgenossen und der Nachwelt, von Freunden, die seiner Sache treu ergeben waren, und von Feinden, die seine Demüthigung mit Ungeduld erwarteten, waren auf ihn gerichtet. Er hatte seiner Meinung nach geheiligte Rechte zu behaupten und schwere Unbilden zu rächen. Er war ein König, der gekommen war, um drei Königreiche zu kämpfen. Er war ein Vater, der gekommen war, um das Geburtsrecht seines Kindes zu kämpfen. Er war ein eifriger Katholik, der gekommen war, im heiligsten aller Kreuzzüge zu fechten. Wenn alles dies noch nicht genug war, so hatte er von der sicheren Stellung, die er auf der Anhöhe von Donore einnahm, einen Anblick vor sich, von dem man hätte denken sollen, daß er den stumpfsinnigsten Menschen hätte zum Wetteifer anspornen müssen. Er sah seinen Nebenbuhler schwach, kränklich und verwundet durch den Fluß schwimmen, sich durch den Schlamm kämpfen, den Angriff leiten, die Flucht aufhalten, das Schwert in die linke Hand nehmen und die Zügel mit einem verbundenen Arme führen. Aber nichts von dem Allen machte einen Eindruck auf diese schwerfällige und unedle Natur. Aus sicherer Entfernung beobachtete er den Anfang der Schlacht, von welcher sein und seines Hauses Schicksal abhing. Als es klar wurde, daß die Schlacht einen für Irland ungünstigen Ausgang nahm, bemächtigte sich seiner die Befürchtung, daß ihm die Flucht abgeschnitten werden könnte, und er brach daher im Galopp nach Dublin auf. Er war begleitet von einer Leibgarde unter dem Commando Sarsfield’s, der an diesem Tage keine Gelegenheit gehabt hatte, die Geschicklichkeit und den Muth zu entfalten, welche selbst seine Feinde ihm nicht absprechen.[24] Die französischen Hülfstruppen, welche den ganzen Morgen dazu verwendet worden waren, Wilhelm’s rechten Flügel in Schach zu halten, deckten die Flucht der geschlagenen Armee. Sie waren in der That in Gefahr, durch den Strom der Fliehenden, von denen jeder zuerst den Engpaß von Duleek erreichen wollte, durchbrochen und mit fortgerissen zu werden, und sie mußte deshalb zu wiederholten Malen auf diese verachtungswerthen Bundesgenossen feuern.[25] Indessen wurde der Rückzug mit geringerem Verlust bewerkstelligt, als man hätte erwarten sollen. Denn selbst Wilhelm’s Bewunderer gestanden zu, daß er die Verfolgung nicht mit der Energie betrieben, die er, wie selbst seine Verleumder anerkannten, in der Schlacht gezeigt halte. Vielleicht hatten seine Kränklichkeit, seine Wunde und die bestandenen Strapatzen ihn zu körperlicher XVI.20und geistiger Anstrengung unfähig gemacht. Er hatte von den letzten vierzig Stunden fünfunddreißig auf dem Pferde zugebracht, und Schomberg, der ihn hätte ersetzen können, war nicht mehr. Man sagte im Lager, daß der König nicht Alles thun könne und daß was er nicht thäte, überhaupt gar nicht gethan würde.

Verlust der beiden Armeen.

Das Gemetzel war geringer gewesen als auf irgend einem andren Schlachtfelde von gleicher Wichtigkeit und Berühmtheit. Von den Irländern waren nur etwa funfzehnhundert Mann gefallen; aber fast lauter Cavaliere, die Elite der Armee, tapfere und wohl disciplinirte Leute, die so leicht nicht zu ersetzen waren. Wilhelm gab strenge Ordre, daß kein unnöthiges Blutvergießen stattfinden solle, und verlieh diesem Befehle durch einen Act lobenswerther Strenge Nachdruck. Einer seiner Soldaten hieb, nachdem der Kampf vorüber war, noch drei wehrlose Irländer nieder, die um Pardon baten. Der König befahl, den Mörder auf der Stelle zu hängen.[26]

Der Verlust der Sieger überstieg nicht fünfhundert Mann; aber der größte Feldherr Europa’s war darunter. Seinem Leichname wurde jede erdenkliche Ehre erwiesen. Die einzige Ruhestätte, die einem so berühmten Krieger, der im Kampfe für die Freiheiten und die Religion England’s gefallen war, gebührte, war die durch den Staub vieler Generationen von Fürsten, Helden und Dichtern geheiligte und ehrwürdige Abtei. Es wurde bekannt gemacht, daß der tapfere Veteran ein öffentliches Leichenbegängniß zu Westminster haben solle. Einstweilen wurde sein Leichnam mit soviel Geschicklichkeit als im Lager zu finden war, einbalsamirt und in einen bleiernen Sarg gelegt.[27]

Walker wurde minder ehrerbietig behandelt. Wilhelm betrachtete ihn als einen unruhigen Kopf, der gebührend dafür bestraft worden war, daß er sich ohne einen Ruf der Pflicht in Gefahr begeben, und er äußerte diese Gesinnung auf dem Schlachtfelde mit characteristischer Derbheit. „Sire,” sagte einer von seinen Begleitern, „der Bischof von Derry ist bei der Furth durch eine Kugel getödtet worden.” — „Wer hieß ihn hingehen?” brummte der König.

Fall von Drogheda.

Die siegreiche Armee marschirte diesen Tag noch bis Duleek und brachte hier die warme Sommernacht unter freiem Himmel zu. Die Zelte und die Bagagewagen befanden sich noch auf der Nordseite des Flusses. Wilhelm’s Wagen war herübergeholt worden, und er schlief darin, umgeben von seinen Soldaten. Am folgenden Tage ergab sich Drogheda ohne Schwertstreich und die dreizehnhundert Mann starke Besatzung zog ohne Waffen ab.[28]

Zustand von Dublin.

Inzwischen hatte in Dublin eine heftige Aufregung geherrscht. Am 30. Juni wurde es bekannt, daß die beiden Armeen, durch den Boyne getrennt, einander gegenüber standen und daß eine Schlacht fast unvermeidlich war. Am Abend desselben Tages kam die Nachricht, daß Wilhelm verwundet war. Es hieß zuerst, die Wunde sei tödtlich. Man glaubte und erzählte es mit Zuversicht weiter, daß der Usurpator nicht mehr sei, und Couriere wurden abgeschickt, um die frohe XVI.21Botschaft von seinem Tode den in den Häfen von Munster liegenden Schiffen zu überbringen. Am 1. Juli waren die Straßen Dublin’s vom frühen Morgen an mit Leuten angefüllt, welche begierig nach Neuigkeiten fragten und solche erzählten. Tausend tolle Gerüchte circulirten unter der Menge. Von dem Berge Howth wollte man eine Flotte von Kriegsschiffen unter weißer Flagge gesehen haben. In Kent sollte ein Armeecorps unter den Befehlen eines Marschalls von Frankreich gelandet sein. Der Kampf am Boyne sollte heiß gewesen sein, die Irländer aber sollten gesiegt haben; der englische rechte Flügel sei geschlagen und der Prinz von Oranien gefangen genommen worden. Während die Katholiken diese Geschichten an allen öffentlichen Orten anhörten und wiedererzählten, schlossen sich die wenigen noch auf freiem Fuße befindlichen Protestanten in ihre Wohnungen ein, denn sie fürchteten in Stücke zerrissen zu werden. Gegen fünf Uhr Nachmittags aber kamen einige Deserteurs auf ermüdeten Pferden an und brachten schlimme Nachrichten. Um sechs Uhr wußte man, daß Alles verloren war. Bald nach Sonnenuntergang ritt Jakob, von zweihundert Reitern begleitet, in das Schloß ein. Auf der Schwelle kam ihm Tyrconnel’s Gattin, einst die lebensfrohe und schöne Fanny Jennings, die reizendste Kokette in dem glänzenden Whitehall der Restauration, entgegen. Der besiegte König hatte ihr den Untergang ihres und seines eignen Glückssternes anzukündigen. Inzwischen kam der Strom der Fliehenden rasch heran. Bis Mitternacht waren alle nördlichen Zugänge der Hauptstadt durch Wagenzüge und durch Schaaren von erschöpften und mit Staub bedeckten Dragonern verstopft. Einige hatten ihre Feuergewehre, Andere ihre Säbel verloren, noch Andere waren durch frische Wunden entstellt. Um zwei Uhr Morgens war es still in Dublin, aber noch vor dem frühen Anbruch des Sommertages wurden die Schlafenden durch Trompetenstöße geweckt: die Reiter, welche am vorhergehenden Tage die Ehre ihres Vaterlandes so wacker gerettet hatten, ergossen sich mit furchtbar gelichteten Reihen, aber doch noch immer einen Schein von militärischer Ordnung beobachtend, durch die Straßen. Zwei Stunden später ließen sich Lauzun’s Trommeln vernehmen, und die französischen Regimenter rückten in ungebrochener Ordnung in die Stadt ein.[29] Viele glaubten, daß mit einer solchen Streitmacht noch immer Widerstand geleistet werden könne. Aber noch vor sechs Uhr wurden der Lord Mayor und einige der angesehensten katholischen Bürger eiligst ins Schloß beschieden, und hier nahm Jakob mit einer Rede, die ihm wenig Ehre machte, Abschied von ihnen. Er sei oft, sagte er, darauf aufmerksam gemacht werden, daß die Irländer trotz ihres guten und kräftigen Aussehens sich auf dem Schlachtfelde niemals gut halten würden, und er habe sich jetzt überzeugt, daß die Warnung nur zu gegründet gewesen sei. Er habe das Unglück gehabt, sich binnen weniger als zwei Jahren von zwei Armeen verlassen zu sehen. Seinen englischen Truppen habe es nicht an Muth, aber an Loyalität gefehlt. Seine irischen Truppen seien ohne Zweifel seiner Sache ergeben, da es auch die ihrige sei; aber sobald sie einem Feinde gegenüber gestellt würden, liefen sie davon. Der Verlust sei allerdings gering gewesen; aber desto schimpflicher sei es für Diejenigen, XVI.22welche bei so unbedeutendem Verlust schon die Flucht ergriffen hätten. „Ich werde nie wieder eine irische Armee commandiren. Ich muß jetzt auf meine Sicherheit bedacht sein, und auch Sie müssen für Sich selbst sorgen.” Nachdem er so seine Soldaten heruntergemacht, daß sie der Pöbel waren, zu welchem seine eigne verkehrte Behandlung sie gemacht hatte, und daß sie das Beispiel der Feigheit nachgeahmt, das er selbst ihnen gegeben, sprach er noch einige eines Königs würdigere Worte. Er wisse, sagte er, daß einige seiner Anhänger erklärt hätten, sie würden Dublin eher niederbrennen als es in die Hände der Engländer fallen lassen. Eine solche That würde ihn in den Augen der ganzen Menschheit entehren, denn Niemand würde glauben, daß seine Freunde ohne seine Einwilligung so weit gehen könnten. Auch würde eine solche That Denen, die sie begingen, eine strenge Behandlung zuziehen, welche sie außerdem nicht zu befürchten hätten, denn Unmenschlichkeit gegen besiegte Feinde gehöre nicht zu den Fehlern des Prinzen von Oranien. Aus diesen Gründen forderte Jakob seine Zuhörer bei ihrer Unterthanenpflicht auf, die Stadt weder zu plündern noch zu zerstören.[30]

Jakob’s Flucht nach Frankreich.

Er reiste hierauf ab, ging eiligst über das Wicklowgebirge und hielt nicht eher an als bis er funfzig Meilen von Dublin entfernt war. Kaum war er abgestiegen, um etwas zu sich zu nehmen, so wurde er durch das alberne Gerücht erschreckt, daß die Verfolger ihm dicht auf den Fersen seien. In Folge dessen reiste er sofort weiter, ritt die ganze Nacht durch und gab Befehl, daß die Brücken hinter ihm abgebrochen werden sollten. Am Morgen des 3. Juli erreichte er den Hafen von Waterford und ging von hier zu Wasser nach Kinsale, wo er sich auf einer französischen Fregatte einschiffte und nach Brest segelte.[31]

Dublin wird von den französischen und irischen Truppen geräumt.

Nach seiner Abreise nahm die Verwirrung in Dublin mit jeder Stunde zu. Während des ganzen Tages nach der Schlacht kamen beständig fliehende Fußsoldaten, ermüdet und mit Staub bedeckt, in die Stadt, und katholische Bürger verließen dieselbe mit ihren Frauen, ihren Kindern und ihrem Hausgeräth. In einigen Theilen der Hauptstadt herrschte noch ein Ueberrest von militärischer Ordnung und Kriegsbereitschaft. Die Thore waren bewacht, das Schloß von einem starken Truppencorps besetzt, und man glaubte allgemein, daß der Feind nicht ohne Kampf hereingelassen werden würde. Einige Großsprecher, die wenige Stunden zuvor von dem Brustwerke bei Oldbridge weggelaufen waren, ohne einen Hahn zu spannen, schworen in der That jetzt, daß sie die Stadt eher in Asche legen als sie dem Prinzen von Oranien überliefern würden. Aber gegen Abend sammelten Tyrconnel und Lauzun alle ihre Truppen und verließen die Stadt auf der Straße, welche nach der großen Weidestrecke führte, die die ganze Hochebene am Kildare umfaßt. Die Gestalt der Dinge in Dublin gewann augenblicklich ein andres Aussehen. Allenthalben kamen die Protestanten aus ihren Verstecken hervor. Einige von ihnen gingen in die Häuser ihrer Verfolger und verlangten Waffen. XVI.23Die Thore der Gefängnisse wurden geöffnet. Die Bischöfe von Meath und von Limerick, Doctor King und Andere, welche lange an der Doctrin des passiven Gehorsams festgehalten, die aber endlich durch die Tyrannei in gemäßigte Whigs verwandelt worden waren, bildeten eine provisorische Regierung und schickten einen Boten in Wilhelm’s Lager, um ihm sagen zu lassen, daß Dublin bereit sei, ihn willkommen zu heißen. Noch denselben Abend um acht Uhr rückte eine Schwadron englischer Dragoner ein. Die ganze Bevölkerung ging ihr bis College Green entgegen, wo jetzt die Statue des Befreiers steht. Hunderte umarmten die Soldaten und die Hälse der Pferde und liefen, einander die Hände schüttelnd, freudetrunken umher. Am andren Morgen traf ein starkes Cavalleriecorps ein und von allen Seiten kamen Nachrichten von dem Eindrucke, den der Sieg am Boyne gemacht hatte. Jakob hatte die Insel verlassen; Wexford hatte sich für König Wilhelm erklärt; in einem Umkreise von fünfundzwanzig Meilen von der Hauptstadt gab es keinen bewaffneten Papisten mehr. Fast sämmtliche Bagage und Vorräthe der geschlagenen Armee waren den Siegern in die Hände gefallen. Die Enniskillener hatten nicht weniger als dreihundert Wagen weggenommen und hatten unter der Beute zehntausend Pfund baares Geld, eine Menge Silbergeschirr und Schmucksachen, sowie die ganze prächtige Feldequipage Tyrconnel’s und Lauzun’s gefunden.[32]

Wilhelm’s Einzug in Dublin.

Wilhelm nahm sein Hauptquartier in Ferns, ungefähr zwei Meilen von Dublin. Von da ritt er am Morgen des 6. Juli, einem Sonntage, mit großem Gepränge nach der Kathedrale und richtete dort, mit der Krone auf dem Haupte, in dem Chore, das jetzt mit den Bannern der Ritter von St. Patrick behangen ist, ein öffentliches Dankgebet zu Gott. King predigte mit dem ganzen Feuer eines Neophyten über die große Befreiung, mit der Gott die Kirche beglückt habe. Die protestantischen Behörden der Stadt erschienen nach langer Zeit wieder mit dem Prunke ihres Amtes. Wilhelm ließ sich nicht bewegen, im Schlosse zu übernachten, sondern er kehrte am Abend ins Lager zurück und schlief dort in seiner hölzernen Hütte.[33]

Eindruck der Nachrichten aus Irland in Frankreich.

Die Kunde von diesen wichtigen Ereignissen verbreitete sich rasch und brachte ganz Europa in heftige Aufregung. Die Nachricht von Wilhelm’s XVI.24Verwundung ging überall der Nachricht von seinem Siege um einige Stunden voraus. Paris wurde mitten in der Nacht durch die Ankunft eines Couriers geweckt, der die frohe Botschaft brachte, daß der Ketzer, der Vatermörder, der Todfeind der Größe Frankreich’s, im Angesicht beider Armeen von einer Kanonenkugel tödtlich getroffen worden sei. Die Polizeicommissare liefen in der Stadt umher, klopften an die Hausthüren und forderten die Leute auf zu illuminiren. In Zeit von einer Stunde strahlten die Straßen, die Quais und die Brücken in hellem Lichterglanze, Trommeln wirbelten und Trompeten schmetterten; die Glocken von Notre-Dame läuteten und Kanonenschüsse donnerten von den Batterien der Bastille. In den Straßen wurden Tafeln aufgeschlagen und allen Vorübergehenden Wein gereicht. Eine Strohpuppe, welche den Prinzen von Oranien darstellte, wurde durch den Koth geschleift und schließlich den Flammen übergeben. Sie war begleitet von einem widerlichen Abbilde des Teufels, der einen Zettel trug, auf dem geschrieben stand: „Ich habe Dich seit zwei Jahren erwartet.” Die Läden mehrerer Hugenotten, welche durch Einquartierung gezwungen worden waren, sich für Katholiken zu erklären, die aber in dem Verdachte standen, im Herzen noch immer Ketzer zu sein, wurden vom Pöbel geplündert. Es war gefährlich, die Wahrheit der Nachricht, welche die Menge so freudig willkommen geheißen hatte, in Zweifel zu ziehen. Bald jedoch wagten es einige nüchterne Leute zu bemerken, daß das Factum des Todes des Tyrannen noch nicht so ganz ausgemacht sei als man wohl wünschen könnte. Da entspann sich eine heftige Polemik über die Wirkung solcher Verwundungen, denn der große Haufe meinte, daß Jemand, der von einer Kanonenkugel an der Schulter getroffen worden sei, nicht wieder aufkommen könne. Die Streitenden appellirten an medizinische Autoritäten, und die Thüren der renommirtesten Chirurgen und Aerzte wurden belagert, als ob, wie man scherzhaft sagte, eine Epidemie in Paris geherrscht hätte. Die Frage wurde bald durch ein Schreiben von Jakob entschieden, worin er seine Niederlage und seine Ankunft in Brest meldete.[34]

Eindruck der Nachrichten aus Irland in Rom.

In Rom machten die Nachrichten aus Irland eine Sensation ganz andrer Art. Auch dort fand die Kunde von Wilhelm’s Tode eine kurze Zeit lang Glauben. Im französischen Gesandtschaftshotel herrschte nichts als Freude und Triumph; die Gesandten des Hauses Oesterreich aber waren in Verzweiflung, und das Aussehen des päpstlichen Hofes verrieth nichts weniger als Jubel.[35] Melfort schrieb in einem Anfall von Freudentaumel einen Beglückwünschungsbrief an Marie von Modena. Dieser Brief ist noch vorhanden und würde allein hinreichen zu erklären, warum er der Günstling Jakob’s war. Herodes — so war Wilhelm genannt — sei nicht mehr. Es müsse eine Restauration stattfinden und diese Restauration müsse eine furchtbare Rache und die Herstellung des Despotismus nach sich ziehen. Die Macht der Geldbewilligung müsse den Gemeinen entzogen XVI.25werden. Politische Verbrecher dürften nicht durch Juries, sondern durch Richter abgeurtheilt werden, auf die sich die Krone verlassen könne. Die Habeascorpusacte müsse aufgehoben, die Urheber der Revolution mit schonungsloser Strenge bestraft werden. „Wenn,” schrieb der gefühllose Apostat, „der König gezwungen ist zu begnadigen, so mögen es so wenig Schurken sein als möglich.”[36] Nach Verlauf einiger angstvoller Stunden stieg ein Bote, der neuere und authentischere Nachrichten brachte, in dem Palaste ab, den der Vertreter des katholischen Königs bewohnte. In einem Augenblicke war Alles verändert, die Feinde Frankreich’s — und das war die ganze Bevölkerung mit Ausnahme der Franzosen und der britischen Jakobiten — wünschten einander von Herzen Glück. Die sämmtlichen Sekretäre und Schreiber der spanischen Gesandtschaft reichten nicht hin, um Abschriften der Depeschen für die Cardinäle und Bischöfe zu fertigen, die es nicht erwarten konnten, Ausführlicheres über den Sieg zu erfahren. Die erste Abschrift wurde dem Papste zugesandt und sie war ihm ohne Zweifel willkommen.[37]

Eindruck der Nachrichten aus Irland in London.

Die guten Nachrichten aus Irland trafen in London in einem Augenblicke ein, wo gute Nachrichten dort sehr nöthig waren. Die englische Flagge hatte in den englischen Meeren keine Ehre eingelegt, ein auswärtiger Feind bedrohte die Küsten, Verräther bearbeiteten das Land im Innern. Marie hatte sich über ihre Kräfte angestrengt. Ihre zarte Constitution war den heftigen Gemüthsbewegungen ihrer Stellung nicht gewachsen, und sie beklagte sich, daß sie von den Geschäften keinen Augenblick Zeit erübrigen könne, um sich durch Gebet zu beruhigen. Ihre Angst stieg aufs Höchste, als sie erfuhr, daß die beiden Lager ihres Vaters und ihres Gatten nahe bei einander aufgeschlagen seien und daß man stündlich die Nachricht von einer Schlacht zu gewärtigen habe. Sie stahl sich die Zeit zu einem Ausfluge nach Kensington und brachte drei ruhige Stunden in dem Garten zu, welcher damals noch eine ländliche Einsamkeit war.[38] Aber die Erinnerung an die Tage, die sie dort mit dem Manne verlebt, den sie vielleicht nie wiedersehen sollte, überwältigte sie. „Der Ort,” schrieb sie an ihn, „erinnert mich daran, wie glücklich ich war, als ich hier in Ihrer theuren Gesellschaft zubrachte. Doch ich will nicht mehr sagen, denn ich würde meinen Augen schaden, die ich jetzt nöthiger brauche als je. Leben Sie wohl. Denken Sie an mich und lieben Sie mich so wie ich Sie, den ich mehr liebe als mein Leben.”[39]

Früh am Morgen nachdem diese zärtlichen Zeilen abgeschickt waren, wurde Whitehall durch die Ankunft einer Post aus Irland geweckt. Nottingham wurde aus dem Bett geholt. Man benachrichtigte die Königin, welche eben in die Kapelle gegangen war, wo sie täglich dem Gottesdienst XVI.26beiwohnte, daß Wilhelm verwundet worden sei. Sie hatte viel geweint, aber bis diesen Augenblick hatte sie nur in der Stille geweint und sich bemüht, ihrem Hofe und ihrem Staatsrathe ein heiteres Antlitz zu zeigen. Als aber Nottingham ihr den Brief ihres Gemahls überreichte, brach sie in Thränen aus. Sie zitterte noch vor heftiger Bewegung und hatte kaum einen Brief an Wilhelm beendigt, in welchem sie mit der natürlichen Beredtsamkeit ihres Geschlechts ihre Liebe, ihre Besorgnisse und ihre Dankbarkeit ausdrückte, als ein andrer Bote mit der Nachricht ankam, daß die englische Armee den Uebergang über den Boyne erzwungen habe, daß die Irländer in wilder Flucht begriffen seien und daß der König sich wohl befinde. Doch war sie sichtbar unruhig, bis Nottingham ihr versichert hatte, daß auch Jakob unversehrt sei. Der ernste Staatssekretär, der sie wirklich geachtet und geliebt zu haben scheint, schilderte nachmals mit viel Gefühl diesen Kampf zwischen der Kindespflicht und Gattenliebe. Noch den nämlichen Tag schrieb sie an ihren Gemahl und beschwor ihn dafür zu sorgen, daß ihrem Vater kein Leid geschehe. „Ich weiß,” sagte sie, „ich brauche Sie nicht erst zu bitten, darauf zu sehen, daß man seiner schont, denn ich bin überzeugt, Sie werden dies schon um Ihretwillen thun. Aber erweisen Sie mir die Güte und lassen Sie die Leute um meinetwillen noch besonders wissen, Sie wünschten nicht, daß seiner Person das geringste Leid zugefügt werde.”[40] Diese Fürsorge war, so sehr man sie loben muß, überflüssig. Ihr Vater wußte selbst am besten für seine Sicherheit zu sorgen. Er hatte sich während der Schlacht nicht ein einziges Mal der Möglichkeit ausgesetzt, verwundet zu werden, und während seine Tochter bei dem Gedanken an die Gefahren schauderte, von denen sie ihn in Irland umgeben glaubte, war er schon auf halbem Wege nach Frankreich.

Die erfreulichen Nachrichten trafen zufällig an dem Tage in Whitehall ein, bis zu welchem das Parlament prorogirt worden war. Der Sprecher und mehrere in London anwesende Mitglieder des Hauses der Gemeinen versammelten sich nach der hergebrachten Form um zehn Uhr Morgens und wurden durch den schwarzen Stab vor die Schranken der Peers entboten. Hierauf wurde das Parlament in Auftrag des Königs von neuem prorogirt. Sobald diese Ceremonie vorüber war, überreichte der Kanzler der Schatzkammer dem Sekretär die eben aus Irland angelangte Depesche und der Sekretär las sie den anwesenden Lords und Gentlemen mit lauter Stimme vor.[41] Die frohe Botschaft verbreitete sich rasch von Westminster Hall durch alle Kaffeehäuser und wurde mit Jubel aufgenommen. Denn diejenigen Engländer, welche durch die Franzosen und Irländer eine englische Armee geschlagen und eine englische Colonie vertilgt zu sehen wünschten, bildeten selbst unter der jakobitischen Partei die Minderzahl.

Jakob’s Ankunft in Frankreich; sein Empfang daselbst.

Am neunten Tage nach der Schlacht am Boyne landete Jakob in Brest mit vortrefflichem Appetit und in heiterer, sehr gesprächiger Laune. Er erzählte die Geschichte seiner Niederlage Jedem, der sie hören wollte. Aber französische Offiziere, welche den Krieg verstanden und seine ErzählungXVI.27 mit anderen Berichten verglichen, erklärten, daß Se. Majestät, obgleich er die Schlacht mit angesehen habe, doch nichts weiter davon wisse, als daß seine Armee geschlagen worden sei.[42] Von Brest begab er sich nach Saint-Germains, wo ihn Ludwig einige Stunden nach seiner Ankunft besuchte. Der König von Frankreich besaß zu viel Takt und Edelsinn als daß er ein Wort hätte äußern sollen, das wie ein Vorwurf klang. Er erklärte, daß es der königlichen Familie von England, soweit seine Kräfte reichten, an nichts fehlen solle, was zu ihrem Comfort beitragen könne. Von den politischen und militärischen Plänen seines unglücklichen Gastes aber wollte er durchaus nichts hören. Jakob empfahl eine sofortige Landung in England. Dieses Königreich sei durch die Anforderungen Irland’s von Truppen entblößt, und die noch daselbst befindlichen sieben- oder achttausend Mann könnten einer großen französischen Armee keinen Widerstand leisten. Die Bevölkerung schäme sich ihrer Verirrung und wünsche sehnlichst, dieselbe wieder gutzumachen. Sobald ihr rechtmäßiger König sich zeige, würde sie sich in Massen um ihn schaaren.[43] Ludwig war zu artig und gutherzig um auszusprechen was er gefühlt haben muß. Er begnügte sich kalt zu erwiedern, daß er sich über keinen Plan in Bezug auf die britischen Inseln entscheiden könne, bevor er Mittheilungen von seinen Generälen in Irland erhalten habe. Jakob wurde zudringlich und schien sich dadurch verletzt zu fühlen, daß man ihm vierzehn Tage nachdem er von einer Armee weggelaufen, nicht schon eine andre anvertrauen wollte. Ludwig ließ sich nicht verleiten, ein unfreundliches oder unhöfliches Wort zu äußern; aber sein Entschluß stand fest, und um weiterem ihm peinlichen Andringen aus dem Wege zu gehen, schützte er Unpäßlichkeit vor. Eine Zeit lang erhielt Jakob, so oft er nach Versailles kam, den ehrerbietigen Bescheid, Seine Allerchristlichste Majestät sei jetzt nicht im Stande, sich mit Geschäftsangelegenheiten zu befassen. Die tapferen und geistreichen Edelleute, welche täglich die Vorzimmer füllten, konnten sich eines höhnischen Lächelns nicht erwehren, wenn sie sich bis zur Erde vor dem königlichen Gaste verbeugten, den seine Feigheit und Beschränktheit zum zweiten Male zu einem Verbannten und Bettler gemacht hatten. Sie flüsterten sogar ihre Sarkasmen laut genug, um das stolze Blut der Guelphen in die Wangen Mariens von Modena zu treiben. Aber Jakob’s Unempfindlichkeit war nicht gewöhnlicher Art; sie hatte sich schon längst gegen Vernunftgründe wie gegen das Mitleid bewährt. Jetzt bestand sie noch eine härtere Probe und sie erwies sich selbst gegen die Verachtung gestählt.[44]

Tourville versucht eine Landung in England.

Während XVI.28er so mit unwürdiger Standhaftigkeit den höflichen Spott der französischen Aristokratie ertrug und sein Möglichstes that, die Geduld und Artigkeit seines Wohlthäters zu ermüden, indem er beständig wiederholte, daß dies der günstige Augenblick zu einem Einfall in England sei und daß die ganze Insel ihre fremden Befreier mit Sehnsucht erwarte, ereigneten sich Dinge, welche deutlich bewiesen, wie wenig der verbannte Despot den Character seiner Landsleute kannte.

Tourville war nach der Schlacht bei Beachy Head ungehindert im Kanal umher gefahren. Am 21. Juli wurden seine Masten auf den Felsen von Portland gesehen. Am 22. ankerte er im Hafen von Torbay angesichts der nämlichen Höhen, welche nicht viele Monate früher die Flotte Wilhelm’s geschützt hatten. Die französische Flotte, die jetzt eine beträchtliche Anzahl Truppen an Bord hatte, bestand aus hundertelf Segeln. Die Galeeren, welche einen großen Theil dieser Streitmacht bildeten, glichen eher den Schiffen, mit denen Alcibiades und Lysander sich die Herrschaft im ägäischen Meere streitig machten, als denen, welche am Nil und bei Trafalgar kämpften. Die Galeere war sehr lang und sehr schmal, das Verdeck nicht mehr als zwei Fuß über dem Wasserspiegel. Jede Galeere wurde durch funfzig bis sechzig mächtige Ruder in Bewegung gesetzt, an deren jedem fünf bis sechs Sklaven arbeiteten. Die volle Sklavenbemannung eines solchen Fahrzeugs betrug dreihundertsechsunddreißig, die volle Zahl der Offiziere und Matrosen hundertfunfzig Mann. Von den unglücklichen Ruderknechten waren einige Verbrecher, welche verdientermaßen zu einem Leben harter Arbeit und Gefahren verurtheilt worden; einige andere hatten sich weiter nichts zu Schulden kommen lassen, als daß sie beharrlich der hugenottischen Gottesverehrung anhingen; die große Mehrzahl aber waren gekaufte Sklaven, meist Türken und Mohren. Sie brüteten natürlich fortwährend über Plänen, wie sie ihre Tyrannen ermorden und aus der Knechtschaft entspringen könnten, und waren nur durch beständige Züchtigungen und durch häufige Todesstrafen von den qualvollsten Formen in Ordnung zu halten. Ein Engländer, der einmal zufällig unter zwölfhundert dieser unglücklichen und verzweifelten Geschöpfe gerieth, welche auf dem Wege von Marseille waren, um zu Tourville’s Geschwader zu stoßen, hörte wie sie schwuren, daß, wenn sie einem Kriegsschiffe zu nahe kommen sollten, das das St. Georgskreuz trüge, sie nie wieder einen französischen Hafen sehen würden.[45]

Im mittelländischen Meere waren die Galeeren allgemein in Gebrauch, aber noch nie waren sie auf dem stürmischen Ocean gesehen worden, der unsre Insel umtobt. Ludwig’s Schmeichler sagten, daß das Erscheinen eines solchen Geschwaders im atlantischen Meere eines von den Wundern sei, die seiner Regierung vorbehalten wären, und in Paris wurde zum Gedächtniß dieses kühnen Versuchs im Seekriege eine Denkmünze geprägt.[46] Englische Seeleute prophezeiten mit mehr Grund, daß der erste Windstoß diese ganze Schönwetterflotte auf den Grund des Kanals schicken werde. Die Galeere hielt sich in der That, wie die alte Trireme, im XVI.29allgemeinen dicht am Ufer und wagte sich nur bei ganz ruhigem Wasser und heiterem Himmel in die offene See. Aber die Eigenschaften, welche diese Art Schiffe untauglich zum Kampfe gegen Sturm und Wogen machten, machten sie ganz besonders brauchbar zum Landen von Soldaten. Tourville beschloß zu versuchen, welche Wirkung eine Landung hervorbringen würde. Die englischen Jakobiten, die sich nach Frankreich geflüchtet hatten, glaubten alle zuversichtlich, daß die ganze Bevölkerung der Insel bereit sei, sich einer Invasionsarmee anzuschließen, und er traute ihnen wahrscheinlich zu, daß sie die Stimmung ihrer Landsleute kannten.

Doch es konnte keinen größeren Irrthum geben. Auch soll der französische Admiral der Sage nach schon als er sich noch auf offener See befand, eine Lection bekommen haben, die ihn hätte lehren können, auf die Versicherungen von Verbannten nicht allzu viel zu geben. Er nahm ein Fischerboot weg und befragte den Eigenthümer, einen schlichten Sussexer, über die Gesinnungen der Nation. „Seid Ihr,” sagte er zu ihm, „für König Jakob.” — „Davon verstehe ich nicht viel,” antwortete der Fischer. „Ich habe nichts gegen König Jakob, er ist gewiß ein sehr würdiger Herr. Gott segne ihn!” — „Ein braver Mann!” sagte Tourville. „Ihr werdet also gewiß nichts dagegen einzuwenden haben, bei uns Dienste zu nehmen.” — „Wie?” rief der Gefangene, „mit den Franzosen gegen Engländer sollen wir kämpfen? Euer Ehren möge es mir nicht übel nehmen, aber ich könnte das nicht, und wenn es mich mein Leben kostete.”[47] Dieser arme Fischer, mochte er nun eine wirkliche oder fingirte Person sein, sprach die Gesinnung der Nation aus. Die Feuerwarte auf dem Bergrücken, welcher Teignmouth beherrschte, wurde angezündet; der High Tor und Cansland antworteten und bald loderten Feuer auf allen Bergspitzen des Westens. Reitende Boten eilten die ganze Nacht hindurch von einem Vicestatthalter zum andren. Am folgenden Morgen in der Frühe versammelten sich, ohne Anführer und ohne Aufforderung, fünfhundert bewaffnete und berittene Gentlemen und Freisassen auf dem Gipfel des Haldon, und binnen vierundzwanzig Stunden hatte sich ganz Devonshire erhoben. Jede Straße in der Grafschaft von einer Meeresküste zur andren war mit Massen kampffähiger Männer bedeckt, die alle nach der Torbaybucht zogen. Die Besitzer von hundert Schlössern, stolz auf ihre langen Stammbäume und auf ihre alten Wappen, rückten an der Spitze ihrer Vasallen ins Feld: die Drake, die Prideaux und die Rolle, Fowell von Fowelscombe und Fulford von Fulford, Sir Bourchier Wray von Tawstock Park und Sir William Courtenay von Powderham Castle. Briefe von mehreren der Vicestatthalter, welche in dieser angstvollen Woche am thätigsten waren, sind noch vorhanden. Alle diese Briefe rühmen einstimmig den Muth und die Begeisterung des Volks. Aber alle äußern auch einstimmig die schmerzlichste Besorgniß hinsichtlich des Resultats eines Zusammenstoßes zwischen einer ungeübten Miliz und Veteranen, welche unter Turenne und Luxemburg gedient hatten, und alle verlangen den XVI.30Beistand regulärer Truppen in einer Sprache, die ganz anders klingt als sie die damaligen Landgentlemen über stehende Heere zu führen pflegten, so lange sie das Andringen der Gefahr nicht fühlten.

Teignmouth wird zerstört.

Als Tourville sah, daß die ganze Bevölkerung wie ein Mann gegen ihn aufgestanden war, begnügte er sich damit seine Galeeren abzuschicken, um Teignmouth, jetzt ein freundlicher Badeort von zwölfhundert Häusern, damals aber noch ein unbekanntes Dorf von etwa vierzig Hütten, zu zerstören. Die Einwohner waren geflohen. Ihre Häuser wurden angezündet, die ehrwürdige Pfarrkirche geplündert, die Kanzel und der Altar zertrümmert, die Bibeln und Gebetbücher zerrissen und auf den Straßen umhergestreut, alles Vieh geschlachtet und einige kleine Fahrzeuge, welche zum Fischfang oder zum Küstenhandel benutzt wurden, vernichtet. Unterdessen hatten sechzehn- bis siebzehntausend Männer von Devonshire nahe an der Küste ein Lager aufgeschlagen und alle benachbarten Grafschaften hatten sich erhoben. Die Zinngruben von Cornwall hatten eine große Anzahl rauher und kühner Männer, Todfeinde des Papismus, geschickt. Zehntausend von ihnen hatten eben eine Adresse an die Königin unterzeichnet, worin sie versprachen, ihr gegen jeden Feind beizustehen, und sie hielten jetzt ihr Wort.[48] In der That, die ganze Nation war in Aufruhr. Zweiundzwanzig Reitertrupps aus Suffolk, Essex, Hertfordshire und Buckinghamshire passirten bei Hounslow vor Marien Revue und wurden von Marlborough wegen ihres kriegerischen Aussehens belobt. Die Milizen von Kent und Surrey campirten auf Blackheath.[49] Van Citters berichtete an die Generalstaaten, daß ganz England sich zu Fuß und zu Roß bewaffnet erhoben habe, daß der unglückliche Ausgang der Schlacht von Beachy Head das Volk keineswegs entmuthigt, sondern noch mehr erbittert habe und daß jede Compagnie Soldaten, der er auf der Straße begegnet, wie aus einem Munde gerufen habe: „Gott segne König Wilhelm und Königin Marie.”[50]

Charles Granville, Lord Lansdowne, der älteste Sohn des Earl von Bath, kam mit einigen Truppen der Garnison von Plymouth an, um das Commando der tumultuarischen Armee, die sich um das Wasserbecken von Torbay versammelt, zu übernehmen. Lansdowne war kein Neuling. Er hatte mehrere beschwerliche Feldzüge gegen den gemeinsamen Feind der Christenheit mitgemacht und war zum Lohn für die Tapferkeit, die er an dem von Filicaja und von Waller besungenen denkwürdigen Tage entfaltet, an welchem die Ungläubigen von den Mauern Wien’s abzogen, zum Grafen des Römischen Reichs creirt worden. Er traf Vorbereitungen zum Gefecht, aber die Franzosen hielten es nicht für gerathen ihn anzugreifen und wünschten sogar sehnlichst wieder abzuziehen. Durch Hindernisse verzögerte sich ihr Weggang. Einmal war der Wind den Segelschiffen ungünstig;XVI.31 ein andermal ging die See zu hoch für die Galeeren. Endlich stach die Flotte in See. Als die Reihe der Schiffe das hohe Vorgebirge umsegelte, welches Torquay beherrscht, ereignete sich ein Vorfall, der, obwohl an sich unbedeutend, die Tausende, welche am Ufer versammelt waren, sehr interessirte. Zwei unglückliche Sklaven machten sich von einem Ruder los und sprangen über Bord. Der eine kam um; der andre aber erreichte, nachdem er über eine Stunde mit den Wellen gekämpft, glücklich den englischen Boden und wurde von der Bevölkerung, in deren Augen die Galeerendisciplin etwas Fremdartiges und Widerliches war, herzlich willkommen geheißen. Er war ein Türke und wurde großmüthig in sein Vaterland zurückgeschickt.

Erbitterung der englischen Nation gegen die Franzosen.

In der Gazette de Paris erschien eine pomphafte Beschreibung der Expedition. In Wahrheit aber waren Tourville’s Thaten ruhmlos und noch weniger ruhmlos als unpolitisch gewesen. Der Schaden, den er zugefügt, stand in keinem Verhältniß zu dem Hasse, den er erweckt hatte. Bisher hatten die Jakobiten sich bemüht, die Nation zu überreden, daß die Franzosen als Freunde und Befreier kommen, strenge Mannszucht halten, die Tempel und Gebräuche der Landesreligion achten und wieder abziehen würden, sobald der holländische Despot vertrieben und die alte Verfassung des Reichs wiederhergestellt war. Der kurze Besuch Tourville’s an unsrer Küste hatte bewiesen, wie wenig man von Ludwig’s Soldaten eine solche Mäßigung erwarten durfte. Sie waren nur einige Stunden auf unsrer Insel gewesen und hatten nur wenige Acker Bodenfläche innegehabt. Aber in diesen wenigen Stunden und auf diesem kleinen Raume hatten sie die Verwüstung der Pfalz im Kleinen wiederholt. Das Geschehene wurde dem ganzen Königreiche viel schneller mitgetheilt als es durch Zeitungen und Neuigkeitsbriefe möglich gewesen wäre. Eine Bitte um Unterstützung der Bewohner von Teignmouth wurde in sämmtlichen zehntausend Kirchen des Landes verlesen. Keine Gemeinde konnte ohne schmerzliche Bewegung hören, daß die papistischen Raubhorden die Wohnungen friedlicher und bescheidener Landsleute zerstört, die Altäre des Herrn geschändet, das Evangelium und die Gebetbücher in Stücke zerrissen hatten. Eine Straße, welche von den Beiträgen der Mildthätigen auf der Stelle der von den Eingedrungenen zerstörten Wohnungen erbaut wurde, führt noch heute den Namen der französischen Straße.[51]

Das Geschrei des Unwillens gegen Diejenigen, von denen man mit XVI.32gutem Grunde argwöhnte, daß sie den Feind aufgefordert hätten, eine Landung an unseren Küsten zu versuchen, war heftig und allgemein und wurde durch viele Stimmen verstärkt, welche noch kürzlich laut gegen Wilhelm’s Regierung gemurrt hatten. Die Frage hatte aufgehört eine Frage zwischen zwei Dynastien zu sein, und war eine Frage zwischen England und Frankreich geworden. Das nationale Gefühl war so stark, daß Eidverweigerer und Papisten es theilten oder sich wenigstens stellten als theilten sie es. Nicht lange nach der Einäscherung von Teignmouth legte Dryden ein Schauspiel mit einer höchst geistreichen, kunstvollen und beredten Widmung Halifax zu Füßen. Der Dichter gratulirte seinem Gönner, daß er sich aus den Stürmen des öffentlichen Lebens in einen ruhigen Hafen zurückgezogen, und pries in kräftiger und schöner Sprache das Glück des Staatsmannes, der das geräuschvolle Treiben des Staatsdienstes und den Ruhm der Rednerbühne mit philosophischen Studien und häuslichen Genüssen vertauschte. England dürfe sich nicht darüber beklagen, daß ihm Dienste entzogen würden, auf die es ein Recht habe. Selbst die strenge Zucht des alten Rom habe einem Soldaten gestattet, nach einer Reihe von Feldzügen um seine Entlassung zu bitten, und Halifax habe gewiß genug für sein Vaterland gethan, um das nämliche Recht beanspruchen zu dürfen. Aber der Dichter setzte hinzu, daß es einen Fall gegeben habe, in welchem der römische Veteran selbst nach seiner Entlassung seinen Schild und sein Pilum wieder ergreifen mußte, und dieser eine Fall war eine Invasion der Gallier. Daß ein Schriftsteller, der Jakob’s Gunst durch Apostasie erkauft hatte, der von Wilhelm’s Hofe verstoßen worden war, der ein größeres Interesse an der Restauration des exilirten Königshauses hatte als irgend ein andrer berufsmäßiger Schriftsteller, eine solche Sprache führte, ob aufrichtig oder unaufrichtig, ist gleich, dies ist ein Factum, welches uns überzeugen muß, daß der Entschluß, sich nie durch Fremdlinge unterjochen zu lassen, im Herzen des Volks feststand.[52]

Die jakobitische Presse.

Es gab zwar eine jakobitische Literatur, in der keine Spur von diesem patriotischen Geiste zu entdecken ist, eine Literatur, deren Ueberreste beweisen, daß es Engländer gab, welche sehr geneigt waren, die englische Flagge entehrt, den englischen Boden in fremder Gewalt, die englische Hauptstadt geplündert und die englische Krone auf dem Haupte eines Vasallen Ludwig’s zu sehen, wenn sie sich nur an ihren Feinden und speciell an Wilhelm rächen konnten, den sie mit einer zum Theil furchtbaren, zum Theil lächerlichen Erbitterung haßten. Aber diese Literatur war durchaus ein Werk der Finsterniß. Das Gesetz, durch welches das Parlament Jakob’s die Presse der Ueberwachung von Censoren unterworfen hatte, war noch in Kraft, und obgleich die Beamten, denen es oblag, die Uebertretung dieses Gesetzes zu verhüten, nicht allzu streng jede Unregelmäßigkeit von Seiten eines Buchhändlers aufstachen, der die Kunst verstand, einen Händedruck durch eine Guinee zu versüßen, konnten sie doch den offenen Verkauf uncensirter Pamphlets, die voll roher Insulten gegen den Souverain und directer Aufforderungen zur Empörung waren, nicht ruhig mit ansehen. Aber schon seit langer Zeit verbargen die Dachstuben London’s eine Klasse von Buchdruckern, XVI.33welche unverdrossen und mit einer Vorsicht, wie nur Falschmünzer und Fälscher sie beobachten können, in ihrem Berufe thätig waren. Frauen waren als Wachen ausgestellt, um durch ihr Geschrei Alarm zu geben, sobald ein Beamter sich in der Nähe der Werkstätte zeigte. Die Presse wurde dann sogleich in ein hinter dem Bett angebrachtes Kabinet geschoben, die Lettern wurden in den Ofenkasten geworfen und mit Asche bedeckt, und der Setzer verschwand durch eine Fallthür im Dache und entkam über die Dächer der Nachbarhäuser. In diesen Höhlen wurden hochverrätherische Werke aller Art und von jedem Umfange fabricirt, von Halbpennyblättern mit Knittelversen bis zu dickleibigen Quartanten voll hebräischer Citate. Solche Preßerzeugnisse offen auszulegen war natürlich nicht rathsam, und sie wurden nur durch zuverlässige Agenten ganz im Geheimen verkauft. Einige Flugschriften, von denen man sich eine große Wirkung versprach, wurden auf Kosten reicher Jakobiten in Massen von Exemplaren vertheilt. Eine solche Schrift wurde bald unter eine Thür geschoben, bald unbemerkt auf den Tisch eines Kaffeehauses gelegt. Einmal gingen tausend Exemplare eines gemeinen Pamphlets mit den Briefbeuteln fort, ein andermal sahen die Krämer, wenn sie am frühen Morgen ihre Laden öffneten, ganz Fleetstreet und den Strand mit aufrührerischen Zetteln beschneit.[53]

Die jakobitische Gebets- und Demüthigungsformel.

Von den zahlreichen Schriften, welche auf solchen Schleichwegen unter die Leute gebracht wurden, machte keine größeres Aufsehen als ein kleines Buch, welches eine Gebets- und Demüthigungsformel zum Gebrauche der verfolgten Kirche enthielt. Es unterlag keinem Zweifel, daß eine bedeutende Summe auf dieses Werk verwendet worden war. Zehntausend Exemplare waren durch allerhand Mittel und Wege im ganzen Lande verbreitet worden. Es wurde nie ein lügenhafteres, hämischeres und gottloseres Libell geschrieben. Obgleich die Regierung ihre Feinde bisher mit einer in der Geschichte unsres Landes beispiellosen Milde und Nachsicht behandelt, obgleich seit der Revolution kein Mensch wegen eines politischen Vergehens die Todesstrafe erlitten hatte, schämten sich die Verfasser dieser Liturgie doch nicht, Gott zu bitten, daß er den unersättlichen Blutdurst ihrer Feinde stillen oder, wenn noch mehr von ihnen durch das rothe Meer in das gelobte Land gehen sollten, er sie für die Reise vorbereiten solle.[54] Sie beklagten sich, daß die englische Kirche, einst das Schöne in höchster Vollendung, zum Spott und Gelächter, ein Trümmerhaufen, ein Weinberg mit wilden Reben geworden sei; daß ihre Uebungen nicht mehr den Namen des öffentlichen Gottesdienstes verdienten; daß das Brot und der Wein, die sie spende, keine sakramentliche Kraft mehr habe; daß ihre Priester, indem sie dem Usurpator Treue gelobt, den geheiligten Character verloren hätten, den die Ordination ihnen verliehen.[55] Jakob XVI.34wurde profanerweise der Stein genannt, den thörichte Baumeister verworfen hätten, und es wurde die inbrünstige Bitte ausgesprochen, daß die Vorsehung ihn wieder zum Schlußstein machen möge. Die Segnungen, die auf unser Vaterland herabgerufen wurden, waren ganz absonderlicher Art. Es kam etwas darin vor, was große Aehnlichkeit mit der Bitte um eine neue blutige Rundreise hatte: „Gieb dem Könige die Hälse seiner Feinde;” etwas Andres klang ganz wie eine Bitte um eine französische Invasion: „Verschaffe ihnen auswärts Freunde;” und endlich enthielt das Buch ein noch mysteriöseres Gebet, dessen besten Commentar später das Ermordungscomplot lieferte: „Thue etwas Großes für ihn, was wir nicht näher zu bezeichnen wissen.”[56]

Entrüstung gegen die eidverweigernden Bischöfe.

Diese Liturgie wurde geschrieben, verbreitet und soll in einigen Gemeinden jakobitischer Schismatiker verlesen worden sein, bevor Wilhelm nach Irland aufbrach, erregte aber erst dann allgemeine Aufmerksamkeit, als das Erscheinen einer fremden Flotte an unsrer Küste den Nationalgeist aufgerüttelt hatte. Da erhob sich ein Geschrei des Unwillens gegen die Engländer, welche unter dem scheinheiligen Vorwande des Gebets Flüche über England herabzurufen gewagt hatten. Man hatte, nicht ohne einen Anschein von Grund, die abgesetzten Prälaten in Verdacht, denn die Eidverweigerer waren ohne eine einzige Ausnahme eifrige Episkopalen. Ihr Prinzip war, daß in kirchlichen Angelegenheiten von wichtiger Bedeutung ohne die Sanction des Bischofs nichts zweckmäßig gethan werden könne. Konnte man also glauben, daß Jemand, der es mit diesem Grundsatze hielt, ohne die Genehmigung Sancroft’s, den die ganze Partei nicht allein als den wahren Primas von ganz England, sondern auch als einen Heiligen und als einen Bekenner verehrte, eine Liturgie verfassen, drucken, verbreiten und beim öffentlichen Gottesdienste wirklich benutzen würde? Es war bekannt, daß die Prälaten, welche die Eidesleistung verweigert, unlängst zu Lambeth mehrere Berathungen gepflogen hatten. Der Gegenstand dieser Berathungen, sagte man jetzt, sei leicht zu errathen. Die heiligen Väter hätten sich damit beschäftigt, Gebete um die Vernichtung der protestantischen Colonie in Irland, um die Niederlage der englischen Flotte im Kanal und um die baldige Ankunft seiner französischen Armee in Kent zu entwerfen. Die extreme Section der Whigpartei betrieb diese Anschuldigung mit rachsüchtigem Eifer. Das, sagten diese unversöhnlichen Politiker, sei also die Frucht von König Wilhelm’s Nachsicht und Milde. Nie habe er sich vollständiger geirrt, als indem er die Hoffnung genährt, daß die Herzen des Klerus durch Milde und Mäßigung zu gewinnen seien. Er habe es nicht für gut befunden, Männern Glauben zu schenken, welche durch langjährige und bittere Erfahrungen gelernt hätten, daß keine Güte die finstre Grausamkeit einer Priesterschaft besänftigen könne. Er habe gestreichelt und gefüttert, wo er die Wirkung von Ketten und Hunger hätte versuchen sollen. Er habe durch Protegirung seiner schlimmsten XVI.35 Feinde die Zuneigung seiner besten Freunde aufs Spiel gesetzt. Die Bischöfe, die sich öffentlich geweigert, ihn als ihren Souverain anzuerkennen, und welche durch diese Weigerung ihre Würden und Einkünfte verwirkt hätten, lebten noch immer ungestört in Palästen, die von besseren Männern bewohnt sein sollten, und welchen Dank habe er für diese Nachsicht, eine in der Geschichte der Revolutionen beispiellose Nachsicht, geerntet? Keinen andren als den, daß die Männer, die er mit so großer Schonung vor verdienter Strafe geschützt, noch die Frechheit hätten, ihn in ihren Gebeten als einen mit dem Blute Gerechter Befleckten zu bezeichnen; sie bäten Gott um die Kraft, seine blutige Tyrannei standhaft zu ertragen; sie erflehten vom Himmel eine fremde Flotte und Armee, um sie von seinem Joche zu erlösen; ja, sie deuteten sogar einen Wunsch an, der so abscheulich sei, daß sie selbst nicht die Stirn hätten, ihn offen auszusprechen. Ein Schriftsteller drückte in einem Pamphlet, das großes Aufsehen machte, seine Verwunderung aus, daß das Volk, als Tourville siegreich in den Kanal einfuhr, die eidverweigernden Prälaten nicht dewittet[57] habe. Bei der damaligen gereizten Stimmung des Volks stand zu befürchten, daß diese Andeutung einen wüthenden Pöbelhaufen nach Lambeth führen würde. In Norwich stand das Volk auch wirklich auf, griff den Palast an, den der Bischof noch bewohnen durfte, und würde ihn zerstört haben, wenn die Milizen nicht zur rechten Zeit eingeschritten wären.[58] Die Regierung zog den Verfasser des Werks, das einen so beunruhigenden Landfriedensbruch veranlaßt hatte, gebührenderweise in Criminaluntersuchung.[59] Währenddem veröffentlichten die abgesetzten Prälaten eine Vertheidigung ihres Benehmens. In dieser Schrift erklärten sie auf das Feierlichste und im Angesicht Gottes, daß sie keinen Antheil an der neuen Liturgie hatten, daß sie nicht wüßten wer sie verfaßt habe, daß sie dieselbe nie gebraucht, daß sie nie weder in directem noch indirectem Verkehr mit dem französischen Hofe gestanden hätten, daß sie in kein Complot, gegen die bestehende Regierung verwickelt seien und daß sie bereitwillig eher ihr Blut vergießen als England durch einen fremden Fürsten unterjocht sehen würden, der in seinem eignen Lande ihre protestantischen Brüder grausam verfolgt habe. Was den Verfasser anlange, der sie durch ein entsetzliches, nur zu wohl verstandenes Wort der öffentlichen Rache bezeichnet habe, so empföhlen sie ihn der göttlichen Gnade und beteten aus vollem Herzen, daß seine große Sünde ihm vergeben werden möge. Die meisten von Denen, welche diese Schrift unterzeichneten, thaten es ohne Zweifel mit vollkommener Aufrichtigkeit; aber es zeigte sich bald, daß wenigstens einer von ihnen dem Verbrechen des Verraths an seinem Vaterlande das Verbrechen hinzugefügt hatte, seinen Gott zum Zeugen einer Lüge anzurufen.[60]

XVI.36Militärische Operationen in Irland; Waterford genommen.

Die im Kanale und auf dem Continent vorgehenden Ereignisse nöthigten Wilhelm wiederholte Abänderungen in seinen Plänen zu treffen. Im Laufe der Woche, welche auf seinen triumphirenden Einzug in Dublin folgte, kamen Boten mit schlimmen Nachrichten rasch hintereinander aus England. Zuerst kam die Nachricht von Waldeck’s Niederlage bei Fleurus. Der König war tief betrübt darüber. Alle Freude über seinen eigenen Sieg, sagte er, werde ihm dadurch verleidet. Gleichwohl setzte er sich mit der hinter seiner finstren Außenseite verborgenen Hochherzigkeit noch im Augenblicke des ersten Unmuths nieder und schrieb einen freundlichen und ermuthigenden Brief an den unglücklichen General.[61] Drei Tage darauf kamen noch beunruhigendere Nachrichten. Die verbündete Flotte war schimpflich geschlagen. Das Meer von den Dünen bis Land’s End war im Besitz des Feindes. Die nächste Post konnte die Nachricht von einem feindlichen Einfall in Kent bringen. Ein französisches Geschwader konnte im St. Georgskanal erscheinen und mit Leichtigkeit alle in der Bai von Dublin vor Anker liegenden Transportschiffe verbrennen. Wilhelm beschloß nach England zurückzukehren; zuvor aber wünschte er sich einen guten Hafen an der Ostküste von Irland zu sichern. Waterford war der seinem Zwecke am besten entsprechende Platz und er richtete denn auch unverzüglich seinen Marsch dahin. Clonmel und Kilkenny wurden von den irischen Truppen verlassen, sobald es bekannt ward, daß er heranrückte. In Kilkenny wurde er am 19. Juli vom Herzoge von Ormond in dem alten Schlosse der Butler bewirthet, das vor nicht langer Zeit von Lauzun bewohnt gewesen war und das daher trotz der allgemeinen Verwüstung noch Tische und Stühle in den Zimmern, Tapeten an den Wänden und Claret im Keller hatte. Am 21. bequemten sich zwei in Waterford liegende Regimenter nach einem schwachen Anschein von Widerstand zum Abzuge; einige Stunden später wurde das Fort Duncannon übergeben, das sich am Eingange des Hafens auf einem felsigen Vorgebirge erhob, und Wilhelm war Herr des ganzen sicheren und geräumigen Beckens, das von den vereinigten Gewässern des Suir, des Nore und des Barrow gebildet wird. Er kündigte hierauf seine Absicht an, sofort nach England zurückzukehren, und nachdem er den Grafen Solms zum Oberbefehlshaber der Armee in Irland ernannt hatte, reiste er nach Dublin ab.[62]

Unterwegs trafen ihn jedoch gute Nachrichten. Tourville war an der Küste von Devonshire erschienen, hatte einige Truppen ans Land gesetzt und Teignmouth zerstört; allein er hatte damit nichts weiter erreicht, als daß die ganze Bevölkerung der westlichen Grafschaften sich bewaffnet gegen die Eingedrungenen erhoben. Der Feind war wieder abgezogen, nachdem er gerade so viel Schaden angerichtet, um die Sache Jakob’s den Tories sowohl als den Whigs eine Zeit lang verhaßt zu machen. Wilhelm änderte daher abermals seinen Plan und eilte zu seiner Armee zurück, die sich während seiner Abwesenheit westwärts bewegt hatte und bei der er in der Nähe von Cashel wieder eintraf.[63]

XVI.37 Um diese Zeit erhielt er einen Brief von Marien, worin sie ihn ersuchte, eine wichtige Frage zu entscheiden, über welche der Rath der Neun getheilter Meinung war. Marlborough war der Ansicht, daß jede Gefahr einer Invasion für dieses Jahr vorüber sei. Das Meer, sagte er, sei frei, denn die französischen Schiffe seien nach Hause zurückgekehrt, wo sie ausgebessert würden. Jetzt sei es Zeit, eine englische Flotte mit fünftausend Mann Truppen an Bord nach dem südlichen Ende von Irland zu schicken. Eine solche Streitmacht könne Cork und Kinsale, zwei der wichtigsten Plätze, die sich noch in der Gewalt der Truppen Jakob’s befänden, ohne Schwierigkeit nehmen. Nottingham unterstützte Marlborough kräftig; eben so energisch aber opponirten ihm die übrigen Mitglieder des Staatsraths mit Caermarthen an ihrer Spitze. Die Königin berichtete die Sache ihrem Gemahl. Er billigte den Plan entschieden und gab Befehl, daß er von dem General, der ihn entworfen, ausgeführt werden solle. Caermarthen fügte sich, wenn auch mit Widerstreben und über die ausnehmende Parteilichkeit Sr. Majestät für Marlborough murrend.[64]

Die irische Armee bei Limerick zusammengezogen. Lauzun erklärt, daß der Platz nicht zu halten sei.

Inzwischen rückte Wilhelm gegen Limerick vor. In diese Stadt hatte die am Boyne geschlagene Armee sich geworfen, zwar entmuthigt und mit Schande bedeckt, der Zahl nach aber nur unbedeutend geschwächt. Er würde nicht die Mühe gehabt haben, sie zu belagern, wenn der Rath Lauzun’s und seiner Landsleute befolgt worden wäre. Sie lachten über den Gedanken, solche Festungswerke vertheidigen zu wollen und gestanden überhaupt gar nicht zu, daß man den Namen Befestigungswerke Erdhaufen geben könne, die allerdings wenig Aehnlichkeit mit den Werken von Valenciennes und Philipsburg hatten. „Die Engländer,” sagte Lauzun mit einem Schwure, „brauchen nicht erst Kanonen gegen eine Festung wie diese aufführen zu lassen. Was Ihr Eure Wälle nennt, könnte man mit gebratenen Aepfeln zusammenschießen.” Er stimmte daher für die Räumung Limerick’s und erklärte daß er entschlossen sei, auf keinen Fall das Leben der Tapferen, die sein Gebieter seiner Obhut anvertraut habe, in einem nutzlosen Widerstande aufzuopfern.[65] Die persönlichen Neigungen des glänzenden und kühnen Franzosen hatten allerdings nicht geringen Einfluß auf seinen Ausspruch. Er und seine Waffengefährten waren Irland’s müde. Sie waren bereit, muthig, ja freudig auf einem Schlachtfelde dem Tode ins Angesicht zu schauen; aber das unthätige, schmutzige und barbarische Leben, das sie nun schon seit mehreren Monaten führten, war mehr als sie ertragen konnten. Sie waren der civilisirten Welt eben so weit entrückt, als wenn sie nach Dahomey oder Spitzbergen verbannt gewesen wären. Das Klima untergrub ihre Gesundheit und ertödtete ihre Lebensgeister. In diesem durch einen jahrelangen Raubkrieg ausgesogenen unglücklichen Lande vermochte die Gastfreundschaft wenig mehr zu bieten als ein Strohlager, ein Stück halb rohes und halb verbranntes Fleisch und einen Schluck saure Milch. Eine Brotrinde und eine Flasche Wein waren kaum für schweres Geld zu erlangen. Ein Jahr solcher Strapatzen und EntbehrungenXVI.38 war eine Ewigkeit für Männer, welche von jeher gewohnt waren, allen Luxus von Paris mit ins Feld zu nehmen: weiche Betten, kostbare Decken, Silbergeschirr, Körbe voll Champagner, Operntänzerinnen, Köche und Musiker. Besser ein Gefangener in der Bastille, besser ein Mönch in La Trappe, als Generalissimus der halbnackten Wilden, die sich im Schlamme der öden Sümpfe von Munster wälzten. Jeder Vorwand war willkommen, der als Entschuldigung für die Rückkehr in das Land der Kornfelder und Weingärten, der vergoldeten Karossen und der Spitzenkragen, der Ballsäle und Theater dienen konnte.[66]

Die Irländer bestehen auf der Vertheidigung von Limerick.

Ganz anders war die Gesinnung der Söhne des Landes. Die Insel, welche in den Augen französischer Hofleute ein trostloser Verbannungsort war, war des Irländers Heimath. Hier waren alle Gegenstände seiner Liebe und seines Ehrgeizes vereinigt und hier hoffte er, daß sein Staub sich einst mit dem Staube seiner Väter vermischen werde. Für ihn hatten selbst der durch die Dünste des Oceans verschleierte Himmel, die schwarzen Binsendickichte und stehenden Gewässer, die Lehmhütten, in denen die Landleute ihre Wurzelmahlzeit mit den Schweinen theilten, einen Reiz, der den sonnigen Tagen, den wogenden Feldern und den stattlichen Palästen der Seine fehlte. Er konnte sich keine schönere Wohnstätte denken als sein Vaterland, wenn es erst einmal von der Tyrannei der Sachsen erlöst sein würde; und jede Hoffnung, sein Vaterland von dem Tyrannenjoche der Sachsen erlöst zu sehen, mußte schwinden, wenn Limerick übergeben wurde.

Das Verhalten der Irländer während der letzten zwei Monate hatte ihren militärischen Ruf auf die tiefste Stufe herabgezogen. Sie waren, mit Ausnahme einiger tapferer Cavallerieregimenter, am Boyne schimpflich geflohen und hatten sich dadurch die Verachtung ihrer Feinde sowohl wie ihrer Verbündeten zugezogen. Die Engländer, die sich in Saint-Germains befanden, nannten die Irländer nie anders als ein Volk von Memmen und Verräthern.[67] Die Franzosen waren so erbittert gegen die unglückliche Nation, daß irische Kaufleute, die schon seit vielen Jahren in Paris etablirt waren, sich nicht in den Straßen zeigen durften, wenn sie vom Pöbel nicht insultirt werden wollten.[68] Das Vorurtheil war so stark, XVI.39daß alberne Geschichten erfunden wurden, um die Unerschrockenheit, mit der die Reiter gefochten, zu erklären. Bald sagte man, die Reiter seien nicht Männer von celtischem Geblüt, sondern Nachkommen der alten Engländer des Sachsengebiets;[69] bald wieder, sie seien kurz vor der Schlacht mit Branntwein berauscht worden.[70] Nichts ist jedoch gewisser, als daß sie zum größten Theil irischer Abstammung gewesen sein müssen; auch hatte der sich gleichbleibende Muth, den sie in einem langen und fast hoffnungslosen Kampfe entfalteten, nicht die mindeste Aehnlichkeit mit der Wuth eines durch geistige Getränke zu momentaner Tapferkeit erhitzten Feiglings. Selbst bei der Infanterie, so undisciplinirt und desorganisirt sie war, fand sich viel Muth, nur wenig Ausdauer. Anfälle von Begeisterung und Anfälle von Entmuthigung wechselten mit einander ab. Das nämliche Bataillon, das jetzt in panischem Schrecken die Waffen wegwarf und um Pardon bat, focht bei einer andren Gelegenheit mit großer Tapferkeit. In der Schlacht am Boyne war der Muth der ungeübten und schlecht commandirten Kernen auf den Nullpunkt gesunken. Als sie sich in Limerick wieder gesammelt hatten, war ihr Blut in Aufruhr. Patriotismus, Fanatismus, Scham, Rachedurst und Verzweiflung hatten sie über sich selbst erhoben. Offiziere und Mannschaften verlangten einstimmig, daß die Stadt bis aufs Aeußerste vertheidigt werde. An der Spitze Derer, welche für den Widerstand waren, stand der tapfere Sarsfield, und seine Ermahnungen erweckten in allen Reihen einen Muth, der dem seinigen gleichkam. Sein Vaterland zu retten, lag außer seiner Macht. Er konnte nichts weiter thun, als den letzten Todeskampf um ein blutiges und unheilvolles Jahr verlängern.[71]

Tyrconnel ist gegen die Vertheidigung von Limerick.

Tyrconnel war vollkommen unfähig, die Frage, über welche die Franzosen und die Irländer getheilter Meinung waren, zu entscheiden. Die einzigen militärischen Tugenden, die er jemals besessen, waren persönliche Tapferkeit und Geschicklichkeit im Gebrauche des Degens. Diese Eigenschaften hatten ihn in früherer Zeit befähigt, Nebenbuhler von den Thüren seiner Maitressen fern zu halten und bei Hahnenkämpfen und am Spieltische den Hektor zu spielen. Um aber über die Möglichkeit einer Vertheidigung von Limerick sich ein Urtheil zu bilden, dazu gehörte mehr. Wäre sein Blut noch so heiß gewesen wie in den Tagen, da er mit Grammont würfelte und dem alten Herzoge von Ormond den Hals zu brechen drohte, würde er wahrscheinlich dafür gestimmt haben, das Aeußerste zu wagen. Aber Alter, Mühen und Krankheit hatten von dem bramarbasirenden, polternden und rauflustigen Dick Talbot der Restauration wenig mehr übrig gelassen. Er war sehr schwach geworden und einer energischen Anstrengung nicht mehr fähig. Die französischen Offiziere XVI.40erklärten ihn für gänzlich unwissend in der Kriegskunst. Sie hatten bemerkt, daß er am Boyne ganz bestürzt ausgesehen, unfähig selbst Anordnungen zu treffen, ja sogar unfähig, sich über die von Anderen gemachten Vorschläge zu entscheiden.[72] Die Niederlagen, welche seitdem rasch aufeinander gefolgt, waren nicht geeignet, die Lebenskraft eines so kläglich geschwächten Geistes wieder zu heben. Seine Gattin war mit den spärlichen Ueberresten seines einst großen Vermögens schon in Frankreich, er wünschte ihr dahin zu folgen, und daher stimmte er für das Aufgeben der Stadt.

Limerick wird von den Irländern allein vertheidigt.

Schließlich wurde ein Uebereinkommen getroffen. Lauzun und Tyrconnel zogen sich mit den französischen Truppen nach Galway zurück, und die Hauptmacht der eingebornen Armee, etwa zwanzigtausend Mann, blieb in Limerick. Das Obercommando wurde hier Boisseleau übertragen, der den Character der Irländer besser kannte und sie in Folge dessen günstiger beurtheilte als irgend einer ihrer Landsleute. Im Allgemeinen sprachen die französischen Offiziere von ihren Verbündeten mit grenzenloser Verachtung und Abscheu, wodurch sie sich bei ihnen ebenso verhaßt machten wie die Engländer.[73]

Lauzun und Tyrconnel waren kaum abgezogen, als die Vorhut von Wilhelm’s Armee sichtbar wurde. Bald kam der König selbst, von Auverquerque und Ginkell nebst einer Eskorte von dreihundert Reitern begleitet, herangeritten, um die Festungswerke in Augenschein zu nehmen. Die Stadt, damals die zweite in Irland, hat, obwohl weniger verändert, als die meisten anderen großen Städte auf den britischen Inseln, seitdem doch eine große Umgestaltung erfahren. Die Neustadt existirte damals noch nicht. Der Boden, der jetzt mit den schön gepflasterten breiten Straßen, den reizenden Gärten und den eleganten Läden bedeckt ist, welche von rothen Backsteinen glänzen und in deren Auslagen Shawls und Porzellanwaaren das Auge erfreuen, war damals eine außerhalb der Mauern liegende unbebaute Wiese. Die alte Stadt bestand aus zwei Theilen, welche seit mehreren Jahrhunderten die englische und die irische Stadt, genannt wurden. Die englische Stadt liegt auf einer vom Shannon gebildeten Insel und besteht aus einem Knäuel alterthümlicher Häuser mit Giebelenden, welche dicht zusammengedrängt eine ehrwürdige Kathedrale umgeben. Das Aussehen der Straßen ist von der Art, daß der Reisende der sie durchwandert, sich leicht in die Normandie oder nach Flandern versetzt glauben kann. Nicht weit von der Kathedrale blickt ein altes, von Unkraut und Epheu überwuchertes Schloß auf den Fluß hernieder. XVI.41Ein schmaler und reißender Strom, über den im Jahre 1690 nur eine einzige Brücke führte, scheidet die englische Stadt von dem Stadttheile, den ehemals die Hütten der eingebornen Bevölkerung bedeckten. Die Aussicht vom Thurme der Kathedrale erstreckt sich jetzt meilenweit über ein großes Gebiet von Feldern und Gärten, durch das sich der größte der irischen Ströme zwischen künstlichen Ufern dahin schlängelt. Im 17. Jahrhundert aber waren diese Ufer noch nicht gebaut, und die weite Ebene, deren Gras, üppiger noch als selbst das von Munster, gegenwärtig Viehheerden der schönsten Art in Europa nährt, war damals fast beständig ein Sumpf und oft ein See.[74]

Als es bekannt wurde, daß die französischen Truppen Limerick verlassen hatten und daß nur die irischen zurückgeblieben waren, erwartete man im englischen Lager allgemein, daß die Stadt leicht zu nehmen sein werde.[75] Diese Erwartung war auch keine überspannte, denn selbst Sarsfield verzweifelte. Nur eine Möglichkeit gab es nach seiner Ansicht noch. Wilhelm hatte nur kleine Kanonen mitgebracht. Mehrere große Belagerungsgeschütze, eine große Menge Proviant und Munition und eine Brücke von zinnernen Booten, deren man in der wasserreichen Ebene des Shannon häufig bedurfte, folgten langsam von Cashel. Wenn die Kanonen und das Schießpulver weggenommen und vernichtet werden könnten, meinte Sarsfield, so dürfe man einige Hoffnung hegen. Wenn nicht, so sei Alles verloren, und ein tapferer, hochherziger irischer Gentleman könne dann nichts Besseres thun als das Vaterland, das er vergebens zu vertheidigen versucht habe, vergessen und in einem fremden Lande eine Heimath oder ein Grab suchen.

Sarsfield überrumpelt die englische Artillerie.

Wenige Stunden nachdem die englischen Zelte vor Limerick aufgeschlagen waren, brach Sarsfield demgemäß unter dem Schutze der Dunkelheit mit einem starken Trupp Reiter und Dragoner auf. Er schlug die Straße nach Killaloe ein und ging dort über den Shannon. Den Tag über hielt er sich mit seiner Schaar in einem wilden Gebirgszuge versteckt, der nach den Silberminen, welche er enthält, benannt wird. Diese Gruben waren vor vielen Jahren durch englische Unternehmer mit Hülfe von Ingenieuren und Arbeitern, die sie vom Festlande mit herübergebracht, ausgebeutet worden. Aber in dem Aufstande von 1641 hatte die eingeborne Bevölkerung die Werke zerstört und die Arbeiter niedergemacht, und die damals angerichteten Zerstörungen waren nicht wieder reparirt worden. In dieser wüsten Gegend fehlte es Sarsfield nicht an Kundschaftern und Führern, denn das ganze Landvolk von Munster war entschieden auf seiner Seite. Am Abend erfuhr er, daß das Detachement, welches die englische Artillerie eskortirte, etwa sieben Meilen von Wilhelm’s Lager auf einem grünen Wiesenplan unter den verfallenen Mauern eines alten Schlosses für die Nacht Halt gemacht habe, daß Offiziere und Mannschaften sich anscheinend vollkommen sicher glaubten, daß die Pferde abgezäumt worden seien, um zu weiden, und daß selbst die Schildwachen XVI.42schliefen. Als es dunkel geworden, verließen die irischen Reiter ihr Versteck und wurden von den Leuten der Gegend nach dem Orte geführt, wo die Eskorte um die Kanonen herum im Schlafe lag. Der Ueberfall gelang vollkommen. Einige von den Engländern sprangen zu ihren Waffen und machten einen Versuch zum Widerstande, aber vergebens. Etwa sechzig Mann fielen, ein einziger wurde lebend gefangen genommen, die übrigen ergriffen die Flucht. Die siegreichen Irländer schoben die Wagen und Geschütze zu einem ungeheuren Haufen zusammen, jeder Kanonenlauf wurde voll Pulver gepfropft und mit der Mündung in die Erde befestigt und so die ganze Masse in die Luft gesprengt. Der einzige Gefangene, ein Leutnant, wurde von Sarsfield mit großer Artigkeit behandelt. „Wenn mir dieser Versuch mißlungen wäre,” sagte der tapfere Irländer, „würde ich nach Frankreich gegangen sein.”[76]

In Wilhelm’s Lager war die Nachricht gelangt, daß Sarsfield sich heimlich aus Limerick entfernt habe und in der Gegend umherstreife. Der König errieth die Absicht seines tapferen Feindes und schickte fünfhundert Reiter zum Schutze der Kanonen ab. Unglücklicherweise entstand eine Verzögerung des Abmarsches, welche die Engländer, jederzeit geneigt von den holländischen Höflingen das Schlimmste zu denken, der Nachlässigkeit oder dem Eigensinne Portland’s zuschrieben. Um ein Uhr Morgens brach das Detachement auf, hatte aber das Lager kaum verlassen, als ein blitzähnlicher Lichtschein und ein donnerähnliches Krachen dem breiten Thale des Shannon verkündete, daß Alles vorüber war.[77]

Sarsfield war schon längst der Liebling seiner Landsleute, und diese zur rechten Seit klug ersonnene und energisch ausgeführte Waffenthat hob ihn noch höher in ihrer Achtung. Ihr Muth wuchs, während der der Belagerer zu sinken begann, Wilhelm that sein Möglichstes, um den erlittenen Verlust zu ersetzen. Zwei von den in die Luft gesprengten Kanonen wurden noch brauchbar befunden, zwei andere wurden von Waterford geholt und Batterien aus kleinen Feldstücken gebildet, die zwar gegen eine Festung des Hennegau oder Brabant’s nichts ausgerichtet haben würden, auf die schwachen Vertheidigungswerke von Limerick aber doch einige Wirkung äußerten. Mehrere Außenwerke wurden mit Sturm genommen und es begann sich in dem Walle der Stadt eine Bresche zu zeigen.

Ankunft Baldearg O’Donnel’s in Limerick.

Während dieser Operation wurde die englische Armee durch einen Vorfall in Staunen und Heiterkeit versetzt, der zwar keine sehr erheblichen Folgen hatte, aber auf das Treffendste das wahre Wesen des irischen Jakobitismus characterisirt. In der ersten Reihe der vornehmen celtischen Familien, welche bis zu Ende der Regierung Elisabeth’s in Ulster den Ton angaben, standen die O’Donnel. Das Oberhaupt dieses Hauses hatte sich der Gewandtheit und Energie Mountjoy’s gefügt, hatte Jakob I. die Hand geküßt und sich dazu bequemt die rohe Unabhängigkeit eines Miniaturfürsten mit einer sehr angesehenen Stellung unter den britischen Unterthanen zu vertauschen. Eine kurze Zeit lang bekleidete der besiegte Häuptling den Rang eines Earls und war Gutsherr einer ungeheuren Besitzung, deren Souverain, XVI.43er einst gewesen. Bald aber begann er zu argwöhnen, daß die Regierung gegen ihn conspirire, und aus Rache oder Nothwehr conspirirte er gegen die Regierung. Seine Pläne scheiterten, er flüchtete auf den Continent, sein Titel und seine Güter wurden eingezogen und auf dem Gebiete, das er beherrscht hatte, ward eine angelsächsische Colonie gegründet. Inzwischen suchte er am spanischen Hofe eine Freistätte. Zwischen diesem Hofe und den eingebornen Irländern hatte während des langen Kampfes zwischen Philipp und Elisabeth ein freundschaftliches Verhältniß bestanden. Der verbannte Häuptling wurde daher in Madrid als ein vor seinen ketzerischen Verfolgern geflohener guter Katholik in Madrid freundlich aufgenommen. Seine vornehme Abkunft und sein fürstlicher Rang, die den Engländern lächerlich erschienen, sicherte ihm die Achtung der castilischen Granden. Seine Ehren und Würden erbte eine Reihenfolge verbannter Nachkommen, welche fern von dem Lande lebten und starben, wo das Gedächtniß seiner Familie bei dem rauhen Landvolke in Liebe bewahrt und durch die Lieder der Minstrels und die Erzählungen der Bettelmönche aufgefrischt wurde. Endlich, im dreiundachtzigsten Jahre der Verbannung dieser alten Dynastie wurde es in ganz Europa bekannt, daß die Irländer wieder für ihre Unabhängigkeit kämpften. Baldearg O’Donnel, der sich „der O’Donnel” nannte, ein in den Augen seines Geschlechts viel vornehmerer Titel als der eines Marquis oder eines Herzogs, war in Spanien aufgewachsen und stand im Dienste der spanischen Regierung. Er suchte bei dieser Regierung um die Erlaubniß nach, sich nach Irland zu begeben, die ihm aber verweigert wurde, weil das Haus Oesterreich jetzt durch enge Bande mit England verknüpft war. Der O’Donnel entwich daher heimlich und gelangte auf einem weiten Umwege, auf dem er die Türkei besuchte, nach Kinsale, wenige Tage nachdem Jakob von dort nach Frankreich abgesegelt war. Der Eindruck, den die Ankunft dieses einsamen Wanderers auf die eingeborne Bevölkerung machte, war wunderbar. Seit der Wiedereroberung Ulster’s durch die Engländer waren große Massen der irischen Bewohner dieser Provinz nach dem Süden ausgewandert und führten jetzt in Connaught und Munster ein nomadisirendes Leben. Diese Leute, von Kindheit auf daran gewöhnt, von der guten alten Zeit erzählen zu hören, wo der O’Donnel durch den Nachfolger St. Columban’s auf den Felsen von Kilmacrenan feierlich eingesetzt, den Fremden des sächsischen Gebiets zum Trotz über die Gebirge von Donegal regiert hatte, schlossen sich dem Banner des zurückgekehrten Verbannten an. Er stand bald an der Spitze von sieben- bis achttausend Rapparees oder Creaghts, wie sie in Ulster genannt wurden, und seine Anhänger hielten zu ihm mit einer Hingebung, welche auffallend mit dem lauen Gefühle contrastirte, das der sächsische König Jakob einzuflößen vermocht hatte. Priester und sogar Bischöfe sah man in dem Gefolge des Abenteurers. Der ihm zu Theil gewordene Empfang machte ihn so stolz, daß er Agenten nach Frankreich schickte, welche den Ministern Ludwig’s versicherten, daß der O’Donnel, wenn man ihm Waffen und Munition lieferte, dreißigtausend Celten aus Ulster ins Feld stellen würde und daß die Celten von Ulster in allen militärischen Eigenschaften denen von Leinster, Munster und Connaught bei weitem überlegen seien. Baldearg bediente sich keines Ausdrucks, welcher verrathen hätte, daß er sich als einen Unterthan betrachtete. Er war offenbar der Meinung, das Haus O’Donnel sei eben so ächt und unveräußerlich königlich wie das Haus Stuart, und nicht wenige von seinen LandsleutenXVI.44 waren der nämlichen Ansicht. Er hielt einen pomphaften Einzug in Limerick und sein Erscheinen steigerte die Hoffnungen der dortigen Besatzung auf eine unglaubliche Höhe. Man erinnerte sich zahlreicher Prophezeiungen oder erfand solche. Ein O’Donnel mit einem rothen Maale sollte der Befreier seines Vaterlandes werden, und der Name Baldearg bedeutete ein rothes Maal. Ein O’Donnel sollte bei Limerick eine große Schlacht über die Engländer gewinnen, und der O’Donnel stand jetzt in Limerick den Engländern gegenüber.[78]

Die Belagerer leiden vom Regen.

Während diese Prophezeiungen von den Vertheidigern der Stadt eifrig wiederholt wurden, begannen schlimme Vorzeichen, die sich aber nicht auf barbarische Orakel, sondern auf gewichtige militärische Gründe stützten, Wilhelm und seine erfahrensten Offiziere zu beunruhigen. Der von Sarsfield geführte Schlag hatte empfindlich getroffen; die Artillerie hatte nur langsam gewirkt und nichts Vollkommenes erreicht; der Pulvervorrath war zusammengeschmolzen und die Herbstregen stellten sich ein. Die in den Laufgräben arbeitenden Soldaten standen bis an die Knie im Schlamme. Keine Vorsichtsmaßregel wurde verabsäumt; aber obgleich Kanäle zur Ableitung des Wassers gegraben wurden und Kessel voll Usquebaugh und Brandy die ganze Nacht in den Zelten über Feuer standen, waren doch schon Fieberfälle vorgekommen und man hatte allen Grund zu befürchten, daß, wenn die Armee nur noch einige Tage auf diesem sumpfigen Boten zubrachte, eine verheerendere Seuche ausbrechen würde als die, welche ein Jahr früher unter den Mauern von Dundalk gewüthet hatte.[79] Es wurde ein Kriegsrath gehalten. Man beschloß eine große Anstrengung zu machen und, falls diese Anstrengung nicht gelang, die Belagerung aufzuheben.

Erfolgloser Sturm auf Limerick; die Belagerung aufgehoben.

Am 27. August um drei Uhr Nachmittags, wurde das Zeichen zum Angriff gegeben. Fünfhundert Grenadiere stürmten aus den Laufgräben gegen die Contrescarpe, feuerten ihre Geschütze ab und warfen ihre Granaten. Die Irländer flohen in die Stadt und wurden von den Angreifenden verfolgt, die in ihrem Siegestaumel auf keine Befehle warteten. Hier entspann sich nun ein furchtbarer Straßenkampf. Sobald die Irländer sich von dem ersten Schrecken erholt hatten, hielten sie tapfer Stand, und die durch die Uebermacht erdrückten Engländer wurden mit großem Verlust nach der Contrescarpe zurückgetrieben. Hier fand ein langer und verzweifelter Kampf statt. Wann hätte auch der katholische Celte kämpfen sollen, wenn er nicht an diesem Tage kämpfte? Selbst die Frauen von Limerick nahmen am Kampfe Theil, hielten im heftigsten Feuer aus XVI.45und warfen Steine und zerbrochene Flaschen auf den Feind. In dem Augenblicke wo der Kampf am heftigsten war, explodirte eine Mine und sprengte ein schönes Grenadierbataillon in die Luft. Vier Stunden dauerte das Gemetzel und Schlachtgetümmel. Die dicke Rauchwolke, die von der Bresche aufstieg, wurde Meilen weit vom Winde fortgetragen und verschwand hinter den Bergen von Clare. Spät am Abend zogen sich die Belagerer langsam und mißmuthig in ihr Lager zurück. Sie hofften, daß am nächsten Morgen ein zweiter Angriff gemacht werden würde, und die Soldaten schwuren, die Stadt zu nehmen oder zu sterben. Aber der Pulvervorrath war jetzt fast gänzlich erschöpft und der Regen fiel in Strömen; die schwarzen Wolkenmassen welche aus Südwesten herangezogen, drohten mit mehr Tod und Verderben als das Schwert, und man hatte mehr Grund zu befürchten, daß die schon jetzt mit tiefem Kothe bedeckten Straßen bald in einem Zustande sein würden, der das Fortkommen von Räderfuhrwerken unmöglich machte. Der König beschloß die Belagerung aufzuheben und seine Truppen in eine gesündere Gegend zu bringen. Er war in der That schon lange genug geblieben, denn nur mit großer Anstrengung konnten seine Kanonen und Wagen durch lange Ochsengespanne fortbewegt werden.[80]

Die Geschichte der ersten Belagerung von Limerick hat in mancher Beziehung große Aehnlichkeit mit der Geschichte der Belagerung von Londonderry. Die Stadt des Südens war, wie die des Nordens, das letzte Asyl einer Kirche und einer Nation. Beide Orte waren mit Flüchtlingen aus allen Theilen Irland’s angefüllt. Beide schienen Männern, welche die Kriegswissenschaft regelrecht studirt hatten, unfähig einem Feinde Widerstand zu leisten. Beide wurden im Augenblicke der höchsten Gefahr von den Befehlshabern verlassen, die sie hätten vertheidigen sollen. Lauzun und Tyrconnel gaben Limerick preis, wie Cunningham und Lundy Londonderry preisgegeben hatten. In beiden Fällen kämpften religiöse und patriotische Begeisterung ohne Beistand gegen eine große Uebermacht, und in beiden Fällen erreichten religiöse und patriotische Begeisterung was erfahrene Krieger nur zu versuchen für Wahnsinn erklärt hatten.

Tyrconnel und Lauzun gehen nach Frankreich.

Es war keine angenehme Ueberraschung für Lauzun und Tyrconnel, als sie in Galway den glücklichen Ausgang des Kampfes erfuhren, an welchem sie Theil zu nehmen sich geweigert hatten. Sie hatten Irland satt, und da sie überdies fürchteten, daß ihr Benehmen in Frankreich ungünstig beurtheilt werden möchte, beschlossen sie ihren Anklägern zuvorzukommen und schifften sich zusammen nach dem Continent ein.

XVI.46

Bevor Tyrconnel abreiste, übertrug er seine Civilautorität einem Collegium, seine militärische Autorität einem andren. Der junge Herzog von Berwick wurde zum Oberbefehlshaber erklärt; doch war diese Würde blos nominell. Sarsfield, der unbestreitbar der erste irische Soldat war, nahm in der Liste des Rathes, dem die Leitung des Kriegs übertragen war, die letzte Stelle ein, und Manche glaubten, daß er gar nicht in derselben figurirt haben würde, hätte der Vicekönig nicht gefürchtet, durch Weglassung eines so populären Mannes eine Meuterei herbeizuführen.

Wilhelm kehrt nach England zurück.

Wilhelm war inzwischen in Waterford angekommen und von hier nach England gesegelt. Vor seiner Einschiffung übertrug er die Verwaltung Irland’s drei Lords Justices. Heinrich Sidney, jetzt Viscount Sidney, war der erste Commissar, und ihm standen Coningsby und Sir Karl Porter zur Seite. Porter hatte früher das große Siegel bewahrt, es war ihm aber, lediglich weil er Protestant war, von Jakob abgenommen worden, und jetzt erhielt er es von Wilhelm wieder.

Wilhelm’s Empfang in England.

Am 6. September landete der König nach einer vierundzwanzigstündigen Ueberfahrt in Bristol. Von da reiste er nach London, unterwegs in den Schlössern einiger vornehmen Lords einsprechend, und man bemerkte, daß Alle, denen diese Auszeichnung widerfuhr, Tories waren. Den einen Tag wurde er in Badminton vom Herzoge von Beaufort bewirthet, von dem man vermuthete, daß es ihm große Ueberwindung gekostet habe, die Eide zu leisten; an einem der folgenden Tage in einem großen Hause unweit Marlborough, das in unsrer Zeit, vor der gewaltigen Revolution, welche die Eisenbahnen hervorgebracht, als einer der besten Gasthöfe England’s berühmt war, das aber im 17. Jahrhundert ein Landsitz des Herzogs von Somerset war. Wilhelm wurde allenthalben mit Zeichen der Achtung und Freude empfangen. Sein Feldzug hatte zwar nicht ganz so glücklich geendet wie er begonnen, im Ganzen aber war sein Erfolg über Erwarten groß gewesen und hatte deutlich gezeigt, wie weise er gehandelt, indem er sich selbst an die Spitze seiner Armee stellte. Auch war die Plünderung von Teignmouth bei den Engländern noch in frischem Andenken und hatte Alle, bis auf die fanatischesten Jakobiten, sowohl mit einander als auch mit dem Throne ausgesöhnt. Die Magistratur und die Geistlichkeit der Hauptstadt begaben sich nach Kensington, um dem Könige ihre Danksagungen und Glückwünsche darzubringen. Das Volk läutete die Glocken und zündete Freudenfeuer an. An die Stelle des Papstes, den die guten Protestanten sonst zu verbrennen pflegten, trat bei dieser Gelegenheit der französische König, wahrscheinlich zur Vergeltung für die schimpfliche Behandlung, welche der pariser Pöbel dem Bilde Wilhelm’s hatte zu Theil werden lassen. Eine Wachspuppe, jedenfalls eine abscheuliche Carricatur des liebenswürdigsten und majestätischesten Fürsten, den es je gegeben, wurde auf einem Karren nach Westminster gefahren. Darüber waren in großen Buchstaben die Worte zu lesen: „Ludwig, von vierzehn Tyrannen der größte.” Nach der Prozession wurde die Figur unter lauten Hurrahs in Coventgarden den Flammen übergeben.[81]

XVI.47Expedition nach dem Süden Irland’s.

Als Wilhelm in London ankam, war die nach Cork bestimmte Expedition bereit, von Portsmouth abzusegeln, und Marlborough war schon seit einiger Zeit an Bord in Erwartung günstigen Windes. Grafton begleitete ihn. Dieser junge Mann war unmittelbar nach Jakob’s Abreise und während der Thron noch unbesetzt war, von Wilhelm zum Obersten des ersten Gardeinfanterieregiments ernannt worden. Die Revolution war kaum vollbracht, als sich in diesem Regimente, das wegen seines besonderen Dienstes wie auch wegen seiner numerischen Stärke das wichtigste von allen Regimentern der Armee war, Zeichen von Mißstimmung bemerklich zu machen begannen, und man glaubte, der Oberst habe diesen schlechten Geist nicht mit der gehörigen Energie unterdrückt. Man wußte, daß er mit der neuen Ordnung der Dinge nicht ganz zufrieden war, denn er hatte für eine Regentschaft gestimmt, und es circulirte das vielleicht grundlose Gerücht, daß er mit Saint-Germains in Verbindung stehe. Das ehrenvolle und einträgliche Commando, zu dem er eben erst ernannt worden war, wurde ihm wieder entzogen.[82] Obwohl tief gekränkt, benahm er sich doch als ein Mann von Einsicht und Takt. Um zu beweisen, daß der auf ihm ruhende Verdacht unbegründet war, und von dem ehrenwerthen Wunsche beseelt, sich in seinem Berufe auszuzeichnen, hatte er die Erlaubniß nachgesucht und erhalten, als Freiwilliger unter Marlborough in Irland zu dienen.

Am 18. September sprang endlich der Wind um. Die Flotte ging in See und erschien am 21. vor den Hafen von Cork. Die Truppen landeten und vereinigten sich alsbald mit mehreren von der Armee, welche kurz zuvor Limerick belagert hatte, detachirten holländischen, dänischen und französischen Regimentern unter den Befehlen des Herzogs von Würtemberg. Der Herzog machte sofort einen Anspruch geltend, der der Expedition sehr nachtheilig hätte werden können, wenn der englische General nicht ein Mann von seltener Einsicht und Mäßigung gewesen wäre. Seine Hoheit behauptete, daß er als Prinz eines souverainen Fürstenhauses zur Führung des Obercommandos berechtigt sei. Marlborough setzte ihm mit aller Ruhe und Artigkeit auseinander, daß sein Anspruch unbillig sei. Es entspann sich ein Streit, in welchem der Deutsche sich mit rücksichtsloser Heftigkeit, der Engländer mit der ritterlichen Festigkeit benommen haben soll, der er vielleicht mehr noch als seinen ausgezeichneten Talenten seinen Erfolg im Leben verdankte. Endlich schlug ein hugenottischer Offizier einen Vergleich vor. Marlborough verstand sich dazu, einen Theil seiner Rechte nachzulassen und dem Herzoge einen Tag um den andern den Vorrang einzuräumen. Den ersten Morgen an welchem Marlborough das Obercommando hatte, gab er die Parole „Würtemberg.” Das Herz des Herzogs wurde durch diese Artigkeit gewonnen, und am folgenden Tage gab er die Parole „Marlborough.”

Marlborough nimmt Cork.

Doch wer auch die Parole geben mochte, das Genie behauptete seine unveräußerliche Ueberlegenheit. Marlborough war jeden Tag der wirkliche General. Cork wurde mit Energie angegriffen und ein Außenwerk nach dem andren rasch genommen. In achtundvierzig Stunden war Alles vorüber. Die Spuren des kurzen XVI.48Kampfes sind heute noch sichtbar. Das alte Fort, wo die Irländer am hartnäckigsten kämpften, liegt in Trümmern. Die dorische Kathedrale, welche dem alten Thurme so unschön angebaut ist, nimmt die Stelle eines gothischen Bauwerkes ein, welches durch die englischen Kanonen zertrümmert wurde. Auf dem nahen Kirchhofe zeigt man noch die Stelle, wo viele Jahrhunderte hindurch einer jener runden Thürme stand, die den Alterthumsforschern viel Kopfzerbrechens verursacht haben. Dieses ehrwürdige Baudenkmal theilte das Schicksal der benachbarten Kirche. Eine andre Stelle, welche jetzt die Mall heißt und mit den stattlichen Häusern von Bank-, Eisenbahn- und Versicherungsgesellschaften besetzt ist, die abermals ein unter dem Namen Rape Marsh bekannter Sumpf war, rückten vier englische Regimenter, bis unter die Arme im Wasser watend, tapfer zum Sturme vor. Grafton, stets der Erste in der Gefahr, wurde, während er sich durch den Schlamm arbeitete, von einem feindlichen Schusse getroffen und sterbend zurückgetragen. Die Stelle wo er fiel, damals etwa hundert Schritt weit außerhalb der Stadt, gegenwärtig aber im Mittelpunkte des Geschäftsverkehrs und der Bevölkerung gelegen, heißt noch jetzt Grafton Street. Die Stürmenden hatten den Sumpf durchwatet und der Kampf Mann gegen Mann sollte eben beginnen, als das Zeichen zum Parlamentiren gegeben wurde. Die Bedingungen der Kapitulation waren bald festgesetzt. Die aus vier- bis fünftausend Mann bestehende Besatzung wurde als gefangen betrachtet. Marlborough versprach, sich für sie sowohl als auch für die Einwohner beim Könige zu verwenden und Gewaltthätigkeiten und Plünderung nicht zu gestatten. Es gelang ihm seine Truppen im Zaume zu halten; aber Schaaren von Matrosen und Lagertroß drangen durch die Bresche in die Stadt und die Häuser vieler Katholiken wurden demolirt, ehe die Ordnung wieder hergestellt werden konnte.

Marlborough nimmt Kinsale.

Kein Feldherr hat es jemals besser verstanden einen Sieg zu benutzen als Marlborough. Wenige Stunden nachdem Cork gefallen, war seine Reiterei schon auf dem Wege nach Kinsale. Es wurde ein Trompeter abgesandt, um die Stadt zur Uebergabe aufzufordern. Die Irländer drohten ihn zum Lohn für diese Botschaft aufzuhängen, zündeten die Stadt an und zogen sich in zwei Forts, das alte und das neue genannt, zurück. Die englische Reiterei kam gerade noch zur rechten Zeit an, um das Feuer zu löschen. Ihr folgte Marlborough mit seiner Infanterie auf dem Fuße. Das alte Fort wurde erstürmt und funfzig Mann, die es vertheidigten, sämmtlich getödtet oder gefangen genommen. Das neue Fort mußte systematischer angegriffen werden. Es wurden Batterien aufgefahren, Laufgräben eröffnet und Minen gesprengt; in wenigen Tagen waren die Belagerer Herren der Contrescarpe, und Alles war zum Sturme bereit, als der Gouverneur sich erbot zu kapituliren. Die zwölfhundert Mann starke Besatzung durfte sich nach Limerick zurückziehen, aber die Sieger ergriffen Besitz von den Vorräthen, welche einen bedeutenden Werth hatten. Von allen irischen Häfen war Kinsale für den Verkehr mit Frankreich am günstigsten gelegen, und es herrschte daher dort ein in allen anderen Theilen von Munster unbekannter Ueberfluß. In Limerick waren Brot und Wein ein Luxus, den sich selbst Generäle und Staatsräthe nicht immer verschaffen konnten. Im neuen Fort von Kinsale aber fand Marlborough tausend Barrels Weizen und achtzig Pipen Claret.

XVI.49 Sein Sieg war vollständig und rasch gewesen, und rasch mußte er auch sein, sonst wäre er nicht vollständig gewesen. So kurz sein Feldzug war, hatte er doch lange genug gedauert, um der feuchten Erde und Luft von Irland Zeit zum Beginn des tödtlichen Werkes zu lassen, von welchem die englischen Soldaten damals zur Herbstzeit selten verschont blieben. Die Krankheit, welche die Reihen der Armee Schomberg’s bei Dundalk gelichtet und Wilhelm gezwungen hatte, sich eiligst von der Mündung des Shannon zurückzuziehen, hatte sich in Kinsale zu zeigen begonnen. So rasch und energisch Marlborough seine Operationen betrieb, verlor er doch viel mehr Leute durch diese Krankheit, als durch das Feuer des Feindes. Nur fünf Wochen nach seiner Abfahrt von Portsmouth machte er in Kensington seine Aufwartung und wurde sehr freundlich empfangen. „Kein lebender Offizier,” sagte Wilhelm, „der so wenig Dienstjahre aufzuweisen hat wie Mylord Marlborough, ist so wie er zu großen Commandos befähigt.”[83]

Die schottischen Angelegenheiten.

In Schottland hatte sich die Gestalt der Dinge, wie in Irland, während dieses denkwürdigen Sommers bedeutend in gutem Sinne geändert. Der Club mißvergnügter Whigs, der im vorhergehenden Jahre das Parlament beherrscht, die Minister eingeschüchtert, die Steuern verweigert und die Functionen des Staatssiegels gehemmt hatte, war der allgemeinen Verachtung anheimgefallen und hatte endlich aufgehört zu existiren. Der Souverain harmonirte mit den Ständen und der lange Kampf zwischen zwei Formen des Kirchenregiments war auf dem einzigen, mit der Ruhe und dem Gedeihen des Landes vereinbaren Wege beendigt worden.

Intriguen Montgomery’s mit den Jakobiten.

Dieser glückliche Umschwung der Dinge muß hauptsächlich den Fehlgriffen des perfiden, unruhigen und rachsüchtigen Montgomery zugeschrieben werden. Einige Wochen nach dem Schlusse der Session, während der er eine unbegrenzte Autorität über das schottische Parlament ausgeübt hatte, begab er sich mit seinen beiden Hauptverbündeten, dem Earl von Annandale und Lord Roß, nach London. Die Drei hatten eine Audienz bei Wilhelm und überreichten ihm ein Manifest, in welchem ihre Forderungen für das Gemeinwohl dargelegt waren. Sie würden sehr bald einen andren Ton angenommen haben, wenn er ihnen bewilligt hätte, was sie für sich selbst verlangten. Aber er zürnte ihnen heftig wegen ihres Benehmens und war entschlossen, sie dafür daß sie ihm geschadet, nicht noch zu bezahlen. Der Empfang, der ihnen zu Theil wurde, überzeugte sie, daß sie keine Gunst von ihm zu erwarten hatten. Montgomery war ein Mann von heftigen Leidenschaften, er war arm und brauchte dringend Geld, und wenn er sich nicht bald in ein einträgliches Amt drängen konnte, so lief er Gefahr, im Gefängnisse zu verfaulen. Da keine Aussicht mehr war, daß Wilhelm seine Dienste kaufen würde, so mußten sie Jakob angeboten werden. Ein Vermittler wurde bald gefunden. Montgomery war ein alter Bekannter Ferguson’s. Die beiden Verräther verständigten sich bald. Sie waren verwandteXVI.50 Geister, zwar weit verschieden in Bezug auf Intelligenz, aber in gleichem Grade eitel, ruchlos, falsch und böswillig. Montgomery wurde Neville Payne, einem der gewandtesten und entschlossensten Agenten des verbannten Königshauses, vorgestellt. Payne war seit langer Zeit in der Stadt als ein Kannegießer in Poesie und Politik bekannt. Er war ein intimer Freund des indiscreten und unglücklichen Coleman gewesen und hatte als Theilnehmer an der papistischen Verschwörung in Newgate gesessen. Sein moralischer Character war nicht weit her; aber er hatte bald Gelegenheit zu beweisen, daß er einen Muth und eine Treue besaß, die einer besseren Sache als der Sache Jakob’s und eines besseren Bundesgenossen als Montgomery’s würdig gewesen wären.

Die Unterhandlung endete sehr bald in einen Allianzvertrag. Payne versprach Montgomery mit Bestimmtheit nicht nur Verzeihung, sondern auch Reichthum, Macht und Ehren. Mit eben so großer Zuversicht machte Montgomery sich verbindlich, das schottische Parlament zur Zurückrufung des rechtmäßigen Königs zu bestimmen. Roß und Annandale genehmigten bereitwillig Alles was ihr geschickter und thätiger College vorschlug. Ein Abenteurer, der sich bald Simpson, bald Jones nannte, der stets bereit war, für Geld jeder Regierung zu dienen und jede Regierung zu verrathen und der gleichzeitig von Portland und von Neville Payne besoldet wurde, nahm es auf sich, Jakob die Anerbietungen des Clubs zu überbringen. Montgomery und seine beiden edlen Complicen kehrten nach Edinburg zurück und schritten dort zur Bildung einer Coalition mit ihren alten Feinden, den Vertheidigern der Prälatur und der Willkürherrschaft.[84]

Krieg in den Hochlanden.

Die schottische Opposition, ein wunderliches Gemisch von zwei Parteien, deren eine aller Freiheit feind war, während die andre von keiner Regierung etwas wissen wollte, schmeichelte sich eine Zeit lang mit der Hoffnung, daß der Krieg in den Hochlanden mit verdoppelter Wuth wieder ausbrechen werde. Aber diese Hoffnung wurde getäuscht. Im Frühjahr 1690 kam ein Offizier Namens Buchan aus Irland in Lochaber an. Er hatte ein Patent bei sich, das ihn zum Oberbefehlshaber aller Truppen ernannte, die im ganzen Königreiche Schottland für König Jakob unter den Waffen standen. Cannon, der seit Dundee’s Tode die erste Stelle bekleidet und sich derselben nicht gewachsen gezeigt hatte, wurde der Zweite im Commando. Es wurde jedoch durch diesen Wechsel nicht viel gewonnen. Es war keine leichte Aufgabe, die gälischen Fürsten zur Wiederaufnahme des Kampfes zu bewegen. In der That, ohne den Einfluß und die Beredtsamkeit Lochiel’s würde nicht ein einziges Schwert für das Haus Stuart gezogen worden sein. Nicht ohne Mühe überredete er die Häuptlinge, welche das Jahr vorher bei Killiecrankie gefochten hatten, zu dem Entschlusse zu kommen, daß sie vor Ende des Sommers alle ihre Anhänger aufbieten und in das Niederland einrücken wollten. Inzwischen wurden zwölfhundert Bergschotten verschiedener Stämme unter Buchan’s Commando gestellt, der sich verpflichtete, mit dieser Truppe die englischen Garnisonen beständig durch Scheinangriffe und Streifzüge zu beunruhigen, bis die Zeit zu wichtigeren OperationenXVI.51 gekommen sein würde. Zu dem Ende rückte er in Strathspey ein. Aber alle seine Pläne wurden sehr bald durch die Kühnheit und Gewandtheit Sir Thomas Livingstone’s vereitelt, der Inverneß für König Wilhelm besetzt hielt. Unter der Führung und dem Beistande der Grants, welche der neuen Regierung treu ergeben waren, kam Livingstone mit einem starken Corps Reiterei und Dragonern in Eilmärschen und über steile Gebirgspässe zu der Stelle, wo die Jakobiten ihre Quartiere aufgeschlagen hatten. Mitten in der Nacht erreichte er die Lagerfeuer. Der erste Alarm wurde durch das Einstürmen der Cavallerie über die entsetzten Schildwachen hinweg mitten unter die Celten gegeben, welche in ihre Plaids gehüllt schliefen. Buchan entkam im bloßen Kopfe und ohne Degen. Cannon lief im Hemd davon. Vierhundert Hochländer wurden erschlagen oder gefangen genommen, und die übrigen flohen in ihre Berge und Nebel.[85]

Dieses Ereigniß machte allen Gedanken an einen Bürgerkrieg ein Ende, und die für den Sommer beabsichtigte Zusammenziehung der Mannschaften fand nicht statt. Lochiel war, wenn er auch gewollt hätte, nicht im Stande, die im Fallen begriffene Sache länger zu halten. Er war durch einen Unfall aufs Krankenlager geworfen worden, der allein hinreichte, um zu beweisen, wie wenig durch eine Conföderation der kleinen Gebirgskönige ausgerichtet werden konnte. Bei einer Berathung zwischen den jakobitischen Anführern sprach ein Gentleman aus dem Niederlande sehr hart von jenen Schmarotzern, die ihren Glauben gewechselt, um sich bei König Jakob einzuschmeicheln. Glengarry war einer von Denen, die es für ehrenvoll halten anzunehmen, daß Jedermann beständig die Absicht habe, sie zu beleidigen. Er setzte es sich in den Kopf, daß man auf ihn habe anspielen wollen. „Ich bin ein eben so guter Protestant als Sie,” rief er aus, und setzte ein Wort hinzu, das ein Mann von Ehrgefühl nicht ruhig hinnehmen konnte. In einem Nu waren beide Schwerter aus der Scheide. Lochiel warf sich zwischen die Kämpfenden und während er sie auseinander zu reißen suchte, erhielt er eine Wunde, die man zuerst für tödtlich hielt.[86]

Fort William erbaut.

Der Muth der mißvergnügten Clans war so wirksam gebrochen, daß Mackay ohne auf Widerstand zu stoßen von Perth nach Lochaber marschirte, in Inverlochy sein Hauptquartier aufschlug und zur Ausführung seines Lieblingsplanes schritt, hier eine Festung zu erbauen, welche die aufsätzigen Camerons und Macdonalds in Schach halten konnte. Binnen wenigen Tagen waren die Mauern fertig, die Gräben angelegt und die Pallisaden eingeschlagen, die Brustwehren mit Feldschlangen von einem Kriegsschiffe besetzt, und der General reiste ab, einen Offizier Namens Hill als Commandant einer ausreichenden Besatzung zurücklassend. Innerhalb der Mauern fehlte es nicht an Hafermehl, Pöcklingen und Rindfleisch, und an Branntwein war Ueberfluß vorhanden. Die neue Festung, welche, so eilig und kunstlos sie erbaut war, den Bewohnern der Umgegend ohne Zweifel als das größte Wunderwerk erschien, XVI.52das die Macht im Verein mit der Wissenschaft je ins Leben gerufen, wurde zu Ehren des Königs Fort William genannt.[87]

Zusammentritt des schottischen Parlaments.

Mittlerweile war das schottische Parlament in Edinburg wieder zusammengetreten. Wilhelm hatte sich überzeugt, daß es kein leichtes Ding sei zu entscheiden, wie er es mit dieser launenhaften und unlenksamen Versammlung halten sollte. Die Gemeinen England’s hatten ihn zuweilen aufgebracht. Doch sie hatten ihm Millionen bewilligt und von ihm niemals Concessionen verlangt, wie sie die schottische Legislatur, die ihm wenig geben konnte und ihm gar nichts gegeben hatte, gebieterisch gefordert. Die englischen Staatsmänner standen im allgemeinen nicht hoch in seiner Achtung und sie verdienten es auch nicht. Aber wenige unter ihnen waren so durch und durch falsch und schamlos wie die leitenden Staatsmänner Schottlands. Hamilton stand in Bezug auf Moralität und Ehrgefühl eher über als unter seinen Collegen, und auch er war wankelmüthig, falsch und habgierig. Wilhelm ließ sich einst zu der Aeußerung hinreißen: „Ich wollte Schottland läge tausend Meilen weit von hier und der Herzog von Hamilton wäre König davon. Dann wäre ich sie beide los.”

Melville Lord Obercommissar.

Nach reiflicher Ueberlegung beschloß Wilhelm, Melville als Lord Obercommissar nach Edinburg zu schicken. Melville war weder ein großer Staatsmann, noch ein großer Redner; er sah nicht aus wie der Repräsentant des Königs, sein Character hatte nur das Durchschnittsmaß der Reinheit, und dieses Durchschnittsmaß war bei den schottischen Senatoren nicht groß; aber es fehlte ihm nicht an Besonnenheit und Mäßigung, und er reussirte im Ganzen besser, als ein Mann von weit glänzenderen Eigenschaften reussirt haben würde.

Die Regierung erlangt die Majorität.

Während der ersten Tage der Session waren die Freunde der Regierung muthlos und die Häupter der Opposition gaben sich sanguinischen Hoffnungen hin. Die Triumphe des vorhergehenden Jahres hatten Montgomery den Kopf verrückt, obwohl er keineswegs zu den Schwachen gehörte. Er glaubte seine Intriguen und seine schönen Reden hätten die Stände vollständig besiegt. Nachdem er eine unbegrenzte Herrschaft im Parlamente ausgeübt hatte, als die Jakobiten abwesend waren, schien es ihm unmöglich, daß er jetzt, wo sie anwesend und bereit waren, jeden seiner Vorschläge zu unterstützen, geschlagen werden könnte. Es war ihm allerdings nicht leicht geworden, sie zum Erscheinen zu bewegen. Denn sie konnten ihre Sitze nicht einnehmen, ohne die Eide zu leisten. Einige unter ihnen trugen ein wenig Bedenken, meineidig zu werden, und Viele, die nicht wußten, was ein Gewissensskrupel war, fürchteten den rechtmäßigen König zu beleidigen, wenn sie dem faktischen Könige Treue schwuren. Einige Lords aber, die für Vertraute Jakob’s galten, versicherten, ihres Wissens wünsche er, daß seine Freunde falsch schwörten, und diese Versicherung bewog die XVI.53Mehrzahl der Jakobiten, mit Balcarras an der Spitze, sich einer durch Gottlosigkeit erschwerten Treulosigkeit schuldig zu machen.[88]

Es stellte sich jedoch bald heraus, daß Montgomery’s Partei, selbst mit dieser Verstärkung, nicht mehr die Majorität in der gesetzgebenden Versammlung bildete. Für Jeden den er gewonnen, hatte er Zwei verloren. Er hatte einen Fehler begangen, der in der britischen Geschichte mehr als einmal großen parlamentarischen Führern verderblich geworden ist. Er hatte geglaubt, daß, sobald es ihm einfiele, sich mit Denen zu verbinden, denen er vor kurzem noch feindlich gegenübergestanden hatte, alle seine Anhänger seinem Beispiele folgen würden. Allein er überzeugte sich bald, daß es viel leichter war, Erbitterung hervorzurufen als sie zu beschwichtigen. Die große Masse der Whigs und Presbyterianer scheute sich davor, mit den Jakobiten gemeinschaftliche Sache zu machen. Einige Unschlüssige wurden von der Regierung erkauft, und zwar um einen sehr mäßigen Preis, denn eine Summe, die im englischen Staatsschatze kaum vermißt wurde, war für die armen Barone des Nordens sehr bedeutend.[89] So sank die Wagschale auf der andren Seite, und in den schottischen Parlamenten der damaligen Zeit war das Sinken der Wagschale Alles; die Majoritäten hatten stets die Tendenz zu wachsen, die Minoritäten die Tendenz sich zu vermindern.

Die erste Frage, über welche eine Abstimmung vorgenommen wurde, bezog sich auf die Wahl für einen Burgflecken. Die Minister trugen mit sechs Stimmen den Sieg davon.[90] In einem Augenblicke war Alles verändert, der Zauber war zerstört, der Club wurde von einem Popanz zur Zielscheibe des Spotts, die Aengstlichen und die Käuflichen gingen massenhaft von der schwächeren zur stärkeren Seite über. Umsonst versuchte die Opposition, die Streitigkeiten vom vorigen Jahre wieder anzuregen. Der König hatte Melville wohlweislich ermächtigt, den Artikelausschuß aufzugeben. Die Stände auf der andren Seite bezeigten keine Lust, eine zweite Incapacitätsacte zu erlassen, die Regierung wegen Eröffnung der Gerichtshöfe zu tadeln, oder das Recht des Souverains, Richter zu ernennen, in Frage zu stellen. Es wurde eine außerordentliche Steuer bewilligt, die nach den Begriffen der englischen Finanzmänner zwar klein, nach den Hülfsquellen Schottland’s aber bedeutend war. Die bewilligte Summe war hundertzweiundsechzigtausend Pfund Sterling, binnen vier Jahren zu entrichten.[91]

Die Jakobiten, welche nun sahen, daß sie ohne Nutzen meineidig geworden waren, schämten und ärgerten sich, während Montgomery, der sich und sie getäuscht und der in seiner Wuth zwar nicht seine Talente und seinen Redefluß, wohl aber alles Anstandsgefühl und alle Selbstbeherrschung verloren hatte, wie ein Wasserträger schimpfte und von Sir Johann Dalrymple mit gleicher Heftigkeit und mit mehr als gleicher Gewandtheit ebenso behandelt wurde.[92]

XVI.54Kirchliche Gesetzgebung.

Die wichtigsten Acte dieser Session waren die, welche die kirchliche Verfassung Schottland’s feststellten. Durch die Rechtsforderung war erklärt worden, daß die Autorität der Bischöfe eine unerträgliche Last sei, und Wilhelm hatte sich durch Annahme der Krone verpflichtet, eine Institution, welche durch das nämliche Instrument, von dem sein Recht auf die Krone abhing, verurtheilt wurde, nicht aufrecht zu erhalten. Aber die Rechtsforderung hatte die Form des Kirchenregiments nicht bestimmt, welche an die Stelle des Episkopats treten sollte, und während der stürmischen Session im Sommer 1689 hatte die Heftigkeit des Clubs alle Gesetzgebung unmöglich gemacht. Viele Monate lang war daher Alles in Verwirrung gewesen. Eine Verfassung war umgestürzt, aber keine andre dafür aufgerichtet worden. In dem westlichen Niederlande waren die Pfarrgeistlichen so wirksam gemißhandelt worden, daß kaum einer von ihnen auf seinem Posten geblieben war. In Berwickshire, den drei Lothians und Stirlingshire waren die meisten Curaten durch den Geheimen Rath ihres Amtes entsetzt worden, weil sie dem Beschlusse der Convention, der allen Pfarrgeistlichen bei Strafe der Absetzung vorschrieb, Wilhelm und Marien zum Könige und zur Königin von Schottland zu proklamiren, nicht Folge geleistet hatten. So wurde in einem großen Theile des Reichs kein öffentlicher Gottesdienst gehalten, außer von presbyterianischen Geistlichen, welche bald in Zelten predigten, bald ohne gesetzliche Berechtigung von den Kirchen Besitz nahmen. Aber es gab auch große Districte, besonders nördlich vom Tay, wo das Volk seinen so starken Widerwillen gegen das Episkopat empfand, und viele Priester, die nicht geneigt waren, ihre Häuser und ihre Gehalte um König Jakob’s willen zu verlieren. Hunderte von alten Curaten, die weder vom Pöbel gemißhandelt, noch vom Staatsrathe abgesetzt worden waren, verrichteten daher noch ihre geistlichen Functionen. Während dieser Uebergangsperiode stand es jedem Geistlichen frei, den Gottesdienst zu leiten und die Sakramente darzureichen wie es ihm beliebte. Es gab keine Aufsichtsbehörde, denn die Legislatur hatte die Jurisdiction der Bischöfe aufgehoben, aber die Jurisdiction der Synoden nicht eingeführt.[93]

Dieser Anarchie ein Ende zu machen, war eine der ersten Pflichten des Parlaments. Melville hatte mit dem mächtigen Beistande Carstairs’, trotz der Gegenvorstellungen englischer Tories, die Ermächtigung erlangt, zu denjenigen kirchlichen Einrichtungen, welche die schottische Nation befriedigen würden, seine Zustimmung zu geben. Eines der ersten Gesetze, das der Lord Commissar mit dem Scepter berührte, hob die Sacramentsacte auf. Hierauf ertheilte er die königliche Genehmigung einem Gesetze, welches anordnete, daß diejenigen presbyterianischen Geistlichen, die zur Zeit des Covenants Gemeindepfarrer gewesen und nach der Restauration abgesetzt worden waren, weil sie sich geweigert die bischöfliche Autorität anzuerkennen, wieder eingesetzt werden sollten. Die Zahl dieser Pastoren hatte sich ursprünglich auf dreihundertfunfzig belaufen, aber nicht mehr als sechzig waren noch am Leben.[94]

Die Stände gingen nun zur Feststellung des nationalen Glaubens XVI.55über. Das von der Theologenversammlung zu Westminster entworfene Glaubensbekenntniß, der große und kleine Katechismus und das Directory wurden von jedem guten Protestanten als die Richtschnuren der Orthodoxie betrachtet, und man hoffte, daß die Legislatur sie als solche anerkennen werde.[95] Diese Hoffnung wurde jedoch theilweis getäuscht. Das Glaubensbekenntniß wurde unter großer Theilnahmlosigkeit vom Anfang bis zu Ende vorgelesen und unverändert angenommen. Als aber darauf angetragen wurde, daß auch die Katechismen und das Directory in Betracht gezogen werden sollten, äußerte sich der Unmuth der Versammlung durch Murren. Denn die schottische Aristokratie fand nicht, wie das schottische Volk, Gefallen an langen Sermonen. Das Parlament hatte schon drei Stunden lang trockne Theologie angehört und hatte nicht Lust, noch mehr über Erbsünde und Gnadenwahl zu hören. Der Herzog von Hamilton sagte, die Stände hätten alles Wesentliche bereits gethan. Sie hätten einer Zusammenstellung der großen Prinzipien des Christenthums ihre Genehmigung ertheilt, und das Weitere könne füglich der Kirche überlassen bleiben. Die ermüdete Majorität stimmte bereitwillig bei, trotz des Murrens einiger eifriger presbyterianischer Geistlichen, welche zugezogen worden waren, um die Debatte mit anzuhören, und die sich zuweilen kaum enthalten konnten, an derselben Theil zu nehmen.[96]

Das denkwürdige Gesetz, welches die Kirchenverfassung Schottland’s feststellte, wurde vom Earl von Sutherland eingebracht. Durch dieses Gesetz wurde das Synodalsystem wieder eingeführt und die Leitung der kirchlichen Angelegenheiten den sechzig ausgestoßenen Geistlichen, welche eben wieder eingesetzt worden waren, und denjenigen Geistlichen oder Kirchenältesten übertragen, welche die Sechzig zur Theilnahme an der Gewalt für geeignet erachten würden. Die Sechzig und die von ihnen Ernannten waren ermächtigt, sämmtliche Kirchspiele des Landes zu visitiren und alle Geistlichen zu entfernen, denen es an der Befähigung für ihr Amt fehlte, deren sittliche Führung anstößig oder deren Glauben unlauter war; diejenigen Pfarreien, welche während des Interregnums von ihren Pastoren verlassen worden waren, oder richtiger gesagt diejenigen Pfarreien, deren Pastoren der Pöbel durch Mißhandlungen vertrieben hatte, wurden für erledigt erklärt.[97]

Gegen die Klausel, welche die Synodalverfassung wieder einführte, wurde keine ernstliche Opposition erhoben. Aber drei Tage verstrichen mit Discussionen über die Frage, ob der Souverain die Befugniß haben solle, kirchliche Versammlungen einzuberufen und aufzulösen, und dieser Punkt wurde schließlich in gefährlicher Ungewißheit gelassen. Einige andere Klauseln wurden lange und heftig debattirt. Es ward gesagt, daß die den Sechzig verliehene große Gewalt mit dem Grundprinzipe der Verfassung, welche die Stände eben feststellen sollten, unvereinbar sei. Dieses Prinzip bestehe darin, daß alle Presbyter einander gleich seien und daß XVI.56keine Klasse von Dienern der Religion über der der Presbyter stehen solle. Was komme darauf an, ob die Sechzig Prälaten genannt würden oder nicht, wenn sie Gottes Erbe mit mehr als prälatistischer Autorität beherrschen dürften? Auf das Argument, daß das vorgeschlagene Arrangement unter den ganz eigenthümlichen kirchlichen Verhältnissen das zweckmäßigste sei, das getroffen werden könne, erwiederten die Gegner, daß ein solches Raisonnement wohl dem Munde eines Erastianers anstehe, daß aber alle orthodoxen Presbyterianer die Gleichheit der Geistlichen als von Christus vorgeschrieben betrachteten und daß, wo Christus gesprochen habe, es Christen nicht zieme zu erwägen was zweckmäßig sei.[98]

Mit noch viel größerer Heftigkeit und viel triftigerem Grunde griff die Minorität die Klausel an, welche das gesetzlose Treiben der Fanatiker des Westens guthieß. Ein vom Pöbel vertriebener Curat, wurde gesagt, könne doch gewiß auch der strengen Prüfung der sechzig Inquisitoren überlassen werden. Fehle es ihm an der nöthigen Begabung oder wissenschaftlichen Bildung, führe er einen lockeren Lebenswandel, oder sei er heterodox in seinen Glaubensansichten, so würden diese strengen Richter nicht verfehlen, ihn zu entlarven und abzusetzen. Sie würden dann wahrscheinlich ein Kegelspiel, ein der englischen Liturgie entlehntes Gebet oder eine Predigt, in welcher der leiseste Anflug von Arminianismus zu entdecken sei, als einen genügenden Grund ansehen, um seine Pfründe für erledigt zu erklären. Sei es, nachdem man ein Tribunal errichtet, von dem er kaum die nackte Gerechtigkeit erwarten dürfe, nicht monströs, ihn zu verurtheilen, ohne ihm nur zu gestatten, vor diesem Tribunale zu erscheinen, ihn ohne Untersuchung, ja ohne alle Anklage zu verurtheilen? Habe jemals so lange die Welt stehe, ein ernster Senat einen Menschen bloß deshalb als einen Verbrecher behandelt, weil er ausgeplündert, mit Steinen geworfen, hin und her gestoßen, durch Schnee und Koth geschleift und mit dem Tode bedroht worden sei, wenn er in das Haus zurückkehre, das sein gesetzlich anerkanntes Eigenthum war? Der Herzog von Hamilton, der sich freute, eine so gute Gelegenheit zu einem Angriff auf den neuen Lord Commissar zu haben, sprach mit großer Heftigkeit gegen diese gehässige Klausel. Es wird uns erzählt, daß Niemand versucht habe, ihm zu antworten, und obgleich Diejenigen, die uns das sagen, eifrige Episkopalen waren, so dürfen wir doch ihrer Aussage Glauben schenken, denn war es überhaupt möglich etwas darauf zu erwiedern? Melville, auf dem die Hauptverantwortlichkeit ruhte, saß während dieser ganzen stürmischen Debatte stumm auf seinem Throne. Wahrscheinlich ließ er sich bei seinem Verhalten durch Betrachtungen leiten, welche auszusprechen Klugheit und Scham ihm verboten. Der Zustand der südwestlichen Grafschaften war von der Art, daß es nicht möglich gewesen wäre, die vom Pöbel vertriebenen Geistlichen wieder in den Besitz ihrer Wohnungen und Kirchen zu setzen, ohne eine Militärmacht aufzubieten, ohne in jedes Pfarrhaus eine Besatzung zu legen, ohne jede Kanzel mit einer Wache zu umgeben und ohne einige wilde Fanatiker dem Generalprofoß zu überliefern, und es würde keine leichte Aufgabe für die XVI.57Regierung gewesen sein, zu gleicher Zeit die Jakobiten des Hochlandes und die Covenanters des Niederlandes durch Waffengewalt niederzuhalten. Die Majorität, welche aus Gründen, die sich nicht wohl aussprechen ließen, ihren Entschluß gefaßt hatte, verlangte ungeduldig nach der Fragstellung. „Keine Debatte mehr!” war der allgemeine Ruf; „wir haben genug gehört! zur Abstimmung! zur Abstimmung!” Die Frage wurde gestellt und lautete der schottischen Form gemäß: „Wird der Artikel gebilligt oder nicht?” Hamilton bestand darauf, daß die Frage so gestellt werde: „Wird die gewaltsame Vertreibung der Geistlichen gebilligt oder nicht?” Nach langem Hin- und Herreden wurde er überstimmt und die Klausel wurde angenommen. Nur funfzehn oder sechzehn Mitglieder stimmten mit ihm. Unter oftmaligen zornigen Unterbrechungen rief er laut und nachdrücklich, er bedaure es schmerzlich, daß ein schottisches Parlament sich durch solche Ungerechtigkeit entehren könne, und verließ dann mit mehreren seiner Freunde das Haus. Man kann der Entrüstung, die er aussprach, unmöglich seine Theilnahme versagen; allein man darf nicht vergessen, daß es in der Natur der Ungerechtigkeit liegt, neue Ungerechtigkeit zu erzeugen. Es giebt Unbilden, die fast unmöglich wieder gut zu machen sind ohne neue Unbilden zu begehen, und eine solche Unbill war dem schottischen Volke unter der vorigen Generation zugefügt worden. Weil das Parlament der Restauration mit seinen Gesetzen der Ansicht der Nation übermüthig Trotz geboten hatte, mußte sich das Parlament der Revolution vor dem Pöbel erniedrigen.

Als Hamilton und seine Anhänger sich entfernt hatten, rief einer von den Predigern, welche in den Saal eingelassen worden waren, den ihm zunächst sitzenden Mitgliedern zu: „Pfui! Pfui! Verlieren Sie keine Zeit. Beeilen Sie Sich und erledigen Sie Alles ehe er zurückkommt.” Dieser Rath wurde befolgt. Vier oder fünf unerschütterliche Prälatisten blieben, um ein letztes Votum gegen den Presbyterianismus abzugeben. Eben so blieben vier oder fünf unerschütterliche Covenanters, um ihr Mißfallen an dem was ihnen ein Vergleich zwischen dem Herrn und Baal dünkte, zu äußern. Doch die Acte wurde mit einer erdrückenden Majorität angenommen.[99]

Zwei Ergänzungsacte folgten bald nach. Die eine derselben, welche jetzt glücklicherweise wieder aufgehoben ist, verlangte von Jedem, der an irgend einer Universität Schottland’s ein Amt bekleidete, daß er das Glaubensbekenntniß unterzeichne und seinen Beitritt zur neuen Form des Kirchenregiments erkläre.[100] Die andre erledigte die wichtige und delikate Frage des Patronats. Knox hatte im First Book of Discipline behauptet, daß jede christliche Gemeinde das Recht habe, sich ihren Pastor selbst zu wählen. Melville war im Second Book of Discipline nicht ganz so weit gegangen, hatte aber erklärt, daß ein Pastor einer Gemeinde wider ihren Willen gesetzlich nicht aufgedrungen werden könne. Das Patronatsrecht war im Jahre 1649 durch ein Covenantsparlament abgeschafft, und im Jahre 1661 durch ein royalistisches Parlament wiederhergestellt worden. Es war nicht leicht zu entscheiden, was 1690 geschehen mußte. Es gab XVI.58kaum eine andre Frage, welche Wilhelm so große Sorge gemacht hätte. Er hatte in seinen geheimen Instructionen den Lord Commissar ermächtigt in die Abschaffung des Patronats zu willigen, wenn die Stände nicht anders zufrieden zu stellen wären. Aber diese Ermächtigung wurde nur sehr ungern gegeben, und der König hoffte, daß kein Gebrauch davon gemacht werden würde. „Es heißt,” sagte er, „den Leuten ihr Eigenthum wegnehmen.” Es gelang Melville, einen Vergleich zu Stande zu bringen. Das Patronat wurde abgeschafft; aber es wurde decretirt, daß jeder Patron sechshundert schottische Mark, was ungefähr so viel war als fünfunddreißig Pfund Sterling, als Entschädigung für seine Rechte bekommen sollte. Die Summe sieht lächerlich klein aus. Wenn man indessen den Charakter des Eigenthums und die Armuth des Landes in Betracht zieht, so darf man zweifeln, ob ein Patron bei freiem Verkauf viel mehr bekommen haben würde. Die größte Summe, welche ein Mitglied vorzuschlagen wagte, war neunhundert Mark, etwas mehr als funfzig Pfund Sterling. Das Recht, einen Geistlichen vorzuschlagen, wurde einem aus den protestantischen Grundbesitzern und Kirchenältesten bestehenden Gemeindeconcil verliehen. Die Gemeinde konnte gegen den in Vorschlag Gebrachten Einwendungen erheben, und das Presbyterium hatte über die Einwendungen zu entscheiden. Diese Anordnung gab dem Volke nicht einmal ganz diejenige Macht, die ihm das Second Book of Discipline zuerkannt hatte. Aber das verhaßte Wort Patronat war beseitigt; man dachte wahrscheinlich, daß die Aeltesten und Grundbesitzer selten auf der Ernennung eines Mannes bestehen würden, gegen den die Majorität der Gemeinde triftige Einwendungen erheben konnte, und in der That wurde, so lange die Acte von 1690 in Kraft war, der Friede der Kirche nie durch Streitigkeiten gestört, wie die, welche die Schismen von 1732, von 1756 und von 1843 hervorriefen.[101]

Auflösung der Coalition zwischen dem Club und den Jakobiten.

Montgomery hatte Alles was in seiner Macht stand gethan, um die Feststellung der kirchlichen Verfassung des Reichs durch die Stände zu verhindern. Er hatte die eifrigen Covenanters angereizt, Forderungen zu stellen, von denen er wußte, daß die Regierung sie nie bewilligen würde. Er hatte gegen jeden Erastianismus, gegen jeden Vergleich protestirt. Der holländische Presbyterianismus, sagte er, passe nicht für Schottland; es müsse das System von 1649 wieder haben. Dieses System sei dem Worte Gottes entlehnt; es sei der mächtigste Zügel, der jemals gegen die Tyrannei schlechter Könige ersonnen worden, und es müsse, ohne etwas hinzuzufügen noch hinwegzunehmen, wieder eingeführt werden. Seine jakobitischen Verbündeten konnten ihr Mißfallen und ihren Verdruß, ihn eine solche Sprache führen zu hören, nicht verbergen, und waren mit den Erklärungen, die er ihnen privatim gab, keineswegs zufrieden. Während sie sich über diesen Gegenstand mit ihm stritten, kam ein Bote mit wichtigen Depeschen von Jakob und von Marien von Modena in Edinburg an. Diese Depeschen waren in der zuversichtlichen Erwartung geschrieben, daß die großen Versprechungen Montgomery’s erfüllt werden und daß die schottischen Stände unter seiner geschickten Leitung sich für den rechtmäßigen Souverain gegen den Usurpator erklären würden.XVI.59 Jakob war so dankbar für den unerwarteten Beistand seiner früheren Feinde, daß er die Dienste seiner alten Freunde völlig vergaß und keine Rücksicht auf ihre Gefühle nahm. Die drei Oberhäupter des Clubs waren, obgleich Rebellen und Puritaner, seine Lieblinge geworden. Annandale sollte Marquis, Gouverneur des edinburger Schlosses und Lord Obercommissar werden; Montgomery sollte Earl von Ayr und Staatssekretär, Roß ebenfalls Earl und Commandant der Garden werden. Ein characterloser Jurist, Namens Jakob Stewart, der bei der Insurrection Argyle’s stark betheiligt gewesen war, der die Farbe gewechselt und das Dispensationsrecht unterstützt, der hierauf zum zweiten Male die Farbe gewechselt und an der Revolution Theil genommen, und der jetzt zum dritten Male die Farbe gewechselt hatte und eine Restauration herbeizuführen strebte, sollte Lord Advokat werden. Der Geheime Rath, der Court of Session und die Armee sollten mit Whigs gefüllt werden. Ein Fünferrath wurde ernannt, dem alle loyalen Unterthanen zu gehorchen hatten, und in diesem Rathe bildeten Annandale, Roß und Montgomery die Majorität. Marie von Modena benachrichtigte Montgomery, daß ihm fünftausend Pfund Sterling angewiesen worden seien und daß weitere fünftausend Pfund bald nachfolgen würden. Es war unmöglich, daß Balcarras und Diejenigen, welche mit ihm agirt hatten, die ihnen zu Theil werdende Behandlung nicht schmerzlich hätten empfinden sollen. Ihre Namen waren gar nicht erwähnt; Alles was sie gethan und gelitten hatten, schien aus der Erinnerung ihres Gebieters verwischt zu sein. Er hatte ihnen jetzt geradezu gesagt, daß, wenn es ihnen mit Gefahr ihres Grundeigenthums und ihres Lebens gelänge ihn wieder einzusetzen, Alles was er zu geben hatte, Denen gegeben werden würde, die ihn abgesetzt hatten. Als sie seine Briefe lasen, wußten sie überdies, was er, als die Briefe geschrieben wurden, nicht wußte, daß er durch die zuversichtlichen Prahlereien und Versprechungen der abtrünnigen Whigs dupirt worden war. Er glaubte, der Club sei in Edinburg allmächtig, und in Wirklichkeit war derselbe ein Gegenstand der Verachtung geworden. Die toryistischen Jakobiten fanden leicht Vorwände, um den presbyterianischen Jakobiten, denen der verbannte König seine Autorität delegirt hatte, den Gehorsam zu verweigern. Sie beschwerten sich, daß Montgomery ihnen nicht alle Depeschen gezeigt habe, die er erhalten, und äußerten den Verdacht, daß er sich an den Siegeln vergriffen habe. Er rief Gott den Allmächtigen zum Zeugen an, daß dieser Verdacht ungegründet sei, aber Eide wurden von Männern, welche eben einem Könige Treue geschworen hatten, gegen den sie conspirirten, ganz natürlich als ungenügende Bürgschaften betrachtet. Es gab auf beiden Seiten heftige Ausbrüche der Leidenschaft; die Coalition wurde aufgelöst, die Papiere ins Feuer geworfen, und binnen wenigen Tagen wurden die schändlichen Triumvirn, welche in dem kurzen Zeitraum von einem Jahre heftige Wilhelmiten und heftige Jakobiten gewesen waren, abermals Wilhelmiten und versuchten durch gegenseitige Anschuldigungen die Gunst der Regierung zu erlangen.[102]

Die Häupter des Clubs verrathen einander.

Roß war der Erste, der zum Angeber wurde. Nach der Manier der Schule, in der er erzogen war, beging er diese Nichtswürdigkeit mit allen Formen XVI.60der Heiligkeit. Er gab vor, sich in großer Seelenangst zu befinden, schickte nach einem berühmten presbyterianischen Geistlichen, Namens Dunlop, und jammerte kläglich: „Es liegt eine Last auf meinem Gewissen, ich weiß ein Geheimniß, das ich enthüllen sollte, aber ich kann es nicht über mich gewinnen.” Dunlop betete lange und inbrünstig. Roß schluchzte und weinte, bis endlich der Himmel durch das heftige Flehen erstürmt worden zu sein schien. Die Wahrheit kam heraus, und mit ihr viele Lügen. Der Geistliche und der Bußfertige vereinigten dann ihre Dankgebete. Dunlop eilte mit der Nachricht zu Melville, Roß begab sich nach England, um sich mit dem Hofe auszusöhnen, und er kam wohlbehalten am Orte seiner Bestimmung an, obgleich einige seiner Complicen, die von seinem reumüthigen Geständnisse gehört hatten, aber wenig davon erbaut worden waren, Anschläge geschmiedet hatten, ihm unterwegs die Gurgel abzuschneiden. In London betheuerte er bei seiner Ehre und auf sein Wort als Gentleman, daß er wider seinen Willen in das Complot gezogen worden sei, daß er dasselbe stets verabscheut habe und daß Montgomery und Ferguson die wirklichen Schuldigen seien.[103]

Inzwischen pries Dunlop überall wohin er kam, die göttliche Güte, die durch ein so bescheidenes Werkzeug wie er eine vornehme Person auf den rechten Weg zurückgeführt habe. Kaum hörte Montgomery von diesem wundervollen Gnadenwerke, so begann auch er Reue zu empfinden. Er ging zu Melville, legte demselben ein mit dem Roß’schen nicht ganz übereinstimmendes Geständniß ab und erhielt einen Paß nach England. Wilhelm war damals in Irland und Marie regierte anstatt seiner. Ihr warf sich Montgomery zu Füßen. Er versuchte ihr Mitleid rege zu machen, indem er von seinem zerrütteten Vermögen sprach, und sich bei ihr einzuschmeicheln, indem er ihr liebreiches, huldvolles Wesen pries. Er bezeichnete ihr die Namen seiner Mitverschwornen und gelobte sein ganzes Leben ihrem Dienste zu weihen, wenn sie ihm eine Anstellung verschaffte, die ihm eine anständige Existenz sicherte. Sie wurde so gerührt durch seine Bitten und Schmeicheleien, daß sie ihn der Nachsicht ihres Gemahls empfahl; Wilhelm aber konnte das gerechte Mißtrauen und den Abscheu, womit er Montgomery betrachtete, nicht überwinden.[104]

Bevor der Verräther bei der Königin vorgelassen wurde, hatte er die Zusage erlangt, unbehindert wieder abreisen zu dürfen. Diese Zusage wurde gehalten. Er hielt sich noch mehrere Monate in London verborgen und es gelang ihm in Unterhandlung mit der Regierung zu treten. Er erbot sich unter der Bedingung, daß er eine gute Stelle bekäme, als Zeuge gegen seine Mitschuldigen aufzutreten. Wilhelm aber wollte nichts weiter als Begnadigung gewähren, und so wurden die Unterhandlungen endlich abgebrochen. Montgomery ging auf einige Zeit nach Frankreich, kehrte aber bald wieder nach London zurück und brachte den freudenleeren Rest seines Lebens damit hin, daß er Complote schmiedete, die nicht zur Ausführung kamen, und Libelle schrieb, die sich durch einen eleganten XVI.61und kräftigen Styl von den meisten Erzeugnissen der jakobitischen Presse vortheilhaft unterscheiden.[105]

Als Annandale erfuhr, daß seine beiden Complicen zu Angebern geworden waren, zog er sich nach Bath zurück und gab vor, die dortige Kur zu brauchen. Von da wurde er durch einen Verhaftsbefehl bald nach London gebracht. Er gestand ein, daß er sich zum Hochverrath habe verleiten lassen, erklärte aber, daß er zu den Plänen Anderer nur Amen gesagt habe und daß seine fast kindliche Einfalt von Montgomery, diesem schändlichsten, falschesten und unruhigsten Menschen, den es gebe, benutzt worden sei. Der edle Büßer versuchte sodann seine eigne Schuld durch Anklagen anderer Leute, Engländer und Schotten, Whigs und Tories, Schuldiger und Unschuldiger, zu sühnen. Einige klagte er auf eignes Wissen hin, Andere nach bloßem Hörensagen an. Unter Denen, die er auf eignes Wissen hin anklagte, befand sich Neville Payne, der, wie es scheint, weder von Roß, noch von Montgomery erwähnt worden war.[106]

Der durch Boten und Verhaftsbefehle verfolgte Payne war so übel berathen, daß er nach Schottland flüchtete. Wäre er in England geblieben, so würde ihm nichts geschehen sein, denn obwohl die moralischen Beweise seiner Schuld vollkommen waren, lag doch kein legaler Beweis gegen ihn vor, der eine Jury hätte überzeugen können, daß er Hochverrath begangen; er konnte der Folter nicht unterworfen werden, um ihn zur Selbstanklage zu zwingen, und eben so wenig durfte er lange in Haft gehalten werden, ohne daß man ihn vor Gericht stellte. Von dem Augenblicke an aber, wo er die Grenze überschritt, befand er sich in der Gewalt der Regierung, deren Todfeind er war. Die Rechtsforderung hatte in Fällen wie der seinige die Folter als ein statthaftes Mittel, Aufschluß zu erlangen, anerkannt, und keine Habeascorpusacte schützte ihn vor einer langen Detention. Der Unglückliche wurde festgenommen, nach Edinburg gebracht und vor den Geheimen Rath gestellt. Man war allgemein der Ansicht, daß er ein Schurke und Feigling sei und daß der bloße Anblick der spanischen Stiefeln und Daumenschrauben ihm alle die strafwürdigen Geheimnisse entlocken werde, die man ihm anvertraut hatte. Aber Payne besaß viel mehr Muth als die hochgebornen Verschwörer, mit denen er zu seinem Unglück in Verbindung gestanden hatte. Zweimal wurde er den fürchterlichsten Martern unterworfen, aber nicht ein Wort, durch das er sich selbst oder irgend jemand Andren angeklagt hätte, konnte ihm entrissen werden. Einige Räthe verließen schaudernd den Sitzungssaal. Aber der fromme Crawford präsidirte. Er ließ sich, wo ein Amalekiter im Spiele war, von der Schwäche des Mitleids nicht leicht übermannen, und zwang den Folterknecht, einen Keil nach dem andren zwischen die Knie des Gefangenen einzutreiben, bis der Schmerz so groß war, als der menschliche Körper ihn ertragen kann, ohne die Lebensfähigkeit zu verlieren. Payne wurde dann in das edinburger Schloß gebracht, wo er lange blieb, gänzlich vergessen von Denen, um derentwillen er, wie er in rührenden Worten beklagte, mehr als die Qual des Todes erduldet hatte. Doch keine Undankbarkeit vermochte die Gluth seiner fanatischen Treue zu dämpfen und XVI.62noch Jahre lang entwarf er in seinem Kerker Insurrections- und Invasionspläne.[107]

Allgemeine Ergebung in die neue Kirchenverfassung.

Vor Payne’s Verhaftung waren die Stände nach einer der bedeutungsvollsten Sessionen, welche Schottland je gesehen, vertagt worden. Die Nation fügte sich allgemein in die neue kirchliche Verfassung. Die Indifferenten, welche in jeder Gesellschaft einen beträchtlichen Theil bilden, freuten sich, daß die Anarchie vorüber war, und bequemten sich der presbyterianischen Kirche an, wie sie sich der bischöflichen Kirche anbequemt hatten. Die gemäßigten Presbyterianer waren mit der getroffenen Einrichtung im Ganzen zufrieden, und auch die meisten strengen Presbyterianer gewannen es über sich, sie unter Protest als eine starke Abschlagszahlung auf die ihnen zukommende Schuld anzunehmen. Sie vermißten zwar was sie als die vollkommene Schönheit und Symmetrie der Kirche ansahen, welche vierzig Jahre früher der Stolz Schottland’s gewesen war. Obgleich aber der zweite Tempel dem ersten nicht gleichkam, konnte sich das erwählte Volk nicht des Gedankens freuen, daß es nach einer langen Gefangenschaft in Babylon das Haus Gottes, wenn auch unvollkommen, auf den alten Grundmauern wieder erbauen durfte; auch konnte es ihm nicht schlecht anstehen, für den latitudinarischen Wilhelm eine dankbare Zuneigung zu fühlen, wie die zurückgeführten Juden sie für den heidnischen Cyrus gefühlt hatten.

Klagen der Episkopalen.

Zwei Parteien jedoch betrachteten die Ordnung von 1690 mit unversöhnlichem Abscheu. Solcher Schotten, welche aus Ueberzeugung und mit Begeisterung Episkopalen waren, gab es nur wenige, aber es befanden sich darunter einige Personen, die wenn auch vielleicht nicht in natürlicher Begabung, so doch in Gelehrsamkeit, Geschmack und Schreibfertigkeit den Theologen der jetzt zur Herrschaft gelangten Secte überlegen waren. Es würde für die abgesetzten Curaten und Professoren nicht rathsam gewesen sein, ihrem Zorne in ihrem eignen Lande Luft zu machen. Aber die englische Presse stand ihnen offen und sie waren des Beifalls eines großen Theils des englischen Volkes gewiß. Mehrere Jahre hindurch peinigten sie ihre Feinde und unterhielten das Publikum durch eine Reihe geistreicher und kecker Flugschriften. In einigen dieser Schriften sind die Drangsale, welche die gemißhandelten Priester der westlichen Grafschaften erduldet hatten, mit einer Eindringlichkeit geschildert, die unwiderstehlich Mitleid und Unwillen erregt. In anderen ist die Grausamkeit, mit der die Covenanters unter den Regierungen der beiden letzten Könige des Hauses Stuart behandelt worden waren, durch alle erdenklichen Kunstgriffe der Sophistik gemildert. Viel wird darin über das schlechte Latein einiger presbyterianischer Professoren gewitzelt, die auf Lehrstühlen saßen, welche vor kurzem große Gelehrte innegehabt hatten. Auch wurde viel über die unwissende Geringschätzung gesprochen, welche die siegreichen Barbaren gegen die Wissenschaft und Literatur an den Tag legten. Sie wurden beschuldigt, daß sie über die modernen Systeme der Naturwissenschaft als verwerflicher Ketzereien das Anathema XVI.63aussprächen, daß sie die Mathematik als ein seelenverderbendes Studium verdammten und selbst von dem Studium der Sprachen abriethen, in denen die heiligen Bücher geschrieben seien. Gelehrsamkeit, wurde gesagt, werde in Schottland bald nicht mehr zu finden sein; die Universitäten siechten unter ihren neuen Leitern dahin und müßten bald zu Grunde gehen. Die Buchhändler seien schon halb ruinirt, sie kämen zu der Einsicht, daß der ganze Ertrag ihres Geschäfts die Ladenmiethe nicht mehr decken werde, und schickten sich an, in ein Land auszuwandern, wo die Wissenschaften von Denen, welche dazu berufen seien, das Volk zu belehren, in Ehren gehalten würden. Unter den Dienern der Religion gebe es keinen Bücherkäufer mehr. Der bischöfliche Geistliche sei froh, wenn er für ein Stück Brot den Ueberrest seiner Bibliothek verkaufen könne, der von den Pöbelhaufen der letzten Weihnachtszeit nicht zerrissen oder verbrannt worden sei, und die ganze Bibliothek eines presbyterianischen Geistlichen bestehe aus einer Erklärung der Apokalypse und aus einem Kommentar zum Hohen Liede.[108] Die Kanzelberedtsamkeit der siegreichen Partei war ein unerschöpflicher Stoff zu Spötteleien. Ein kleines Büchlein betitelt: The Scotch Presbyterian Eloquence Displayed, machte im Süden, bei den Hochkirchlichen sowohl wie bei den Spöttern ungeheures Aufsehen und ist noch jetzt nicht ganz vergessen. Es war in der That ein Buch, das ganz für den Lesetisch eines Squire paßte, dessen Religion darin bestand, daß er extemporirte Gebete und näselndes Psalmensingen haßte. An einem regnerischen Tage, wenn es unmöglich war, zu jagen oder zu schießen, würden weder Karten- noch Bretspiel in den Pausen zwischen der Flasche und der Pastete eine so angenehme Unterhaltung gewährt haben. Man findet vielleicht nirgends eine so reichhaltige Sammlung lächerlicher Citate und Anekdoten auf einem so kleinen Raume zusammengedrängt. Einige ernste Männer jedoch, die der calvinistischen Lehre und Kirchenzucht nicht hold waren, schüttelten den Kopf über dieses sprudelnde Witzbuch und äußerten sich dahin, daß der Verfasser, indem er die absurde Rhetorik, durch welche niedrigdenkende und unwissende Menschen dunkle theologische Fragen zu erörtern und religiöses Gefühl bei der Menge zu wecken versuchten, dem Spotte preisgab, zuweilen die den heiligen Dingen gebührende Ehrerbietung aus den Augen gesetzt habe. Der Eindruck, den solche Schriften auf die öffentliche Meinung in England machten, ließ sich nicht vollkommen würdigen, so lange England und Schottland unabhängig von einander waren, zeigte sich aber sehr bald nach der Vereinigung der beiden Königreiche in einer Weise, die zu beklagen wir noch jetzt Ursache haben und auch wahrscheinlich unsere Nachkommen noch lange Ursache haben werden.

Die presbyterianischen Eidverweigerer.

Die extremen Presbyterianer waren eben so mißvergnügt wie die extremen Prälatisten und eben so wenig wie die extremen Prälatisten geneigt, Wilhelm und Marien den Huldigungseid zu leisten. Und in der That, obgleich der jakobitische Eidverweigerer und der cameronische Eidverweigerer ganz entgegengesetzter Ansichten waren, obgleich sie einander mit tödtlicher Aversion XVI.64betrachteten, obgleich keiner von Beiden Bedenken getragen haben würde, den Andren zu verfolgen, hatten sie doch viel mit einander gemein. Sie waren vielleicht die beiden auffallendsten Beispiele von verkehrter Absurdität, welche die Welt aufzuweisen hatte. Jeder von ihnen betrachtete seine Lieblingsform der Kirchenverfassung nicht als ein Mittel sondern als einen Zweck, als das einzig Nothwendige, als die Quintessenz der christlichen Religion. Jeder von ihnen glaubte kindischerweise, in seiner Bibel eine Theorie der Civilregierung gefunden zu haben, und Keiner von Beiden erschrak vor den furchtbaren Consequenzen, zu denen seine Theorie führte. Auf alle Einwendungen hatten Beide nur die eine Antwort: So spricht der Herr. Beide stimmten in der prahlerischen Behauptung überein, daß die Argumente, welche atheistischen Politikern unwiderlegbar schienen, dem Heiligen keine Schwierigkeit darboten. Es möge vollkommen wahr sein, daß er durch Milderung der Strenge seiner Grundsätze sein Vaterland vor Knechtschaft, Anarchie und allgemeinem Ruin retten könne, aber es sei nicht sein Lebenszweck, sein Vaterland zu retten, sondern seine Seele. Er gehorche den Geboten Gottes und stelle das Weitere Gott anheim. Die eine der beiden fanatischen Secten war der Meinung, die Nation sei bis ans Ende aller Zeiten verpflichtet, dem Erben der Stuarts zu gehorchen; die andre glaubte, die Nation sei bis ans Ende aller Zeiten durch den feierlichen Bund und Covenant gebunden, und in Folge dessen betrachteten Beide die neuen Souveraine als Usurpatoren.

Von den presbyterianischen Eidverweigerern hat man außerhalb Schottland’s kaum etwas gehört, und vielleicht ist es jetzt selbst in Schottland nicht allgemein bekannt, wie lange sie noch eine abgesonderte Klasse bildeten. Sie meinten ihr Vaterland stehe in einem Vorvertrag mit dem Allerhöchsten und könne niemals, so lange die Welt existire, eine mit diesem Vorvertrage unvereinbare Verpflichtung eingehen. Ein Erastianer, ein Latitudinarier, ein Mann, der das Brot und den Wein knieend aus den Händen von Bischöfen empfange und der es sich, wenn auch ungern, gefallen ließ, in der Kirche Chorsänger in weißen Gewändern singen zu hören, könne nicht König eines unter dem Covenant stehenden Reiches sein. Wilhelm habe überdies alles Anrecht auf die Krone dadurch verloren, daß er die Sünde begangen, wegen der in alter Zeit eine auf widernatürliche Weise auf den Thron erhobene Dynastie auf widernatürliche Weise entthront worden sei. Er habe seinen Schwiegervater, diesen Götzendiener, diesen Mörder, diesen Mann Belial’s, der vor den Augen des Herrn hätte in Stücken zerhackt werden sollen, wie Agag, geflissentlich entkommen lassen. Wilhelm’s Verbrechen sei sogar noch schlimmer als das des Königs Saul. Saul habe nur einen Amalekiter verschont und habe die übrigen alle erschlagen. Welchen Amalekiter habe Wilhelm erschlagen? Die reine Kirche sei achtundzwanzig Jahre der Verfolgung preisgegeben gewesen, ihre Kinder seien ins Gefängniß geworfen, transportirt, gebrandmarkt, erschossen, gehängt, ersäuft, gefoltert worden. Und doch habe Der, der sich ihren Befreier nenne, ihr nicht gestattet, sich an ihren Feinden zu rächen.[109] Der blutdürstige Claverhouse sei in XVI.65St. James freundlich aufgenommen worden. Der blutige Mackenzie habe bei den Uebelgesinnten in Oxford eine sichere und glänzende Freistätte gefunden. Der jüngere Dalrymple, der die Heiligen angeklagt, und der ältere Dalrymple, der über die Heiligen zu Gericht gesessen, seien groß und mächtig. Sorglose Gallios sagten, man habe nur die Wahl zwischen Wilhelm und Jakob und es sei weise, von zwei Uebeln das kleinere zu wählen. Dies sei allerdings die Weisheit dieser Welt. Aber die Weisheit, die von Oben komme, lehre uns, daß wir von zwei Dingen, welche beide in den Augen Gottes Uebel seien, gar keines wählen sollten. Sobald Jakob wieder eingesetzt werde, sei es Pflicht, ihn nicht anzuerkennen und sich ihm zu widersetzen. Gegenwärtig sei es Pflicht, seinen Schwiegersohn nicht anzuerkennen und sich ihm zu widersetzen. Es dürfe nichts gesagt und nichts gethan werden, was als eine Anerkennung der Autorität des Mannes aus Holland ausgelegt werden könne. Die Gottesfürchtigen dürften ihm keine Abgaben bezahlen, dürften unter ihm kein Amt bekleiden, dürften keine Besoldungen von ihm annehmen, dürften keine Dokumente unterzeichnen, in denen er König genannt werde. Anna folgte Wilhelm auf dem Throne und Anna wurde von Denen, die sich den Ueberrest der wahren Kirche nannten, als die vermeintliche Königin, als das schlechte Weib, als die Jesabel bezeichnet. Georg I. folgte Anna auf dem Throne, und Georg I. war der angebliche König, das deutsche Thier.[110] Georg II. folgte Georg I. auf dem Throne, und Georg II. war ebenfalls ein angeblicher König und wurde beschuldigt, die Ruchlosigkeit seiner ruchlosen Vorgänger noch übertroffen zu haben, indem er ein dem göttlichen Gesetze, welches befiehlt, daß keine Hexe am Leben gelassen werden dürfe, Hohn sprechendes Gesetz genehmigt habe.[111] Georg III. folgte Georg II. auf dem Throne, und noch immer fuhren diese Leute fort, mit unverminderter Beharrlichkeit, wenn auch in weniger heftiger Sprache als früher, einem nicht unter dem Covenant stehenden Souverain jede Anerkennung zu verweigern.[112] Noch im Jahre 1806 erklärten sie XVI.66es öffentlich für eine Sünde, die Regierung eines solchen Königs durch Entrichtung der Abgaben, durch Annahme von Accislicenzen, durch Anschluß an die Freiwilligen oder durch Arbeiten bei öffentlichen Werken anzuerkennen.[113] Die Zahl dieser Zeloten verminderte sich immer mehr, bis sie endlich so dünn über Schottland verstreut waren, daß sie nirgends mehr zahlreich genug waren, um ihr eignes Bethaus haben zu können, weshalb man sie Nichthörer nannte. Sie versammelten sich jedoch noch zu Andachtsübungen in Privathäusern und betrachteten sich fortwährend als das auserwählte Geschlecht, als die königliche Priesterschaft, als die heilige Nation, als das besondere Volk, das inmitten der allgemeinen Entartung allein den Glauben an ein besseres Zeitalter beibehalten hatte. Es ist durchaus nicht unwahrscheinlich, daß dieser Aberglaube, der unvernünftigste und ungeselligste, zu welchem das protestantische Christenthum je durch menschliche Vorurtheile und Leidenschaften verfälscht worden, in einigen obscuren Pächterwohnungen noch immer fortbesteht.

Wilhelm unzufrieden mit den kirchlichen Einrichtungen in Schottland.

Der König war mit der Art und Weise, wie die kirchliche Verfassung Schottland’s geordnet worden, nur theilweis zufrieden. Er meinte die Episkopalen seien hart behandelt worden, und fürchtete sie könnten noch härter behandelt werden, wenn das neue System erst vollständig organisirt sei. Er hatte dringend gewünscht, daß die Acte, welche die presbyterianische Kirche als Staatsreligion einführte, von einer andren Acte begleitet sei, welche Nichtmitgliedern dieser Kirche gestattete, ihre religiösen Versammlungen ungehindert zu halten, und er hatte Melville speciell beauftragt, dafür zu sorgen.[114] Einige populäre Prediger XVI.67aber haranguirten in Edinburg so heftig gegen die Gewissensfreiheit, die sie das Mysterium der Unbilligkeit nannten, daß Melville den Instructionen seines Gebieters nicht nachzukommen wagte. Der Entwurf einer Toleranzacte wurde dem Parlamente durch ein Privatmitglied vorgelegt, aber kalt aufgenommen und fallen gelassen.[115]

Zusammentritt der Generalversammlung der schottischen Kirche.

Wilhelm war jedoch fest entschlossen es nicht zuzugeben, daß die herrschende Religionspartei ihre Verfolgungsgelüste befriedigte und er nahm sehr bald Gelegenheit, diesen seinen Entschluß kund zu thun. Die erste Generalversammlung der neueingeführten Landeskirche fand bald nach seiner Zurückkunft aus Irland statt. Es war nothwendig, daß er einen Commissar ernannte und ein Handschreiben erließ. Einige eifrige Presbyterianer hofften, daß Crawford dieser Commissar werden würde, und die edinburger Geistlichen veröffentlichten eine Schrift, in der sie sehr verständlich andeuteten, daß dies ihr Wunsch sei. Wilhelm wählte jedoch Lord Carmichael, einen Edelmann, der sich durch Einsicht, Humanität und Mäßigung auszeichnete.[116] Das königliche Schreiben an die Versammlung war höchst verständigen Inhalts und in sehr eindringlicher Sprache abgefaßt. „Wir hoffen,” schrieb der König, „Ihr Benehmen wird von der Art sein, daß wir keine Ursache haben zu bereuen was wir gethan. Wir konnten nie der Meinung sein, daß Gewaltthätigkeit der Ausbreitung wahrer Religiosität förderlich sei; auch haben wir nicht die Absicht, unsre Autorität jemals zum Werkzeuge der zügellosen Leidenschaften irgend einer Partei werden zu lassen. Mäßigung ist es was die Religion vorschreibt, was die Nebenkirchen von Ihnen erwarten und was wir Ihnen anempfehlen.” Die Sechzig und ihre Genossen würden wahrscheinlich gern in einer Sprache geantwortet haben, ähnlich derjenigen, welche, wie einige von ihnen sich noch recht wohl erinnern konnten, der Klerus gegen Karl II. während seines Aufenthalts in Schottland geführt hatte. Aber sie hatten eben erst erfahren, daß man in England entschieden für die gemißhandelten Curaten eingenommen sei und daß es unter solchen Umständen von einer Körperschaft, welche die presbyterianische Kirche repräsentirte, Wahnsinn gewesen sein würde, sich mit dem Könige zu verfeinden.[117] Die Versammlung gab daher eine dankende und ehrerbietige Antwort auf das königliche Schreiben und versicherte Sr. Majestät, daß sie zu viel von Unterdrückung gelitten hätten, um jemals Unterdrücker werden zu können.[118]

XVI.68Lage der Dinge auf dem Continent.

Unterdessen bezogen die Truppen auf dem ganzen Kontinent ihre Winterquartiere. Der Feldzug war überall unentschieden geblieben. Der Sieg, den Luxemburg bei Fleurus erfochten, hatte keinen erheblichen Eindruck gemacht. Am Oberrheine hatten große Armeen einander Monate lang gegenüber gestanden, ohne einen Schlag zu thun. In Catalonien waren einige kleine Festungen genommen worden. Im Osten Europa’s waren auf einigen Punkten die Türken, auf anderen die Christen siegreich gewesen, und das Ende des Kampfes schien ferner zu sein als je. Die Coalition hatte im Laufe des Jahres ein werthvolles Mitglied verloren, und ein andres gewonnen. Der Herzog von Lothringen, der geschickteste Feldherr in kaiserlichen Diensten, war nicht mehr. Er war gestorben, wie er gelebt hatte: als ein umherirrender Verbannter, und hatte seinen Kindern nichts als seinen Namen und seine Rechte hinterlassen. Man pflegte zu sagen, die Coalition hätte eher dreißigtausend Soldaten entbehren können als einen solchen General. Doch die verbündeten Hofe hatten kaum Trauer um ihn angelegt, als sie durch die Nachricht getröstet wurden, daß ein andrer Prinz, an Macht ihm überlegen und weder an Feldherrntalent noch an Muth ihm nachstehend, dem Bunde gegen Frankreich beigetreten sei.

Der Herzog von Savoyen schließt sich der Coalition an.

Dies war Victor Amadeus Herzog von Savoyen. Er war noch jung, aber schon wohl erfahren in den Künsten, in denen sich die Staatsmänner Italiens seit dem 13. Jahrhunderte stets ausgezeichnet hatten, den Künsten, durch welche Castruccio Castracani und Franz Sforza zu Macht und Ansehen gelangten und welche Macchiavel in ein System brachte. Kein Souverain im modernen Europa hat mit einem so kleinen Ländchen während eines so langen Zeitraums einen so großen Einfluß ausgeübt. Mit einem Anschein von Freudigkeit, aber mit geheimem Widerwillen und Groll hatte er sich eine Weile dem französischen Einflusse gefügt. Als der Krieg ausbrach, erklärte er sich für neutral, knüpfte aber in der Stille Unterhandlungen mit dem Hause Oesterreich an. Wahrscheinlich würde er sich noch lange verstellt haben, bis sich ihm eine Gelegenheit dargeboten hatte, einen unerwarteten Schlag zu führen, wären seine schlauen Pläne nicht durch Ludwig’s Entschiedenheit und Energie vereitelt worden. Ein französisches Armeecorps unter den Befehlen Catinat’s, eines Offiziers von großem Talent und Muth, rückte in Piemont ein. Der Herzog erfuhr, daß sein Verhalten Verdacht erweckt habe, den er nur durch Zulassung fremder Besatzungen in Turin und Vercelli beseitigen könne. Er überzeugte sich, daß er entweder der Sklave oder der offene Feind seines mächtigen und herrschsüchtigen Nachbars sein mußte. Seine Wahl war bald getroffen, und es begann ein Krieg, der sieben Jahre lang einige der besten Generäle und besten Truppen Ludwig’s beschäftigte. Ein außerordentlicher Gesandter Savoyen’s begab sich nach dem Haag, ging von da nach London, überreichte im Bankethause seine Accreditive und hielt an Wilhelm eine Anrede, welche sofort in mehrere Sprachen übersetzt und in allen Theilen Europa’s gelesen wurde. Der Redner wünschte dem Könige Glück zu dem Gelingen des großen Unternehmens, welches England seine frühere Stellung unter den Nationen wiederverschafft und Europa aus seinen Ketten befreit habe. „Daß mein Gebieter,” sagte er, „es endlich wagen darf, Gesinnungen auszusprechen, die er seit langer Zeit in den Tiefen seines Herzens verbarg, ist ein Theil der Schuld, dieXVI.69 er Eurer Majestät abzutragen hat. Sie haben ihm, nach so vielen Jahren der Knechtschaft, mit der Hoffnung auf Freiheit beseelt.”[119]

Es war beschlossen worden, daß im Laufe des herannahenden Winters ein Congreß sämmtlicher Frankreich feindlich gesinnten Mächte im Haag gehalten werden sollte. Wilhelm konnte es kaum erwarten, sich dahin zu begeben. Aber er mußte zuvor eine Parlamentssession halten. Anfang October versammelten sich die beiden Häuser wieder in Westminster. Die Mitglieder waren durchgehends in guter Stimmung gekommen. Diejenigen Tories welche überhaupt zu gewinnen waren, waren durch die Begnadigungsacte und durch den großen Antheil, den sie von den Gunstbezeigungen der Krone erhalten hatten, gewonnen worden. Diejenigen Whigs, welche überhaupt für Lehren empfänglich waren, hatten aus der Lection, welche Wilhelm ihnen gegeben, viel gelernt, und erwarteten nicht mehr, daß er vom Range eines Königs zu dem eines Parteiführers herabsteigen werde. Whigs wie Tories waren mit wenigen Ausnahmen durch die Aussicht auf eine französische Invasion beunruhigt und durch die Nachricht von dem Siege am Boyne erfreut worden. Der Souverain, der für ihre Nation und ihre Religion sein Blut vergossen hatte, stand in diesem Augenblicke in der öffentlichen Achtung höher als zu irgend einer Zeit seit seiner Thronbesteigung. Seine Thronrede erzwang sich den lauten Beifall der Lords und der Gemeinen.[120] Beide Häuser votirten dem Könige für seine Thaten in Irland und der Königin für die Umsicht, mit der sie während seiner Abwesenheit England regiert hatte, ihren Dank.[121] So begann eine Session, die sich unter den Sessionen dieser Regierung durch Eintracht und Ruhe auszeichnete. Es ist kein Bericht über die Debatten auf uns gekommen, man müßte denn ein längst vergessenes Libell, in welchem einige von den am ersten Tage gehaltenen Reden in Knittelversen persiflirt werden, einen Bericht nennen.[122]

Steuerbewilligungen.

Die Gemeinen scheinen ihre Zeit hauptsächlich mit der Erörterung von Fragen hingebracht zu haben, welche aus den Wahlen des vergangenen Frühjahrs erwuchsen. Die zur Bestreitung der Kriegskosten nöthigen Gelder wurden, obwohl sie sehr bedeutend waren, gern bewilligt. Die Anzahl der regulären Truppen wurde für das nächste Jahr auf siebzigtausend festgesetzt, wovon zwölftausend Reiter oder Dragoner sein sollten. Der Kostenaufwand für diese Armee, der größten, welche England je unterhalten hatte, betrug zwei Millionen dreihunderttausend Pfund, die Unterhaltungskosten der Flotte ungefähr achtzehnhunderttausend Pfund. Die Kosten der Artillerie waren in diesen Summen mit inbegriffen und wurden auf ungefähr ein Achtel des Flotten- und ein Fünftel des Militäraufwandes geschätzt.[123] Die Gesammtsumme der dem Könige bewilligten außerordentlichen Gelder belief sich auf mehr als vier Millionen.

Die Gemeinen waren mit Recht der Ansicht, daß die außergewöhnliche XVI.70Liberalität, mit der sie die Regierung unterstützt, sie auch berechtige, außergewöhnliche Sicherheiten gegen Verschwendung und Unterschleif zu verlangen. Es wurde eine Bill eingebracht, welche neun Commissare ermächtigte, die öffentlichen Rechnungen zu prüfen und festzustellen. Die Neun waren in der Bill genannt, und sie waren sämmtlich Mitglieder des Unterhauses. Die Lords traten der Bill ohne Amendements bei und der König genehmigte sie.[124]

Mittel und Wege.

Die Debatten über die Mittel und Wege zur Aufbringung der bewilligten Summen füllten einen beträchtlichen Theil der Session aus. Es wurde beschlossen, daß sechshundert und funfzigtausend Pfund durch eine directe monatliche Grundsteuer aufgebracht werden sollten. Ferner wurden die Accisabgaben auf Ale und Bier verdoppelt und die Eingangszölle auf rohe Seide, Leinwand, Bauholz, Glaswaaren und einige andere Artikel erhöht.[125] Soweit fand geringe Meinungsverschiedenheit statt. Bald aber wurde der ruhige Geschäftsgang durch einen Vorschlag gestört, der bei weitem populärer war als gerecht und human. Obwohl Steuern von noch nicht dagewesener Höhe ausgeschrieben waren, konnte man doch mit gutem Grunde zweifeln, ob diese Steuern ausreichen würden. Warum, fragte man, sollten nicht die irischen Insurgenten die Kosten des irischen Kriegs tragen? Die ganze Welt wisse, wie diese Insurgenten in ihrem Schattenparlamente gehandelt hätten, und es sei nicht mehr als recht und billig, daß man ihnen mit ihrem eigenen Maaße messe. Sie müßten so behandelt werden, wie sie die sächsische Colonie behandelt hätten. Jeder Acker Land, den die Ansiedlungsacte ihnen gelassen, müßte vom Staate confiscirt werden, um die Geldausgaben zu bestreiten, die ihr Ungestüm und ihre Verkehrtheit nothwendig gemacht hätten. Es ist nicht zu verwundern, daß ein Plan, der zu gleicher Zeit den Nationalgroll befriedigte und eine pekuniäre Erleichterung hoffen ließ, mit großer Freude begrüßt wurde. Es ward eine Bill eingebracht, die nur zu große Aehnlichkeit mit einigen von den jakobitischen Gesetzgebern in Dublin erlassenen Gesetzen hatte. Diese Bill bestimmte, daß das Eigenthum eines Jeden, der sich gegen den König und die Königin seit dem Tage ihrer Proklamation aufgelehnt, eingezogen und der Erlös desselben zur Fortführung des Kriegs verwendet werden sollte. Eine Ausnahme war zu Gunsten derjenigen Protestanten gemacht, die sich nur überlegener Gewalt gefügt hatten; gegen die Papisten aber wurde keine Nachsicht geübt. Das königliche Begnadigungsrecht wurde beschränkt. Zwar durfte der König, wenn es ihm gefiel, das Leben seiner besiegten Feinde schonen; aber es war ihm nicht gestattet, den geringsten Theil ihres Vermögens der allgemeinen Confiscation zu entziehen. Es sollte nicht in seiner Macht stehen, eine Capitulation zu bewilligen, welche den irischen Katholiken den Genuß ihres erblichen Grundbesitzes sicherte. Ja, er sollte sogar sein Wort gegen Diejenigen nicht halten dürfen, die er bereits zu Gnaden angenommen, die seine Hand geküßt und aus seinem Munde das Versprechen des Schutzes erhalten hatten. Es wurde ein Versuch gemacht, eine Klausel zu Gunsten Lord Dover’s einzuschalten. Dover, der XVI.71bei allen seinen Fehlern nicht ohne einige Gefühle für England war, hatte sich durch Vertheidigung der Interessen seines Geburtslandes in Dublin sowohl den Irländern als den Franzosen verhaßt gemacht. Nach der Schlacht am Boyne war seine Lage traurig geworden. Weder in Limerick noch in Saint-Germains durfte er hoffen gut aufgenommen zu werden. In seiner Verzweiflung warf er sich Wilhelm zu Füßen, versprach ruhig zu leben und erhielt die gnädige Zusicherung, daß er nichts zu fürchten habe. Obgleich diesem unglücklichen Manne das königliche Wort verpfändet zu sein schien, beschlossen die Gemeinen dennoch mit hundertneunzehn gegen hundertzwölf Stimmen, daß sein Eigenthum von der allgemeinen Confiscation nicht ausgenommen sein solle.

Die Bill kam vor die Peers; aber die Peers waren nicht gemeint, sie ohne erhebliche Abänderungen anzunehmen, und zu solchen Abänderungen war jetzt keine Zeit. Zahlreiche Erben, Anwartschaftsinhaber und Gläubiger baten das Oberhaus flehentlich, Klauseln einzuschalten, welche den Unschuldigen gegen jede Gefahr, mit dem Schuldigen zu leiden, sicher stellten. Einige Bittsteller verlangten durch das Organ ihres Anwalts gehört zu werden. Der König hatte alle Vorbereitungen zu einer Reise nach dem Haag getroffen, der Tag, über welchen hinaus er seine Abreise nicht verschieben konnte, rückte immer näher, und so wurde die Bill zum Glück für die Ehre der englischen Legislatur in das dunkle Repositorium verwiesen, in welchem die abortiven Statuten vieler Generationen einen Schlaf schlafen, der nur selten von dem Geschichtsschreiber oder Alterthumsforscher gestört wird.[126]

Verfahren gegen Torrington.

Eine andre Frage, welche die Ruhe dieser kurzen Session vorübergehend, aber auch nur vorübergehend störte, entsprang aus der unglücklichen und schimpflichen Schlacht von Beachy Head. Torrington war unmittelbar nach dieser Schlacht in den Tower geschickt worden und saß noch darin. Es hatte sich eine technische Schwierigkeit bezüglich des gegen ihn einzuleitenden Verfahrens erhoben. Einen Lord Großadmiral gab es nicht, und ob die Commissare der Admiralität befugt waren, das Kriegsrecht auszuüben, darüber waren manche Juristen nicht völlig im Klaren. Die Mehrzahl der Richter meinte, die Commissare seien competent; um aber jeden Zweifel zu beseitigen, wurde eine Bill im Oberhause eingebracht, und gegen diese Bill opponirten mehrere Lords aus höchst nichtigen Gründen. Das vorgeschlagene Gesetz, sagten sie, sei ein rückwirkendes Strafgesetz und lasse deshalb Einwendungen zu. Wenn sie dieses Argument aus Ueberzeugung geltend machten, so kannten sie die ersten Anfangsgründe der Gesetzgebungswissenschaft nicht. Ein Gesetz deshalb machen, um etwas zu bestrafen, was zu der Zeit wo es gethan wurde, nicht strafbar war, widerstreitet jedem gesunden Prinzipe. Ein Gesetz aber, das lediglich das Strafverfahren änderte, kann vollkommen schicklicherweise auf vergangene sowohl wie auf zukünftige Vergehen angewendet werden. Es würde die gröbste Ungerechtigkeit gewesen sein, dem Gesetz, welches den Sclavenhandel für Felonie erklärte, eine rückwirkende Kraft zu geben. Aber es lag nicht XVI.72die geringste Ungerechtigkeit in der Verordnung, daß der Centralcriminalgerichtshof Felonien untersuchen solle, welche lange vor dem Bestehen dieses Gerichtshofes begangen worden waren. In Torrington’s Falle blieb das substantielle Gesetz das was es stets gewesen war; die Definition des Vergehens und das Strafmaß blieben unverändert. Die einzige Aenderung bezog sich auf die Form des Verfahrens, und die Legislatur war vollkommen berechtigt, diese Aenderung rückwirkend zu machen. Man kann in der That kaum glauben, daß einige von Denen, die sich der Bill widersetzten, durch den Trugschluß verblendet worden sein sollten, von dem sie Gebrauch zu machen sich herabließen. Der Kastengeist war bei den Lords sehr stark und es dünkte ihnen eine Erniedrigung ihres ganzen Standes, daß einer der Ihrigen durch einen aus Plebejern bestehenden Gerichtshof auf Tod und Leben gerichtet werden sollte. Wenn ihr hochgeborner College sich vergangen hatte, so mußten Anklageartikel gegen ihn aufgesetzt werden; Westminster Hall mußte hergerichtet werden, seine Peers mußten sich in ihrem Richterornate versammeln und auf ihr Ehrenwort ihren Wahrspruch abgeben; ein Lord Oberrichter mußte das Urtel verkündigen und den Stab zerbrechen. Es war vorbei mit dem Privilegium, wenn ein Earl durch Theerjacken, welche um einen Tisch in einer Schiffskajüte saßen, zum Tode verurtheilt werden konnte. Diese Gefühle äußerten einen solchen Einfluß, daß die Bill im Oberhause mit einer Majorität von nur zwei Stimmen durchging.[127] Im Unterhause, wo die Würden und Immunitäten des hohen Adels nicht mit freundlichem Auge betrachtet wurden, herrschte nur geringe Meinungsverschiedenheit. Torrington verlangte vor der Schranke gehört zu werden und sprach daselbst sehr ausführlich, aber schwach und verworren. Er rühmte sich seiner Dienste, seiner Opfer und seiner Wunden und schmähte die Holländer, die Admiralität und den Staatssekretär. Doch die Bill durchlief ohne Abstimmung alle Stadien.[128]

Torrington’s Prozeß und Freisprechung.

Zu Anfang Decembers wurde Torrington unter Eskorte den Strom hinab nach Sheerneß geschickt. Hier versammelte sich das Kriegsgericht an Bord einer Fregatte, der Kent genannt. Die Untersuchung dauerte drei Tage, und während dieser drei Tage war die Aufregung in London groß. An der Börse, in den Kaffeehäusern und selbst an den Kirchthüren hörte man von nichts als von Torrington sprechen. Alle Parteien waren heftig aufgeregt, es wurden ungeheure Wetten gemacht, jede Stunde kamen Gerüchte zu Lande oder zu Wasser, und jedes Gerücht wurde unterwegs übertrieben oder entstellt. Von dem Tage, an welchem die Nachricht von der schimpflichen Schlacht eintraf, bis zum Vorabende der Prozeßverhandlung war die öffentliche Meinung dem Gefangenen sehr ungünstig gewesen. Gleichzeitige Pamphletisten erzählen uns, daß sein Name fast nie ohne eine Verwünschung genannt wurde. Als aber der Augenblick, in welchem sein Schicksal sich entscheiden sollte, heranrückte, trat eine ReactionXVI.73 ein, wie dies in unsrem Lande sehr häufig geschieht. Man erinnerte sich aller seiner Verdienste, seines Muthes, seiner Gutherzigkeit, seiner treuen Anhänglichkeit an den protestantischen Glauben in den schlimmen Zeiten. Daß er in Trägheit und Genußsucht versunken war, daß er um seiner Vergnügungen willen das wichtigste Geschäft vernachlässigte und daß er einem Zechgenossen oder einer Maitresse nichts abschlagen konnte, war unmöglich zu leugnen; aber man fand Entschuldigungen und milde Bezeichnungen für diese Fehler. Seine Freunde wendeten ohne Bedenken alle Mittel an, welche ein Nationalgefühl zu seinen Gunsten erwecken konnten, und ihre Bemühungen erhielten eine mächtige Stütze durch die Nachricht, daß der Haß, den man in Holland gegen ihn empfand, sich in Unanständigkeiten gegen einige seiner Landsleute Luft gemacht habe. Das allgemeine Geschrei war, ein tapferer, lebenslustiger, freigebiger englischer Gentleman, dem man nichts Schlimmeres nachsagen könne als daß er Wein und Weiber liebte, sollte erschossen werden, um den Rachedurst der Holländer zu stillen. Der Verlauf des Prozesses war ganz geeignet, das Volk in dieser Ansicht zu bestärken. Die meisten Zeugen, welche gegen den Gefangenen auftraten, waren holländische Offiziere. Der holländische Contreadmiral, der die Rolle des Anklägers übernahm, vergaß sich soweit, daß er die Richter der Parteilichkeit beschuldigte. Als endlich Torrington am Abend des dritten Tages für nicht schuldig erklärt wurde, schienen Viele, die noch vor kurzem sein Blut verlangt hatten, sich über seine Freisprechung zu freuen. Er kehrte frei und mit dem Degen an der Seite nach London zurück. Als er auf seiner Yacht die Themse hinauffuhr, salutirte ihm jedes Schiff, an dem er vorüberkam. Er nahm seinen Sitz im Hause der Lords ein und wagte es sogar, bei Hofe zu erscheinen. Aber die meisten Peers begegneten ihm mit Kälte, Wilhelm ließ ihn nicht vor sich und befahl ihn seines Dienstes zu entheben.[129]

Erbitterung der Whigs gegen Caermarthen.

Es gab noch einen Gegenstand, über den von keinem der beiden Häuser ein Beschluß gefaßt wurde, über den aber sehr wahrscheinlich in beiden eine lebhafte Discussion stattfand. Waren auch die Whigs minder heftig als im vorhergehenden Jahre, so konnten sie es doch nicht geduldig mit ansehen, wie Caermarthen so nahe daran war Premierminister zu sein, als es ein englischer Unterthan unter einem Fürsten von Wilhelm’s Character überhaupt sein konnte. Obgleich Niemand eine hervorragendere Stelle in der Revolution gespielt, und obgleich Niemand von einer Contrerevolution mehr zu fürchten hatte als der Lord Präsident, konnten doch seine alten Feinde nicht glauben, daß er im Herzen den Willkürdoctrinen entsagt habe, denen er einst eifrig angehangen, oder daß er einer aus dem Widerstande hervorgegangenen Regierung wirklich treu sein könne. Während der XVI.74letzten Hälfte des Jahres 1690 wurde er in Spottliedern arg mitgenommen. Bald war er König Thomas, bald Tom der Tyrann.[130] Man beschwor Wilhelm, nicht nach dem Kontinent zu gehen und seinen schlimmsten Feind als Rathgeber der Königin zurückzulassen. Halifax, den die Whigs im vorhergehenden Jahre ungroßmüthig und undankbar verfolgt hatten, wurde jetzt mit Achtung und Bedauern von ihnen genannt, denn er war der Feind ihres Feindes.[131] Das Gesicht, die Gestalt, die körperlichen Gebrechen Caermarthen’s wurden lächerlich gemacht.[132] Der Verkehr mit dem französischen Hofe, in den er vor zwölf Jahren mehr durch sein Unglück als durch eigne Schuld verwickelt worden war, wurde in den schwärzesten Farben geschildert. Sein Anklageprozeß und seine Gefangenschaft wurden ihm vorgeworfen. Einmal sei er glücklich davon gekommen; aber die Rache könne ihn immer noch ereilen und London das lange hinausgeschobene Vergnügen genießen, den alten Verräther an dem blauen Bande, das er entehre, von der Leiter gestoßen zu sehen. Sämmtliche Mitglieder seiner Familie, Gattin, Sohn und Töchter, wurden mit wüthenden Schmähungen und beleidigenden Sarkasmen überhäuft.[133] Jeder, von dem man vermuthete, daß er durch politische Bande an ihn geknüpft war, erhielt seinen Theil von diesen Schmähungen, und Niemand wurde reichlicher bedacht als Lowther. Die Gesinnung, die sich in diesen Satyren aussprach, war unter den Whigs im Parlamente stark vertreten. Mehrere von ihnen beriethen sich über einen Angriffsplan und waren der Hoffnung, daß es ihnen gelingen werde, einen Sturm heraufzubeschwören, der es ihm unmöglich machte, an der Spitze der Geschäfte zu bleiben. Sein Einfluß im königlichen Cabinet scheint damals nicht mehr so groß gewesen zu sein, als er früher war. Godolphin, den er nicht liebte und über den er keine Gewalt hatte, dessen finanziellen Kenntnisse aber während des Sommers schmerzlich vermißt worden waren, kehrte wieder ins Schatzamt zurück und wurde zum ersten Commissar ernannt. Lowther, die rechte Hand des Lord Präsidenten, saß zwar noch im Collegium, führte XVI.75aber nicht mehr den Vorsitz darin. Allerdings war damals kein solcher Unterschied zwischen dem ersten Lord und seinen Collegen als jetzt. Doch war die Aenderung immerhin wichtig und bezeichnend. Marlborough, dem Caermarthen ebenfalls nicht gewogen war, genoß in militärischen Angelegenheiten nicht weniger Vertrauen als Godolphin in finanziellen Dingen. Die Siegel, welche Shrewsbury im Sommer abgegeben hatte, lagen seitdem in Wilhelm’s geheimem Schubfache. Der Lordpräsident erwartete wahrscheinlich zu Rathe gezogen zu werden, ehe sie vergeben wurden; allein er sah sich in dieser Erwartung getäuscht. Man ließ Sidney aus Irland kommen und ihm wurden die Siegel übergeben. Die erste Anzeige, welche der Lordpräsident von dieser wichtigen Ernennung erhielt, erfolgte nicht in einer Weise, welche geeignet gewesen wäre, seine Gefühle zu besänftigen. „Begegneten Sie dem neuen Staatssekretär, als er fortging?” fragte Wilhelm. „Nein, Sire,” antwortete der Lordpräsident, „ich begegnete Niemandem als Mylord Sidney.” — „Er ist der neue Sekretär,” sagte Wilhelm. „Er wird genügen, bis ich einen geeigneten Mann finde, und sobald ich einen solchen Mann finde, wird er bereit sein zu resigniren. Jeder Andre, den ich ernennen könnte, würde sich beleidigt halten, wenn ich ihn wieder entfernen wollte.” Hätte Wilhelm Alles gesagt was er dachte, so würde er wahrscheinlich hinzugesetzt haben, daß Sidney zwar kein großer Redner oder Staatsmann, wohl aber einer von den wenigen englischen Politikern war, auf die man sich eben so fest verlassen konnte, wie auf Bentinck oder Zulestein. Caermarthen vernahm die Mittheilung mit einem bitteren Lächeln. Es sei etwas Neues, sagte er später, einen Edelmann in das Sekretariat gesetzt zu sehen, wie man einen Bedienten in eine Theaterloge setze, nur um einen Platz so lange einzunehmen, bis man einen Besseren gefunden habe. Doch hinter diesem Scherze verbarg sich eine ernste Kränkung und Besorgniß. Die Stellung des Premierministers war unangenehm und selbst gefährlich, und die Dauer seiner Macht würde wahrscheinlich kurz gewesen sein, hätte das Glück ihm nicht gerade in diesem Augenblicke die Mittel in die Hand gegeben, seine Gegner durch einen wichtigen Dienst, den er dem Staate leistete, zu beschämen.[134]

Ein jakobitisches Complot.

Im August hatte es geschienen, als ob die Jakobiten vollständig niedergeworfen worden wären. Der Sieg am Boyne und der durch das Erscheinen von Tourville’s Geschwader an der Küste von Devonshire veranlaßte unwiderstehliche Ausbruch des Nationalgefühls hatten auch die kühnsten Vorkämpfer des erblichen Rechts entmuthigt. Die Mehrzahl der Hauptverschwörer brachte einige Wochen in Haft oder in Verstecken zu. Doch so weit die Verzweigungen der Verschwörung sich auch erstreckten, nur ein Verräther erlitt die Strafe für seine Verbrechen. Dies war ein Mann, Namens Gottfried Croß; der am Strande unweit Rye einen Gasthof besaß und der Tourville mit Kundschaft versehen hatte, als die französische Flotte an der Küste von Sussex lag. Als es sich zeigte, daß dieses einzelne Beispiel für genügend erachtet wurde, als die Gefahr einer Invasion vorüber war, als die durch XVI.76diese Gefahr entzündete Begeisterung des Volks sich gelegt und als die Nachsicht der Regierung einigen Verschwörern erlaubt, ihre Gefängnisse zu verlassen, und Andere ermuthigt hatte, sich aus ihren Verstecken hervorzuwagen, begann die Partei, welche zu Boden geworfen und betäubt gewesen war, neue Lebenszeichen von sich zu geben. Die alten Verräther hielten wieder Zusammenkünfte an den alten Versammlungsorten, wechselten bedeutungsvolle Blicke und hastiges Geflüster und zogen aus ihren Taschen Pasquille auf den Hof von Kensington und mit Milch und Citronensaft geschriebene Briefe vom Hofe von Saint-Germains. Preston, Dartmouth, Clarendon, Penn gehörten zu den geschäftigsten. Mit ihnen war der eidverweigernde Bischof von Ely verbunden, den die Regierung noch immer in dem ihm nicht mehr gehörenden Palaste zu wohnen erlaubte und der noch vor kurzem den Himmel zum Zeugen angerufen hatte, daß ihm der Gedanke, Fremde zu einer Invasion in England aufzufordern ein Greuel sei. Eine günstige Gelegenheit sei versäumt worden, aber es stehe eine andre in Aussicht, und die dürfe man sich nicht entgehen lassen. Der Usurpator würde bald wieder außerhalb England’s sein und die Verwaltung in den Händen einer schwachen Frau und eines getheilten Rathes liegen. Das zu Ende gehende Jahr sei allerdings ein unglückliches gewesen, aber das neue könne glückbringender sein.

Zusammenkunft der Hauptverschwörer.

Im December wurde eine Zusammenkunft der leitenden Jakobiten gehalten. [135] Die Ansicht der Versammlung, welche ausschließlich aus Protestanten bestand, war die, daß etwas unternommen werden müsse, daß aber die Schwierigkeiten groß seien. Keiner wagte dazu zu rathen, daß Jakob ohne Begleitung von fremden Truppen herüberkommen solle. Dennoch aber fürchteten Alle, durch die Erfahrung des vergangenen Sommers belehrt, den Eindruck, den der Anblick französischer Uniformen und Fahnen auf englischem Boden machen würde. Es wurde eine Schrift aufgesetzt, von der man hoffte, daß sie sowohl Jakob als Ludwig überzeugen werde, daß eine Restauration ohne die aufrichtige Mitwirkung der Nation nicht bewerkstelligt werden könne. Frankreich — dies war der wesentliche Inhalt dieses interessanten Schriftstückes — könne die Insel möglicherweise in einen Trümmerhaufen, nie aber in eine unterworfene Provinz verwandeln. Wer die Stimmung des Volksgeistes nicht beobachtet habe, könne sich schwerlich einen Begriff von der wilden und finstren Entschlossenheit machen, mit der die Leute aller Klassen, Sekten und Parteien bereit seien, jedem fremden Potentaten, der es versuchen sollte, das Land durch Waffengewalt zu erobern, Widerstand zu leisten. Auch könne England nicht als ein katholisches Land regiert werden. Es gebe fünf Millionen Protestanten und keine hunderttausend Papisten im Königreiche; daß eine solche Minorität eine solche Majorität niederhalten könne, sei physisch unmöglich, und der physischen Unmöglichkeit müßten alle anderen Rücksichten weichen. Jakob werde daher wohlthun, wenn er unverzüglich solche Maßregeln ergriffe, welche erkennen ließen, daß er entschlossen sei, die bestehende LandesreligionXVI.77 zu schützen. Leider enthalte jeder Brief aus Frankreich etwas, was darauf hinziele, Gefühle aufzureizen, deren Beschwichtigung höchst wünschenswerth sei. Ueberall circulirten Geschichten von Kränkungen, welche in Saint-Germains Protestanten erfahren hätten, die den höchsten Beweis von Loyalität gegeben, indem sie einen Gebieter, der sich zu einem andren Glauben als dem ihrigen bekenne, in die Verbannung begleitet hätten. Die gegen die Hugenotten erlassenen Edicte könnten allenfalls durch die anarchischen Meinungen und Handlungen dieser Sectirer gerechtfertigt werden, aber es sei ein Uebermaß von Ungerechtigkeit und Ungastfreundlichkeit, diese Edicte gegen Männer anzuwenden, welche einzig und allein wegen ihrer Anhänglichkeit an einen katholischen König aus ihrem Vaterlande vertrieben worden seien. Söhnen der anglikanischen Kirche, die gehorsam ihrer Lehre Alles was ihnen auf Erden theuer sei, der Sache des Königs zum Opfer gebracht hätten, dürfe man es doch sicherlich nicht länger verwehren, sich in einem bescheidenen Hause zu versammeln, um die Gebräuche dieser Kirche zu üben und ihre Tröstungen zu empfangen. Eine Ankündigung, daß Ludwig auf Jakob’s Ansuchen den englischen Verbannten gestattet habe, Gott nach ihren nationalen Formen zu verehren, werde die beste Einleitung zudem großen Versuche sein. Dieser Versuch müsse zu Anfang des Frühjahrs gemacht werden. Ein französisches Truppencorps müsse allerdings Se. Majestät begleiten; aber er müsse erklären, daß er diese Truppen nur zum Schutze seiner Person und seiner getreuen Unterthanen mitbringe und daß, sobald die fremden Tyrannen vertrieben seien, die fremden Befreier entlassen werden würden. Auch müsse er versprechen, den Gesetzen gemäß zu regieren, und müsse alle Punkte, welche zwischen ihm und seinem Volke streitig gewesen seien, der Entscheidung eines Parlaments anheimgeben.

Die Verschwörer beschließen, Preston nach Saint-Germains zu schicken.

Es wurde beschlossen, daß Preston die Resolutionen und Vorschläge der Verschwörer nach Saint-Germains bringen solle. Johann Ashton, ein Mann, der Geheimsekretär Mariens von Modena gewesen, als sie auf dem Throne saß, und den Interessen der verbannten Familie mit Leib und Seele ergeben war, nahm es auf sich, für die Beförderungsmittel zu sorgen, und gewann zu dem Ende die Mitwirkung eines heißblütigen jungen Jakobiten Namens Elliot, der nur im Allgemeinen erfuhr, daß der guten Sache ein etwas gefährlicher Dienst zu leisten sei.

Ein Schiff, dessen Eigenthümer sich wegen des Zweckes, zu dem es verwendet werden sollte, keine Sorge machte, war im Hafen von London nicht schwer zu finden. Ashton und Elliot wurden dem Kapitain einer Schmacke vorgestellt, welche der „Jakob und Elisabeth” hieß. Die jakobitischen Agenten gaben sich für Schmuggler aus und sprachen von mehreren tausend Pfunden, welche durch eine einzige glückliche Fahrt nach Frankreich und wieder zurück zu gewinnen seien. Das Geschäft wurde abgeschlossen, ein Sixpencestück zerbrochen und alle Anstalten zur Reise getroffen.

Die Preston anvertrauten Papiere.

Preston hatte von seinen Freunden ein Packet bekommen, das mehrere wichtige Papiere enthielt. Darunter befand sich eine Liste der englischen Flotte, von Dartmouth angefertigt, der mit einigen seiner alten Waffengefährten in Verbindung stand, ein Protokoll über die Beschlüsse, welche bei der ZusammenkunftXVI.78 der Verschwörer angenommen worden waren, und die Hauptpunkte einer Erklärung, deren Veröffentlichung man für wünschenswerth hielt, sobald Jakob gelandet sein würde. Außerdem befanden sich sechs bis sieben Briefe von angesehenen Personen der jakobitischen Partei darunter. Die meisten von diesen Briefen waren Parabeln, aber Parabeln, die nicht schwer zu verstehen waren. Ein Verschwörer bediente sich des juristischen Styls. Es sei Hoffnung vorhanden, daß Mr. Jackson bald wieder in den Besitz seines Gutes gelangen werde. Der neue Gutsherr sei ein harter Mann und habe seine Pächter gegen sich aufgebracht. Eine Kleinigkeit werde die Besitzung von ihrem Joche erlösen. Die Ansicht der besten Advokaten sei zu Gunsten Mr. Jackson’s. Es bedürfe weiter nichts als seines persönlichen Erscheinens in Westminster Hall. Die Schlußverhandlung müsse noch vor Ablauf des Ostertermins stattfinden. Andere Briefschreiber affectirten den kaufmännischen Geschäftsstyl. Es sei starke Nachfrage nach einer Ladung von der rechten Sorte. Man habe Grund zu hoffen, daß die alte Firma bald vortheilhafte Verbindungen mit Häusern anknüpfen werde, mit denen sie bisher keine Geschäfte gemacht habe. Dies war offenbar eine Anspielung auf die mißvergnügten Whigs. Aber, hieß es weiter, die Verladungen dürften nicht verzögert werden. Nichts sei gefährlicher als den Markt zu lange warten zu lassen. Wenn die erwarteten Güter nicht bis zum 10. März einträfen, sei der ganze Gewinn des Jahres verloren. Bezüglich der Details könne man dem vortrefflichen Geschäftsführer, welcher das Schreiben überbringe, volles Vertrauen schenken. Clarendon spielte die Rolle eines Ehestifters. Es sei große Hoffnung, daß das Geschäft, welches er eingeleitet, zu Stande kommen und daß die Aussteuer gut angelegt werden würde. „Ihre Verwandten,” schrieb er in Anspielung auf seine kürzliche Haft, „haben mir vorigen Sommer hart zugesetzt; aber sobald ich wieder ohne Gefahr ausgehen konnte, betrieb ich das Geschäft.” Katharine Sedley vertraute Preston einen Brief an, in welchem sie sich ohne Allegorie oder Umschreibung beklagte, daß ihr Geliebter ihr eine Tochter zurückgelassen habe, die sie erhalten müsse, und dringend um Geld bat. Die beiden wichtigsten Depeschen aber waren vom Bischof Turner. Sie waren an Mr. und Mrs. Redding gerichtet, aber in einem Tone geschrieben, der jedem Andren als einem Könige gegenüber eines Gentleman unwürdig gewesen wäre. Der Bischof versicherte Ihren Majestäten, daß er ihrer Sache treu ergeben sei, daß er dringend eine wichtige Gelegenheit herbeiwünsche, um seinen Eifer beweisen zu können und daß er von seiner Pflicht gegen sie eben so wenig abweichen werde, wie er seiner Hoffnung auf den Himmel entsagen könne. In zwar bildlicher, aber vollkommen verständlicher Sprache setzte er hinzu, daß er das Organ mehrerer eidverweigernder Prälaten und speciell Sancroft’s sei. „Ich spreche im Plural, Sir,” — dies sind die Worte des an Jakob gerichteten Briefes, — „weil ich sowohl die Gesinnungen meines älteren Bruders wie auch meine eigenen und die aller übrigen Mitglieder unsrer Familie ausdrücke.” Der Brief an Marie von Modena ist in demselben Sinne gehalten. „Ich sage dies im Namen meines älteren Bruders und aller meiner übrigen nächsten Verwandten, wie in meinem eigenen Namen.”[136]

XVI.79

Sämmtliche Preston anvertraute Briefe verwiesen den Hof von Saint-Germains wegen näherer Auskunft an den Ueberbringer. Er hatte eigenhändig geschriebene Notizen bezüglich der Gegenstände bei sich, über die er mit seinem Gebieter und mit den Ministern Ludwig’s sprechen wollte. Diese Notizen, obwohl kurz und flüchtig, sind größtentheils nicht schwer zu verstehen. Die verwundbaren Punkte der Küste sind erwähnt. Gosport ist nur durch Pallisaden geschützt. Die Besatzung von Portsmouth ist klein. Die französische Flotte muß im April auslaufen und losschlagen, bevor die Holländer im Kanal sind. Es kommen einige abgebrochene Worte vor, aus denen sich klar ergiebt, daß wenigstens einige von den eidverweigernden Bischöfen eine Unwahrheit sagten, als sie vor Gott erklärten, daß sie den Gedanken, die Franzosen herüber zu rufen, verabscheuten.[137]

Caermarthen von dem Complot unterrichtet.

Alles war jetzt zu Preston’s Abreise bereit. Aber in dem Eigenthümer des „Jakob und Elisabeth” war der Verdacht aufgestiegen, daß die Expedition, zu deren Behufe seine Schmacke gemiethet worden, mehr politischer als commercieller Natur sein könne. Es fiel ihm ein, daß er durch Denuncirung seiner Passagiere vielleicht mehr verdienen werde als durch sichere Beförderung derselben. In Folge dessen benachrichtigte er den Lordpräsidenten von dem Vorgange. Keine Nachricht konnte diesem willkommener sein. Er sah zu seiner großen Freude, daß es in seiner Macht stand, einen glänzenden Beweis von seiner Anhänglichkeit an die Regierung zu geben, welche zu verrathen seine Feinde ihn beschuldigten. Mit gewohnter Energie und Umsicht traf er seine Maßregeln. Sein ältester Sohn, der Earl von Danby, ein verwegener, sorgloser und etwas excentrischer junger Mann, der ein großer Freund des Seelebens war und viel mit Seeleuten umging, besaß eine kleine Yacht von außerordentlicher Schnelligkeit. Dieses Fahrzeug wurde, wohl bemannt, unter das Commando eines zuverlässigen Offiziers, Namens Billop gestellt und stromabwärts gesandt, wie um Matrosen zu pressen.

Verhaftung Preston’s und seiner Begleiter.

Mitten in der Nacht, der letzten Nacht des Jahres 1690, begaben sich Preston, Ashton und Elliot unweit des Tower an Bord ihrer Schmacke. Sie waren in großer Angst, daß sie entweder von einer vor Woolwich liegenden Fregatte oder von der beim Blockhause von Gravesend postirten Wache angehalten und durchsucht werden möchten; als sie aber die Fregatte und das Blockhaus hinter sich hatten, ohne angerufen worden zu sein, faßten sie wieder Muth; sie bekamen starken Appetit, packten einen mit Roastbeef, Fleischpasteten und Weinflaschen wohlgefüllten Korb aus und hatten sich eben zur Sylvestermahlzeit niedergesetzt, als ihnen gemeldet wurde, daß ein von Tilbury her kommendes Schiff sie verfolge. Sie hatten kaum Zeit gehabt, sich in einer dunklen Höhlung unter dem Kies, den ihr Schiff als Ballast mit sich führte, zu verbergen, als die Jagd schon vorüber war und Billop an der Spitze eines Militärpikets an Bord kam. Die Luken wurden geöffnet, die Verschwörer festgenommen und ihre Kleider genau untersucht. Preston hatte in der Bestürzung sein Amtssiegel und das ihm anvertraute XVI.80Packet auf den Kies fallen lassen. Das Siegel wurde da gefunden wohin es gefallen war. Ashton, der die Wichtigkeit der Papiere kannte, hob sie auf und versuchte sie zu verbergen; aber sie wurden bald auf seiner Brust entdeckt.

Die Gefangenen versuchten nun, Billop für sich zu gewinnen und zu bestechen. Sie ließen Wein bringen, stießen mit ihm an, lobten sein cavaliermäßiges Benehmen und versicherten ihm, daß, wenn er sie begleiten oder ihnen nur gestatten wolle, eine kleine Papierrolle über Bord in die Themse zu werfen, sein Glück gemacht sei. Die politische Fluth, sagten sie, sei im Fallen begriffen, die Dinge könnten nicht so fortgehen wie bisher und es stehe in der Macht des Kapitains so hoch zu steigen und so reich zu werden als er es nur wünschen könne. Billop aber blieb, obwohl sehr artig, unbeugsam. Die Verschwörer begannen nun einzusehen, daß ihre Hälse in großer Gefahr schwebten. Der Drang der Noth brachte den wahren Character aller Drei, der unter anderen Umständen vielleicht für immer unbekannt geblieben wäre, ans Tageslicht. Preston hatte jederzeit für einen muthigen und tapferen Cavalier gegolten; aber die nahe Aussicht auf Kerker und Galgen raubte ihm alle Energie; Elliot tobte und lästerte, schwur hoch und theuer, daß, wenn er je wieder frei würde, er sich rächen wolle, und rief unter entsetzlichen Flüchen den Donner des Himmels an, daß er die Yacht treffen, und die Londonbrücke, daß sie einstürzen und das Fahrzeug zerschmettern möge. Ashton allein benahm sich wie ein Mann.

Spät am Abend erreichte die Yacht die Treppe von Whitehall, und die Gefangenen wurden unter starker Bedeckung in das Staatssekretariat gebracht. Nottingham und Caermarthen untersuchten noch diese Nacht die auf Ashton’s Brust gefundenen Papiere und Caermarthen händigte dieselben am folgenden Morgen dem Könige ein.

Bald war es in ganz London bekannt, daß ein Complot entdeckt, daß die Boten, welche Jakob’s Anhänger abgesandt, um den Beistand einer Invasionsarmee von Frankreich zu erbitten, durch die Agenten des wachsamen und energischen Lordpräsidenten verhaftet worden seien und daß die Regierung schriftliche Beweise in Händen habe, die das Leben einiger hochgestellten Männer in Gefahr bringen könnten. Die Jakobiten waren in Todesangst; das Geschrei der Whigs gegen Caermarthen verstummte plötzlich und die Session endete in vollkommener Eintracht. Am 5. Januar dankte der König den beiden Häusern für ihre Unterstützung und versicherte ihnen, daß er kein verfallenes Eigenthum in Irland anderweitig vergeben werde, bis sie wieder zusammentreten würden. Er spielte auf das so eben entdeckte Complot an und sprach die Hoffnung aus, daß die Freunde England’s in einem solchen Augenblicke nicht minder thätig und nicht minder eng verbunden sein würden als seine Feinde. Dann bedeutete er ihnen, daß es sein Wunsch sei, das Parlament zu vertagen. Am folgenden Tage reiste er, von einem glänzenden Gefolge von Edelleuten begleitet, zum Congresse im Haag ab.[138]

Fußnoten.

[1] London Gazette, June 19. 1690; History of the Wars in Ireland by an Officer in the Royal Army 1690; Villare Hibernicum, 1690; Story’s Impartial History, 1691; Historical Collections relating to the town of Belfast, 1817. Dieses Werk enthält interessante Auszüge aus Handschriften des 17. Jahrhunderts. Im Britischen Museum befindet sich ein Plan von Belfast vom Jahre 1685, der so genau ist, daß man die Häuser zählen kann.

[2] Lauzun an Louvois, 16. (26.) Juni. Der Bote welcher Lauzun die Nachricht brachte, hatte die Kanonenschüsse gehört und die Freudenfeuer gesehen. History of the Wars in Ireland, by an Officer of the Royal Army, 1690; Life of James II. 392. Orig. Mem.; Burnet II. 47. Burnet irrt sich gewaltig, indem er sagt, Wilhelm sei bereits sechs Tage in Irland gewesen, ehe Jakob seine Ankunft erfahren habe.

[3] A True and Perfect Journal of the Affairs of Ireland by a Person of Quality, 1690; King III. 18. Luttrell’s Proklamation findet man im Anhange zu King.

[4] Villare Hibernicum, 1690.

[5] Der Befehl an den Zolleinnehmer findet sich in Dr. Reid’s History of the Presbyterian Church in Ireland.

[6] „La gayeté peinte sur son visage,” sagt Dumont, der ihn in Belfast sah, „nous fit tous espérer pour les heureux succès de la campagne.”

[7] Story’s Impartial Account; MS. Journal of Colonel Bellingham; The Royal Diary.

[8] Story’s Impartial Account.

[9] Lauzun an Louvois, 23. Juni (3. Juli) 1690; Life of James, II. 393. Orig. Mem.

[10] Story’s Impartial Account; Dumont MS.

[11] Viele interessante Mittheilungen über das Schlachtfeld und dessen Umgebung findet man in Mr. Wilde’s trefflichem Werke, betitelt: The Beauties of the Boyne and Blackwater.

[12] Memorandum von der Hand Alexander’s, Earl von Marchmont. Die Quelle seiner Mittheilungen war Lord Selkirk, der in Wilhelm’s Armee diente.

[13] Jakob sagt (Life of James II. 393. Orig. Mem.) daß die ganze Gegend keine bessere Stellung dargeboten habe. King erzählte in einer Danksagungsrede, die er nach Beendigung des Feldzugs in Dublin hielt, seinen Zuhörern, daß „der Vortheil der Position der Irländer sich nach der Ansicht aller Sachkundigen, zu der der Engländer wie Drei zu Eins verhalten habe.” Siehe King’s Danksagungsrede, gehalten am 16. Nov. 1690 vor den Lords Justices. Dies ist ohne Zweifel eine absurde Uebertreibung. Aber Herr de la Hoguette, einer der vornehmsten französischen Offiziere, welche der Schlacht am Boyne beiwohnten, berichtete an Louvois, daß die irische Armee eine gute Defensivstellung einnehme. — Brief von La Hoguette aus Limerick vom 31. Juli (10. Aug.) 1690.

[14] Narcissus Luttrell’s Diary, March 1690.

[15] Siehe die Historical Records von den Regimentern der britischen Armee, und Story’s Liste der Armee Wilhelm’s, wie sie acht Tage vor der Schlacht bei Finglas die Revue passirte.

[16] Siehe seine Gedächtnißpredigt, gehalten am 24. Juni 1690 in der Kirche von Saint Mary Aldermary.

[17] Story’s Impartial History; History of the Wars in Ireland by an Officer of the Royal Army; Hop an die Generalstaaten, 30. Juni (10. Juli) 1690.

[18] London Gazette, July 7. 1690; Story’s Impartial History; History of the Wars in Ireland by an Officer of the Royal Army; Narcissus Luttrell’s Diary; Lord Marchmont’s Memorandum; Burnet II. 50, und Danksagungspredigt; Dumont Manuscript.

[19] La Hoguette an Louvois, 31. Juli (10. Aug.) 1690.

[20] Daß ich der irischen Infanterie nicht unrecht thue, ergiebt sich aus den Berichten, welche die bei der Armee Jakob’s am Boyne stehenden französischen Offiziere an ihre Regierung und an ihre Familien einsandten. La Hoguette sagt in einem am 4. (14.) Juli eilig geschriebenen Briefe an Louvois: „Je vous diray seulement, Monseigneur, que nous n’avons pas esté battus, mais que les ennemys ont chaussés devant eux les troupes Irlandoises comme des moutons, sans avoir essayé un seul coup de mousquet.”

In einem mehrere Wochen später aus Limerick geschriebenen ausführlicheren Briefe sagt er: „J’en meurs de honte.” Er giebt zu, daß es im glücklichsten Falle nicht leicht gewesen sein würde, die Schlacht zu gewinnen. „Mais il est vray aussi,” setzt er hinzu, „que les Irlandois ne firent pas la moindre resistance, et plièrent sans tirer un seul coup.” Zurlauben, Oberst eines der schönsten Regimenter in französischen Diensten, schrieb in gleichem Sinne, ließ aber dem Muthe der irischen Reiterei Gerechtigkeit widerfahren, welche La Hoguette gar nicht erwähnt.

Im französischen Kriegsministerium befindet sich ein Brief, den Boisseleau, der Zweite im Commando nach Lauzun, nach der Schlacht hastig an seine Gattin schrieb. Er sagt: „Je me porte bien, ma chère feme. Ne t’inquieste pas de moy. Nos Irlandois n’ont rien fait qui vaille. Ils ont tous laché le pié.”

Desgrigny, der unterm 10. (20.) Juli schrieb, giebt mehrere Gründe für die Niederlage an. „La première et la plus forte est la fuite des Irlandois qui sont en vérité des gens sur lesquels il ne faut pas compter du tout.” In dem nämlichen Briefe schreibt er: „Il n’est pas naturel de croire qu’une armée de vingt cinq mille hommes qui paroissoit de la meilleure vollonté du monde, et qui à la veue des ennemis faisoit des cris de joye, dût être entièrement défaite sans avoir tiré l’épée et un seul coup de mousquet. Il y a eu tel regiment tout entier qui a laissé ses habits, ses armes, et ses drapeaux sur le champ de bataille, et a gagné les montagnes avec ses officiers.”

Ich habe mich vergebens nach der Depesche umgesehen, in welcher Lauzun einen ausführlichen Rapport über die Schlacht an Louvois erstattet haben muß.

[21] Lauzun schrieb unterm 16. (26.) Juli 1690 an Seignelay: „Richard Amilton a été fait prisonnier, faisant fort bien son devoir.”

[22] Meine Hauptmaterialien für die Geschichte dieser Schlacht sind Story’s Impartial Account und Fortsetzung dazu; History of the War in Ireland by an Officer of the Royal Army; die Depeschen im französischen Kriegsministerium; Life of James, Orig. Mem.; Burnet II. 50. 60; Narcissus Luttrell’s Diary; die London Gazette vom 10. Juli 1690; die Depeschen Hop’s und Baden’s; eine Erzählung, wahrscheinlich von Portland, welche Wilhelm den Generalstaaten übersandte; Portland’s Privatbrief an Melville; Capitain Richardson’s Erzählung und Plan der Schlacht; das Dumont- und das Bellingham-Manuscript. Auch habe ich einen Bericht von der Schlacht in einem Tagebuche gelesen, das in schlechtem Latein und in kaum zu entziffernder Schrift von einem Offizier der geschlagenen Armee abgefaßt war, der ein verdorbener Schulmeister gewesen zu sein scheint. Dieses Tagebuch wurde mir von Mr. Walker, dem es gehört, freundlichst geliehen. Der Verfasser erzählt das Mißgeschick seines Vaterlandes in einem Style von dem eine kleine Probe genügen mag. „1. Juli 1690. O diem illum infandum, cum inimici potiti sunt pass apud Oldbridge et nos circumdederunt et fregerunt prope Plottin. Hinc omnes fugimus Dublin versus. Ego mecum tuli Cap Moore et Georgium Ogle, et venimus hac nocte Dub.”

[23] Siehe Pepys’s Diary, June 4. 1664. „Er erzählt mir vor Allem vom Herzoge von York, daß er inmitten eines verzweifelten Unternehmens mehr er selbst und urtheilsfähiger ist als zu andern Zeiten.” Clarendon sagt zu wiederholten Malen das Nämliche. Swift schrieb an den Rand seines Exemplars von Clarendon an einer Stelle: „Wie alt war er (Jakob) als er ein Papist und ein Feigling wurde?” An einer andren: „Er erwies sich als ein feiger papistischer König.”

[24] Der Pater Orléans erwähnt, daß Sarsfield Jakob begleitete. Die Schlacht am Boyne war kaum geschlagen, als sie auch schon den Stoff zu einem Drama hergeben mußte, betitelt: The Royal Flight, or the Conquest of Ireland, a Farce, 1690. Etwas Erbärmlicheres ist nie geschrieben worden. Es verdient aber bemerkt zu werden, daß, obgleich die Irländer allgemein als Feiglinge dargestellt werden, in diesem elenden Stücke zu Gunsten Sarsfield’s eine Ausnahme gemacht ist. „Dieser Bursche,” sagt Jakob für sich, „wird mich am Ende wider meinen Willen noch tapfer machen.” — „Fluch meinem Unsterne,” sagt Sarsfield nach der Schlacht, „daß ich detachirt werden mußte! Ich würde den Händen der ketzerischen Fortuna den Sieg noch entrissen haben.”

[25] Sowohl La Hoguette als auch Zurlauben berichteten ihrer Regierung, daß es nothwendig gewesen sei, auf die irischen Ausreißer zu feuern, da sie sonst die französischen Reihen in Verwirrung gebracht haben würden.

[26] Baden an Van Citters, 8. (18.) Juli 1690.

[27] New and Perfect Journal, 1690; Narcissus Luttrell’s Diary.

[28] Story; London Gazette vom 10. Juli 1690.

[29] True and Perfect Journal; Villare Hibernicum; Story’s Impartial History.

[30] Story; True and Perfect Journal; London Gazette vom 10. Juli 1690; Burnet II. 51; Leslie’s Answer to King.

[31] Life of James II. 404. Orig. Mem.; Monthly Mercury, August 1690.

[32] True and Perfect Journal; London Gazette, July 10. 14. 1690; Narcissus Luttrell’s Diary. In dem Life of James Bonnell, Accountant General of Ireland, 1703, kommt eine interessante religiöse Betrachtung vor, aus der ich eine kurze Stelle anführen will. „Wir sahen, wie die Protestanten an dem großen Tage unsrer Revolution, Donnerstag den 3. Juli, einem Tage, dessen wir uns ewig mit der größten Dankbarkeit erinnern werden, einander beglückwünschten und umarmten, wenn sie sich begegneten, wie Leute, die vom Tode erstanden waren, wie Brüder und Schwestern, die nach langer Trennung wieder vereinigt werden und von Haus zu Haus gehen, um sich über Gottes große Gnade zu freuen und einander zu fragen, wie sie die vergangenen Tage der Noth und des Schreckens verlebt, welche Befürchtungen sie gehabt, welche Angst und Gefahren sie bestanden; Die, welche im Gefängniß gesessen, wie sie ihre Freiheit wiedererlangt hatten, wie sie behandelt worden waren und was sie dann und wann von dem Stande der Dinge gedacht hatten.”

[33] London Gazette, July 14. 1690; Story; True and Perfect Journal; Dumont-Manuscript. Dumont ist der Einzige, der die Krone erwähnt. Da er anwesend war, konnte er sich nicht irren. Es war wahrscheinlich die Krone, welche Jakob zu tragen pflegte, wenn er auf dem Throne in King’s Inns erschien.

[34] Monthly Mercury, August 1690; Burnet, II. 50; Dangeau, 2. August 1690, und Saint Simon’s Note; The Follies of France, or a true Relation of the extravagant Rejoicings etc. datirt Paris, 8. Aug. 1690.

[35] „Me tiene,” sagt der Marquis von Cogolludo, spanischer Minister in Rom, über diese Nachricht, „en sumo cuidado y desconsuelo, pues esta seria la ultima ruina de la causa comun.” Cogolludo an Ronquillo, Rom, 2. Aug. 1690.

[36] Original Letters, published by Sir Henry Ellis.

[37]Del sucesso de Irlanda doy a v. Exca la enorabuena, y le aseguro no ha bastado casi la gente que tengo en la Secretaria para repartir copias dello, pues le he enbiado a todo el lugar, y la primera el Papa.” Cogolludo an Ronquillo, Nachschrift zu dem Briefe vom 2. August. Cogolludo bedient sich natürlich des neuen Styls. Daher hatte die Nachricht von der Schlacht drei Wochen Zeit gebraucht, ehe sie nach Rom gelangte.

[38] Evelyn nennt es (25. Febr. 1689/90) „eine reizende Villa.”

[39] Marie an Wilhelm, 5. Juli 1690.

[40] Marie an Wilhelm, 6. und 7. Juli 1690; Burnet II. 55.

[41] Baden an Van Citters, 8. (18.) Juli 1690.

[42] Siehe zwei Briefe, welche den Memoiren des Intendanten Foucault angehängt und in dem Werke des Herrn von Sirtema des Grovestins abgedruckt sind. Im französischen Kriegsministerium befindet sich ein Schreiben des Grafen von Bouridal aus Brest vom 11. (21.) Juli 1690, worin der Graf sagt: „Par la relation du combat que j’ay entendu faire au Roy d’Angleterre et à plusieurs de sa suite en particulier, il ne me paroit pas qu’il soit bien informé de tout ce qui s’est passé dans cette action, et qu’il ne sçait que la déroute de ses troupes.”

[43] Jakob führte diese Sprache nicht bei dieser Gelegenheit allein. Aus einem der in der vorigen Anmerkung erwähnten Briefe geht hervor, daß er auf seiner Reise von Brest nach Paris Jedermann sagte, die Engländer erwarteten ihn mit Ungeduld. „Ce pauvre prince croit que ses sujets l’aiment encore.”

[44] Life of James, II. 411, 412. Burnet II. 57 und Dartmouth’s Note.

[45] Siehe die Artikel Galère und Galérien in der Encyclopédie, und die Abbildungen; A True Relation of the Cruelties and Barbarities of the French upon the English Prisoners of War, by R. Hutton, licensed June 27, 1690.

[46] Siehe die Sammlung von Denkmünzen Ludwig’s XIV.

[47] Diese Anekdote, mag sie wahr oder erdichtet sein, circulirte damals oder bald nachher. Im Jahre 1745 wurde sie als eine Geschichte erwähnt, die alte Leute in ihrer Jugend gehört. Im Gentleman’s Magazine des genannten Jahres wird sie aus einer periodischen Schrift citirt.

[48] London Gazette vom 7. Juli 1690.

[49] Narcissus Luttrell’s Diary.

[50] Ich gebe diese interessante Stelle in Van Citters’ eigenen Worten: „Door geheel het zyk alles te voet en te paarde in de wapenen op was; en’t gene een seer groote gerustheyt gaf was dat alle en een yder even seer tegen de Franse door de laatste voorgevallen bataille verbittert en geanimeert waren. Gelyk door de troupes, dewelke ik op de weg alomme gepasseert ben, niet anders heb konnen hooren als een eenparig en general geluydt van God bless King William en Queen Mary.” 25. Juli (4. Aug.) 1690.

[51] Ueber diese Expedition habe ich zu Rathe gezogen: Die Londoner Gazette vom 24., 28., 31. Juli und 4. Aug. 1690; Narcissus Luttrell’s Diary; Welwood’s Mercurius Reformatus vom 5. Sept.; die Gazette de Paris; einen Brief von Mr. Duke, einem Vicestatthalter von Devonshire, an Hampden vom 25. Juli; einen Brief von Mr. Fulford von Fulford an Lord Nottingham, vom 26. Juli; einen Brief vom nämlichen Datum von den Vicestatthaltern von Devonshire an den Earl von Bath; einen Brief vom nämlichen Datum von Lord Lansdowne an den Earl von Bath. Diese vier Briefe befinden sich unter den Handschriften der Royal Irish Academy. Auszüge aus der Fürbitte sind in Lyson’s Britannia enthalten. Dangeau schrieb unterm 16. Aug. eine Reihe extravaganter Unwahrheiten in sein Tagebuch. Tourville sollte die Miliz geschlagen, ihre Kanonen und Fahnen erobert, Kriegsfahrzeuge verbrannt, reich befrachtete Kauffahrteischiffe weggenommen haben und im Begriff stehen, Plymouth zu zerstören. Es ist dies ein hübsches Pröbchen von Dangeau’s englischen Nachrichten. Er beklagt sich aber auch, daß es kaum möglich sei, Zuverlässiges aus England zu erfahren.

[52] Widmung zu „Arthur.”

[53] Siehe die Berichte über Anderson’s Prozeß, 1693; den Postman vom 12. März 1695/96; die Flying Post vom 7. März 1700; Some Discourses upon Dr. Burnet and Dr. Tillotson, by Hickes, 1695. Der Anhang zu diesen Reden enthält einen interessanten Aufsatz über die Haussuchung in den Druckereien unter dem Censurgesetz.

[54] Dies war die gewöhnliche Phrase der Jakobiten. Ein whiggistischer Schriftsteller hatte im vorhergehenden Jahre sehr richtig gesagt: „Sie nennen albernerweise unsren David einen Blutmenschen, obgleich er bis diesen Augenblick noch nicht einen Tropfen vergossen hat.” — Mephibosheth and Ziba, licensed Aug. 30. 1689.

[55] „Gieb uns die öffentliche Verehrung Deines Namens, die ehrerbietige Darreichung Deiner Sacramente wieder. Stelle das frühere Regiment in Kirche und Staat wieder her, damit wir nicht länger ohne König, ohne Priester und ohne Gott in der Welt stehen.”

[56] A Form of Prayer and Humiliation for God’s Blessing upon His Majesty, and for Removing and Avorting of God’s Judgements from this Church and State, 1690.

[57] Anspielung auf das Schicksal der Gebrüder De Witt. — Der Uebers.

[58] Brief von Lloyd, Bischof von Norwich, an Sancroft in den Tanner’schen Handschriften.

[59] Narcissus Luttrell’s Diary.

[60] A Modest Inquiry into the Causes of the present Disasters in England, and who they are that brought the French into the English Channel described, 1690; Reflections upon a Form of Prayer lately set out for the Jacobites, 1690; A Midnight Touch at an Unlicensed Pamphlet, 1690. Die von den eidverweigernden Bischöfen veröffentlichte Schrift ist oft neugedruckt worden.

[61] Wilhelm an Heinsius, 4. (14.) Juli 1690.

[62] Story; London Gazette vom 4. Aug. 1690; Dumont-Manuscript.

[63] Story; Wilhelm an Heinsius, 31. Juli (10. Aug.) 1690; London Gazette vom 11. August.

[64] Marie an Wilhelm, 7. (17.) Aug., 22. Aug. (1. Sept.), 26. Aug. (5. Sept.) 1690.

[65] Macariae Excidium; Mac Geoghegan; Life of James, II. 420; London Gazette, Aug. 14. 1690.

[66] Die Ungeduld Lauzun’s und seiner Landsleute, aus Irland fortzukommen, wird in einem in den Memoiren Jakob’s, II. 421 angeführten Briefe vom 21. Oct. 1690 erwähnt. „Asimo,” sagt Oberst Kelley, der Verfasser des Macariae Excidium, „diuturnam absentiam tam aegre molesteque ferebat ut bellum in Cypro protrahi continuarique ipso ei auditu acerbissimum esset. Nec incredibile est ducum in illius exercitu nonnullos, potissimum qui patrii coeli dulcedinem impatientius suspirabant, sibi persuasisse desperatas Cypri res nulla humana ope defendi sustentarique posse.” Asimo ist Lauzun und Cyprus Irland.

[67] „Pauci illi ex Cilicibus aulicis, qui cum regina in Syria commorante, remanserant, ... non cessabant universam nationem foede traducere, et ingestis insuper convitiis lacerare, pavidos et malefidos proditores ac mortalium consceleratissimos publice appellando.”Macariae Excidium. Die Cilicier sind die Engländer. Syrien ist Frankreich.

[68] „Tanta infamia tam operoso artificio et subtili commento in vulgus sparsa, tam constantibus de Cypriorum perfidia atque opprobrio rumoribus, totam, qua lata est, Syriam ita pervasit, ut mercatores Cyprii, ... propter inustum genti dedecus, intra domorum septa clausi nunquam prodire auderent; tanto eorum odio populus in universum exarserat.” — Macariae Excidium.

[69] Ich habe diese Behauptung in einer gleichzeitigen Flugschrift gelesen, deren Titel mir entfallen ist.

[70] Story; Dumont-Manuscript.

[71] Macariae Excidium. Boisseleau bemerkte die Ebbe und Fluth der Tapferkeit unter den Irländern. Ich habe bereits einen seiner Briefe an seine Gattin angeführt. Es ist nicht mehr als billig auch einen andren anzuführen. „Nos Irlandois n’avoient jamais vu le feu; et cela les a surpris. Presentement, ils sont si fâchés de n’avoir pas fait leur devoir que je suis bien persuadé qu’ils feront mieux pour l’avenir.”

[72] La Hoguette sagt in einem Briefe an Louvois, den er unterm 31. Juli (10. Aug.) 1690 aus Limerick schrieb, von Tyrconnel: „Il a d’ailleurs trop peu de connoissance des choses de notre metier. Il a perdu absolument la confiance des officiers du pays, surtout depuis le jour de notre déroute; et, en effet, Monseigneur, je me crois obligé de vous dire que dès le moment où les ennemis parurent sur le bord de la rivière le premier jour, et dans toute la journée du lendemain, il parut à tout le monde dans une si grande léthargie qu’il étoit incapable de prendre aucun parti, quelque chose qu’on lui proposât.”

[73] Desgrigny sagt von den Irländern: „Ils sont toujours prêts de nous égorger par l’antipathie qu’ils ont pour nous. C’est la nation du monde la plus brutale, et qui a le moins d’humanité.” 12. (22.) Aug. 1690.

[74] Story; Account of the Cities in Ireland that are still possessed by the Forces of King James, 1690. Im Britischen Museum befinden sich einige interessante alte Pläne von Limerick.

[75] Story; Dumont-Manuscript.

[76] Story; Jakob II. 416; Burnet II. 56; Dumont-Manuscript.

[77] Story; Dumont-Manuscript.

[78] Siehe die Abhandlung über die O’Donnel in Sir Wilhelm Betham’s Irish Antiquarian Researches. Es ist sonderbar, daß er Baldearg, dessen Erscheinen in Irland das außerordentlichste Ereigniß in der ganzen Geschichte des Volks ist, gar nicht erwähnt. Siehe auch Story’s Impartial History; Macariae Excidium und Mr. O’Callaghan’s Note; Life of James, II. 434; den Brief O’Donnel’s an Avaux und die Denkschrift: „Mémoire donnée par un homme du Comte O’Donnel à M. d’Avaux.”

[79] Der Leser wird sich der Erklärung des Corporals Trim von innerer Wärme und innerer Feuchtigkeit erinnern. Sterne ist in diesen Dingen eine nicht zu verachtende Autorität. Er verlebte seine Jugendjahre in den Kasernen, hörte beständig die Erzählungen alter Soldaten an, welche unter König Wilhelm gedient hatten, und benutzte ihre Geschichten mit wahrer Genialität.

[80] Story; Wilhelm an Waldeck, 22. Sept. 1690; London Gazette vom 4. Sept. Berwick behauptet daß, als die Belagerung aufgehoben wurde, seit vier Wochen kein Tropfen Regen gefallen sei, daß es auch die darauffolgenden drei Wochen nicht geregnet habe und daß Wilhelm das schlechte Wetter nur vorgeschützt habe, um die Schande seiner Niederlage zu verdecken. Story, der mit an Ort und Stelle war, sagt: „Der ganze Himmel war mit Wolken umzogen und es regnete sehr stark, so daß Jedermann wegen der Folgen besorgt zu werden begann;” dann wieder: „Der bisher gefallene Regen hatte die Straßen durchweicht ... Das war einer der Hauptgründe für die Aufhebung der Belagerung, denn hätten wir dies nicht gethan und das Wetter wäre schlecht geblieben, so hätten wir entweder die Stadt nehmen oder unsere Kanonen im Stich lassen müssen.” Dumont, ebenfalls ein Augenzeuge, sagt, daß es vor der Aufhebung der Belagerung äußerst heftig geregnet habe, daß der Shannon angeschwollen, die Erde durchweicht gewesen sei und daß die Pferde keinen festen Grund mehr gehabt hätten.

[81] London Gazette vom 11. Sept. 1690; Narcissus Luttrell’s Diary. Ich habe eine damals erschienene Abbildung von Coventgarden mit der Scene dieser Nacht gesehen.

[82] Van Citters an die Generalstaaten, 19. (29.) März 1689.

[83] Ueber Marlborough’s Expedition siehe Story’s Impartial History; Life of James II. 419, 420; London Gazette vom 6., 13., 16., 27., 30. Oct. 1690; Monthly Mercury, Nov. 1690; History of King William, 1702; Burnet II. 60; The Life of Joseph Pike, a Quaker of Cork.

[84] Balcarras; Annandale’s Bekenntniß in den Leven and Melville Papers; Burnet II. 35. Ueber Payne siehe die Second Modest Inquiry into the Cause of the present Disasters, 1690.

[85] Balcarras; Mackay’s Memoirs; History of the late Revolution in Scotland, 1690; Livingstone’s Rapport vom 1. Mai; London Gazette vom 12. Mai 1690.

[86] History of the late Revolution in Scotland, 1690.

[87] Mackay’s Memoiren und Briefe an Hamilton vom 20. und 24. Juni 1690; Oberst Hill an Melville von 10. und 26. Juli; London Gazette vom 17. und 21. Juli. In Bezug auf Inverlochy siehe unter den Culloden Papers einen damals von dem Vater des Präsidenten Forbes entworfenen Plan zur Aufrechthaltung der Ruhe in den Hochlanden.

[88] Balcarras.

[89] Siehe die Instructionen des Lord Obercommissars in den Leven and Melville Papers.

[90] Balcarras.

[91] Act. Parl. June 7. 1690.

[92] Balcarras.

[93] Faithful Contendings Displayed; Case of the present Afflicted Episcopal Clergy in Scotland, 1690.

[94] Act. Parl. April 25. 1690.

[95] Siehe die Humble Address of the Presbyterian Ministers and Professors of the Church of Scotland to His Grace His Majesty’s High Commissioner and to the Right Honourable the Estates of Parliament.

[96] Siehe den Account of the late Establishment of Presbyterian Government by the Parliament of Scotland, Anno 1690. Diese Darstellung ist im bischöflichen Sinne geschrieben. Act. Parl. May 26. 1690.

[97] Act. Parl. June 7. 1690.

[98] An Historical Relation of the late Presbyterian General Assembly in a Letter from a Person in Edinburgh to his Friend in London. London, licensed April 20. 1691.

[99] Account of the late Establishment of the Presbyterian Government by the Parliament of Scotland, 1690.

[100] Act. Parl. July 7, 1690.

[101] Act. Parl. July 19. 1690; Lockhart an Melville, 29. April 1690.

[102] Balcarras; Annandale’s Bekenntniß in den Leven and Melville Papers.

[103] Balcarras; Anmerkungen zu Roß’ Bekenntniß in den Leven and Melville Papers.

[104] Balcarras; Mariens Erzählung ihrer Unterredung mit Montgomery, gedruckt in den Leven and Melville Papers.

[105] Vergleiche Balcarras mit Burnet II. 62. Das Pamphlet: Great Britain’s Just Complaint ist eine gute Probe von Montgomery’s Schreibweise.

[106] Balcarras; Annandale’s Bekenntniß.

[107] Burnet II. 62; Lockhart an Melville, 30. Aug. 1690, und Crawford an Melville, 11. Dec. 1690 in den Leven and Melville Papers; Neville Payne’s Brief vom 3. Dec. 1692, gedruckt 1693.

[108] Historical Relation of the late Presbyterian General Assembly, 1691; The Presbyterian Inquisition as it was lately practised against the Professors of the College of Edinburgh, 1691.

[109] Eine der interessantesten unter den vielen interessanten Schriften, welche von den Covenanters der damaligen Generation veröffentlicht wurden, ist betitelt: Nathaniel, or the Dying Testimony of John Matthieson in Closeburn. Matthieson starb erst 1709, sein Testimony aber wurde einige Jahre früher geschrieben, als er dem Tode entgegensah. „Und jetzt,” sagt er, „will ich, als ein Sterbender, Euch, die Ihr nach mir leben sollt, mit wenigen Worten meine Gedanken über die jetzigen Zeiten sagen. Als ich sah, oder vielmehr hörte, daß der Prinz und die Prinzessin von Oranien auf den Thron erhoben worden, daß er aber allen Mördern der Heiligen verziehen, daß er alle die blutigen Bestien, Soldaten und Andere, alle jene Beamten ihres Staates und Heeres und alle die blutigen Rathgeber, bürgerliche und geistliche, wieder aufgenommen und daß er jenen Sohn Belial’s, seinen Schwiegervater, der nach allen göttlichen und menschlichen Gesetzen hätte sterben sollen, habe entkommen lassen, da wußte ich, daß er die Sache und das Werk Gottes nicht fördern werde.”

[110] Siehe das Dying Testimony of Mr. Robert Smith, Student of Divinity, who lived in Douglas Town, in the Shire of Clydesdale, who died about two o’clock in the Sabbath morning, Dec. 13. 1724, aged 58 years, und das Dying Testimony of William Wilson, sometime Schoolmaster of Park in the Parish of Douglas, aged 68, who died May 7. 1757.

[111] Siehe das in der vorigen Anmerkung erwähnte Dying Testimony of William Wilson. Es muß bemerkt werden, daß die Theologen des Vereinigten Presbyteriums bezüglich des Hexenwesens ebenso verkehrte Ansichten hatten wie dieser geistesschwache Pfarrer. Siehe ihre Act, Declaration and Testimony, published in 1773 by Adam Gib.

[112] Im Jahre 1791 schrieb Thomas Henderson von Paisley zur Vertheidigung einiger Separatisten, die sich die reformirten Presbyterianer nannten, gegen einen Schriftsteller, der sie beschuldigt hatte, daß sie „den gegenwärtigen vortrefflichen Souverain nicht als den rechtmäßigen König von Großbritannien anerkennen wollten.” „Die reformirten Presbyterianer und ihre Freunde sind gerade nicht gewohnt, den Fürsten schmeichelhafte Titel zu geben” ... „Sie empfinden jedoch keinen Haß gegen die Person des jetzigen Gewalthabers noch gegen irgend eine der guten Eigenschaften, die er besitzt. Sie wünschen aufrichtig, daß er sich durch andere Dinge als durch den bloßen äußeren Königstitel auszeichne, daß er mit dem Ebenbilde Christi geschmückt sei etc. etc. etc.” „Aber als rechtmäßigen König über diese unter dem Covenant stehenden Lande können sie weder ihn noch irgend Einen von bischöflicher Glaubensrichtung unter keinen Umständen anerkennen.”

[113] Ein Fanatiker, Namens Georg Calderwood, beschuldigt in seiner Vorrede zu einer im Jahre 1806 erschienenen Collection of Dying Testimonies selbst die reformirten Presbyterianer verwerflicher Nachgiebigkeit. „Was die reformirten Presbyterianer betrifft,” sagt er, „so haben sie, obgleich sie das Märtyrerzeugniß vollständig anzuerkennen behaupten, jetzt so viele neue Unterscheidungen angenommen und die alten aufgegeben, daß sie dadurch klar bewiesen haben, daß sie jetzt weder das Märtyrerzeugniß, noch selbst das, welches diese Presbyterianer anfangs adoptirt hatten, aufrechterhalten. Als die reformirten Presbyterianer noch in der Kindheit waren und einigen Anschein von Aufrichtigkeit und Gläubigkeit zeigten, wurden sie von allen anderen Parteien deshalb getadelt, daß sie Unterscheidungen aufstellten, die kein Mensch rechtfertigen könne, das heißt Diejenigen nicht in ihre Gemeinschaft aufnehmen wollten, welche die Landsteuer bezahlten oder sich schriftlich dazu verpflichteten; jetzt aber können sie in ihre Gemeinschaften sowohl Vorgesetzte als auch Mitglieder aufnehmen, welche freiwillig alle Steuern bezahlen und Steuercontracte unterschreiben ...” „Wir verweisen nur auf die Bücher der Regierung, wie viele ihrer Mitglieder seit dem Beginn des französischen Kriegs Vertrauensstellen angenommen haben, um jeden Augenblick dem Rufe der Regierung zu folgen, wie z.B. als Waffenträger, als Viehtreiber, zum Wegesperren etc., und was ist ihre ganze Handelsfreiheit zu Wasser und zu Lande Andres als ein Dienen unter einer Regierung?”

[114] Der König an Melville, 22. Mai 1690 in den Leven and Melville Papers.

[115] Account of the Establishment of Presbyterian Government.

[116] Carmichael’s gute Eigenschaften werden von den Episkopalen vollkommen anerkannt. Siehe die Historical Relation of the late Presbyterian General Assembly and the Presbyterian Inquisition.

[117] Siehe in den Leven and Melville Papers die Briefe, welche Melville damals aus London an Crawford, Rule, Williamson und andere heftige Presbyterianer schrieb. Er sagt: „Die vertriebenen und zu uns herübergekommenen Geistlichen beschweren sich laut, und Viele hier ermuthigen sie dazu und freuen sich darüber. Es bedarf jetzt der größtmöglichen Besonnenheit und Mäßigung, wenn wir uns nicht der Gefahr eines allgemeinen Umsturzes aussetzen wollen; nehmen Sie dies in vollem Ernste und nicht als bloße Hirngespinnste und leere Befürchtungen.”

[118] Principal Acts of the General Assembly of the Church of Scotland held in and begun at Edinburgh the 16the day of October 1690, Edinburgh, 1691.

[119] Monthly Mercury; London Gazette vom 3. und 6. Nov. 1690.

[120] Van Citters an die Generalstaaten, 3. (13.) Oct. 1690.

[121] Lords’ Journals, Oct. 6. 1690; Commons’ Journals, Oct. 8.

[122] Ich weiß nicht, ob dieses Libell je gedruckt worden ist. Ich habe es nur in zwei gleichzeitigen Handschriften gesehen. Es ist betitelt: The Opening of the Session, 1690.

[123] Commons’ Journals, Oct. 9. 10. 13. 14. 1690.

[124] Commons’ Journals vom December 1690, namentlich vom 26.; Stat. 2 W. & M. sess. 2. c. 11.

[125] Stat. 2 W. & M. sess. 2. c. 1, 3, 4.

[126] Burnet II. 67. Siehe die Protokolle beider Häuser, besonders die der Gemeinen vom 19. Dec. und die der Lords vom 30. Dec. und 1. Januar. Die Bill selbst findet man in den Archiven des Hauses der Lords.

[127] Lords’ Journals, Oct. 30. 1690. Die Zahlen sind in den Protokollen der Lords niemals angegeben. Daß die Majorität nur zwei Stimmen betrug, wird von Ralph versichert, der vermuthlich eine Quelle hatte, die ich nicht habe ausfindig machen können.

[128] Van Citters an die Generalstaaten, 14. (24.) Nov, 1690. Rede des Earl von Torrington vor dem Hause der Gemeinen, 1710.

[129] Burnet II. 67, 68.; Van Citters an die Generalstaaten, 20. Nov. (1. Dec.), 9. (19.), 12. (22.), 16. (26.) Dec. 1690; An impartial Account of some remarkable Passages in the Life of Arthur, Earl of Torrington, together with some modest Remarks on the Trial and Acquitment, 1691; Reasons for the Trial of the Earl of Torrington by Impeachment, 1690; The Parable of the Bearbaiting, 1690; The Earl of Torrington’s Speech to the House of Commons, 1710. Daß Torrington von den Peers kalt aufgenommen wurde, ersah ich aus einem Artikel in den Noticias Ordinarias vom 6. Februar 1691, Madrid.

[130] In einem whiggistischen Spottgedicht von diesem Jahre kommen die Strophen vor:

„Wir glaubten David folgte Saul,
Als Wilhelm stieg nach Jakob’s Falle;
Doch König Thomas lenkt sie Alle.”

In einem andren heißt es:

„Als Karl den Thron schien einzunehmen,
Mußt England über den Tyrannen Tom sich grämen.”

Ein drittes sagt:

„Der Tom aus Yorkshire ward ein großer Mann
Wie und warum Euch Niemand sagen kann;
Falsch wie er gegen seinen Herrn und König war,
Wird er auch gegen euch sein immerdar.”

[131] Ein whiggistischer Dichter vergleicht die beiden Marquis, wie sie oft genannt wurden und giebt Georg den Vorzug vor Thomas:

„Muß es durchaus ein Marquis sein
So nehmt ’nen bessern an,
Der, wenn du fehlst, uns kann erfreun
und ist ein weis’rer Mann.”

[132] „Ein hagrer Geist den König in seinen Klauen hält.”

[133]

„Sein blaues Band schlingt ihm um Hals und Ohr
Und zieht ihn an den Galgen hoch empor;
Und für Mylady einen Karren bringt herbei
Deß Zugthier ihr Herr Sohn und Erbe sei.”

[134] Ueber die Pläne der Whigs gegen Caermarthen sehe man Burnet II. 68, 69, und einen sehr bedeutsamen Protest in den Protokollen der Lords vom 30. October 1690. Ueber das Verhältniß zwischen Caermarthen und Godolphin siehe Godolphin’s Brief an Wilhelm vom 20. März 1691 bei Dalrymple.

[135] Mein Bericht über diese Verschwörung ist hauptsächlich den mündlichen und schriftlichen Aussagen entlehnt, welche bei dem Prozesse der Verschwörer vorgebracht wurden. Siehe auch Burnet II. 69, 70, und Life of James, II. 441. Narcissus Luttrell bemerkt, daß zu den Berathungen der Verschwörer kein Katholik zugelassen worden sei.

[136] Die Aechtheit dieser Briefe wurde einmal aus sehr unhaltbaren Gründen bestritten. Der Brief von Turner an Sancroft aber, der sich unter den Tannerschen Papieren in der Bodlejanischen Bibliothek befindet und den man in The Life of Ken, by a Layman nachlesen kann, muß auch den Ungläubigsten überzeugen.

[137] Die Worte sind: „Die Modest Inquiry — Des Bischofs Antwort — Nicht ihr Erkalten — Nur um Freunde zufriedenzustellen.” Die Modest Inquiry war das Pamphlet, das vom Dewitten sprach.

[138] Lord’s and Commons’ Journals, Jan. 5. 1690/91; London Gazette, Jan. 8.

Stereotypie und Druck von Philipp Reclam jun. in Leipzig.

Anmerkungen zur Transkription

Eigentümliche und falsche Schreibseisen des Autors wurden belassen, wenn sie durchgängig benutzt wurden, wie beispielsweise: Strapatzen, erwiedern, Schaffot.

Inkonsistenzen wurden nicht geändert, wenn beide Schreibweisen gebräuchlich waren, wie: Die folgenden Korrekturen wurden vorgenommen:
Kapitel 15 Kapitel 16





End of the Project Gutenberg EBook of Geschichte von England seit der
Thronbesteigung Jakob's des Zweiten., by Thomas Babington Macaulay

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LIABILITY, BREACH OF WARRANTY OR BREACH OF CONTRACT EXCEPT THOSE
PROVIDED IN PARAGRAPH 1.F.3.  YOU AGREE THAT THE FOUNDATION, THE
TRADEMARK OWNER, AND ANY DISTRIBUTOR UNDER THIS AGREEMENT WILL NOT BE
LIABLE TO YOU FOR ACTUAL, DIRECT, INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR
INCIDENTAL DAMAGES EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH
DAMAGE.

1.F.3.  LIMITED RIGHT OF REPLACEMENT OR REFUND - If you discover a
defect in this electronic work within 90 days of receiving it, you can
receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending a
written explanation to the person you received the work from.  If you
received the work on a physical medium, you must return the medium with
your written explanation.  The person or entity that provided you with
the defective work may elect to provide a replacement copy in lieu of a
refund.  If you received the work electronically, the person or entity
providing it to you may choose to give you a second opportunity to
receive the work electronically in lieu of a refund.  If the second copy
is also defective, you may demand a refund in writing without further
opportunities to fix the problem.

1.F.4.  Except for the limited right of replacement or refund set forth
in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS' WITH NO OTHER
WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO
WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.

1.F.5.  Some states do not allow disclaimers of certain implied
warranties or the exclusion or limitation of certain types of damages.
If any disclaimer or limitation set forth in this agreement violates the
law of the state applicable to this agreement, the agreement shall be
interpreted to make the maximum disclaimer or limitation permitted by
the applicable state law.  The invalidity or unenforceability of any
provision of this agreement shall not void the remaining provisions.

1.F.6.  INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the
trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in accordance
with this agreement, and any volunteers associated with the production,
promotion and distribution of Project Gutenberg-tm electronic works,
harmless from all liability, costs and expenses, including legal fees,
that arise directly or indirectly from any of the following which you do
or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm
work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any
Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause.


Section  2.  Information about the Mission of Project Gutenberg-tm

Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
electronic works in formats readable by the widest variety of computers
including obsolete, old, middle-aged and new computers.  It exists
because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
people in all walks of life.

Volunteers and financial support to provide volunteers with the
assistance they need, are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
remain freely available for generations to come.  In 2001, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
and the Foundation web page at http://www.pglaf.org.


Section 3.  Information about the Project Gutenberg Literary Archive
Foundation

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
Revenue Service.  The Foundation's EIN or federal tax identification
number is 64-6221541.  Its 501(c)(3) letter is posted at
http://pglaf.org/fundraising.  Contributions to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
permitted by U.S. federal laws and your state's laws.

The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
throughout numerous locations.  Its business office is located at
809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email
business@pglaf.org.  Email contact links and up to date contact
information can be found at the Foundation's web site and official
page at http://pglaf.org

For additional contact information:
     Dr. Gregory B. Newby
     Chief Executive and Director
     gbnewby@pglaf.org


Section 4.  Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
spread public support and donations to carry out its mission of
increasing the number of public domain and licensed works that can be
freely distributed in machine readable form accessible by the widest
array of equipment including outdated equipment.  Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
status with the IRS.

The Foundation is committed to complying with the laws regulating
charities and charitable donations in all 50 states of the United
States.  Compliance requirements are not uniform and it takes a
considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
with these requirements.  We do not solicit donations in locations
where we have not received written confirmation of compliance.  To
SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
particular state visit http://pglaf.org

While we cannot and do not solicit contributions from states where we
have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
against accepting unsolicited donations from donors in such states who
approach us with offers to donate.

International donations are gratefully accepted, but we cannot make
any statements concerning tax treatment of donations received from
outside the United States.  U.S. laws alone swamp our small staff.

Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
methods and addresses.  Donations are accepted in a number of other
ways including checks, online payments and credit card donations.
To donate, please visit: http://pglaf.org/donate


Section 5.  General Information About Project Gutenberg-tm electronic
works.

Professor Michael S. Hart is the originator of the Project Gutenberg-tm
concept of a library of electronic works that could be freely shared
with anyone.  For thirty years, he produced and distributed Project
Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.


Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
unless a copyright notice is included.  Thus, we do not necessarily
keep eBooks in compliance with any particular paper edition.


Most people start at our Web site which has the main PG search facility:

     http://www.gutenberg.org

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including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
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