Über die Probenächte der teutschen BauermädchenFriedrich Christoph Jonathan FischerProject GutenbergSeptember 30, 201550101
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Über die Probenächte der teutschen BauermädchenFriedrich Christoph Jonathan FischerBerlin, LeipzigGeorge Jacob Decker1780September 30, 2015Produced by Peter Becker, Stefan Cramme
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Friderich Christoph Jo.
Fischerüber dieProbenächte derteutschen
Bauermädchen.Audendum est; fortes adiuuat ipsa Venus.Tibull.Berlin und Leipzig,bei George Jacob Decker.1780.
Sr. Hochfreiherrl. Exzellenz dem Königl. wirklichen geheimen
Staats- und Justiz-MinisterFreiherrn von Zedlitz Chef des geistlichen
Departements, Ober-Curator der Universitäten und Schulen, &c. &c.
Hochwohlgebohrner Freiherr, Hochgebitender Herr Staats- und Justiz-Minister,Gnädiger Herr!
Verwegenheit wird es scheinen, dass ich eine Schrift Euer Hochfreiherrlichen
Excellenz zu überreichen wage, die ihrer äusserlichen Gestalt nach eines hohen Mäcens
nicht sehr würdig ist, ja dem Anscheine nach mit der heutigen Sittlichkeit kontrastiret.
Allein die genauere Einsicht davon, hoffe ich, solle dise ersten übelnEindrüke wider austilgen, und ihr neben andern
Werken, die zur Aufklärung der Menschheit, zur Verbesserung der Sitten und zur Aufnahme
unsrer Gattung geschrieben sind, ein Plätzchen erlauben. Doch, was für ein Schicksal sie
auch haben mag, so kan ich in Untertänigkeit
versichern, dass bloss tife Verehrung der erhabensten Verdinste, innigste Empfindung von
Dankbarkeit für empfangene Gnadenbezeugungen und
brünstiger Eifer, Proben der vollständigsten Anhänglichkeit abzulegen, die Beweggründe
gewesen sind, die mich zu disem Schritte hinleiteten.
Ich bekenne mich mit aller Ehrfurcht
Euer Hochfreiherrl. Excellenz
Berlin,
den 2. Decemb.
1779.
ganz Untertäniger.
Der V.
Innhalt.
SeiteI.Beschreibung der Sitte und ihre Ursache3II.Beispile aus der Geschichte des mittlern Zeitalters12III.Ueberbleibsel in den barbarischen Gesezbüchern und rechtliche Folgerungen24IV.Spuren unter den meisten rohen Völkern des Erdbodens37V.Dergleichen unter den kultivirten Nationen49VI.Aehnliche Gewohnheiten in der alten und neuen Welt, und Betrachtungen
darüber53
Ueberdie Probenächte
der
teutschen Bauermädchen.
I.
Beinahe in ganz Teutschland und vorzüglich in der Gegend Schwabens, die man den Schwarzwald
nennet, ist unter den Bauren der Gebrauch, dass die Mädchen ihren Freiern lange vor der
Hochzeit schon dieienige Freiheiten über sich einräumen, die
sonst nur das Vorrecht der Ehmänner sind. Doch würde man sehr
irren, wenn man sich von diser Sitte die Vorstellung machte, als wenn solche Mädchen alle
weibliche Sittsamkeit verwahrlost hätten, und ihre Gunstbezeugungen ohne alle Zurükhaltung an die Libhaber verschwendeten. Nichts weniger!
Die ländliche Schöne weiss mit ihren Reizen auf eine ebenso kluge Art zu wirtschaften, und
den sparsamen Genuss mit ebensoviler Sprödigkeit zu
würzen, als immer das Fräulein am Puztische.
Sobald sich ein Bauermädchen seiner Mannbarkeit zu nähern anfängt, sobald findet es sich,
nachdem es mehr oder weniger Vollkommenheiten besizt,
die hir ungefähr im ähnlichen Verhältnisse, wie bei Frauenzimmern von Stande, geschäzt
werden, von einer Anzahl Libhaber umgeben, die solange mit gleicher Geschäftigkeit um
seine Neigung buhlen, als sie nicht merken, dass einer unter ihnen der Glücklichere ist.
Da verschwinden alle Uebrigen plözlich, und der Libling hat die Erlaubnis, seine Schöne
des Nachts zu besuchen. Er würde aber den romantischen Wohlstand schlecht beobachten, wenn
er den Weg geradezu durch die Hausthür nehmen wollte. Die Dorfsetiquette verlangt
nothwendig, dass er seine nächtlichen Besuche durch das Dachfenster bewerkstellige. Wie
unsere ritterbürtige Ahnen erst dann ihre Romane glüklich gespilt zu haben glaubten, wenn
sie bei ihren verlibten Zusammenkünften unersteigliche Felsen hinanzuklettern und
ungeheure Mauren herabzuspringen gehabt; oder sich sonst den Weg mit tausend Wunden hatten
erkämpfen müssen, ebenso ist der Bauerkerl nur dann mit dem Fortgange seines
Libesverständnisses zufriden, wenn er bei iedem seiner
nächtlichen Besuche alle Wahrscheinlichkeit für sich hat, den Hals zu brechen, oder wenn
seine Göttin, während dem er zwischen Himmel und Erde in grösster Lebensgefahr dahängt,
ihm aus ihrem Dachfenster herunter die bittersten Nekereien zuruft. Noch in seinen grauen
Hahren erzehlt er mit aller Begeisterung dise Abenteuer
seinen erstaunten Enkeln, die kaum ihre Mannheit erwarten können, um auf eine ebenso
heldenmütige Art zu liben.In welch augenscheinliche Lebensgefahr
begeben sich nicht zuweilen die Bauren in disen Umständen, und wie vermeiden sie nicht mit
Fleiss alle Gelegenheit, sich auf eine bequemere Weise zu sehen!
Dise mühsame Unternehmung verschaft anfangs dem Libhaber keine andere Vorteile, als dass er etliche Stunden mit seinem Mädchen plaudern darf, das sich um
dise Zeit ganz angekleidet im Bette befindet, und gegen alle Verrätereien des Amors wol
verwahrt hält. Sobald sie eingeschlafen ist, so muss er sich plözlich entfernen, und erst nach und nach werden ihre Unterhaltungen lebhafter.
Ja in der Folge giebt die Dirne ihrem Buhler unter allerlei ländlichen Scherzen und
Nekereien Gelegenheit, sich von ihren verborgenen Schönheiten eine anschauliche Erkenntnis
zu erwerben; lässt sich überhaupt von ihm in einer leichtern Kleidung überraschen, und
gestattet ihm zulezt alles, womit ein Frauenzimmer die
Sinnlichkeit einer Mannsperson befridigen kan. Doch auch hir wird immer noch ein gewisses
Stufenmass beobachtet, wovon mir aber das Detail anzugeben, die Zärtlichkeit des heutigen
Wolstands verbeut. Man kan indess viles aus der Benennung Probenächte erraten, welche die leztern Zusammenkünfte haben, da die Erstere eigentlich Kommnächte heissen.
Sehr oft verweigern die Mädchen ihrem Libhaber die Gewährung seiner lezten Wünsche solang, bis er Gewalt braucht. Das geschiht allezeit, wenn ihnen
wegen seiner Leibesstärke einige Zweifel zurük sind, welche sie sich freilich auf keine so
heikle Weise, als die Witwe Wadmann aufzulösen wissen. Es kömmt daher ein solcher Kampf
dem Kerl oft sehr teuer zu stehen, weil es nicht wenig Mühe kostet, ein Baurenmensch zu
bezwingen, das iene wollüstige Reizbarkeit nicht besizt, die Frauenzimmer von Stande so
plözlich entwafnet. Disen Umstand meinen Lesern etwas begreiflicher zu machen, muss ich
mich auf eine ReisebeschreibungJohann Jacob Straussens Reisen etc.
Amsterdam 1678. berufen, worinn von den Europäern mit den schönen Tschirkassirinnen
verschidene Versuche angestellt worden sind; denn sonst laufe ich Gefahr, dass man auf
meine Erfahrungen ein ganz unverdintes Vertrauen sezt.
Die Probenächte werden alle Tage gehalten, die Kommnächte nur an den Sonn- und Feiertagen und
ihren Vorabenden. Die Erstere dauren solange, bis sich beide Teile von ihrer
wechselseitigen physischen Tauglichkeit zur Ehe genugsam überzeugt haben, oder bis das Mädchen schwanger wird. Hernach tut der Bauer erst die
förmliche Anwerbung um sie, und das Verlöbnis und die Hochzeit folgen schnell darauf.
Unter den Bauren, deren Sitten noch in grosser Einfalt sind, geschiht es nicht leicht,
dass Einer, der sein Mädchen auf dise Art geschwängert hat, sie wieder verliesse. Er würde
sich ohnfehlbar den Hass und die Verachtung des ganzen Dorfs zuzihen. Aber das begegnet
sehr häufig, dass beide einander nach der Ersten oder Zweiten Probnacht wider aufgeben.
Das Mädchen hat dabei keine Gefahr, in einen übeln Ruf zu kommen; denn es zeigt sich bald
Ein anderer, der gern den Roman mit ihr von vorne anhebt. Nur dann ist ihr Name
zweideutigen Anmerkungen ausgesezt, wenn sie mehrmals die Probzeit vergebens gehalten hat.
Das Dorfpublikum hält sich auf disen Fall schlechterdings für berechtiget, verborgene Unvollkommenheiten bei ihr zu argwöhnen. Die Landleute
finden ihre Gewohnheit so unschuldig, dass es nicht selten geschiht, wenn der Geistliche
im Orte einen Bauren nach dem Wohlsein seiner Töchter frägt, dieser ihm zum Beweise, dass
sie gut heranwüchsen, mit aller Offenherzigkeit und mit einem väterlichen Wolgefallen
erzehlt, wie sie schon anfiengen, ihre Kommnächte zu halten. Keyssler gibt in seinen ReisenHannover 1740. Brief IV.
Seite 21. uns eine sehr drollichte Erzehlung von einem
Prozesse, den die Bregenzer Bauren ehmals zur Verteidigung einer solchen Gewohnheit
geführt haben, die sie fügen nennen. Die Kasuisten, die sich eben
nicht immer von den erlaubten und unerlaubten Begattungsarten die richtigsten Begriffe
machen, und manchmal dasienige für Sünde halten, was keine ist, und dasienige nicht dafür
halten, was doch eine ist, ereiferten sich von ie her sehr über
disen ländlichen Gebrauch. Er musste ihnen daher sehr oft zum Stoffe dienen, ihre
Beredsamkeit auf eine sehr vorteilhafte und pathetische Weise zu zeigen. Die katholischen
Landprister, die mit den Angelegenheiten und mit dem Charakter ihrer Seelenbefohlnen
zuweilen etwas näher, als die Protestanten mit den Jhrigen bekannt sind, und mithin die
Untadelhaftigkeit diser Sitte besser einsehen, äussern darüber mehr Duldsamkeit als die
Leztere, die nie unterlassen, ihre Bauren deswegen mit den
heftigsten Strafpredigten zu verfolgen, und weil doch leider heutzutage, wo die Welt so
ganz im Argen ligt, dise Züchtigungen nicht allezeit von Wirkung sind, so verabsäumen sie
keine Gelegenheit, zu Vertilgung dises heidnischen Greuels den weit kräftigern weltlichen
Arm zu Hülfe zu rufen. Die Klagen eines gewissen
geistlichen Aufsehers im Herzogtume Würtemberg vom XVI. Jahrhundert habe ich im II. Bande
meines Versuchs über die Geschichte der teutschen ErbfolgeIm II. Teil des Urkundenbuchs. Seite 332. 333. bekannt gemacht. Der
Kanzler von LudewigIn den „Hallischen Anzeigen“, 1735, no. 34. 35 und
bei Joachim in der Geschichte der teutschen Reichstäge, Halle 1762. Band I. S. 134. §. 26.
„Die Meiste unter denselben (den alten Kanonisten) berufen sich
auf den vornehmsten Ausleger, den Hostiensem. Denn dieser hatte berichtet: die Sachsen
hätten eine garstige aber Gesezmässige Gewohnheit, dass der Bräutigam bei der Braut zuvor
eine Nacht schlafen, und nachgehends sich erst entschliessen möge, ob er diselbe heiraten
wolle oder nicht. Er sagt noch dabei, dass er zu der Zeit, da er in Sachsen zu Zeiten des
teutschen Königs Wilhelm von Holland gewesen, a. 1254 solches selbst erzehlen hören.
Welches Mährlein aber deswegen zu verlachen, teils weil das Concilium zu Trebur, als
woraus das Kapitulum genommen, a. 895 nicht nur der Sachsen gedenkt, sondern auch zu
solcher Zeit ganz Sachsen schon ganz christlich gewesen; da dergleichen viehischer
Gebrauch in keiner Achtung mehr sein können; obgleich die alten Glossatores fast insgesamt
und insbesondere Anton. de Putris, Jo. Andreae u. a., auch noch ohnlängst der Jesuit
Wagnereck dieser Auslegung dahin beypflichtet, dass die Patres zu
Trebur a. 895 dergleichen Weise erst damit aufgehoben hätten.“ verwarf
ebenfalls disen Gebrauch mit Geringschäzung, und tat auf den Kardinal Heinrich von
Segusio, welcher denselben schon im XIII. Jahrhundert bei den Sachsen beobachtete, einen
sehr hastigen Ausfall. Wenn es der Wohlstand nicht
untersagte, gewisse Forschungen allzuweit zu verfolgen, und ihr endliches Resultat
enthüllt darzustellen, so könnte ich ihn leicht überführen, dass dise Sitte nicht nur in
der Physiologie des Menschen gegründet, sondern auch eine für die Bevölkerung sehr
heilsame Anstalt sei. Denienigen Teil meiner Leser aber, der sich so schlechterdings nicht
abfertigen lässt, und verschidene Erläuterungen wünscht, muss ich an die Aerzte und an
dieienigen Advokaten weisen, die vor den Ehegerichten Prozesse führen. Denn dergleichen
Herren allein besizen das veriährte Vorrecht, dass ihnen die Welt, ohne schamrot zu
werden, über alles Gehör gibt. Sollten aber einige von ihnen die Hörsäle der
Rechtsgelehrten besucht haben? O! die können sich hir alles das widerhohlen, was dort sehr
oft mit Einmischung der ärgerlichsten Anekdoten von der bezihungsweisen Unvermögenheit der
Geschlechter gelehrt wird.Man sehe auch Henr. Hostiens. in Aurea Summa.
Colon. 1612. col. 1228, wo er von der Sache ganz sonderbare Beispiele anführt. Wem
dise gelehrte Nachfragen nicht bequem sind, der belibe einen flüchtigen Blik auf das zu
werfen, was in grossen Städten alle Tage zu geschehen pflegt. Wie vile Ehen findet man da
nicht, wo die Männer im besten Alter erschöpfte Greise sind; wo blühende Damen durch die
allzufrühzeitige und nicht selten unnatürliche Wollüste
ihrer Gemahls zu einer beständigen ehlichen Nüchternheit verdammt sind? Wie sehr müssen
dise ihre weibliche Sittsamkeit nicht verläugnen, wenn sie sich entschliessen, vor einem
halbduzend Männer, die sie in ihren Leben nie gesehen haben, über eine solche
Angelegenheit Klage zu führen, und darüber die unverschämten Einwürfe eines widrigen
Advokaten anzuhören, dem man oft zur Replik die Antwort widerholen möchte, die schon lange
die Gemahlin des Germanikus dem Tiber gegeben hat! Weil es also für die Bauermädchen eine
Apologie zu machen, und die moralische Unschädlichkeit ihrer Galanterie zu zeigen nicht
taugt, so will ich wenigstens beweisen, dass sie allen Ständen unserer Nation gemein
gewesen, und eine Ursitte der Menschheit ist.
II.
Es hat es schon lange GrupenDe Uxore Theotisca. Goett. 1748 C. II. pag.
39. beobachtet, dass sich in ältern Zeiten alle teutschen Bräute vor der Hochzeit
hätten beschlafen lassen. Wir treffen noch in der spätern Zeit unter dem hohen Adel
Beispile an. Der Professor Koehler zu GöttingenIn D. August Friederich Schotten „Juristischem Wochenblatt“,
Leipzig 1773, Jahrg. II. S. 683. ff. „Es ist zu wissende, do mein Bruder Ulrich
selige von Rappoltstein sein Dochter Herzlande meine Mume gelobte Graue Rudolfs Son von
Habespurg, do lag derselb sein Sun Hanss bey meiner Mumen vorgenant under allen Molen wol
vf ein halb Jor, vnd dass er dozwischen mit Jr nie geborte in der Mossen, als ob er ein
Mann were, vndt fur zu vndt wolt Jhr ir Ehre habe genummen vf vngebührlich Wyse, vndt dass
sie von imme von dem Bette fliehen muste, vndt das befant ir Vatter vndt verbott ir der,
dass sie nummermer an sin Bette kommen sollte, vndt tet in och dozumole enweg fahren.
Item darnach wart, do wart min Bruder selige siech vndt do er sterben wolt — de befalch er
am Dotbette, — dass siene Dochter an Graue Rudolffs Sunes Bette nimmerme gelegen solte,
sie empfindent den vorhin, dass er ein Mann were — — do antwurtete min Bruder vndt ich
imme (dem Grafen Rudolf von Habspurg) were es Gotz wille vndt dass es sin sollte vndt er
verfenglich were zu einem Manne, dass wir sie (die Herzland) deme nieman bass guntent deme
imme, aber min Bruder selge hette uns verbotten an sinne
Tode, dass wir sie nimmer solten lassen kommen an sin Bette, wur wusten denne vorhin von
andern Frauen dass er ein Mann were, vndt dass er Frowen haben möchte, vndt antwurtetent
imme noch me, wür woltend imme fürstöllen zweinzig oder drissig Frouwen, wenne eine
etwenne einer mag vndt der andere nüt, well er da vnder den haben möchte, wür wolten imme
denne Wix vndt Gut antwurtten vndt geben, das versprach er och. — Do antwurtet er vns vndt
sprach, sin Sun der möchte woll, da sprach ich vndt schwur, — wür wolten immene hundert
Frowen fürstellen, solten wür sie joch Kölle holen, vndt werle er vnder den allen möchte,
so wolten wür imme Wix vndt Gut geben. — — Item och ist zu wissende, dass Groff Rudolfes
Sun von Habespurg in diesen Zielen gefurrt wert gen Straspurg zu dem besten Artzette, der
do was, vndt hatt ime da gerne ein Ding gemacht vndt lag och by demselben Arzette lange
zyt zu Strassburg by Meister Heinrich von Sachsen, der der beste Meister ist den man
finden kan vndt hiengent ime an in eine Bad an sin Ding ettwie viel Bliges wol fünfzig
Pfundt schwer vndt pflasterten ine, als menlich seitt, vndt verfieng alles nüt, dass sü
imme vt gemachen konnten, dass er verfengklich were zu Frowen.“ lifert uns eine
Urkunde, nach welcher Graf Johann IV. von Habsburg 1378. da er schon ein ganzes halb Jahr die nächtliche Probezeit mit der Herzland von
Rappoltstein gehalten hatte, zulezt von ihr den Korb bekam, weil sie ihn der
Unmännlichkeit beschuldigte. Gleich in dem nächsten Jahrhundert kommt im Habsburgischen
Hause ein anderes Beispil vor. Nachdem Kaiser Friederich III. sich die Prinzessin Leonore
von Portugall durch seine Gesandten verlobt hatte, und dises Verlöbnis bereits zu Rom
durch den Pabst bestättiget war, so zauderte er doch mit der
Vollzihung der Ehe unter dem Vorwande, dass er keine Italienische Kinder zeugen wollte.
Die Prinzessin, der diser Verzug etwas lange Weile verursachen mochte, wandte sich deswegen an ihren Oheim, den König Alfons von Neapel.
Allein da diser nicht vil mehr bei dem Kaiser auszurichten vermochte, so brach er zulezt
in dise Worte aus: „Du wirst also meine Nichte nach Teutschland führen, und wenn sie dir
dort nach dem ersten Beischlafe nicht gefällt, mir wider zurüksenden, oder sie villeicht
gar vernachlässigen, und dich mit einer andern vermählen; beschlafe sie vilmehr hir, damit
du, wenn sie gefällt, die angenehme Wahre mit dir nehmen, oder wo nicht, uns die Bürde
zurük lassen kanst.“ Der phlegmatische Friderich fand auf einmal dise Vorstellung so
nachdrüklich, dass er im Augenblik iene bekannte Ceremonie veranstaltete, die den
Portugisischen Damen ein so grosses Aergernis verursacht hat.Burcard. Gotthelf. Struve in Corp. Hist. Germ. Lips.
1730. Tom. I. Per. X. Sect. II. p. 736–740. Man kan sie unten nach den eigenen
Worten des Pabst Pius II. nachlesen, wobei seine Bemerkung, dass es eine allgemeine
Gewohnheit der teutschen Fürsten gewesen, Aufmerksamkeit verdint.Æneae
Sylvii Historia Frid. III. Ex edit. Boecleri, Kulpisii et Schilteri. Argent. 1702. p. 84.
Jussit igitur (Fridericus) teutonico more stratum apparari, iacentique sibi Leonoram in
vlnas complexusque dari, ac praesente Rege cunctisque Proceribus astantibus superduci
culcitram. Neque aliud actum est, nisi datum osculum. Erant autem ambo vestiti, moxque
inde surrexerunt. Sicque consuetudo Teutonicorum se habet cum principes primo iunguntur.
Mulieres Hispanae, quae aderant, arbitratae, rem serio geri, cum superduci culcitram
viderant, exclamantes indignum fieri facinus, Regem, qui talia permitteret, increpabant.
Ille autem non sine risu et iucunditate spectabat peregrinos mores. Nocte, quae instabat,
futurus erat concubitus ex nudis. Dum ergo saltationibus vniuersa curia intenta est,
foeminae Portugallenses, quibus cubiculi secretioris commissa cura erat, fumigationes
super stratum faciunt, in quo iacendum est, carmina dicunt et accersito sacerdote lectum
benedicunt irrogantque sanctis aquis; vt est superstitio mulierum, quae sic felix
connubium et amorem vtrinque perpetuum arbitrantur futurum. Quod vbi Caesar accepit,
veretur, ne quid veneficii interveniret — Alium sibi substerni lectum iussit, vocarique ad
se coniugem. — Verum Imperatrix bis terque vocata in suo lecto manere, morem seruandum
dicere: viros in stratum vxoris ire solitos, non contra fieri solere. Caesar veluti victus
ad eam pergit, rogatque secum in alium thalamum proficiscatur: recusantem manu prendit,
vincitque facile nolentem vincere atque eo pacto vitatis incantationibus in alio lecto
matrimonium consummatum est. Mit der Tochter dises Kaisers, Kunigunde, hielt Herzog
Albrecht IV. von Baiern das Beilager zu Innsprugg, und feierte erst nach der Heimführung
zu München die Hochzeit mit ihr,Kaiser Friderichs Tochter Kunegunde, ein Fragment. Wien 1778. S. 79. Johann Heinrich von Falkenstein, vollständige Geschichte des Herzogtums Baiern, T.
III. München 1763. Cl. II. C. IV. S. 487. oder wie sich ein österreichischer
Schriftsteller ausdrükt: „Herzog Albert beschlief Fräulein Kunigunden vor der Vermählung.“
Adlzreiter, oder vilmehr der verkapte Jesuite VervauxAnnalium P. II. L.
IX. p. 200. widerspricht disem aus dem Grunde, weil Veit Arenbek nichts davon
melde. Man kan hirauf antworten, der Chronikschreiber Arenbek beschreibe nur die
Hauptceremonie und übergehe ienen Umstand, als eine allgemeine Gewohnheit, wovon zu seiner
Zeit iedermann wusste, dass sie vorhergehen musste. Die Sache wird ausser Zweifel gesezt,
wenn man die Stelle mit einer andern vergleicht,Viti Arnpekhii Chron.
Bojoar. L. V. c. 17. in Bernh. Pezii Thesauro Anecdot. noviss, Tom. III. col. 257 ss. Ea
tempestate Illustrissima Domina Ludmilla Comitissa in Pogen
Filia IV. regis Bohemiae, sed secundum fratrem Andream de S. Magno Ratisponensi nata de
ducatu Sweidniz, subtili astutia sua Ludouicum Ducem, vt eam matrimonialiter duceret, cum
tali facetia induxit. Defuncto siquidem eius primo marito Alberto ill. Comite de Pogen,
cum esset pulchra nimis, timens Deum et moribus vt assolet clarissima, dictus Dux saepius
eam visitauit. Demum apud eam pro illicito amore dulcibus verbis, vt moris est, vehementer
sollicitauit, quod ipsa caute ac proinde recusauit. Attamen eidem certum diem, quo ad
thalamum suum veniret, praefixit. Interim ipsa arte pictoria in velo ante lectum eius
pendente, quo dormire solebat, tres milites depingi perpulchre fecit, et ipso die praefixo
alios tres viuos familiares suos milites sub eodem velo abscondit. Ingressus igitur
princeps putans eam ibi fore solam, more suo de illicito concubitu instetit; quae ait, si
de praesenti ducitis me in vxorem, data bona fide sub testimonio istorum trium militum
faciam quae cupitis. Quod ille illico parui pendens tres depictos milites promisit. At
illa velum deponens inquit: sitis itaque vos strenui milites testes huius rei. Cui
responderunt milites: Bene domina gratiosa audiuimus. His auditis Dux perplexus cameram
concito exiuit, nec in anno integro ad eam reuertitur: nimirum finito anno nuptias
magnifice celebrauit, et eam solemniter in facie Ecclesiae Christiano more in vxorem
duxit. wo er eine artige Begebenheit von einer
Probenacht erzählt, die Herzog Ludwig I. von Baiern mit der schönen Gräfin Ludmille von
Bogen, einer gebohrnen böhmischen Prinzessin gehalten hat. Man war um dise Zeit von der
alten Heiligkeit der Sitten so sehr abgewichen, dass den Mannspersonen die Probezeit oft
nur eine bequeme Gelegenheit war, die Unschuld ihrer Damen zu missbrauchen. Ludmille, die
ebenso klug als schön war, erfand eine List, ihren Freier gewiss zu fesseln. Der Herzog
musste ihr in der Probenacht vor drei Rittern, die sie sich auf ihre Bettdecke gemahlt
hatte, schwören, dass er sie zu seiner Gemahlin machen
wollte. Er tat es ohne Bedenken, weil er sich für aller Ueberweisung sicher glaubte.
Allein kaum hatte er sich dem Vergnügen übergeben, so öffnete die Prinzessin die Gardinen,
wo sich plötzlich drei leibhafte Ritter zeigten, die den Herzog an die Erfüllung seines
Gelübdes erinnerten. Er bekannte sich überlistet und vollzog nach dem Herkommen die Ehe in
Jahresfrist. Bei den Alten hat dise Begebenheit sovil Beifall gefunden, dass sie ihr
Andenken in einem eigenen Gedichte verewigten, daraus ich eine Stelle anführen will.Carmen Vetus de nuptiis Ludov. Duc. Bav. et Ludmillae de Bogen in Vol. XII.
Monument. Boicor. n. 133, pag. 92.
„Ein Fürst von Payren kom geyn Pogen geritenZw einer Gräfin schön vnd klug mit SitenEr begert ir zw FreidenspilSie sprach ich einwil,Er erwellet dan sein mein eelich manSo will ich darumb ratt han.— — —Der Fürst redt der Frauen zwOb sy seinen Willen wolde thun.Dy Fraw sprach — —Gelobt mir dy ee frölich.Der Fürst gelobt die ee in Heldesmut.— — —Und da vergangen was ein ganz JarDa kom der Fürst gein Landaw spattEr wolt nicht da benachtenZw seiner Hausfraw gein Pogen was ertrachtenDa sy komen zusamen PaydeDa vergassen alles ir LaydeSy lebten miteinander eelichAls es zugehörd der Fürsten reich.“
In ältesten Zeiten fieng die Probezeit mit dem Raub des Frauenzimmers an, und erst ein Jahr
hernach geschah die Vermählung. Auf dise Weise heiratete z. B. König Suigger von Norwegen
die Tochter des Königs Grims von Dännemark.Alb. Kranzii Cronika
regnorum Daniae, Suetiae et Norvegiae. Argentor. 1546. pag. 599 et 600.
Trogill ArnkielCimbrische Heidenreligion. Hamburg 1691. C. 34. §. 6. S.
290. schloss aus einer gewissen Stelle Saxens des Grammatikers,Saxo Grammat. in Historia Daniae L. V. p. 89. Eidem (Hithino) postmodum cum Hilda Hoegini
Jutorum reguli filia spectatae admodum opinionis virgine, mutuus amor incessit. Quippe
nondum inuicem conspectos, alterna incenderat fama. At vbi mutuae conspectionis copia
incidit, neuter obtutum ab altero remittere poterat, adeo pertinax amor oculos morabatur.
— At Hoeginus Filiam suam Hithino despondit, coniurato inuicem vter ferro perisset,
alterum alterius vltorem fore. — Interea Hithinus apud Hoeginum quorundam obtrectatione
insimulatus est, quasi filiam eius ante sponsalium sacra stupri illecebris temerasset:
quod tunc immane cunctis gentibus facinus habebatur. Igitur Hoeginus credulis auribus rem
falso nuntiatam excipiens, Hithinum regia apud Sclauos stipendia colligentem classe
lacessit, — quamobrem Frotho missis qui simul eos accesserent, scrupulosius causam
simultatis inquirit. Qua cognita iuxta legis a se latae formulam pronunciauit. Videns
autem ne sic quidem eos in gratiam reduci posse, patre filiam pertinacius reposcente,
litem ferro decidendam edixit. Id quippe solum dirimendae controversiae remedium
videbatur. dass der Beischlaf, der vor der Hochzeit geschiht, bei den alten
nordischen Völkern als etwas abscheuliches angesehen
worden. Diser Beobachtung widersprechen aber nicht nur die übrigen Nachrichten dises
Saxens, sondern überhaupt alle nordischen Monumente. Ueberall kommen Beispile von
gehaltenen Probenächten vor. Man muss daher, um allem ungeräumten
Widerspruche auszuweichen, iener Stelle die Deutung geben, dass König Högnus von Jütland
sich aus der Ursache gegen seinen Eidam Hythin von Norwegen entrüstet habe, weil er seine
Tochter vor dem förmlichen Eheverspruch schon beschlafen, und sie folglich auf den Fuss
einer gemeinen Beischläferin behandelt hätte; oder welches mir noch wahrscheinlicher
dünkt, weil er ohne Erlaubnis und Vorwissen des Vaters die Probezeit mit der Tochter
hielt. Die gleichfolgende Begebenheit, und die daraus entstandene langwierige Fehde
bestärkt mich in meiner Meinung.
Der alte König Harald in Norwegen wollte die schöne Asa, eine Tochter
des Grafen Hrings, mit Gewalt zur Gemahlin nehmen, und ward deswegen von Kol Krappe, dem
man sie bereits verlobt hatte, zum Zweikampf herausgefordert. Ohngeachtet der Kämpfer, der
für ienen gefochten hatte, überwunden geworden war, so erlaubte der Siger doch, dass noch
Einer gestellet werden durfte. Allein diser wollte um keinen geringern Preis, als um den
eigenen Besiz der Schönen fechten, den man ihm auch bewilligen musste. Nun hielt er die
Probenacht mit ihr, und dann trat er erst den Zweikampf an, worinn er seinen Gegner glüklich überwand.Thorm. Torfaei Hist. Norveg.
P. I. C. VI. p. 201. His nodis implicatus (Rex Haraldus) remissa sponsione, quam patri per
vim expresserat, renunciatoque omni iure, inque Sturlaugum translato, quod in sponsam
consecutus erat vicem suam ad rem cum prouocatore gerendam deligit. His ita compositis
Sturlaugus ad Comitem Hringum, virginis patrem — se confert, nuptias filiae — facile
paciscitur, et ne castitatem eius hostibus delibandam seruaret, approperat, cuius
commendatione instructus, mox inde ad nutricem eius Freyam — accedit, exactae aetatis anum
sed veneficarum artium peritissimam. — Haec cum arcani genii fomentis corpus eius
inunxisset, inque societatem lecti per vnam noctem ense sequestro a suo diremptum
admisisset, inusitatas vires magnumque robur ei impressit, donatumque lacerna et inuictis
acuminis gladio iam aduersario haut imparem praesagiens dimisit, qui deinde cum Kolo
decertans viribus eum et vita spoliauit.
Frithiof, Herr von Frammesien, beschlief die Prinzessin Ingibiorg, eine Schwester der beiden
Könige Helgos und Halfdans von Sognien, gleich nach dem Verlöbnisse in dem heiligen Tempel
zu Baldershagen, obschon er sie erst nach dem Tode des K. Krings zur Gemahlin bekam.Torm. Torfaei Hist. rer. Norvegicar. Hafniae 1711. P. I. L. V. c. XXV. p.
226. Ein sehr merkwürdiges Beispil von einer Probenacht in Schweden erzehlt uns
Bartholin aus der Illugur Saga,Antiqu. Dan. de causis contemtae a Danis
adhuc gentilibus mortis. Hafniae 1690. L. I. C. 1. p. 7.
Immobiles ad minas mortis intentatas vultus pertulit Illugus Gridae alumnus, qui a Grida
rogatus lectum cum filia ipsius adscendere, paruit et protinus ad blanditias versus ab
adcurrente cum acuto gladio matre capillos arripitur, quasi mox caput amissuris. Ille
immotus sine metus vllo indicio mansit. Quo circa missus sine mora lecti sociam
adgreditur. Adcurrit rursum mater trahitque ad spondam lecti, minantibus verbis insultans:
iam morieris. Ille nihil, nisi: mortem non timeo. Anus mirata abit, et verso protinus ad
virginem Illugo denique adcurrit, quasi iam serio vitam ipsi ademtura. Illugus nihil motus
placide ictum opperiebatur. Tunc Grida in admirationem rapta exclamat. — — Tu instar
aliorum hominum non es; venae tuae nihil tremunt. Jam vitam a me et filiam iuxta te
collocatam, cui Hildae nomen est, accipe. das meine Leser in der Note selbst
nachlesen mögen. Ich will dagegen ein anderes aus der alten Fränkischen Geschichte
anführen: Teudebert, König in Austrasien, liess die Witwe Teuderia schon im Jahr 533 bei sich schlafen, ohngeachtet er sich erst ein
Jahr nachher förmlich mit ihr vermählte.Gregor. Turon. Hist. L. III. c.
22. inter script. rer. Francic. Andr. du Chesne. Tom. I. p. 251. Deuteriam — speciosam —
cernens, amore eius capitur, suoque eam copulauit Strato, a. 533. c. 23. — Deuteriam
exinde accersit, eamque sibi matrimonio sociauit, a. 534.
III.
Es bestärkt sich daraus die Anmerkung des P. Le Cointe,Charles le Cointe,
Ann. Franc. Eccles. ad a. 773. n. 2. ad a. 803. n. 49. et ad a.
814. Nach den Arabischen Monumenten war die Hagar eine solche Gemahlin des Abrahams, und
ihr Sohn Ismael empfieng daher als Erstgebohrner das gegen Kanaan weit vorzüglichere
Arabien. D’Herbelot, Bibl. Orient. pag. 420. Hagiar. dass dieienige Weiber, welche
die Fränkischen Könige neben ihren rechtmässigen Gemahlinnen hatten, keine
Beischläferinnen oder Kebsweiber gewesen seyn, obschon die gleichzeitigen Annalisten aus
Mangel einer genauen Kenntnis der teutschen Gebräuche, und durch ihre allzugrosse
Anhänglichkeit an römische und morgenländische Sitten oft verleitet wurden, ihnen dise
Beinahmen zu geben. Es waren allezeit solche Gattinnen, die noch in der Probzeit stahnden,
und erst in der Folge durch die Gebährung eines Kindes zur Würde einer rechtmässigen
Gemahlin gelangten. Wenn die Schöpfung des ehlichen Brautschazes und die Haltung eines öffentlichen Hochzeitsmahls dazu kam,Capit. L. VI. c. 730. Nullum sine dote fiat coniugium, nec sine publicis
nuptiis quisquam nubere praesumat. L. VII. c. 305. — nisi forte illa mulier et ingenua
facta, et dotata legitime, et puplicis nuptiis honestata videatur. so war die Ehe
in der besten Form gemacht; wenn dise beide Stüke aber mangelten, so war es entweder eine
auf die Morgengabe geschlossene Ehe, oder nur die ehliche Probzeit. Bei der erstern, die
eine Heirat nach Salischem Gebrauche in den alten Urkunden heist, waren die Kinder keiner
ordentlichen Erbfolge fähig, wol aber im leztern Fall, weil hir noch die abgängige
Ceremonien des ächten Germanischen Ehebündnisses nachgehohlt werden konnten. Dahingegen
iene, wo man ebenfalls den Ehkaufschilling erlegte, und vor der Heimführung die Probenacht
hielt, als schon in ihrer Art vollständig, keine weitere Feierlichkeit zuliess. In der
Note ist ein Beispil aus den Nordischen Sagen,Thorm. Torfaei Historia
Norveg. P. II. p. 20. Tandem Biorgulfus aduentus sui causam exponit, nimirum quod filiam
eius domum deducere, sibique sine nuptiarum solennitate sociare gestiat. Id dissolutas vel
approperatas nuptias appellabant, (Schade! dass der Autor den eigenen urkundlichen Ausdruk
nicht beigesezt hat.) quod concubinae seu pellicis statum, (nemlich eine unebenbürtige
oder Morgengabsehe) non vxoris denotat. — — Extorto hoc modo magis quam impetrato patris
consensu Biorgolfus virginem vncia auri emit (vergl. Fredegar. Schol. in Epit. gest.
Francor., cap. 18.) veteri lingua „eyri Gullz“ octaua scilicet parte marcae. Atque ita
eodem secum lecto in aedibus paternis prima nocte collocatam deinde domum deduxit. — Post
duos deinde filios ex isto contubernio susceptos decessit, — quos post obitum patris cum
matre domo sine vlla paternae haereditatis portione, ad auum maternum reduci Bryniolfus
(der rechtmässige ehliche Sohn) curauit, vbi tantisper educabantur, donec illo mortuo
vniuersa haereditas ad solam matrem peruenit. Dergleichen Söhne stahnden auch unter der
Gewalt ihrer in rechtmässigen Ehen erzeugten Brüder. S. Ludgar. in Vita S. Gregorii Abb.
VI-traject. ap. Sur. XXV. Aug. p. 277. Fuerunt ei fratres nobiles et eximii de patre
geniti et de matre eius nati alii fratres, et tempore et viribus secundum saeculi dignitatem minores, quibus necesse erat in obsequio esse maiorum.
Factum est autem, vt aliqui ex maioribus fratribus honorati a Rege Carolo Martello vel
Pippino mitterentur in longinquiora regna Galliarum, illuc et subsequi et inhaerere
necesse erat iunioribus. Sihe meinen Versuch über die Geschichte der teutschen Erbfolge,
Band I. S. 138. die also auch in disem Stüke mit den übrigen teutschen Sitten übereinstimmen. Noch heutzutage fängt an vilen Orten
die ehliche Gemeinschaft der Güter nicht eher an, als bis die
Eheleute ein Kind miteinander gezeugt haben.Eberh. Christ. Canz, Diss.
de iuribus et obligationibus vxoris secundum Jus Wurtemberg. Tub. 1772. p. 10. In
der Schweiz verspricht sich der Bauer einen glüklichen Erfolg seines Ehstands, wenn seine
Gattin noch im ledigen Stand schwanger geworden ist.XX Briefe über die
vornehmste Merkwürdigkeiten von der Schweiz, zum Nuzen iunger
Reisenden. 1769. I. B. IV. Br. von Bern. Daraus erklärt sich’s warum unter den beiden ersten Stämmen der Fränkischen Herrscher die Bastarden,Dass diese Benennung im mittlern
Zeitalter gar nichts anstössiges gehabt hat, zeigt Stryk de liberis nat. regum et princ.
C. II. p. 26. 27. In der spätern Zeit wurden die natürlichen Kinder in Frankreich gegen
ihre Väter um einen Grad geringer gehalten. Charles Loysseau des Ordres C. V. n. 64. Ils
doivent tousjours être mis d’un degré plus bas, qu’eux: de sorte que les batards des Rois
sont princes: Ceux des Princes sont Seigneurs: Ceux des Seigneurs sont Gentils-hommes, et
ceux des Gentils-hommes sont roturiers, afin que le concubinage n’ait autant d’honneur que
le loial mariage. (wenn anders Prinzen, die ihre Mütter in der Probzeit zur Welt gebracht haben, mit disem Namen gebrandmarkt
werden dürfen!) ohne Unterscheid mit den Ehlichen zugleich erbfolgten.Jo. Nic. Hert. in Notit. regni Francor. Vet. C. IV. §. 9. Edit. Hombergk. Vol. II. Tom.
I. p. 225. Jo. Sam. Stryk in Diss. de liberis natur. regum et principum, Halae 1700. C.
III. p. 36. 37.
Ebendises Erbrecht hatten die natürlichen Söhne in Dännemark,Adami Bremens.
Hist. Eccles. L. II. cap. 54. Caeterum Suein et Harold a Concubina geniti erant; qui, vt
mos est Barbaris, aequam tunc inter liberos Knut sortiti sunt partem haereditatis.
wie in den meisten nördlichen und südlichen Reichen.Davon handelt Stryk
in dem ganzen III. Cap. der angeführten Abhandlung, S. 37 u. f. Sihe auch Leges Longobard.
R. Rotharis, c. 154–162. in Muratorii Script. rer. Ital. T. I. P. II. p. 26.
Unsere barbarischen Gesezbücher zeigen noch hin und wider Ueberbleibsel von der Probezeit. Nach
dem LII. Gesez der Alemannen musste einer, der seine Braut aufgegeben hatte, schwören,
dass er sie weder aus Argwohn irgend eines Gebrechens auf die Probe gestellt, noch auch
wirklich etwas dergleichen bei ihr entdekt habe.
In den SächsischenJus prov. Saxon. Cod. Old. Pict. L. III. art. 47. An
siner Amien mach en man not don, und sin Liv verwercken,
of he se ane eren danc beleget. und Alemannischen
Landrechten,In Cod. Oldenburg. c. 306. Eyn jeglich man mac an
siner Amyen die notnunft begen, daz sol man uber sie richten,
als ob er nie bi ir gelege. desgleichen in dem alten Goslarischen
Stadrechteap. Leibnit. in Tom. III. Script. rerum Brunswicens.
p. 502. n. 94. An siner Amyen mach en not began. Amye
bedeutet eine Libste. Sihe Chr. Ulr. Grupen Teutsche
Alterthümer zur Erläuterung des Sächs. und
Schwäb. Land- und Lehenrechts. C. VIII. S. 110. wird eine in der Probenacht
vorgegangene Gewaltsamkeit der Notzucht
gleich geachtet.
Es entwikelt sich der wahre Grund, warum nach dem allgemeinen germanischen Rechte die rechtliche
Wirkungen der Ehe von dem ehlichen Beischlaf beginnen. Denn durch disen wird die physische
Ehestandsfähigkeit der beiden Personen ausser Zweifel
gesezt. Eigentlich ist er aber doch von iener darinn verschiden, dass bei ihm die
wirkliche Zeugung anfängt, da sich dieselbe bloss mit der vorläufigen Untersuchung der
Zeugungsfähigkeit beschäftiget. Ebendaher beziht sichThorm. Torf. Hist.
Norveg. L. VII. c. 4. p. 313. Consensit Asmundus annuloque aureo donauit, ipsa negante
munus hoc sibi tutum acceptu suspicante matre praemium esse concubitus. Jo. Gottl.
Heineccii Elementa Jur. Germ. L. I. Tit. X. §. 214. p. 171. Dreyer, de termino effectuum
ciuil. matrimonii a quo. §. 5. h. p. Dipl. Ludouici Com. Pal. Rheni et inferioris
superiorisque Bauariae Ducis de 1475. in Cod. dipl. Poloniae, T. I. pag. 389. — in quorum
30000 fl. dotis recompensam, alia 30000 fl. Hung. ratione donationis propter nuptias ac
summam ratione largitatis sponsalitiae, vulgariter Morgengab, quam ex more in signum
coniugalis amoris post primum thalami ingressum principes Almaniae coniugibus suis donare
consueuerunt. das Geschenke, das man die Morgengabe nennt, in gewisser Art auf
beiderlei Ceremonien, weil es zum Beweise dint, dass die Ehe im fleischlichen Verstande
vollkommen in Richtigkeit gebracht ist.
Unter den Karlingischen Kapitularen hebt das LXXX. des VII. Buchs den alten Gebrauch der
Probzeit ganz auf, und will, dass beide Teile keusch und unbeflekt zu einander in die Ehe
treten sollten.Sciendum est omnibus et firmiter retinendum, quod hi,
qui vxores ducere voluerint, sicut eas castas et incorruptas cupiunt inuenire, sic ad eas
casti et incorrupti debent accedere, easque cum benedictione sacerdotali sicque in
sacramentario continetur, accipere: sed prius eas dotali titulo debent conligare. Vergl.
Gottfried Schüze Lobschrift auf die Weiber der alten teutschen
und nordischen Völker. Hamburg, 1776. Seite 169. 170. Der longbardische König
Rothahr befahl, die Bräute, die mit andern einen zweideutigen Umgang gehabt hätten, als Ehbrecherinnen zu bestrafen.Lex 179. ap. Muratori Script. rerum Ital. Tom. I. P. II, p. 29. Si dixerit sponsus de
sponsa sua, postquam eam sponsauerit, quod adulterata sit, liceat eam parentibus
purificare cum XII. sacramentalibus suis. — — Si parentes eam — de ipso crimine mundare
non potuerint, tunc sponsus recipiat res suas, quas dederit, et illa patiatur poenam
adulterii, sicut in hoc edicto scriptum est. Aus der Ursache durfte ein Bräutigam
seine Braut nicht mehr aufgeben,Procop. de Bello Goth. Lib. IV. —
Barbaros illas sponsas, nisi ob stuprum non dimittere. weil sie die Vermutung einer
unangetasteten Keuschheit nicht mehr für sich haben konnte.Ebendaher
wurde nach den Westgothischen Gesezen eine Braut, die sich mit einem andern vergieng, als
eine Ehebrecherin gestraft. Lex Wisigoth. L. III. T. IV. §. 2. Es gab aber doch
zuweilen niderträchtige Männer, die ihre Libsten vernachlässigten. König Froto III. in
Dännemark gab daher ein Gesez, welches alle Mannspersonen nötigte, die einmal beschlafene
Dirnen zur Ehe zu behalten.Saxo Grammat. Edit. Steph. Jo. Stephanii.
Sorae, 1644. L. V. p. 85. Maribus quoque quamcunque primitus cognouissent, ducendi legem
inflixit. Nach dem Lübischen Rechte wird einer, der sich einer Probenacht mit Unwahrheit rühmt, ausserordentlich gestraft.Er ward entweder um 80 Mark Silbers oder mit einem halbjährigen Gefängnisse
und lebenslänglicher Landesverweisung gestraft. Henr. Balemann, Diss. de Foemina ex
Antiquit. legibusque Rom. Germ. et praesertim Lubecens. Altorf, 1756. Sect. II. C. II. §.
19. p. 132. 133.
Bei der Gelegenheit, da der Byzantische Geschichtschreiber Prokop dise allgemeine germanische
Sitte, die Bräute nicht mehr aufzugeben, beobachtet, macht er die spizfündige Anmerkung,
dass bei den Teutschen die Keuschheit der Bräute, wenn sie auch wirklich unverlezt sei,
doch für zweifelhaft gehalten werde.De bello Goth. L. IV. Tanto enim
honore pudicitia apud Barbaros colitur, vt femina, de cuius nuptiis actum est, etiamsi
corpore sit integra, pro corrupta habeatur. Allein er war mit unsern Sitten nur
nicht zureichend bekannt, denn sonst würde er das Gegenteil wahrgenommen haben.
„Quardus von Cambridge sagt in seiner Beschreibung von Wallis, dass man sich ehmals nicht leicht
ohne eine vorhergegangene Beiwohnung verheiratet hätte,
indem es gewöhnlich gewesen, dass die Eltern ihre Töchter iungen Mannspersonen gegen eine
gewisse Summe Geldes auf die Probe gegeben, und dass das Gelt verfallen ware, wenn die
Mädchen wider zurükgeschikt worden.“ HomeVersuch über die Geschichte
des Menschen. Leipzig 1774. S. 209. dem ich dise Nachricht abgeborgt habe, beschuldigt hir seinen Gewährsmann eines Irrtums, und erklärt
die Sache aus dem bekannten Kaufe der Weiber unter den rohen Völkern. Man wird aber
vermutlich nach Durchlesung dises ganzen Aufsazes keine weitere Verteidigung des alten
Annalisten von mir begehren, und ich wage dagegen die allgemeine Beobachtung hir zu
machen, dass die Welt von dem Verfasser der Kritik nach dreisig Jahren Arbeit allerdings
ein anderes Werk zu erwarten berechtiget war, als er uns
wirklich durch seine Geschichte des Menschen gelifert hat. Noch heutzutage geniesst in
ganz England eine Braut, wenn sie bei dem Tode ihres Bräutigams das neunte Jahr
zurükgelegt hat, den gewöhnlichen brittischen Wittum auf seinen Ländereien.Thom. Crag de Riccartoun, Jus feud. Lips. 1716. pag. 568. Apud Anglos mirum
est, quod obseruatur; nam tertia debetur vxori desponsatae, si nonum annum superauerit, de
omnibus terris, in quibus vir obiit vltimo vestitus et saisitus.
Der Kanzler Estor hat vollkommen recht. Das Beilager und die Brautnacht
sind bei Standspersonen, wie bei gemeinen Leuten ehmals
ganz verschidene Gebräuche gewesen.Rechtsgelehrsamkeit der Teutschen.
T. III. Hptst. 100. §. 713. S. 427. Die Probenacht scheint den Ursprung zu den
Vermählungen durch Gesandte gegeben zu haben. Es überzeugt
uns davon Jacob Unrest, ein alter Oesterreichischer
Kronikschreiber,Chron. Austriac. in Tom. I. Sim. Frider. Hahnii
Collect. Monument. pag. 775. wenn er die Heirat des römischen Königs Maximilians I.
mit der Prinzessin Anna von Brettagne beschreibt. „Kunig Maximilian — sagt er — schickt
seiner Diener einen genant Herbolo von Polhaim gen Brittannia zu emphahen die Künigliche
Braut: der war in der Stat Remis erlichen empfangen, und daselbs beschluff der von Polhaim
die Künigliche Prawt, als der fürsten Gewonhait is, das ire Sendpotten die fürstlichen
Prauwt mit ein gewaptn Man mit den rechtn Arm und mit dem rechten fus blos, und ain plos schwert darzwischen gelegt, beschlaffen. Also haben die
alten Fürsten gethan, und ist noch di Gewonhait. Da das alles geschehen was, war der
Kirchgang mit dem Gotsdienst nach Ordnung der heiligen Kahnschafft mit gutem Fleiss
verpracht.“Eine gleiche Ceremonie liess Maximilian bei seiner Heirat
mit der Maria von Burgund beobachten. Fugger, Spiegel der Ehren des Erzhauses Oesterreich, B. V. C. 26. n. 16. „Herzog Ludewig von
Bayren liesse sich als Stellverweser im Nahmen Erzherzogs Maximiliani die Prinzessin an
die Hand trauen, und hielte nach fürstlichem Gebrauch mit ihr das Beilager. Er war am
rechten Fuss und Arm mit leichtem Harnisch angethan und zwischen sie beyde ward ein
blosses Schwerd geleget. Die Herzogin Margaretha, samt der Oberhofmeisterin, Frauen von
Halwin, stunden auf einer, und die Räthe auf der andern Seiten. Und war diese Trauung den
26. April (1474) um Mitternacht verrichtet.“
Man siht, dass das mit dem Gesandten gehaltene Beilager vor der ehlichen Einsegnung in der
Kirche vorhergegangen ist. Folglich war es blos eine
symbolische Vorstellung der alten Probenacht. Nachdem bald darauf dise Prinzessin von dem
König Karl VIII. von Frankreich entführt wurde, so stritten die französischen und
teutschen Rechtsgelehrten sehr darüber, ob sie eine wirkliche Gemahlin Maximilians gewesen
wäre, und Karl sich folglich eines Ehebruchs schuldig gemacht hätte.Jo.
Pet. de Ludewig, Dissert. de matrimoniis principum per procuratores. Halae 1724. Differ.
IX. cap. 2. pag. 51. seqq. Beide Teile hatten aber keinen richtigen Begrif von dem
Ursprunge dises Geprängs, und nekten sich blos mit wizigen Einfällen, oder zogen mit
Sentenzen aus dem römischen und kanonischen Rechte bewaffnet gegen einander zu Felde. Da
die Probenacht zu dem Ende eingeführt worden ist, um die bezihungsweise Tauglichkeit der
iungen Gatten zum Ehestande zu prüfen, so ist ausser Zweifel, dass aus einer solchen
Ceremonie noch keine vollkommene ehliche Verbindung entspringen kan. Mithin kan auch das
von einem Gesandten mit der Braut seines Prinzen gehaltene Beilager, weil es nur ein Sinnbild der alten Probenacht ist, für keine Vollzihung
der Ehe gehalten werden, und die allgemeine praktische Meinung, dass eine solche Heirat
keine rechtliche Wirkungen hervorbringen könne, entwikelt sich von selbst. Doch man
verstehe das nur von der neuern Zeit. Denn im mitlern Zeitalter war das gesandtschaftliche
Beilager zugleich ein Beweis, dass Sponsalia de praesenti vorgegangen sind, die nach
kanonischem Rechte nicht mehr aufgehoben werden können.Innocentii
Cironii Paratitla in II. poster. libros Decretal. Gregorii IX. p. 361.
Der grösste Teil der Gelehrten hat den Unterscheid inter Sponsalia de praesenti et de futuro für
eine leere Vernünftelei gehalten. Sie hätten aber gleich aus der langen Reihe
Heiratsberedungen grosser Herren, worinn immer eine oder die andere Gattung der
Verlöbnisse genau bestimmt wird,B. G. Struve
in Jurisprud. Heroica, P. II. p. 479 seqq. hat sie gesammelt. Noch zur Zeit Kaiser
Maximilians I. war man darüber sehr sorgfältig. Sihe seine merkwürdige Acten von 1515. in
Codice diplom. Regni Poloniae. Vilnae 1758. Tom. I. p. 175. 177. urteilen können,
dass die Sache einmal auf wichtigen Gründen beruht haben muss. Wirklich gehört sie auch
unter die Menge ächter Volkssitte, die noch heutzutage im kanonischen Rechtskörper
verwahrt ligt; denn Sponsalia de praesenti sind deswegen unauflöslich, weil bei ihnen ehmals die Probenacht vorhergegangen ist. Dise wahre
Ursache zeigt sich in verschidenen Dekretalen deutlich. Pabst Alexander III. verordnet,
dass unter zwo Bräuten dieienige die wahre Ehfrau bleiben
sollte, die zum wirklichen Beischlaf gelangt sei.Cap. Vn. in VIto. de
desponsat. impub. Bonifaz VIII. erklärt alle Sponsalia de praesenti, die zwischen
Minderiährigen gehalten worden, für unwirksam, wenn anders kein Beischlaf darauf gefolgt
ist.Ciron. cit. I. L. IV. Tit. IV. §. 4. pag. 373. Man siht aus
der unten angezeigten Urkunde,Charta Amadei Lugd. Archiepisc. de a.
1438. ex Bibl. Reg. Paris. Sponsalia inter se per verba de futuro contraxerunt, carnali
copula subsequuta et prole procreata, cum lapsis aliquibus annis .... ad solemnizationem
matrimonii in facie Ecclesiae procedere vellent. .... dass im mitlern Zeitalter
vile Heiraten rechtsgültig bestanden haben, ohne dass eine pristerliche Einsegnung dabei
vorgegangen, und dise oft sehr spät nachgehohlt worden ist. Es kömmt bei der Frage, ob das
gesandtschaftliche Beilager ehliche Wirkungen haben kan, ganz auf die Entscheidung des
Vordersazes an, ob dasselbe ein Sinnbild des hochzeitlichen Beischlafs oder nur der
Probnacht ist. Im ersten Falle ist sie zu beiahen, im leztern aber nicht. Doch wenn man
auf den Ursprung des ehlichen Beischlafs zurükgeht, so läuft aller Streit auf eine
Logomachie hinaus.
IV.
Die Gebräuche unter den Negern zu Kongo stimmen mit den unsrigen, so wie im Ganzen, besonders in
disem Stüke überein. Auch sie erforschen vorher die wechselseitige Fähigkeit zur Begattung
sorgfältig, ehe sie sich in ein förmliches Ehebündnis einlassen. Wenn der Freier bei dem
Mädchen eine Untauglichkeit entdekt hat, so bekömmt er den Kalün zurük. Mangelt es ihm
aber an hinlänglicher Tüchtigkeit, so ist derselbe den Eltern des Mädchens verfallen.Dictionaire des Voyages Tom. III. p. 137. 138. L’ancien usage des Negres de
Congos étoit de vivre quelque tems avec leurs femmes, avant que de s’engager dans le
mariage, pour apprendre à se connoître mutuellement par cette épreuve. La methode
chrétienne leur paroissoit contraire au bien de la société, parce qu’elle ne permet point
qu’on s’assure auparavant de la fécondité d’une femme ni des autres qualités convenables à
l’état conjugal. — Les parens d’un jeune homme envoyent à ceux d’une jeune fille pour
laquelle il prend de l’inclination un présent, qui passe pour douaire, et leur font
proposer leur alliance. Ce présent est accompagné d’un grand flacon, de vin de palmier. Le
vin doit être bû par les parents de la fille avant que le présent soit accepté; condition
si nécessaire, que la conduite du pere et la mere passeroit autrement pour un outrage.
Ensuite le pere fait sa réponse. S’il retient le présent, il n’a pas besoin d’autre
explication pour marquer son consentement. Le jeune homme et tous ses amis se rendent
aussitôt à sa maison, et reçoivent sa fille de ses propres mains. Mais si quelques
semaines d’épreuve et d’observation font connoître au mari qu’il s’est trompé dans son
choix, il renvoye sa femme et se fait restituer son présent. Si les sujéts du
mécontentement viennent de lui, il perd son droit à la restitution. Mais de quelque coté
qu’ils puissent venir, la jeune femme n’en est pas regardée avec plus de mépris et ne
trouve pas moins l’occasion de subir une nouvelle épreuve. Observez que le pere de la
fille ne doit jamais se plaindre de la mediocreté du présent, s’il ne veut pas-être accusé
d’avoir vendu sa fille. In dem Afrikanischen Königreiche FulaDictionaire des Voyages Tome IV. pag. 386. 387. Fula,
Royaume d’Afrique. Lorsqu’un pere est resolu de marier son fils, il fait ses propositions
au pere de la fille. Elles consistent dans l’offre d’une certaine somme, que le pere du
mari doit donner à la femme pour lui servir de douaire; si cette offre est acceptée les
deux peres et le jeune homme se rendent chez le pretre declarent leur convention et le
mariage passe aussi-tôt pour conclu. — Ils ont le droit de renvoier celles, qui leurs
deplaissent, mais en leur laissant la somme, qu’elles ont recue pour douaire.
bleibt einer solchen verschmähten Weibsperson der bestimmte Wittum. Bei den Otahiten
begatten sich beide Geschlechter solange unter einander, bis ein Mädchen schwanger wird;
dann muss der Vater des Kinds die geschwächte Dirne
ehligen.Millar, Observations sur les Commencemens de la Société,
traduit de l’Anglois. Amsterd. 1773. p. 11. On dit que les habitans de l’Isle George
connue sous le nom d’Otaïty sont dans l’usage de se livrer à leurs desirs avec toutes les
femmes, qui leur plaisent, mais lorsqu’une femme devient grosse, le père suivant un ancien
usage est obligé de l’épouser. Il paroit donc que chez ces peuples le soin des enfans est
le seul motifs, qui ait fait établir le mariage. Etwas ähnliches scheint auch auf
der Insel Ceylon üblich zu sein.Dict. des Voyages, Tome III. page 387.
Ceylon. Leurs mariages sont une pure céremonie, qui consiste dans quelques présens, qu’un
homme fait à sa femme, et qui lui donnent droit sur elle, lorsqu’ils sont acceptés. Les
peres ne laissent pas de donner pour dot à leurs filles des bestiaux, des esclaves et de
l’argent. — S’ils ont des enfans les garçons demeurent au pere, et les filles suivent la
mere. Les hommes et les femmes se marient ordinairement quatre ou
cinq fois avant que de se fixer solidement. Von den meisten östlichen Bewohnern
Russlands erzehlt uns der Ritter Cook: Die Heiratsgebräuche diser Völker sind sehr
vernünftig, ob sie mir schon mit den Gewohnheiten irgend eines andern Landes, das ich
kenne, nicht zu harmoniren scheinen. Sehet da! worinn sie bestehen. Ein iunger Mensch und
ein iunges Mädchen kommen miteinander überein, ein Jahr lang als Ehmann und Ehfrau
beisammen zu leben und zu wohnen. Wenn die Frau in diser Zeit ein Kind bekömmt, so ist die Ehe bestättigt und
gesezmässig. Hat sie keines, so verstehen sie sich entweder miteinander, die Probezeit
noch um ein Jahr zu verlängern, oder sie trennen sich, und die Sache hat für das Weibsbild
gar keine nachteilige Folgen, indem sie gleich ein anderer wider mit eben der
Begirlichkeit auf die Probe sezt, als wenn ihre Jungferschaft ganz ungekostet wäre.Travels through the Russian Empire and Tartary,
Vol. I. ch. 56. Die Gewohnheit unter den Taxilern und Brachmanen erklärt sich iezo
selbst.Alexandri ab Alexandro Genial. dierum. Hanoviae, 1610. L. 1.
cap. 24. fol. 40. Apud Taxilos Brachmanesque, si qua propter inopiam virum nancisci non
posset, in forum virgo producebatur, et classica euocata turba, pudibundisque ostensis et
reuelatis, cui complacita erat, nuptui dabatur.
Unter den KamtschadalenHist. de Kamtschatka, des Isles Kurilski et des
contrées voisines, trad. de l’Anglois par Eidous, Tome I. p. 193. muss der Freier
in dem Hause seiner Gelibten Dinste nehmen, und sich unter diser Zeit um ihre Gunst zu
bewerben suchen. Erhält er den Beifall der Eltern, so darf er sie gleich auf der Stelle
beschlafen, und den andern Morgen in seine Heimat führen. Nach Verlauf einiger Zeit kehren
beide Verlobte wider zurük, und feiren erst iezo bei der Braut Eltern die Hochzeit. Unter den MingreliernChardin, Voyage en
Perse, Tome I. pag. 136. Laquelle demeure cependant toujours avec ses parens comme
auparavant, mais ou son futur Epoux a la liberté de l’aller voir de tems en tems, d’où il
arrive quelque fois, qu’elle est grosse avant les Epousailles. Quand le mari a amassé ce
qu’il a promis, le père de l’Epouse prépare un festin solennel. KalmakenMerkwürdigkeiten der Morduanen, Kosaken, Kalmüken,
Kirgisen, Baschkiren etc. Frankf. und Leipzig, 1773. S. 261. Indess sind dem Bräutigam schon zwei
Jahre vor der Verlobung kleine Freiheiten bei der Braut erlaubt; doch muss er, wann vor
der Hochzeit eine Schwängerung erfolgt, es bei der Braut Eltern durch Geschenke gut
machen. und Jaiker KosakenAm a. O. S. 111. Es darf sich auch in
diser Zeit der Bräutigam in der Stille schon die Freiheiten
eines Ehemannes bei der Braut herausnehmen. beschläft der Bräutigam seine Braut
schon während der Zeit, da er noch die Summe des Ehkaufschillings aufzubringen hat, und es
geschiht auch meistenteils, dass sie um dise Zeit schwanger wird.
Sonderbar ist das Gepränge bei der Vermählung eines Negers auf der Goldküste mit einem
unmannbaren Mädchen,Lorsqu’une femme se marie trop jeune pour la
consommation, l’usage demande quelques autres céremonies. Le jour de la celébration, tous
les parens des deux familles s’assemblent dans la maison du pere de la fille, et se
livrent à la joie jusqu’au soir. Ensuite la jeune mariée est conduite au lit de son mari,
mais sous les yeux de deux matrones. Cette formalité se renouvelle trois nuits
consécutives, après lesquelles la jeune femme est rammenée chez son pere, pour y demeurer
jusqu’à l’âge nubile. Le mari donne alors un akki d’or à chacune des deux matrones qui ont
servi des gouvernantes à sa femme. Dict. des Voy. T. IV. p. 29. Négres du Côte
d’or. und dem Beispile von Kaiser Friderich III. zimlich gleichartig.Hiher gehört auch die Gewohnheit der Bukaren. Du
Halde, Beschreibung des Chinesischen Reichs und der grossen
Tartarey. Teil IV. Rostock, 1749. S. 105. „Er findet sie (die Braut) alsdann im Bette
liegend, und er leget sich in seiner völligen Kleidung und in Gegenwart aller verehlichten
Frauen, nur auf einen Augenblick ihr zur Seiten. Dise Comödie wird drei Tage nach einander
gespilet, und nur am dritten Tage des Abends hat der Bräutigam Erlaubnis, sich ohne Zeugen
mit seiner Braut zu Bette zu legen. Es würde ihm schimpflich sein, wenn er ihr eher etwas
zumuten wollte. Endlich am virten Tage führt er sie in sein Haus.“
Wenn einer an der Massachusetsbay in ein Frauenzimmer verlibt wird, so erklärt er seine Wünsche
ihren Verwandten, und wenn dise einwilligen, so gestattet ihm iene
den Tarry, d. i. er darf eine Nacht bei ihr zubringen. Vater und Mutter entfernen sich um
die gewöhnliche Stunde, und lassen die iungen Leute in Freiheit. Dise wachen hernach
beieinander den grössten Teil der Nacht über, und legen sich am Ende zusammen ins Bette.
Doch darf weder er seine Beinkleider noch sie ihren Unterrok ablegen. Wenn sie miteinander zufriden sind, so erfolgt unverzüglich die
Hochzeit; wo nicht, so scheiden sie sich, um einander nimals wider zu sehen; ausgenommen
das Mädchen wäre schwanger geworden, da ist er (der Pursche) bei Strafe des Bannes
verbunden, sie zu heiraten.Journal Encyclop. de Bouillon 1775. Tome V.
P. III. p. 448. Ueberhaupt fordern die Sitten der Wilden, dass der Libhaber seine
Gelibte in den ersten Nächten mit grosser Schonung behandle. Man sehe davon die
merkwürdige Beschreibung des Capitaine Cook,Journ. Encycl. T. V. P.
III. p. 22. Les femmes de la Nouvelle-Zelande, quoique decentes et modestes, ne sont pas
inaccessibles; mais elles se rendent et vendent leurs faveurs du consentement de leurs
familles, qu’elles obtiennent ordinairement au moyen d’un présent convenable. Ces
préliminaires établis, dit Cook, il faut encore traiter la femme pendant une nuit avec
beaucoup de delicatesse, et l’amant, qui s’avise de prendre avec elles de libertés
contraires à cet égard, est bien sûr de ne pas reussir dans son projet. Un des nos
officiers ajout’il, s’étant addressé pour avoir une femme, à une des meilleures familles
du pays, en reçut une reponse qui traduite en nôtre langue repond exactement à ces termes.
Toutes ces jeunes femmes se trouveroient fort honorés de vos déclarations, mais vous devez
d’abord faire un présent convenable, et venir coucher une nuit à terre avec nous, car la
lumière du jour ne doit point être temoin de ce, qui se passera entre vous. und
vergleiche dabei Kraften.
Der P. Lafitau scheint also von den Sitten der Amerikaner
nicht genau unterrichtet gewesen zu sein, wenn er geglaubt hat, dass sie ein ganzes Jahr
hindurch miteinander in der Ehe lebten, ohne sie zu
vollzihen.
In Lithauen verweigern die Eltern gemeiniglich die Ehen ihrer Töchter solange, bis dise von den
Freiern aus dem elterlichen Hause geraubt werden, und ihnen die Jungferschaft mit Gewalt genommen wird: dann geben sie erst das Hochzeitfest. Es ist auch bei ihnen wahrzunehmen, dass sie eine
iunge Gattinn beständig für eine Jungfer halten, bis sie in die
Wochen kömmt.Joach. Jo. Mader, de coronis nupt. Helmst. 1662. p. 55 et 57. Von den Abenakisen. Lafitau, Moeurs des Sauvages, T. I.
p. 575. Der Professor Müller hat in Sibirien bemerkt, dass die Bräute dort
ebenfalls geraubt und vor der Hochzeit beschlafen würden.D. Joh. Georg Gmelins Reise durch Sibirien, I. Teil. Göttingen, 1731.
S. 143. In den äussersten Nordländern darf die Neuvermählte ihren Mann, mit dem sie
nicht zufriden ist, verlassen, und zu ihren Eltern zurükkehren.Neuere Geschichte der Polarländer. Berlin, 1778. Th. I. S. 31. 32.
„Wenn die Eltern den Antrag der alten Frauen annehmen, so rufen sie ihre Tochter zurük, um
ihr die Sache zu hinterbringen, und dise reisst ihre Haare auseinander, bedekt sich damit
das Gesicht und fängt an zu weinen, um gleichsam einigen Widerwillen zu erkennen zu geben,
ohne jedoch den Antrag weder anzunehmen noch abzuweisen. Wenn sie in dem väterlichen Hause
ihres Mannes angekommen ist, so bleibt sie eine Zeitlang sizen und fährt beständig fort zu
weinen; die Eltern hingegen reden ihr zu, und sagen zu ihr, dass sie mit ihrem Mann
zufriden sein würde. Diser kömmt darauf selbst herbei und nötigt sie, dass sie ohne
Umstände sich an seiner Seite niederlegen möchte. Sie schlägt es anfänglich ab; allein er
widerhohlt sein Bitten; sie gibt endlich nach und die Vollzihung der Heirat endigt die
Ceremonie. Wenn es sich zuträgt, dass eine Neuverheiratete Ursache hat ihren Mann zu
verlassen, so begibt sie sich zu ihren Eltern, die sie auch wider aufnehmen.“
„Wenn in Neufrankreich, sagt Kraft,Die Sitten der
Wilden zur Aufklärung des Ursprungs und Aufnahme der Menschheit von Jens Kraft, Prof. zu Soröe, aus dem Dänischen. Kopenhagen, 1766. II.
Abth. §. 8. sich eine Person verheiratet, so wird es für die grösste Schande
gehalten, wenn die neuverheiratete Frau im ersten Jahre nach der Hochzeit schwanger wird;
solange dises erste Jahr dauert, muss der iunge Ehmann sich zu seiner Braut stehlen, und
sie nur allein des Nachts sehen.“ Wer siht nicht, dass hir erst nach der Vermählung die
Probezeit gehalten wird? Man kan also iezt den wahren Grund der Ehstandssitte erkennen,
die der P. Lafitau,Moeurs des Sauvages Américains, Tome I. p. 574. Il
est de l’ancien usage parmi la plûpart des nations sauvages de passer la premiere année
après le mariage sans le consommer. La proposition avant ce tems là seroit une insulte
falte à l’épouse, qui lui feroit comprendre qu’on auroit recherché son alliance moins par
estime pour elle, que par brutalité. Et quoique les époux passent la nuit ensemble, c’est
sans préjudice de cet ancien usage; les parens de l’épouse y veillent attentivement de
leur part, et ils ont soin d’entretenir un grand feu dévant leur natte, qui éclaire
continuellement leur conduite et qui puisse servir de garant, qu’il ne se passe rien
contre l’ordre prescrit. Man sehe was Seite 575, darauf folgt, und vergleiche die
Beobachtung des Ritter Cook im Journal Encyclopédique de Bouillon, Tome V. P. III. p.
22. unter den meisten wilden Völkern von Amerika
beobachtet hat, und iederman wird davon überzeugt werden, wenn er damit vergleicht, was
HomeVersuch über die Geschichte des Menschen,
Teil I. S. 224. u. 225. und MillarObservations sur les
commencemens de la Societé. über disen Punkt gesammelt haben. Schon von dem ältern
Sparta und Athen sind uns ähnliche Sitten bekannt. Spuren von der ehmals gehaltenen
Probzeit siht man noch in Grönland, und es widerlegt sich daher die Behauptung eines
gewissen Schriftstellers, dass ein Grönländer seine Neuvermählte, die ihm wegen seiner
Unvermögenheit entlaufen ist, wider mit Gewalt zurüknehmen könne. In Afrika trift man die
förmliche Probenacht unter den Hotentotten an.M.
Peter Kolbens vollständige Beschreibung des Vorgebürgs der guten Hofnung. Nürnberg,
1719. Teil II. Brif IX. S. 452. Sie ist hir mit viler Gewalttätigkeit verknüpft, und geschiht etliche Tage vor der Trauung. Home
hat davon dise Beschreibung: „Sobald als alle Materien unter den alten Leuten berichtigt
sind, so wird das iunge Paar miteinander in ein Zimmer eingeschlossen, wo sie die Nacht
zubringen, um mit einander um den
Vorzug zu streiten, welches immer ein sehr ernsthaftes Werk wird, wenn sich die Braut
recht zur Wehre sezt. Ist sie nun halsstarrig bis ans Ende, ohne sich zu ergeben, so wird
der iunge Mann wider fortgeschikt; behält er aber die Oberhand, welches gemeiniglich
geschiht, so wird die Heirat durch eine andere Ceremonie vollzogen, die nicht weniger
sonderbar ist.“ Entweder ist dise Stelle vom Uebersezer unrecht verteutscht, oder Home hat
seine Autoren nicht verstanden. Sie sprechen deutlich. Der Grund der Sitte ist kein
abgeschmakter Streit um den Vorrang, sondern eine Untersuchung, ob der Freier die
zureichende Leibsstärke besizt. Ebenden Endzwek hat auch
die ähnliche Gewohnheit bei den Kamtschadalen,Histoire de Kamtschatka,
Tome II. p. 191. Après qu’un amant a obtenû la liberté d’enlever sa maitresse, il epie
l’occasion de la trouver seule ou dans la compagnie d’un petit nombre des personnes; car
toutes les femmes du village sont obligés de la proteger; d’ailleurs elle à deux ou trois
robes sur le corps, et elle est tellement entortillée de courroies et de filets, qu’elles
n’a pas plus de mouvement, qu’une statue, si l’amant est assez heureux pour la trouver
seule ou peu accompagnée, il se jette sur elle, et commence par lui arracher ses habits,
ses filets et ses courroies; car toute la cérémonie du mariage consiste à la mettre nue.
Page 193. — — S’il est assez heureux pour reussir, il s’enfuit à l’instant; et l’epouse
pour marquer sa defaite, le rappelle d’un ton de voix tendre et flatteur et le mariage est
conclû.worauf hernach unmittelbar die
Probenacht folgt.Hist. de Kamtschatka, p. 193. Cette cérémonie finie,
il a la liberté de coucher avec elle la nuit suivante, et le lendemain il l’emmene dans
son village. Au bout de quelque tems le mari et la femme retournent chez leurs parens et
l’on célébre le mariage de la manière, dont j’ai été témoin en 1739.
V.
Selbst bei Völkern, die sich zu einem hohen Grade von Cultur emporgeschwungen haben, findet man
die ehliche Probzeit, oder es zeigen sich wenigstens Spuren von ihrer ehmaligen
Beobachtung. Schon zur Zeit Mosis erfolgte bei den Hebräern unmittelbar auf das Verlöbnis
der Beischlaf, und doch erhielt die Braut dadurch die Rechte einer Gemahlin noch
nicht,Blasii Vgolini Thesaur. Antiq. sacrar. Vol. XVII. col. 1067. et
Vol. XXX. col. 66. 68. 74. 784. obschon sie, wenn sie sich hernach mit einem andern
vergieng, als eine Ehebrecherin gestraft wurde.Strodtmanns Uebereinstimmung der teutschen Alterthümer mit den biblischen. S.
77.Dise Probenacht ist bei ihnen nicht erst durch die
Rabbinen eingeführt worden, wie der P. Calmet glaubt,Diss. sur les mariages des Hebreux dans son Commentaire lit. sur l’ancien et
nouveau Testament. Paris, 1713. p. 160. L’engagement par la cohabitation étoit selon les
Rabbins permis par la loi; mais il avoit été sagement défendu par les anciens, à cause du
danger et des inconvéniens des mariages clandestines et des plusieurs autres abus aisez à
concevoir. Selden, in Vxore Hebraea, L. II. c. 2.sondern sie war schon in der ältesten Zeit herkommlich, wie BuxtorfDiss. de sponsal. et divort. in Tom. XXX. Antiquit. sacr.
col. 66. und UgoliniDe Vxore Hebraea,
C. V. §. 4 in Vol. XXX. Antiquit. Venetiis 1766. col. 286. erwisen haben. Die
ausserordentliche Genauigkeit, mit welcher bei disem Volke die Zeichen der Jungferschaft
gefordert worden, streitet nicht gegen unsere Gewohnheit. Denn kan man wol von der
beiderseitigen Ehestandstauglichkeit der iungen Gatten besser überzeugt sein, als wenn
iene Zeichen zum Vorschein kommen? Man sehe hierüber die Betrachtung des Hofrath Michaelis zu Göttingen.Mosaisches Recht, II. Teil. Frankf. am Main, 1776. §. 92. S. 164.
Ihre Philosophen, die praktischen Essener, hiengen den alten Gebräuchen am strengsten an, und
nahmen daher ihre Weiber vorher drei Jahre auf die Probe, ehe sie sich förmlich mit ihnen
verheirateten, und enthielten sich ihrer Umarmung wider, wenn sie zur Zeugung untüchtig
geworden waren.Zimmermann, von der Einsamkeit,
S. 60. Die Grichen und Römer, die sich besonders angelegen sein liessen, das
Andenken ihrer Ursitten durch eigene symbolische
Gebräuche zu erhalten, haben ebenfalls davon Ueberbleibsel aufbewahrt. Es ist bekannt,
dass bei ihnen das feierliche HochzeitmahlJo. Guil. Stuck Tigur.
Antiquit. conviv. L. I. c. 24. Inter opera. Amstel. 1695. Tom. I. pag. 110. und die
förmliche HeimführungHeinecii Antiquit. Rom. Synt. L. I. Tit. X. §. 4,
p. 145. zum Beweise einer vollzogenen Ehe dinten. Noch ehe bei den Grichen dise
beiden Ceremonien vor sich giengen, durfte der Bräutigam seine Braut in ihres Vaters
Wohnung beschlafen.Jul. Pollux Onomast. L. III. cap. 3. u. 4.
Lykurg, der bei seiner Gesezgebung immer am wenigsten von den ächten Sitten der Menschheit
abwiech, befahl den Spartanern, dass sie ihren neuvermählten Weibern solange verstohlener
Weise beiwohnen sollten, bis sie schwanger würden.Man sehe die
merkwürdige Beschreibung beim Plutarch in Vita Lycurgi, und bei
Potter in der Grichischen Archäologie nach der Uebersezung Rambachs, Teil II. Halle, 1776. S. 537. Sihe auch Nic. Cragium de
republ. Lacedaemon. Lugd. 1670. L. III. Instr. VII, p. 226 sequ. Wenn man dieselbe mit
etlichen andern Sitten der amerikan. und asiatischen Völker vergleicht, so ist klar, dass
es ursprünglich nichts anders, als die Haltung der Probzeit
gewesen. Im ältern Rom musste die Braut nach dem geschehenen Beilager etliche Zeit
in einem besondern Gartenhause zubringen, ehe ihre Ehe
durch die Heimführung, durch das Ehkaufsgepränge und durch die Confarreation die gewisse
Bestätigung erhielt.Nic. Hier. Gundling, de emptione vxorum, dote et
Morgengaba. Lips. 1744, C. I. §. 14. p. 13. Rad. Forner, rerum quotid. Paris 1606. L. III.
c. 29. fol. 121b. P. Perrenonii Animaduers. et var. lect. L. I. c. 6 et 9. In Ottonis
Thesauro Jur. Rom. Tom. 1, p. 600 et 602.
VI.
Bei den meisten Völkern finden sich also Kennzeichen der Probenacht. Und wenn sie mit gewissen
ähnlichen Gebräuchen anderer Nationen verglichen werden, so kömmt man zur Erkenntnis einer
allgemeinen Ursitte der Menschheit. Auch die Wahrnehmung, dass vile Gebräuche unter den
Menschen, die man verschiden zu sein glaubt, oder die wenigstens moralische
Unschiklichkeiten an sich zu haben scheinen, aus einer und ebenderselben Quelle herrühren,
wird dadurch ungemein beleuchtet und ins Klare gebracht. Sie sind meist in der physischen
Beschaffenheit unsers Körpers gegründet, und bestehen daher mit der natürlichen Unschuld
unsrer Gattung sehr gut. Fast alle rohen Völker auf dem Erdboden sind bei ihrer
Verheiratung auf die Zeichen der bewahrten Jungfrauschaft aufmerksam, und verlangen
diselbe bei ihren Bräuten ohne Nachsicht.Zu der grossen Menge
Reisebeschreibungen und Beobachtungen gehört insbesondere Niebuhr, Description de
l’Arabie, Tome I. p. 31 suiv. Leo African, in descript. Africae, L. III. c. 34.
Andere Nationen scheinen über disen Punkt etwas
gleichgültiger zu sein,Recherches Philosophiques sur les Américains par
M. de P. Berlin 1769. Tome I. p. 194. Tandis que le Landinois ou les Peruviens soumis aux
Espagnols ne se marient aujourd’hui qu’avec des filles, qui ne sont plus vierges; ils se
croiroient déshonorés si leurs femmes n’avoient couché avec plusieurs amants avant leurs
noces. Nachrichten von
Kalifornien, Teil II. §. 6. „Es lebte damals niemand ohne tägliches Ehebrechen und
dieses ohne alle Furcht, also dass ihr Beysammenwohnen nichts weniger als einem wahren
Ehestand gleich sah, und in der Sach selbst war alles gemein; die Eifersucht aber ein
unbekanntes Thier unter ihnen war. Ja es besuchten sogar einander, und das nicht selten,
die benachbarte Völkerschaften in der einzigen Absicht,
etliche Tage im öffentlichen Luderleben untereinander zuzubringen, bey welcher Gelegenheit
alles preis war.“ Dictionaire des Voyages, Tome I. p. 96. Avant le mariage non seulement
les filles se livrent sans honte aux hommes libres, mais leurs parens même les offrent au
premier venu, et carressent beaucoup leur amant. Mais lorsqu’elles sont attachées par des
promesses; seule formalité qui le lie, on cesse de les soliciter; elles cessent elles
mêmes de prèter l’oreille aux sollicitations, et celles, qui manqent à leur engagement
sans l’aveu de leur mari sont assomées sans pitié. und verschidene Völkerschaften
in Asien erlauben ihren unverheirateten Töchtern, sich der öffentlichen Wollust in dem
Tempel preis zu geben.Alexander Sardus Ferrariens, de moribus ac
ritibus gentium. Edit. Clausingii, L. I. cap. III. pag. 586. Alexander ab Alexandro
Genial. dier. L. I. cap. 24. fol. 40. Unter den Afrikanischen Stämmen werden
vorzüglich die Mädchen zu Gattinnen ausgesucht, die ihre Reizungen vile Jahre auf Wucher gesezt, und schon im ledigen Stande Kinder
gebohren haben.Hist. Génér. des Voyages, Tome IV. L. VII, ch. 13. §. 1.
Tome VI. L. XIV. ch. 3. §. 4. Voyages de Jesuites, Vol. II. p. 446. Alex. ab Alex. L. I.
c. 24. fol. 40 Isaak Jselin über die Geschichte der Menschheit. Zürich 1770. Band I. S. 355. Um
sich aber bessere Begriffe von diser Gewohnheit zu machen, als unser Autor, muss man die
Stellen damit vergleichen, die ich in diser Nachbarschaft herum anführe. An andern
Orten wird die Schöne dem Fremden bei seiner Ankunft zum Beischlafe angeboten, und macht
er von diser vorteilhaften Anerbitung Gebrauch, so strebt hernach ieder Bidermann nach der
Ehre, ihr Gemahl zu werden.Relation d’Islande dans le Recueil des
Voyages au Nord. Amsterdam 1715. Tome I. pag. 35. Les filles, qui sont fort belles dans
cette Isle, mais fort mal vetûes vont voir ces Allemans, et ofrent à ceux, qui n’ont pas
des femmes de coucher avec eux pour du pain, pour du biscuit et pour quelqu’autre chose de
peu de valeur. Les pères mêmes, dit-on, présentent leurs filles aux Etrangers. Et si leurs
filles déviennent grosses, ce leur est un grand honneur. Car elles sont plus considerées
et plus récherchées par les Islandois, que les autres. Il y a même de la presse de les
avoir. Dictionaire des Voyages, Tome I. p. 108. Angoy, Royaume sur la Côte de Congo. Les
femmes, qui récoivent des étrangers dans leurs maisons sont obligées de leur accorder
leurs faveurs pendant les deux prémières nuits. Aussitôt qu’un Missionaire Capucin arrive
dans le pays, ses intérprêtes avertissent le public, que l’entrée de sa chambre est
intérdite aux femmes. Dise Vorrechte der Fremdlinge erstreken sich zuweilen auch auf
Eheweiber. A. a. O. p. 346. Benin. La Jalousie des Négres est
fort vive entre eux: mais ils accordent aux Européens toutes
sortes de libertés auprès de leurs femmes; et cette indulgence va si loin, qu’un mari, que
ses affaires appellent hors de sa maison y laisse tranquillement un Européen, et
recommande à sa femme de le réjouir et de l’amuser; d’un autre côté c’est un crime pour
les Négres d’approcher de la femme d’autrui. Dans les visites, qu’ils se rendent entr’eux,
leurs femmes ne paroissent jamais et se tiennent renfermées dans quelque appartement
intérieur; mais tout est ouvert pour un Européen, et le mari les appelle lui-même
lorsqu’elles sont trop lentes à se présenter. Von den Einwohnern zu Otaheite aus Bougainville Home im Versuche über die Geschichte des Menschen, Bd.
I, Vers. VI. S. 204. Ueber die Brautnacht selbst hat es bei den südlichen und
nördlichen Völkern ganz entgegenstehende Gewohnheiten. Bei ienen wird sie den Fremden oder geringern Personen, und nicht selten neben der
Bezahlung überlassen und für ein entehrendes Werk gehalten;Histoire de
Kamtschatka. Lyon 1769, Tome II. p. 196. Ces cérémonies n’ont lieu, que dans un premier
mariage. Les personnes veuves peuvent se marier, lorsqu’il leur plait; mais le mari ne
peut coucher avec sa femme, qu’on ne lui ait oté ses pechés. Il faut, que ce soit un
étranger, qui le fasse, en couchant une nuit avec elle; mais comme cette fonction passe
pour très deshonnorante chez les Kamtschadales. — — — Alex. ab Alex. L. I. cap. 24, fol.
40b. Garcilasso de la Vega, L. II. chap. 19. Buffon hist. nat. L. VI. ch. 11. p. 107. 196
et 357. Hist. génér. des Voyages, L. IX. ch. 1. p. 311. ch. 7. §. 4. p. 357. — L. X. chap.
4. pag. 329 suiv. et pag. 589. dahingegen sie bei disen nur ein Vorrecht des
Herrschers, des Adels, oder, besonders in Indien, der
Pristerschaft ist.P. Greg. Tholos. de Republ. L. IX. C. I. n. 45 Pet. Wilh. Velthurtens Schiffahrtserzehlung. Alex. ab Alex. L. I. c.
24. fol. 40b. Linschoten Oriental. Reisen Th. I. C. 17. Roger im Heidentum, P. I. cap. 11. pag 99. Alex. Sardus L. I. c. 5.
p. 589. Rottmanni Rit. nuptur. c. 15. Grupe, de Vxore Theotisca, C. I. p. 1. seqq., der
zwar die Sache beim neuern Europa läugnen will, allein er ist teils in Iselins Versuch über die Geschichte der Menschheit, Band I. S. 333. widerlegt, und
teils hat sich die Sache durch neuerlich entdekte Dokumente aufgeklärt. Vergl. Conr. Phil.
Hoffmanni Diss. de die ac nocte nuptiali. Regiom. 1743. §. 6. 7. p. 53. 54. Baumanns Statistik von Asien, S. 406. Ebendaher verehrt man in
Egypten und andern Asiatischen Ländern die plözliche geile Ueberraschungen, die von den
Mönchen auf der Strasse geschehen, als andächtige Handlungen.Zimmermann, von der Einsamkeit. S. 20. Man findet die
Brautnacht noch in andere Gebräuche gehüllt, die uns zweifelhaft lassen, welchen
moralischen Begrif man damit verband. Von der Art ist z. B. iener, wo die Braut vorher von
allen Hochzeitgästen oder Verwandten, und am Ende erst vom Bräutigam beschlaffen wird.Alex. ab Alex. L. I. c. 24.
fol. 40b. — Alex. Sardus. L. I. c. 5. p. 589. — Jo. Guil. Stuck, Antiquit. Conuiv. inter
opp. Lugd. et Amsterd. 1695. Tom. I. L. I. c. 24. p. 111. — Alex. Velutell. L. I. c. 24.
Apud Troglodytas foeminas viris desponsatas cognati affinesque producunt, illasque
promiscuis adulteriis patere sinunt; postea perpetuae pudicitiae adscriptae seuerissimis
poenis vel minima coniectatione, si deliquissent, coercebantur.
Dem Anscheine nach sollte alles dises die Richtigkeit unsrer Beobachtung von der Allgemeinheit
der ehlichen Tüchtigkeitsprobe bei den neuen Gatten bezweifeln. Der erste Einwurf von der
Sitte, die Kennzeichen der bewahrten Keuschheit bei der Verheiratung zu fordern, ist auch
wirklich sehr wichtig, indem nicht geläugnet werden kan, dass
dises bei allen rohen und Urvölkern gebräuchlich gewesen und zu vermuten ist, dass bei
einer Probzeit die Jungfrauschaft verloren gehen muss, folglich bei der erst lange darauf
folgenden Vermählung nicht mehr bewisen werden kan. Nichtsdestoweniger wird man bei der
nähern Untersuchung diser Sitte finden, dass sie in den ältesten Zeiten neben der Probzeit
in Uebung gewesen ist, und in der Folge mit iener einerlei Endzwek gehabt hat. Weil die Absicht der Ehestandsprobe nur dahin
gieng, die wechselseitige Zeugungstauglichkeit zu erforschen, so war sie schon erreicht,
wenn der Bräutigam die Beweise der iungfräulichen Keuschheit erhalten hatte. Es konnte der
Fall, dass die Ehe nicht zu Stand käme, und folgbar das Frauenzimmer mit einem andern neue
Proben machen müsste, aus dem Grunde nicht entstehen, weil derienige, der ihr einmal die Jungferschaft
geraubt hatte, sie notwendig zur Ehe behalten musste. Es ist auch zu glauben, dass
verschidene Völker bei mehrerer Polizirung die
Probenacht wegen ihres leichten Misbrauchs abgeschaft, und allein die Auffindung der
iungfräulichen Kennzeichen beibehalten haben, als wodurch ebenderselbe Endzwek erreicht
wurde. Denn wo unstreitige Beweise der geraubten Jungferschaft vorhanden sind, da müssen
gewiss die wechselseitige Zeugungsfähigkeiten ausser Zweifel sein. Ebensowenig als dise
Hauptsitte der Probenacht widerspricht, sowenig geschiht es von den andern. Vile
Philosophen haben es bemerkt, dass bei den meisten Gewohnheiten, die oben erzehlt wurden,
die Versicherung der weiblichen Fruchtbarkeit die Hauptabsicht gewesen. Sie kommen daher
auch so weit mit der Probzeit überein, als sie die Früchte des Ehestands befördern helfen,
und sind nur darinn verschiden, dass sie etwas einseitig und bei einer zufälligen
Untauglichkeit der Mannsperson ienen Hauptzwek der Begattung dennoch verfehlen. Die Sitte,
dass der Genuss der Brautnacht fremden Personen überlassen wird, scheint von einer
gewissen Schlaffheit der männlichen Körper herzurühren, und da wäre ungefehr wider
ebenderselbe Endzwek, wie bei der Probenacht, vorhanden. Denn was disen Männern selbst an
zureichender Leibesstärke und Mannheit abgeht,Lintschottens Oriental. Schiffarth P. I. c. 33. erzehlt von den Einwohnern in Goa:
„Dass, wenn ihre Tochter eine Braut, dieselbe mit grossem Triumph, allerley Instrumenten
und Saitenspiel, dem Bräutigam zu sonderbaren Ehren und vermeinten Ruhm, vor ihrem Pagode
oder Abgott, an dessen Bildnis ein männliches Glied von
Helffenbein gemacht ist, gefüret werde. Dieser scheussliche Priapus muss der Braut ihre
Jungferschaft mit schmerzlicher Gewalt nehmen, indem ihre nächsten Freunde so ungestümlich
darauf stossen und andrücken, dass sie jämmerlich schreyet und heult, aber vor dem Gethön
der dabey erschallenden Instrumenten nicht gehört wird. Man lässt sie nicht eher wieder
loss, bis das Blut zu einem Wahrzeichen an dem unflätigen Gott hangen bleibt. Drauf wird
die Braut dem Bräutigam überantwortet, welcher sich höchlich erfreuet, und es für eine
grosse Wohlthat achtet, dass ihm der Pagode so viel Ehre angethan, und ihn einer so
grossen Mühe und Arbeit überhoben habe.“ das wissen sie durch andere tauglichere Subiekte zu ersezen, und ihre Ehe, die ohne dises
Hilfsmittel ganz unfruchtbar bleiben müsste, ihrem Zweke näher zu bringen. Man darf desto
weniger zweifeln, dass sich der Fall in heissen Ländern häufig zuträgt, als man selbst in
verschidenen grossen Städten Europens dergleichen sichere Erfahrungen gemacht hat. Zu was
für verzweifelte Mittel zuweilen die Amerikanerinnen bei der Kaltblütigkeit ihrer Männer
die Zuflucht nehmen, das sehe man in der Note.Recherches philos. sur
les Américains, Tome I. page 63. Le defaut des femmes Américaines avoit peut-être fait
naitre ce goût pour la non-conformité dans des hommes indifférents, qu’une jouissance
aisée ne tentoit point. Cela est d’autant plus croiable, que dans plusieurs endroits ces
femmes tachoient de remédier au défaut physique de leur organisme, en faisant enfler
singulièrement le membre génital des hommes; elles y appliquoient entr’autres drogues des
insectes vemineux et caustiques, qui étant irrités jusqu’à la fureur occasionoient par
leur piqueure une extumescence considérable et prèsque monstreuse; ainsi que l’a observé
Améric Vespuce témoin oculaire et auteur exact, dont nous nous faisons une loi de citer
les propres termes à la nôte. Mulieres eorum faciunt intumescere maritorum inguina in
tantam crassitudinem, vt deformia videantur et turpia: et hoc quodam earum artificio et
mordicatione quorundam animalium venenoforum, et huius rei
causa multi eorum amittunt inguina, quae illis ob defectum curae flacescunt, et multi
eorum restant eunuchi. — Quelqu’étrange, que soit cet usage, il ne faut y chercher qu’un
remede extrème contre le vice de la constitution. L’ardeur d’un sexe et la tiedeur de
l’autre étoient, comme en contradiction; il falloit par industrie rapeller au chemin de la
nature ceux, qui s’en écartoient.
Jene Gewohnheiten, wo sich die Mädchen in öffentlichen Tempeln der gemeinen Wollust überlifern,
oder wo die Hochzeitgäste die ersten Früchte ihrer Annehmlichkeiten pflüken, oder wo nur
dieienigen unter ihnen sich die gröste Hofnung zum Heiraten machen dürfen, die schon im
ledigen Stand vile Kinder gebohren, oder sonst ihre Keuschheit am meisten verwahrloset
hatten, scheinen blos auf der Seite des weiblichen Geschlechts alle Zeugungshindernisse
und Anstände hinwegzuräumen; dahingegen die Gebräuche, wo die Bräute mit der grösten
Gefahr und mit viler Mühe geraubt werden,Alex. ab Alex. Gen. dier. L.
I. c. 24. fol. 40b. — Alex. Sard. de mor. gent. L. I. c. 4. p. 587. — Home Versuch über
die Geschichte des Menschen, Teil 1. S. 225. 226. — Hist. de Kamtschatka, T. II. p. 99. —
Merkwürdigkeiten der Morduanen, Kosaken etc. S. 9. — Cleffel Antiqu. Septentr. C. I. §. 8.
— Stiernhöök, de Jure Sueon. et Goth. vet. L. II. cap. I. — Lafitau Moeurs des Sauvages.
Tome I. page 576. und andere Ceremonien
vorgehen, die eine solche Gewalttätigkeit anzeigen, oder wo der neue Ehemann die ersten
Nächte mit seiner Gattin sehr heimlich, und mit viler Ungemächlichkeit zubringen muss, zu
der Gattung zu gehören, welche die Erprobung der männlichen Leibesstärke zum Grunde ihrer
Einführung hat. Alle dise hochzeitlichen Ceremonien haben also Verwandtschaft mit der
Probnacht, und man erkennt, wie allgemein ehemals auf die
Bevölkerung gearbeitet worden ist. Der Herr von PawRecherches sur les
Américains, Tome I. p. 62. hat hierüber schöne Beobachtungen angestellt, und sie
passen auf unsern Gegenstand vollkommen.
HomeUeber die Geschichte des Menschen, Bd. I. Vers.
VI. S. 224. — Jselin, Geschichte der
Menschheit, Band I. S. 332, gerät auf ebendenselben Irrtum. deutet den
symbolischen Raub der Bräute auf den Sklavenstand, worein nach seiner Meinung die
Gattinnen unter allen rohen Völkern geraten sollen. Die erste Quelle diser Sklaverei siht
er in dem Ehkaufsgepränge; hirdurch erwerbe sich nemlich der Gemahl das Eigentum seiner
Libsten, und sei deswegen berechtiget, sie als seine
Magd zu behandeln. Wie sehr verkennt er hir nicht den wahren Ursprung des Ehekaufs! Bei
allen Barbaren sind die Weiber, so wie die Minderjährigen, unter der MündeSpelmann in Glossar. Archaeol. p. 423. Mund. des
Mannstamms; das ist, ihm ligt die Sorge ihrer Verteidigung
und Bewahrung für allen Unfällen ob; dagegen bleibt er auch nach ihrem Tode in dem Besize
ihres Vermögens. Durch die Heirat kömmt die Frau unter die Mundbürde ihres Gemahls, oder
des Geschlechts, zu welchem er gehört. Der Vater, oder die Familie, von der sie ausgeht,
verliren also den Vorteil, den ihnen einmal ihre Vererbung eingebracht hätte. Sie lassen
sich daher zur Entschädigung beim Verlöbnis eine gewisse Summe ausbezahlen oder Geschenke
reichen, und das ist der sogenannte Ehekauf. Man siht seine Beschaffenheit in unsern
barbarischen Gesezbüchern ganz deutlich. Ich kan aber, um nicht zu sehr abzuschweifen, und
um eine Sache, die in einem andern Werke vorkömmt, nicht
zweimal abzuhandeln, iezo nur die LongobardischenRothar. R. Longobard.
Lex 187. 188. 190. 191. 195. 196. 197. 216. 217. 388. — Luitprandi L. VI. c. 47 et 61. ap.
Muratori script. rer. Ital. T. I. P. II. p. 30. 31. 33. 48. 70. 73. anführen, und
berufe mich wegen dem Weitern auf einen
Schriftsteller,Grupe, de Vxore Theotisca, pag. 244 et seqq. der
bereits das alte Mundium, (wie es in der Urkundensprache heist) aus Angelsächsischen
Gesezen dargestellt hat. Unter andern Gründen führt HomeVersuch vom Menschen, Band I. Seite 210. 211. 212. auch die
Wahrnehmung für sich an, dass bei allen rohen Völkern die Weiber die Haus- und
Feldgeschäfte verrichteten. Allein, wie wenig ward hir widerum den Ursachen der Dinge
nachgespürt! Zeigte nicht schon Kraft,Sitten der
Wilden, Abth. III. §. 48. dass dises von dem Wahne der Wilden herrühre, als
wenn in dem weiblichen Geschlechte eine gewisse allgemeine Befruchtungskraft läge, wodurch
alles, was sie berührten, einen gedeihungsvollen Wachsthum erhielte? Unter allen rohen
Völkern ziht der rüstige Mann in den Krieg, oder geht auf den
Strassenraub aus; indes das fleissige Weib, der entkräftete Greiss und der schwächere
Knabe zusammen den Landbau und Wirtschaft besorgen. Sind dise deswegen Sklaven des Erstern? — O wenn werden wir einmal aufhören, den eiteln Tand des
Ausländers zu begaffen, und darüber die bessere Waare unsrer
eigenen Landsleute zu vergessen! Wahr ist’s, unter etwas kultivirtern Nationen im
Morgenlande geht die Ablösung der Münde zuweilen in einen Kaufhandel über, und an sehr vilen Orten werden die Weiber in einem Zustande
angetroffen, der von der wirklichen Sklaverei eben nicht sehr verschiden ist. Wenn man
aber dise Gegenden geographisch untersucht, so zeigt sich’s, dass sie unter lauter heissen
Himmelsregionen ligen.Vortreflich ist die Untersuchung des Hrn. von P.
Tome I. des Recherches sur les Américains, p. 61 geraten. In solchen Erdstrichen
steigt nicht selten der weibliche Trib zur Begattung bis zu einer Art von geiler Wut.Montesquieu, Esprit des loix, L. XVI. ch. 10. Tome II. p, 143. 144.
Die Männer, die dort zumal von schwächerer Gattung sind, verliren alle Achtung gegen sie,
und haben keine Ursache, sich um dasienige erst durch Gefälligkeiten und mit emsiger
Geschäftigkeit zu bewerben, was ihnen mit frecher Stirne freiwillig angeboten wird.Montesquieu, Esprit des loix, L. XVI. ch. 10. Tome II. p. 144. Wie
entgegengesezt sind aber nicht die Sitten in den gemässigtern und rauheren Gegenden des
Erdbodens. Da macht die kältere Luft die Weiber frostig und spröde. Sie sind unempfindlich
gegen alle Tribe, die bei ihnen die Männer erregen wollen, und diss vermehrt gerade die
Begirlichkeit der Leztern; deren Hize, während dem die scheinbare Tugend sie mit
Hochachtung erfüllt, beständig angefacht wird, die Neigung diser stolzen Geschöpfe einmal
zu überwinden. Daher das Ansehen des Nordischen
Frauenzimmers, sein Stolz und seine Gewalt in allen öffentlichen Angelegenheiten.Gottfried Schüze, Lobschrift auf die Weiber der
alten nordischen und teutschen Völker, S. 14 bis 155. — Chambord, Dissert. sur l’estime et
la considération, que les anciens Germains avoient pour leurs femmes. Vol. V. des Mem. de
l’Acad. de Belles-Lettres, pag. 330. — Montesquieu Esprit
des loix, L. XVI. Ch. II. p. 145. Auf der andern Seite aber auch die sittliche
Verfeinerung des männlichen Geschlechts, seine schlaue Bigsamkeit und Galanterie. Die
verschidene Behandlungsart der Weiber hängt ganz von dem Einflusse des Klima ab. Der
Ehekauf hingegen ist in Norden, wie in Süden,
im Gebrauche und verursacht nimals eine Herabwürdigung. Wenn Home
mehr aus Reisebeschreibungen gesammelt, mehr dem Stande des Menschen nach den verschidenen
Graden seiner Kultur nachgeforscht, mehr die Gattungen untereinander verglichen, und die
Quellen ihrer Verschidenheit aufgespürt, endlich das Allgemeine von dem Zufälligen
iederzeit sorgsam genug abgesondert hätte, so würde sein VI. Versuch des I. Buchs gewiss
besser geraten sein, und eine ganz andere Gestalt bekommen haben, als wir ihn wirklich
besizen. Der Behauptung, dass die bessere Behandlung des weiblichen Geschlechts erst aus
der Sittenverbesserung entstanden sei, will ich die
gerade entgegenstehende Bemerkung KraftensSitten der Wilden, Abteil. II. §. 25. „Bei einigen wilden Völkern ist
die Regierung unstreitig in den Händen der Weiber, ob sie schon solche jederzeit durch die
Männer verwalteten. Man kan einiger Massen auf die Muthmassung
geraten, dass das schöne Geschlecht in den ältesten Zeiten keine geringere Gewalt, oder
doch nicht weniger als das männliche Geschlecht zu befehlen gehabt habe. Nicht allein in
manchen Gegenden in Amerika, sondern auch in Afrika findet man noch in neuern Zeiten ein
solches Frauenregiment, und in der alten Geschichte sind deutliche Beweise genug, dass es
in den ältesten Zeiten ebenfalls statt gefunden habe.“ — Allgemeine
Geschichte von Amerika, Hauptst. IV. — Charlevoix Hist. de Paraguai, Tome II. L.
VIII. — Dapper von Loango und Monomotapa. Relation de la
Tartarie, Tome III. des Voy. au Nord. p. 177. Ils diffèrent d’avec les Chinois en ce
qn’ils ne retiennent pas leurs femmes au logis avec tant de précaution, ni si étroitement,
de sorte qu’elles se trouvent quelquefois dans les Compagnies et Assemblées des hommes, et
c’est pourquoi ceux de la Chine les font passer pour des foux. an die Seite
stellen, und denn auf das hinweisen, was der verständigere MillarObservations sur les commencemens de la Société, page 54 et
55. gesammelt und der P. LafitauMoeurs
des Sauvages Amériquains, comparées aux Moeurs des prémiers temps. Paris, 1724. Tome I.
pag. 77 suiv. auseinandergesezt hat.
Anmerkungen
Bemerkungen zur Textgestalt
Textgrundlage dieses e-Books ist eine Neuausgabe des Originals von 1780.
An zweifelhaften Stellen wurde die Originalausgabe herangezogen.
Orthographie und Zeichensetzung wurden nicht modernisiert oder vereinheitlicht.
Das Inhaltsverzeichnis wurde vom Ende des Buches versetzt.