The Project Gutenberg EBook of Deutsche Humoristen, 1. Band (von 8), by Peter Rosegger and Fritz Reuter and Wilhelm Raabe and Albert Roderich This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most other parts of the world at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this eBook or online at www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have to check the laws of the country where you are located before using this ebook. Title: Deutsche Humoristen, 1. Band (von 8) Hausbücherei der Deutschen Dichter-Gedächtnis-Stiftung, 3. Band Author: Peter Rosegger Fritz Reuter Wilhelm Raabe Albert Roderich Release Date: September 5, 2016 [EBook #52985] Language: German Character set encoding: UTF-8 *** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DEUTSCHE HUMORISTEN, 1. BAND *** Produced by the Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net #################################################################### Anmerkungen zur Transkription Der vorliegende Text wurde anhand der 1911 erschienenen Buchausgabe so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben. Zeichensetzung und offensichtliche typographische Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Ungewöhnliche sowie inkonsistente Schreibweisen wurden beibehalten, insbesondere wenn diese in der damaligen Zeit üblich waren oder im Text mehrfach auftreten. Einige ornamentale Symbole im laufenden Text wurden durch das Unicode-Zeichen ‚Reference Mark‘ (※) ersetzt. Das Bücherverzeichnis der ‚Deutschen Dichter-Gedächtnis-Stiftung‘ wurde vom Bearbeiter an das Ende des Buches verschoben. Der Originaltext wurde in Frakturschrift gedruckt; Passagen in Antiquaschrift werden durch _Unterstriche_ hervorgehoben. Fettdruck wird durch die Verwendung von =Gleichheitszeichen= dargestellt, gesperrte Passagen sind von +Pluszeichen+ umgeben. #################################################################### Hausbücherei 3 Hausbücherei der Deutschen Dichter-Gedächtnis-Stiftung 3. Band [Illustration] Hamburg-Großborstel Verlag der Deutschen Dichter-Gedächtnis-Stiftung 1911 46.-55. Tausend Deutsche Humoristen 1. Band Peter Rosegger ※ ※ Fritz Reuter Wilhelm Raabe ※ Albert Roderich [Illustration] Hamburg-Großborstel Verlag der Deutschen Dichter-Gedächtnis-Stiftung 1911 46.-55. Tausend Inhaltsverzeichnis zum 2. Bande der „Deutschen Humoristen“ (Hausbücherei Band 4). Vorwort. +Brentano+, Clemens: Die mehreren Wehmüller oder ungarische Nationalgesichter. +Hoffmann+, E. Th. A.: Die Königsbraut. Ein nach der Natur entworfenes Märchen. +Zschokke+, Heinrich: Die Nacht in Brczwezmcisl. Inhaltsverzeichnis zum 3. Bande der „Deutschen Humoristen“ (Hausbücherei Band 5). +Hoffmann+, Hans: Eistrug. +Ernst+, Otto: Die Gemeinschaft der Brüder vom geruhigen Leben. +Eyth+, Max: Der blinde Passagier. +Böhlau+, Helene (Madame al Raschid Bey): Die Ratsmädel gehen einem Spuk zu Leibe. Inhalt. Vorwort 7-8 +Vischer, Friedr. Theodor+: Humor. Gedicht 9-10 +Rosegger, Peter+: Als ich das erste Mal auf dem Dampfwagen saß 11-24 +Rosegger, Peter+: Wie wir die Gürtelsprenge haben gehalten 25-40 +Raabe, Wilhelm+: Der Marsch nach Hause 41-146 +Reuter, Fritz+: Woans ick tau ’ne Fru kamm 147-204 +Roderich, Albert+: Nemesis 205-221 Vorwort. Der Humor ist den Menschen ein so willkommener Gast, daß er eigentlich keiner Einführung bedarf; sein schalkhaft-ehrliches Gesicht empfiehlt ihn überall. Aber da es der Deutsche nun einmal nicht lassen kann, bei allem, was er beginnt, von „Grundsatz“ und „System“ zu reden, so sei hier bemerkt, daß diese kleine Sammlung humoristischer Geschichten nach keinem System und nach keinem Grundsatze zusammengestellt ist, außer nach dem, den Lesern etwas +Gutes+ vorzusetzen. Es soll also keiner kommen und uns sagen, es gebe noch mehr humoristische Dichtungen als diese, oder bessere, oder lustigere, oder gediegenere. Wir sagen dazu nicht ja und nicht nein. Wir sagen nur: abwarten! Denn trotz der pedantischen Aufnahme, die der Humor in deutschen Landen fast immer gefunden hat, ist der Vorrat an humoristischer Literatur bei uns Gott sei Dank so groß, daß fünf Geschichtchen nur einen winzigen Bruchteil von ihr bedeuten. Und so hoffen wir noch manches Mal mit ähnlicher Gabe vor unsere Leser treten zu können und den Born, aus dem wir solche Gaben heraufholen, ewig unerschöpft zu finden. +Hamburg+, +Deutsche Dichter-+ Pfingsten 1903. Gedächtnis-Stiftung. Humor. Von +Friedrich Theodor Vischer+. Man spricht von Humor jetzt oft und viel Und denkt dabei nur an ein leeres Spiel. Mancher kursiert als Humorist, Der nichts weiter als Spaßmacher ist, Nichts ahnt von dem innern Widerspruch, Von dem Zickzack, dem tiefen Bruch, Der durch das ganze Weltall dringt, Daß man immer fürchtet: es zerspringt, Während die also geborstne Welt Doch immer noch steht und zusammenhält, -- Mancher, der diesen Riß zwar merkt, Doch zu freiem Lachen den Geist nicht stärkt, Sondern mit Weltschmerz kokettiert Und den Blasierten affektiert, -- Ja mancher eisige, spitzige Spötter, Der Witze nur macht auf Menschen und Götter, Mancher verdorbne, mit Seelengicht Behaftete, zotensinnende Wicht, Mancher schäkernde, eitle Mann, Der über sich selbst nicht lachen kann. -- Hat aber einer die Geistesmacht, Die scharf durchschaut und doch heiter lacht, Bleibt er fest und verzweifelt nie, Hat er mehr als Witz, hat er Phantasie, Versteht er über sich selbst zu schweben, Sich selber dem Lachen preiszugeben: Dem sei es gegönnt von ganzem Herzen, Auch einmal einfach närrisch zu scherzen, Ohne versteckte Gedankentiefen Seine Freude zu haben am Naiven. Mit freundlicher Erlaubnis des Verlegers und des Sohnes des Verfassers abgedruckt aus Friedrich Theodor Vischer’s ※※※ Gedichtsammlung „Allotria“ ※※※ (Stuttgart: Verlag von Adolf Bonz & Co.). Peter Rosegger: Als ich das erste Mal auf dem Dampfwagen saß. Mit freundlicher Erlaubnis des Verfassers und des Verlegers abgedruckt aus dem 1. Bande von Peter Roseggers Buch „Waldheimat. Erinnerungen aus der Jugendzeit.“ (Leipzig: Verlag von L. Staackmann, 18. Aufl. 1902). Als ich das erste Mal auf dem Dampfwagen saß. Mein Pate, der Knierutscher Jochem -- er ruhe in Frieden! -- war ein Mann, der alles glaubte, nur nicht das Natürliche. Das Wenige von Menschenwerken, was er begreifen konnte, war ihm göttlichen Ursprungs; das Viele, was er nicht begreifen konnte, war ihm Hexerei und Teufelsspuk. -- Der Mensch, das bevorzugteste der Wesen, hat zum Beispiel die Fähigkeit, das Rindsleder zu gerben und sich Stiefel daraus zu verfertigen, damit ihn nicht an den Zehen friere; diese Gnade hat er von Gott. Wenn der Mensch aber hergeht und den Blitzableiter oder gar den Telegraphen erfindet, so ist das gar nichts anderes als eine Anfechtung des Teufels. -- So hielt der Jochem den lieben Gott für einen gutherzigen, einfältigen Alten (ganz wie er, der Jochem, selber war), den Teufel aber für ein listiges, abgefeimtes Kreuzköpfel, dem nicht beizukommen ist und das die Menschen und auch den lieben Gott von hinten und vorn beschwindelt. Abgesehen von dieser hohen Meinung vom Lucifer, Beelzebub (was weiß ich, wie sie alle heißen), war mein Pate ein gescheiter Mann. Ich verdankte ihm manches neue Linnenhöslein und manchen verdorbenen Magen. Sein Trost gegen die Anfechtungen des bösen Feindes und sein Vertrauen war die Wallfahrtskirche Mariaschutz am Semmering. Es war eine Tagreise dahin, und der Jochem machte alljährlich einmal den Weg. Als ich schon hübsch zu Fuße war (ich und das Zicklein waren die einzigen Wesen, die mein Vater nicht einzuholen vermochte, wenn er uns mit der Peitsche nachlief), wollte der Pate Jochem auch mich einmal mitnehmen nach Mariaschutz. „Meinetweg’“, sagte mein Vater, „da kann der Bub’ gleich die neue Eisenbahn sehen, die sie über den Semmering jetzt gebaut haben. Das Loch über den Berg soll schon fertig sein.“ „Behüt’ uns der Herr“, rief der Pate, „daß wir das Teufelszeug anschau’n! ’s ist alles Blendwerk, ’s ist alles nicht wahr“. „Kann auch sein“, sagte mein Vater und ging davon. Ich und der Pate machten uns auf den Weg; wir gingen über das Stuhleckgebirge, um ja dem Tale nicht in die Nähe zu kommen, in welchem nach der Leut’ Reden der Teufelswagen auf und ab ging. Als wir aber auf dem hohen Berge standen und hinabschauten in den Spitalerboden, sahen wir einer scharfen Linie entlang einen braunen Wurm kriechen, der Tabak rauchte. „Jessas Maron!“ schrie mein Pate, „das ist schon so was! spring Bub’!“ -- Und wir liefen die entgegengesetzte Seite des Berges hinunter. Gegen Abend kamen wir in die Niederung, doch -- entweder der Pate war hier nicht wegkundig, oder es hatte ihn die Neugierde, die ihm zuweilen arg zusetzte, überlistet, oder wir waren auf eine „Irrwurzen“ gestiegen -- anstatt in Mariaschutz zu sein, standen wir vor einem ungeheuren Schutthaufen, und hinter demselben war ein kohlfinsteres Loch in den Berg hinein. Das Loch war schier so groß, daß darin ein Haus hätte stehen können, und gar mit Fleiß und Schick ausgemauert; und da ging eine Straße mit zwei eisernen Leisten daher und schnurgerade in den Berg hinein. Mein Pate stand lange schweigend da und schüttelte den Kopf; endlich murmelte er: „Jetzt stehen wir da. Das wird die neumodische Landstraßen sein. Aber derlogen ist’s, daß sie da hineinfahren!“ Kalt wie Grabesluft wehte es aus dem Loche. Weiter hin gegen Spital in der Abendsonne stand an der eisernen Straße ein gemauertes Häuschen; davor ragte eine hohe Stange, auf dieser baumelten zwei blutrote Kugeln. Plötzlich rauschte es an der Stange und eine der Kugeln ging wie von Geisterhand gezogen in die Höhe. Wir erschraken baß. Daß es hier mit rechten Dingen nicht zuginge, war leicht zu merken. Doch standen wir wie festgewurzelt. „Pate Jochem,“ sagte ich leise, „hört ihr nicht so ein Brummen in der Erden?“ „Ja freilich, Bub’“, entgegnete er, „es donnert was! es ist ein Erdbidn“ (Erdbeben). Da tat er schon ein kläglich Stöhnen. Auf der eisernen Straße heran kam ein kohlschwarzes Wesen. Es schien anfangs stillzustehen, wurde aber immer größer und nahte mit mächtigem Schnauben und Pfustern und stieß aus dem Rachen gewaltigen Dampf aus. Und hintenher -- „Kreuz Gottes!“ rief mein Pate, „da hängen ja ganze Häuser d’ran!“ Und wahrhaftig, wenn wir sonst gedacht hatten, an das Lokomotiv wären ein paar Steirerwäglein gespannt, auf denen die Reisenden sitzen konnten, so sahen wir nun einen ganzen Marktflecken mit vielen Fenstern heranrollen, und zu den Fenstern schauten lebendige Menschenköpfe heraus, und schrecklich schnell ging’s, und ein solches Brausen war, daß einem der Verstand still stand. Das bringt kein Herrgott mehr zum stehen! fiel’s mir noch ein. Da hub der Pate die beiden Hände empor und rief mit verzweifelter Stimme: „Jessas, Jessas, jetzt fahren sie richtig in’s Loch!“ Und schon war das Ungeheuer mit seinen hundert Rädern in der Tiefe; die Rückseite des letzten Wagens schrumpfte zusammen, nur ein Lichtlein davon sah man noch eine Weile, dann war alles verschwunden, bloß der Boden dröhnte, und aus dem Loche stieg still und träge der Rauch. Mein Pate wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß vom Angesicht und starrte in den Tunnel. Dann sah er mich an und fragte: „Hast du’s auch gesehen, Bub’?“ „Ich hab’s auch gesehen“. „Nachher kann’s keine Blenderei gewesen sein“, murmelte der Jochem. Wir gingen auf der Fahrstraße den Berg hinan; wir sahen aus mehreren Schachten Rauch hervorsteigen. Tief unter unsern Füßen im Berge ging der Dampfwagen. „Die sind hin wie des Juden Seel’!“ sagte mein Pate und meinte die Eisenbahn-Reisenden. „Die übermütigen Leut’ sind selber ins Grab gesprungen!“ Beim Gasthause auf dem Semmering war es völlig still; die großen Stallungen waren leer, die Tische in den Gastzimmern, die Pferdetröge an der Straße waren unbesetzt. Der Wirt, sonst der stolze Beherrscher dieser Straße, lud uns höflich zu einer Jause ein. „Mir ist aller Appetit vergangen“, antwortete mein Pate, „gescheite Leut’ essen nicht viel, und ich bin heut’ um ein Stückel gescheiter worden“. Bei dem Monumente Karls VI., das wie ein kunstreiches Diadem den Bergpaß schmückt, standen wir still und sahen ins Österreicherland hinaus, das mit seinen Felsen und Schluchten und seiner unabsehbaren Ebene vor uns ausgebreitet lag. Und als wir dann abwärts stiegen, da sahen wir drüben in den wilden Schroffwänden unsern Eisenbahnzug gehen -- klein wie eine Raupe -- und über hohe Brücken, fürchterliche Abgründe setzen, an schwindelnden Hängen gleiten, bei einem Loch hinein, beim andern hinaus -- ganz verwunderlich. „’s ist auf der Welt ungleich, was heutzutag’ die Leut’ treiben“, murmelte mein Pate. „Sie tun mit der Weltkugel kegelscheiben!“ sagte ein eben vorübergehender Handwerksbursche. Als wir nach Mariaschutz kamen, war es schon dunkel. Wir gingen in die Kirche, wo das rote Lämpchen brannte, und beteten. Dann genossen wir beim Wirt ein kleines Nachtmahl und gingen an den Kammern der Stallmägde vorüber auf den Heuboden, um zu schlafen. Wir lagen schon eine Weile. Ich konnte unter der Last der Eindrücke und unter der Stimmung des Fremdseins kein Auge schließen, vermutete jedoch, daß der Pate bereits süß schlummere; da tat dieser plötzlich den Mund auf und sagte: „Schlafst schon, Bub’?“ „Nein“, antwortete ich. „Du“, sagte er, „mich reitet der Teufel!“ Ich erschrak. So was an einem Wallfahrtsort, das war unerhört. „Ich muß vor dem Schlafengehen keinen Weihbrunn’ genommen haben“, flüsterte er, „’s gibt mir keine Ruh’, ’s ist arg, Bub’“. „Was denn, Pate?“ fragte ich mit warmer Teilnahme. „Na, morgen, wenn ich kommuniziere, leicht wird’s besser“, beruhigte er sich selbst. „Tut euch was weh’, Pate?“ „’s ist eine Dummheit. Was meinst, Bübel, weil wir schon so nah’ dabei sind, probieren wir’s?“ Da ich ihn nicht verstand, so gab ich keine Antwort. „Was kann uns geschehen?“ fuhr der Pate fort, „wenn’s die andern tun, warum nicht wir auch? Ich lass’ mir’s kosten“. Er schwätzt im Traum, dachte ich bei mir selber und horchte mit Fleiß. „Da werden sie einmal schauen“, fuhr er fort, „wenn wir heimkommen und sagen, daß wir auf dem Dampfwagen gefahren sind!“ Ich war gleich dabei. „Aber eine Sündhaftigkeit ist’s!“ murmelte er, „na leicht wird’s morgen besser, und jetzt tun wir in Gottes Namen schlafen“. Am andern Tage gingen wir beichten und kommunizieren und rutschten auf den Knieen um den Altar herum. Aber als wir heimwärts lenkten, da meinte der Pate nur, er wolle sich dieweilen gar nichts vornehmen, er wolle nur den Semmering-Bahnhof sehen, und wir lenkten unsern Weg dahin. Beim Semmering-Bahnhof sahen wir das Loch auf der andern Seite. War auch kohlfinster. -- Ein Zug von Wien war angezeigt. Mein Pate unterhandelte mit dem Bahnbeamten, er wolle zwei Sechser geben, und gleich hinter dem Berg, wo das Loch aufhört, wollten wir wieder absteigen. „Gleich hinter dem Berg, wo das Loch aufhört, hält der Zug nicht“, sagte der Bahnbeamte lachend. „Aber wenn wir absteigen wollen!“ meinte der Jochem. „Ihr müßt bis Spital fahren. Ist für zwei Personen zweiunddreißig Kreuzer Münz.“ Mein Pate meinte, er lasse sich was kosten, aber so viel wie die hohen Herren könne er armer Schlucker nicht geben; zudem sei an uns beiden ja kein Gewicht da. -- Es half nichts; der Beamte ließ nicht handeln. Der Pate zahlte; ich mußte zwei „gute“ Kreuzer beisteuern. Mittlerweile kroch aus dem nächsten, unteren Tunnel der Zug hervor, schnaufte heran, und ich glaubte schon, das gewaltige Ding wolle nicht anhalten. Es zischte und spie und ächzte -- da stand es still. Wie ein Huhn, dem man das Hirn aus dem Kopfe geschnitten, so stand der Pate da, und so stand ich da. Wir wären nicht zum Einsteigen gekommen; da schupste der Schaffner den Paten in einen Waggon und mich nach. In demselben Augenblicke wurde der Zug abgeläutet, und ich hörte noch, wie der ins Coupé stolpernde Jochem murmelte: „Das ist meine Totenglocke“. Jetzt sahen wir’s aber: im Waggon waren Bänke, schier wie in einer Kirche; und als wir zum Fenster hinausschauten -- „Jessas und Maron!“ schrie mein Pate, „da draußen fliegt ja eine Mauer vorbei!“ -- Jetzt wurde es finster, und wir sahen, daß an der Wand unseres knarrenden Stübchens eine Öllampe brannte. Draußen in der Nacht rauschte und toste es, als wären wir von gewaltigen Wasserfällen umgeben, und ein ums andere Mal hallten schauerliche Pfiffe. Wir reisten unter der Erde. Der Pate hielt die Hände auf dem Schoß gefaltet und hauchte: „In Gottes Namen. Jetzt geb’ ich mich in alles drein. Warum bin ich der dreidoppelte Narr gewesen.“ Zehn Vaterunser lang mochten wir so begraben gewesen sein, da lichtete es sich wieder, draußen flog die Mauer, flogen die Telegraphenstangen und die Bäume, und wir fuhren im grünen Tale. Mein Pate stieß mich an der Seite: „Du, Bub’! Das ist gar aus der Weis’ gewesen, aber jetzt -- jetzt hebt’s mir an zu gefallen. Richtig wahr, der Dampfwagen ist was Schönes! Jegerl und jerum, da ist ja schon das Spitalerdorf! Und wir sind erst eine Viertelstunde gefahren! Du, da haben wir unser Geld noch nicht abgesessen. Ich denk’, Bub’, wir bleiben noch sitzen.“ Mir war’s recht. Ich betrachtete das Zeug von innen und ich blickte in die fliegende Gegend hinaus, konnte aber nicht klug werden. Und mein Pate rief: „Na, Bub’, die Leut’ sind gescheit! Und daheim werden sie Augen machen! Hätt’ ich das Geld dazu, ich ließe mich, wie ich jetzt sitz’, auf unsern Berg hinauffahren!“ „Mürzzuschlag!“ rief der Schaffner. Der Wagen stand; wir schwindelten zur Tür hinaus! Der Türsteher nahm uns die Papierschnitzel ab, die wir beim Einsteigen bekommen hatten, und vertrat uns den Ausgang. „He, Vetter!“ rief er, „diese Karten galten nur bis Spital. Da heißt’s nachzahlen, und zwar das Doppelte für zwei Personen; macht einen Gulden sechs Kreuzer!“ Ich starrte meinen Paten an, mein Pate mich. „Bub’“, sagte dieser endlich mit sehr umflorter Stimme, „hast du ein Geld bei dir?“ „Ich hab’ kein Geld bei mir“, schluchzte ich. „Ich hab’ auch keins mehr“, murmelte der Jochem. Wir wurden in eine Kanzlei geschoben, dort mußten wir unsere Taschen umkehren. Ein blaues Sacktuch, das für uns beide war und das die Herren nicht anrührten, ein hart Rindlein Brot, eine rußige Tabakspfeife, ein Taschenfeitel, etwas Schwamm und Feuerstein, der Beichtzettel von Mariaschutz und der lederne Geldbeutel endlich, in dem sich nichts befand als ein geweihtes Messing-Amuletchen, das der Pate stets mit sich trug im festen Glauben, daß sein Geld nicht ganz ausgehe, so lange er das geweihte Ding im Sacke habe. Es hatte sich auch bewährt bis auf diesen Tag -- und jetzt war’s auf einmal aus mit seiner Kraft. -- Wir durften unsere Habseligkeiten zwar wieder einstecken, wurden aber stundenlang auf dem Bahnhofe zurückbehalten und mußten mehrere Verhöre bestehen. Endlich, als schon der Tag zur Neige ging, zur Zeit, da nach so rascher Fahrt wir leicht schon hätten zu Hause sein können, wurden wir entlassen, um nun den Weg über Berg und Tal in stockfinsterer Nacht zurückzulegen. Als wir durch den Ausgang des Bahnhofes schlichen, murmelte mein Pate: „Beim Dampfwagen da -- ’s ist doch der Teufel dabei!“ [Illustration] Peter Rosegger: Wie wir die Gürtelsprenge haben gehalten. Mit freundlicher Erlaubnis des Verfassers und des Verlegers abgedruckt aus dem 1. Bande von Peter Roseggers Buch „Waldheimat. Erinnerungen aus der Jugendzeit“ (Leipzig: Verlag von L. Staackmann, 18. Aufl. 1902). Wie wir die Gürtelsprenge haben gehalten. Wenn man in jener Gegend den Bauern nach der Anzahl der Bewohner seines Hauses fragt, so mag wohl folgende Antwort geschehen: „Bewohner? Ja, die muß ich mir selber erst zusammendenken. Da bin ich; -- tut nur fleißig nachzählen -- ich und mein Weib und unsere fünf Kinder und der Knecht und acht Rindvieher und die Magd.“ Und er meint es nicht anders. Schützt sie doch allzusammen +ein+ Dach, lebt doch eines für alle, wie alle für eines leben, und sie ernähren sich gegenseitig und erheitern sich das Leben, und die Kinder und die Kälber laufen lustig durcheinander herum. -- Für die Rinder hat der liebe Gott die Almen und die Heustadeln erschaffen. Und wenn die Stadeln sich gefüllt haben und die Zeit der Heue vorüber ist, so wird im Hause des Hirtenbauers ein Fest begangen. Der Bauer gibt den Seinen ein Mahl. Und da wird nicht geschont, ist doch der Heustadel voll. Und besonders Hansjörgl, der Knecht, dem in letzterer Zeit der Bauchriemen ohnehin schon zu lang geworden ist, läßt sich das Fest angelegen sein, und so eine Bäuerin wie die unsere, sagt er, gibt’s nimmermehr -- und der Riemen wird kürzer und kürzer, und die Enden seines Ringes wollen nicht mehr reichen, und mit Gewalt zusammengeschnallt, springen sie wieder mit Gewalt auseinander. Das Fest der Gürtelsprenge. Mir ist aus jener Zeit, in der ich solche Feste noch mitmachte, ein Geschichtchen in Erinnerung. Ich war noch im Hefelrainhof beim Vieh. Die Heue war vorüber, und unser Knecht hatte zwei Tage lang fast nichts gegessen, um sich auf den nahenden Genuß gebührend vorzubereiten. Es waren Stunden aufgeregter Erwartung, bis am dritten Tage zum späten Mittag der Bauer das weiße Tuch, mit dem roten Streifen in der Mitte, über den Tisch zog. Dann legte er die glänzend gefegten Messer und Gabeln und Löffel auf ihre Plätze. Dann begann er in gehobener Stimmung -- er hatte heute auch reine Wäsche an -- Weißbrot aufzuschneiden. Ich stand neben dem Tisch und sah, wie der Haufen der Brotspalten immer mehr anwuchs und anwuchs. Hansjörgl, der Knecht, beobachtete diesen Vorgang nicht ohne Mißtrauen; -- wozu das viele Brot hier? Soll das etwa bestimmt sein, die Haupträumlichkeiten zu füllen, auf daß feinere Bissen nicht sollen untergebracht werden können? -- Endlich kam der dampfende Milchtopf, und der Tisch ächzte, und die Massen der Brotspalten wurden hineinversenkt, so wie sich bei Erdrevolutionen Berge versenken in die Tiefen des Meeres. Wir beteten, dann setzten wir uns alle zu Tische. Der Knecht begann zu essen, still und langsam, mit einer ehernen Ruhe. Als die Milch und das darauffolgende Speckkraut abgetan war und die Lasten der Roggenknödeln erschienen, fühlte ich die früher so mächtigen Sympathieen für die Gegenstände nach und nach schwinden -- ich war gesättigt. Ich sah nur sinnend zu, wie die bedeutsamen Reihen der Gerichte vorüberzogen, die Butterschnitten und die Rahmstrudeln und die Fleischnudeln, und das Schottenkoch und die Milchkrapfen und das Schmalzmus. Sie aßen und redeten dabei von Dingen, die sich früher bei dem Feste der Gürtelsprenge zugetragen hatten und in der Zukunft noch zutragen können. Der Knecht redete nicht, er saß und aß still und langsam, mit einer ehernen Ruhe. Es kamen noch fernere Gerichte und fernere Gespräche, und der Knecht aß still und langsam fort. Als sie bei den Butterkrapfen waren, hörte man ein leichtes Schnalzen -- es war sein Gürtel auseinander gesprungen. Der Knecht ließ ihn auseinandergesprungen sein, blieb in seiner Ruhe und aß. Endlich aber blieb die geleerte Schüssel auf dem Tische stehen, und es kam nichts mehr. Der Knecht blickte befremdet auf; -- wo spannt sich’s denn? ja, geht’s denn nicht allweg so fort? -- Er war schwermütig, er dachte an das Los alles Zeitlichen, er erhob sich, er ging in das Freie, er stand eine Weile still und sah hinaus in die Berge und Täler, er stieg empor zum Heuboden, er legte sich in sein Bett. Es nahte schon der Abend. Über den Almen zogen Nebel, wie sie sich zur Herbstzeit gern über das Gebirge niedersenken. Ich ging hinaus auf die Halde und rief so lange: „Hoi ho, hoi ho!“ bis die Kuh mit der Glockenschelle auf mich zukam und ihr die Heerde nachfolgte. Dann führte ich sie zum Hause und in den Stall. Als dieses geschehen, und als gemolken war, gingen wir zur Abendsuppe; ich hatte wieder recht Appetit, und der Bauer sagte, so eine saure Suppe könne er zu jeder Zeit essen, und sie sei ihm lieber wie die besten Butterkrapfen. Aber der Knecht erschien nicht zur Suppe. Endlich gingen wir alle zur Ruhe. Ich hatte mein Lager im Stalle, um die Rinder zu bewachen, daß sich keines etwa von seiner Kette losmache und die anderen beschädige. Mir war recht behaglich unter der Decke. Die Glockenkuh schellte noch eine Weile, weil sie sich an den Lenden leckte, und der Stier rasselte noch dann und wann an der Kette und gaukelte mit den Hörnern. Nach und nach ließen sie sich alle nieder auf die frische Fichtenstreu und begannen das Wiederkäuen. Einige Zeit hörte ich noch das gleichmäßige Gescharre der Zähne, dann sanken mir nach und nach die Augen zu. -- Noch war mir, als säße auch der Knecht auf der Fichtenstreu, und rassele mit der Kette und gaukele wie der Stier, und kaue, wie alle anderen, und kaue ohne Ende. Plötzlich weckte mich ein Poltern außen an der Stalltür. „Halterbub’, schreck’ dich nicht und steh’ auf!“ hörte ich rufen; es war des Bauern Stimme, und das Poltern an der Tür wurde heftiger. Ich kollerte von dem Bette auf die Streu hinaus, stieß in der Verwirrung an die Glockenkuh, daß sie mit einem ohrenzerreißenden Geschelle aufsprang, und ich taumelte der Türe zu. „Schreck’ dich nicht, Bub’, und mach’ dir nichts draus“, rief der Hefelrainhofer wieder, „schlupf’ geschwind in deine Hose hinein, du mußt eilig hinablaufen nach Kathrein um den Herrn Pfarrer, ’s will uns der Hansjörgl sterben!“ „Der Hansjörgl will sterben!“ sagte ich zitternd und nestelte die Türkette auf, „ja warum denn und wegen was denn?“ „Der lieb’ Herrgott wird’s wissen! Da kugelt er oben in seinem Bett und schiebt die Augen über und ächzt -- und -- nein, meiner Tag hab’ ich so was nicht erlebt. Geh’, Bübl, geh’, wenn du den Pfarrer bei Zeiten bringst, so kriegst einen Sechser. Und das letzt’ Öl soll er dennoch wohl auch mitbringen -- und begraben laß ich den Hansjörgl mit dem großen Kondukt. Ach, mein guter, rechtschaffener Knecht!“ Ich weiß nicht, wie ich’s gemacht hatte; ehe noch der Bauer aufgehört zu sprechen, war ich angezogen, und in den nächsten Augenblicken schon eilte ich den Berghang hinab. Zerrissene Wolken hingen am Himmel, matt schien der Halbmond, in den Ästen der Tannen fächelte zeitweilig der Wind. Meine Schuhe machten ein Getöse in den Steinen des Hanges, mir voran und zur Seite kollerten diese hinab, und ich kollerte schier auch selbst mit ihnen. Und ich ging durch Täler hinaus, oft hingen Bäume derart über mir zusammen, daß ich keinen Boden, keine Wurzel, keinen Stein mehr sah, daß ich im Schwarzen dahinwandelte, stolperte, in Pfützen sprang, an Bäume prallte -- in Todesangst war. Neben mir hin rauschte der Waldbach. Oft hörte ich Gekrächze über mir, Schritte hinter mir, und ich meinte, der Knecht sei bereits gestorben und sein irrender Geist folge mir. Ich hatte Angst um meine arme Seele, ich betete im Herzen, ich versicherte den lieben Gott und alle Heiligen, daß ich all’ mein Lebtag keine Sünde mehr begehen wolle, wenn ich diesmal in Gnaden bewahrt bliebe. Und bis auf einige blaue Ballen an Gesicht und Händen blieb ich in Gnaden bewahrt. Nach Stunden kam ich nach Kathrein, und da ging die Morgenröte auf. Ich eilte zum Pfarrhof und riß mit beiden Händen an dem Drahte der Türglocke so heftig, daß ich von innen einen Jammerschrei hörte. Dann wurde ein Fenster aufgerissen, und die alte Haushälterin in schneeweißem Nachtgewande rief alle Namen der Himmel um Antwort an, wer denn Sturm läute in solcher Stunde. Da öffnete ich denn mein bedrängtes Herz: „Der Hansjörgl will sterben -- das letzte Öl soll er auch mitnehmen, und begraben läßt er ihn mit dem großen Kondukt!“ Ich wurde verstanden. Schwer mag’s dem greisen Mann gewesen sein, nun aus den weichen Federn fort, in die frostige Herbstluft hinaus, und nüchtern in das Gebirge. Aber er ging. Lautlos kleidete er sich an, eilte zur Kirche, läutete selbst das Versehglöcklein, holte das Heiligste und ging mit mir. Ich ging voran, trug in der einen Hand die brennende Laterne, in der andern das Metallglöcklein, mit dem ich schellte, auf daß die Menschen in den Häusern und Hütten, an denen wir vorüberzogen, auf die priesterliche Handlung aufmerksam gemacht würden. Wir gingen denselben Weg, den ich hergegangen war. Das Wasser rauschte; ich schellte den Fischen, daß nun ihr Schöpfer vorüberziehe, und daß sie anbetend ihre Köpfe emporrecken sollten aus den Wellen. Keine einzige Forelle hat mein Glöcklein gehört. Als es nach und nach licht geworden war, begann der Pfarrer hinter mir plötzlich zu lachen. „Ja, was hast du denn gemacht, Kleiner, du hast ja dein Höslein verkehrt an!“ Da gab’s mir einen Stich im Herzen; vor meinen Augen tanzten Sterne. -- Was hat er gesagt, mein Höslein verkehrt? -- Es war wohl so! -- Das Hintere war vorn, das Vordere war hinten, und kein einzig Knöpflein war zu. „Ist ja kein Unglück“, sagte der Pfarrer, „hast es halt ein wenig schnell gemacht. Setz’ die Laterne da auf den Stein, und mach’ Ordnung, ich wart’ auf dich.“ Ich ging hinauf in das Dickicht und zog aus und zog an, und eilte, daß doch der Knecht dieweilen nicht sterbe, und endlich, als alles recht saß, barg ich mein Gesicht in den Ellbogen. Um mich aus der Verlegenheit zu befreien, begann der Greis ein Gespräch und erkundigte sich um die näheren Zustände des Knechtes. Er beschleunigte seine Schritte und sagte mir, daß es für einen Priester sehr peinlich sei, auf seinem Versehgange zum Kranken nur mehr einen Toten zu treffen und unverrichteter Sache wieder zurückkehren zu müssen. „Einmal hab’ ich das erfahren, mein lieber Kleiner. Es war vor mehreren Jahren. Ich wurde hinein in die Kiengräben zu einem Holzhauer gerufen, den als Wilderer die Kugel eines Jägers getroffen hatte. Sein einzig Sehnen war nach einem Priester; stundenlang rang er mit dem Tode und in Verzweiflung rief er: Ich muß warten auf meinen Gott und Richter. -- Aber der Weg bis in die Kiengräben ist weit, und ich fand den Mann erstarrt, und auf seinen Zügen und in seinem gebrochenen Auge lag noch die Todespein. -- Im Chorrock, und auf den Händen das Sakrament, so mußte ich wieder umkehren; und auf demselben Gang hab’ ich keine einzige Vogelstimme gehört im Walde, und mir ist so schwer und weh gewesen, als hätten mich alle unerlösten Seelen der Erde verfolgt. Kleiner, was das heißt, ein Priester sein -- es ist nicht zu sagen!“ Der Pfarrer schwieg, trocknete seine Stirn, und wir schritten weiter und weiter. Wir stiegen den Berghang hinan gegen unser Haus. Die Nebel hatten sich aufgelöst, und die Sonne stand schon ziemlich hoch am tiefblauen Himmel. Die Almglocken klangen auf den Höhen, und zeitweilig hörte man, in hohen Lüften getragen, das helle Jauchzen eines freudigen Menschen. -- Ei wohl, unser Knecht hatte auch schön gesungen und hell gejauchzt, und an diesem lieblichen Morgen soll er gar auf dem Totenbette sein! Das Haus stand still und traurig auf der Anhöhe. Wohl glänzte die Sonne in den Fenstern, aber diese sahen uns entgegen, wie verglaste, verweinte Augen. Ich zitterte vor Angst; ich hielt die Laterne hoch und das Glöcklein ließ ich klingen. Niemand kam uns entgegen, niemand kniete vor dem Hause, um sich den Segen des nahenden Heilandes zu erbitten. Die Türen waren offen, wir gingen in das Haus und durch die Vorlauben in die Stube. Es war niemand da, nur die Uhr an der Wand tickte und tickte. Der Kranke ist noch auf dem Heuboden, dachte ich, und sie sind alle bei ihm. Der Pfarrer stellte das Sakrament auf den Tisch und sank erschöpft auf die Bank daneben. Ich eilte auf den Heuboden und rief laut, daß wir da seien. Der Heuboden war still und dunkel, nur das frischduftende Heu war da. Und das Bett des Knechtes war leer! -- Da erfaßte mich ein Grauen, und ich lief zurück in die Stube: „Kein Mensch ist da, kein Mensch im ganzen Hause; sie haben ihn gar schon fortgetragen!“ Da erhob sich der Priester, sein Antlitz rötete sich und er sah mich an mit strengem Blicke. Ich brach in ein Weinen aus. Wir ließen die Heiligtümer auf dem Tische stehen und gingen vor das Haus, und ich rief, was ich rufen konnte, nach den Leuten. Endlich hörte ich von dem Schachen herüber halbverhallte Schläge. Ich lief gegen den Wald und schrie, und mein Schreien wurde aus Angst und Furcht schier zum Kreischen. „Sakra, was ist denn das für ein abscheulicher Lärm da unten? Was hat’s denn?“ hörte ich plötzlich eine Stimme von dem Wipfel einer hohen Fichte her. Ich schau’ hinauf, hör’ ihn, seh’ ihn -- es ist der Hansjörgl. Und er hackt die Äste herab, einen um den andern, und singt und jauchzt. Da lauf’ ich wohl wieder zurück zum Hause, zum Pfarrer, auf daß ich niederfalle vor ihm auf die Kniee und ihn tausendmal um Verzeihung bitte, daß der Knecht wieder kernblitzgesund ist und von den Bäumen die Äste herabhackt zur Streu für die Rinder. Aber wie ich zurückkomme, steht schon der Bauer vor dem Pfarrer und bringt Entschuldigungen vor. Der Knecht habe gestern ein klein wenig mehr von Speisen zu sich genommen, weil die Gürtelspreng’ gewesen sei, und d’rauf habe er in der Nacht so einen heftigen Kolikanfall bekommen, daß schon alle gemeint, es sei sein letztes End’. Deswegen habe er gleich um den Priester geschickt, aber die Krankheit habe bald darauf nachgelassen, und der Hansjörgl habe in der Früh wieder rechtschaffen viel Kässuppe gegessen. Man habe hernach wohl einen zweiten Boten geschickt, daß der Herr Pfarrer nur daheim bleiben möge, aber dieser Bote sei wahrscheinlich einen andern Weg gegangen, und so sei es geschehen, wie es geschehen war. In der Stube aber brannte das geweihte Wachslicht und stand das geistliche Brot. Sollte nun der Pfarrer wirklich mit dem Hochwürdigsten unverrichteter Sache zurückkehren müssen, was er so gefürchtet? Oder will er auf der Alm die Messe lesen und selbst das Himmelsbrot verzehren? Oder will jemand sterbenskrank werden, auf daß er die bereitete Wegzehrung genießen dürfte? Ich sann auf Wege, sann auf Stege. Und endlich hatte ich was ersonnen. Ich war noch nüchtern. Aus Liebe zum alten Herrn, der mich in der Seele erbarmte, bekannte ich ihm auf der Ofenbank meine Sünden, und so konnte ich nun der Kommunion teilhaftig werden. Und als die Handlung vorüber war, legte der Pfarrer den Chorrock ab und atmete auf. Die Bäuerin, die nun auch von der Weide gekommen, gab mir meine Morgensuppe und wollte dem Herrn Pfarrer mit Butter und einer Eierspeise aufwarten; er konnte aber nichts genießen, weil er an demselben Tage noch die Messe zu lesen hatte. So mußte der gute Mann fasten, weil unser Knecht Tags zuvor so ungebührlich gegessen hatte, und so mußte ich eine Beichte ablegen, weil unser Knecht Tags zuvor gegen die Mäßigkeit gesündigt hatte, und so endete in demselben Jahre das Fest der Gürtelsprenge. Dafür hatte ich heute Feiertag und durfte den Pfarrer wieder nach Kathrein begleiten. Als wir über den Hang hinabstiegen, hörten wir Hansjörgl, den Knecht, von den Waldwipfeln herüber jauchzen. Der Pfarrer stand still und sagte zu mir: „Was meinst, Kleiner, hört sich das nicht besser, wie Totenglocken?“ [Illustration] Wilhelm Raabe: Der Marsch nach Hause. Mit freundlicher Erlaubnis des Verfassers und des Verlegers abgedruckt aus dem 2. Bande von Wilhelm Raabes „Gesammelten Erzählungen“ (Berlin: Verlag von Otto Janke, 1901). Der Marsch nach Hause. 1. Am siebenten August des Jahres Sechzehnhundertvierundsiebenzig als am Geburtstagsfeste des Schutzheiligen des Ortes und der Gegend, des heiligen Gebhard, herrschte ein reges Leben in der alten Stadt Bregenz am Bodensee und rings um dieselbe. Seit langen Jahren hatte das Volk diesen Tag nicht mit solchem Eifer und so fröhlichen Herzens gefeiert wie heute. Schon am frühen Morgen hatte kaiserliches Geschütz von der Klause über der Unnot und bürgerliches Böllergeknall von den Mauern der Stadt und den umliegenden Höhen dem Heiligen die gebührende Ehre gegeben, und Glocken und Glöcklein aus Kirchen und Klöstern waren schier den ganzen Tag über nicht still geworden. Und es war ein schöner, ein heiterer Tag, der ebenfalls dem Heiligen alle Ehre gab. Leise spielten die Wellen des großen Sees an die Ufer, und die fernsten Berggiebel und Hörner des graubündner Landes südlich über dem Rheintal, die Roja, die Schwestern von Frastanz, die Scesa plana, der Kalanda und die Grauhörner blitzten mit ihren Schneefeldern im heitern Licht herüber, während die näherzu aufgetürmten Riesen von St. Gallen und Appenzell, der Gonzen, der Alwier, der Kamor, der Hohen Kasten und der alte Säntis mit allen Zacken und Rissen, ein mächtiger Bergkamm, in wundervoller Klarheit sich vom blauen Himmel abhoben. Wer die Hand über die Augen hielt, um dieselben gegen das Glänzen und Leuchten des Wassers zu schirmen, der mochte selbst im fernen Hegäu die dunklen Kegel des Hohentwiel und Hohenkrähen deutlich erkennen. An der Kapelle am See, wo die Gebeine der im Jahre 1407 gegen die Appenzeller Hirten Gefallenen ruhen, und wo der Graf Wilhelm von Monfort mit allen Rittern des St. Jürgenschildes nach dem gewonnenen Siege kniete, und der Ruf Ehrguta! Ehrguta! zum ersten Mal hell hinausgerufen wurde, um durch Jahrhunderte in den Gassen der alten Römerstadt Bregenz nicht zu verhallen, waren die Schiffe und Kähne der Gäste aus dem Allgäu und dem Thurgäu mit Seilen und Ketten angelegt. Viel Volk war aus dem Walde gekommen, und die Benediktiner von Mehrerau und die Pfaffheit in der Stadt mochten den Tag wohl loben; denn wie bei allen solchen, vom Wetter und dem Lebensmut der Menschen begünstigten, feierlichen Gelegenheiten fiel mancherlei für sie ab, was sie gar wohl gebrauchen konnten und mit Dank und gutem Gegenwillen gern hinnahmen. Wenn nun schon am Seeufer, wie gesagt, ein munteres Leben herrschte, so nahm dieses mehr und mehr zu auf allen Wegen, die zu dem grauen Mauerviereck der Römerstadt emporführten, wurde aber am buntesten auf den waldigen Pfaden, auf welchen man rechts von der Stadt die Höhe des Pfannenbergs erreicht; denn dort hinauf oder hinab mußte ja das Volk, welches den heiligen Gebhard zu seinem Geburtstage grüßen wollte, oder ihn bereits gegrüßt hatte. Wir gehen mit den Emporsteigenden, um nachher mit einem einzelnen Gaste des guten Bischofs wieder herabsteigen zu können. Der Heilige würde sich sicherlich nicht wenig gewundert haben, wenn er heute die Stätte gesehen hätte, wo einstmals seine Wiege stand. Die Natur hatte wohl Zeit gehabt, ihre verschönernde Hand an das schlimme Denkmal der schwedischen Furie vom Jahre Sechzehnhundertsechsundvierzig zu legen; allein alles hatte sie doch längst nicht auszugleichen vermocht. Da blickten die gewaltigen, zerrissenen, von der Flamme geschwärzten Mauern und Türme von Hohen-Bregenz immer noch grimmig auf den jungen, freudigen Waldwuchs, der sich zwischen und an sie gedrängt hatte, herab. Und wie manches gefiederte Samenkörnlein Wurzeln geschlagen haben mochte in den Schießscharten und leeren Fensteröffnungen, die grause Göttin Bellona lachte doch nur höhnischer durch die schwankenden Kräuter und den kletternden Efeu. Das Gras und die Herbstastern, die Königskerzen und die Sternblumen hatten noch nicht den Sieg gewonnen über den Brandschutt des wilden Feldmarschalls Karl Gustav Wrangel. Hätte das Volk eine ebensolche Miene gemacht, wie die Geburtsstätte seines Heiligen auf der schönen, vorspringenden Kuppe des Pfannenberges, so wäre das Fest gewißlich nicht so heiter anzuschauen gewesen. Aber die arme, gequälte Menschheit vergißt Gottlob leicht und schnell. Die frohe Menge, die innerhalb der niedergeworfenen Burgmauern lagerte, den Wald ringsum füllte und auf allen Pfaden zog, ärgerte sich heute gar wenig an dem, was vor mehr als siebenundzwanzig Jahren geschehen war, und das historische Faktum diente höchstens noch einigen älteren Leuten zu einer nicht unannehmlichen Unterhaltung. Freilich war die schwedische Hand auf den armen Mann und kleinen Bürger am Schluß des Jahres sechsundvierzig verhältnißmäßig ziemlich leicht gefallen, denn der General Wrangel hatte an dem Adel und der Geistlichkeit so gute Beute gemacht, daß er das Geringere gern und willig an Ort und Stelle beließ. Die Geistlichkeit und der Adel hatten nämlich alle ihre Schätze und Habseligkeiten weit aus dem Lande umher in die feste Römerstadt geflüchtet, und als der falsche Kommandant der Klause am See seine Tore verräterischer Weise öffnete, da fand der Schwede alles recht ordentlich, hübsch und lieblich beieinander, und mochte sich wohl die Hände reiben. Wer heute Schweden bereist und nach Skogkloster kommt, der wird daselbst wohl noch allerlei gute Dinge finden, welche der Wrangel damals aus Brigantium mit sich nahm, und welche die Erben aus dem Allgäu und dem Vorarlberg nun doch wohl vergeblich zurückfordern möchten. In der Mitte der Ruinen, auf der Stelle, wo seit dem Jahre 1723 die Kirche des einstigen Burgherrn von Hohen-Bregenz und spätern Heiligen steht, war heute am 7. August 1674 der Boden von Schutt und Trümmern gereinigt, und für den festlichen Tag ein mit Blumen geschmückter, mit Lichtern bedeckter Altar errichtet, an welchem die Benediktiner von Mehrerau der Feierlichkeit vorstanden. Hier befand sich der Mittelpunkt des Gewimmels, doch im weitern Umkreise war dasselbe auch nicht viel geringer. Da waren in den verwüsteten Räumen der Burg, im grünen Grase, unter den Bäumen Tische und Bänke aufgestellt und Fässer zusammengerollt und aufgelegt, da gab es mancherlei gute Sachen für den Mund und die Augen, und die Geburtstagsgäste saßen an den Tischen und lagerten im Grase und drängten sich um die Fässer und feilschten an den Tischen der Verkäufer von Rosenkränzen und Kreuzen und Heiligenbildern, und an einem der Tische saß einer der Helden dieser Historia einsam und allein vor der Flasche und dem Glase, und nickte mit dem Kopfe, und blinzelte in das Gewühl seliglich, im Rücken gedeckt von einem rauchgeschwärzten Mauerwinkel, überschattet von einem Ahornstrauch, unbekümmert um das Glöckleinklingeln der Geistlichen, die Töne der Musik im Walde, das Jauchzen und helle Lachen der Buben und Mädeln -- einer der beiden Helden dieser Historia, der brave Korporal +Sven Knudson Knäckabröd+ aus Jönköping am Wetternsee, welcher zuerst mit dem großen Feldmarschall Karl Gustav Wrangel hierher gekommen war. 2. Der Korporal hatte das Kinn auf beide Fäuste gestützt, er blinzelte lächerlich-nachdenklich mit den schwimmenden Augen, und von Zeit zu Zeit schüttelte er den grauen Kopf und fuhr mit der Rückseite der Hand über die braunrote, ehrliche, wenn auch nicht ehrwürdige Nase; es kam ihm selber ganz verwunderlich vor, daß er hier saß, und zwar zum zweiten Mal, und zwar unter gänzlich veränderten Um- und Zuständen. Er hatte des guten Tirolers manchen ehrlichen Schoppen genossen, und es war eben kein Wunder, wenn er das bunte, bewegte Treiben vor und um sich in einem phantastischen Zauberlicht sah; aber sein seltsam Geschick hatte ihn wahrlich berufen, an dieser Stelle auch ohne den roten Tiroler mancherlei Gesichte zu erschauen. Er schüttelte den Kopf, wehmütig und doch lustig, wie er daran gedachte, auf welche Art er damals in der Burg des heiligen Bischofs Gebhard anlangte. Wahrlich nicht um sich wie heute breit und bequem im Schatten eines grünen Ahorns vor dem Becher niederzulassen! Damals war die Welt verschneit, und die Eiszapfen hingen an den Fichtennadeln und Tannenzweigen, an den kahlen Ästen der Eichen und Buchen und an den Bärten der zehntausend Kameraden, welche durch den Allgäu zum bregenzer Sturm heranmarschiert waren. Damals handhabte er, der Korporal Sven Knudson Knäckabröd, seine Arkebuse wie die anderen, stand wie die anderen in Rauch, Dampf und Feuer und stieg bergan den Pfannenberg, über Leichen und Verwundete. Damals half er den Geschützmeistern die Kartaunen in die rechte Position bringen und war unter den ersten an der Zugbrücke, als das Tor von Hohen-Bregenz zersplitterte, die Mauer schwankte und vornüber brach und den Graben für den verlorenen Haufen weg-, sprung- und sturmgerecht machte. Er befand sich natürlich auch unter dem verlorenen Haufen und schlug mit umgekehrter Muskete wacker drein, als das kaiserliche Kriegsvolk immer noch den Eingang streitig machte; er erwarb sich großes Lob bei seinem Hauptmann, und als der Feldmarschall nachher auf den Berg kam, die gemachte Arbeit in der Nähe zu sehen, da war der Korporal Sven voran unter denen, welche am lautesten Viktoria schreien durften. „Ooooh!“ stöhnte der Korporal am Nachmittag des vierten Augusts 1674, in allen Reizen der Erinnerung schwelgend, und legte sich schwer auf die linke Seite und schlug mit der rechten Faust gewaltig auf den Tisch. Um seine Gefühle deutlich zu machen, hatte er nichts weiter hinzuzusetzen; aber +wir+ haben noch einiges über seine Vorgeschichte zu berichten, um +unseren+ Gefühlen gegen ihn gerecht zu werden. Den Fürberg hinauf und um den Fürberg herum, in den verschneiten Wäldern und Klüften dauerten die Scharmützel zwischen den Schweden und den Kaiserlichen auch nach der Einnahme von Stadt und Schloß Bregenz tagelang fort, und heute noch richtet auf dem Pfänder der Turist den Blick oder das Fernrohr auf eine der großartigsten Landschaftsrundsichten Europas aus den halbversunkenen Verschanzungen jener blutigen Wochen. Ein beträchtlicher Haufen der Sieger drang plündernd, sengend und brennend tiefer in den Wald, scheuchte das Volk dörferweise vor sich her, oder jagte es vereinzelt in unwegsame Felsenschluchten oder versteckte Täler, wie solches seit dem Jahre 1618 bei allen kriegführenden Parteien auf des römischen Reiches heiligem Boden Brauch, Sitte und Gewohnheit geworden war. Auch unter dieser Heldenschar befand sich der Korporal Sven Knudson Knäckabröd, und dieser Expedition hatte er es zu verdanken, daß er im August des Jahres 1674 sich noch immer in der Gegend befand und am Tage des heiligen Gebhard auf dessen von ihm, Sven, selber zerstörten Burg friedlich und gemütlich vor dem Becher saß. An diesen schwedischen Streifzug in den ersten Tagen Anno Domini 1647 knüpft sich nämlich einer jener gar nicht seltenen schönen Züge weiblichen Mutes, weiblicher Wut und weiblicher Tapferkeit, von denen uns die von den Männern geschriebenen Geschichtswerke in verlegener und etwas bänglicher Bewunderung Kunde geben. Zwischen Lingenau und Hüttisau schlugen am 4. Januar 1647 die vorarlbergischen Ehefrauen und Schmelgen, das ist: die jungen Mädchen, die eingedrungenen Schweden bis auf den letzten Mann tot, und nur der letzte Mann entkam, das heißt, er -- der Korporal Sven Knudson Knäckabröd -- wurde schwer verwundet von der Wirtin zur Taube in Alberschwende, Frau Fortunata Madlenerin, gefangen genommen und unter sonderlichen Umständen von ihr gegen das blutdürstige Andringen der erbarmungsloseren Kampfgenossinnen mit Erfolg verteidigt. Die Männer, welche sich von diesem Überfall am „roten Egg“ wahrscheinlich aus Bescheidenheit fern gehalten hatten, durften natürlich auch nicht in die dem Kampfe folgenden Verhandlungen dreinschwatzen; sie läuten jedoch heute noch je am 4. Januar Nachmittags zwei Uhr die Glocken zur Ehre und zum Gedächtnis der Heldentat ihrer besseren Hälften. Um zwei Uhr nachmittags lagen im blutigen Schnee am roten Egg die schwedischen Grobiane, zerschmettert von Kugeln, Baumstämmen und Felsentrümmern, zerhackt von Beil-, Schwert- und Hellebardenhieben, still, und die Weiber vom Walde tanzten wutentbrannt um die Leichen. Die Frau Wirtin zur Taube aber, eine junge Wittib, die keine geringe Rolle in der Schlacht gespielt hatte, brachte eben ihr Beutestück, nämlich den Korporal Knäckabröd, in Sicherheit. Das hatte seine Schwierigkeiten! Denn kurz nachdem sie entdeckt hatte, es sei noch einiges Leben in dem gleichfalls arg mitgenommenen armen Sven, war dieselbe Bemerkung von drei anderen Kriegsgesellinnen gemacht worden, und diese drei befanden sich noch nicht in der Stimmung, den alten, lieben Beruf der Frauen, die barmherzigen Schwestern und Krankenwärterinnen zu spielen, schon jetzt wieder aufzunehmen. Im Gegenteil! Mit den Waffen in den Händen hatten sie sich auf den unseligen, zappelnden Tropf gestürzt und wie die Frau Fortunata zugepackt, und es gab ein arges Gezerr an Arm und Bein, an den Fetzen des Wamses oder am Bandelier, und die Taubenwirtin hatte alle Mühe, die erbosten Hiebe und Stöße durch ihr Geschrei oder mit dem guten Schwerte, welches ihr seliger Gatte im Winkel hatte stehen lassen, abzuwehren. Es war ein großes Glück für den Korporal Sven, daß ihr Ansehen mächtig war unter den Wälderinnen, daß sie den Plan zum Überfall angegeben hatte, und daß ihr Haus und Zeichen in Alberschwende einen herrlichen Ruhm und Ruf besaß, weit hinaus nach allen vier Weltgegenden; denn dem allein verdankte er sein Leben nach der Niederlegung seiner Genossen an dem Fallenbache am roten Egg! Als doppelte Siegerin führte ihn seine Retterin auf einem Karren in ihr Haus zu Alberschwende unter der Lorena, ließ ihn da zuerst hinter verriegelter Tür auf ein Strohlager neben ihrem Schanktisch, dann in ein besseres Bett legen und besorgte den ersten Verband seiner Wunden selber. Er aber erwachte erst nach längeren Wochen aus seiner Betäubung und wußte dann durchaus nicht anzugeben, was mit ihm vorgefallen sei, und wo er sich befinde. Der Korporal Sven Knudson Knäckabröd wußte eigentlich noch heute, d. h. im Jahre 1674, nicht, wo er sich eigentlich befinde, und das war gar nicht so sonderbar. Seit er Anno Dreißig mit dem großen Gustavus Adolfus, dem streitbaren Löwen aus Mitternacht, auf Usedom in der pommerschen Bucht landete, war er sechzehn Jahre lang durch solchen Wirrwarr hin- und hermarschiert, daß für einen Mann, der nicht Gelegenheit gehabt hatte, die Geographie zu studieren, sich das Bild der Welt wohl verwirren mochte. Hatte doch selbst der Oberst Wrangel, unter dessen Kommando er damals seine Kriegszüge begann, und der während der Zeit längst Feldmarschall geworden war, Mühe, sich in dieser Beziehung die Landkarte klar zu halten. „Donner und Nordlicht!“ sagte der Korporal am 7. August 1674, legte sich schwer auf den rechten Ellenbogen und schlug mit der linken Faust auf den Tisch. Ja wohl, ein Mann, dessen Leben dicht an der Grenze des ewigen Eises, dem Nordpol nahe, begonnen hatte, der den Krieg mit allen Nationen Europas, mit Deutschen, Franzosen und Hispaniern, mit Italienern, Dänen, Polen und Moskowitern sah, der dann sechsundzwanzig Jahre des tiefsten Friedens unter dem Hirtenvolk des Vorarlberges vollendet hatte, mochte wohl bei einiger Überlegung seines Daseins: Donner und Nordlicht! sagen. Die Frau Fortunata hatte am Fallenbach wohl nicht gedacht, welch eine schwere Last sie sich für die nächsten Zeiten durch ihr gutes Herz auf den Hals lud. Sie bekam ihre große Not mit ihrem Schweden, dem noch drei Jahre lang nach dem Sturm auf Bregenz das ganze Land rings umher nach dem Leben stand. Es fand sich, daß sie ihn nur dadurch vor allen den verschiedenen Nachstellungen retten konnte, daß sie ihn zur Kindsmagd machte, dem wilden Arkebusierer ihr unmündig Töchterlein zur Wartung in die Arme gab und ihn im Haus an ihr Schürzenband geknüpft hielt, bis das erste Gras über die Blutzeit gewachsen war, bis die Alten den „schwedischen Mann“ ohne Mordsinn ansehen konnten, und die Jungen ihn als ein natürlich gegeben Ding nahmen. Da saß der Korporal Sven Knäckabröd denn in den Bergen verzaubert neben der Wiege der kleinen Aloysia: er, der mit dem glorreichen und sieghaften König Gustavus Adolfus über das Meer gefahren war und in hundert grimmigen Schlachten in die Linie rückte gegen den Tilly, den Wallenstein, den Pappenheim und hundert andere gewaltige Kriegshauptleute! Da saß er und spann nicht nur Trübsal, sondern auch wirklichen Flachs und Werg, und wenn das Kind schrie, so rief die Frau Fortunata: „He, Schwen, sing ihm!“ und der Korporal Sven Knudson Knäckabröd sang. Potz Lappland und kein Ende -- dabei ließ sich dann recht hübsch an allerhand anderes denken! Zum Beispiel an die graue, nebelige, flammende Ebene von Breitenfeld oder von Lützen, an den Kommandoruf vor der Front, an die rasselnden Reitergeschwader, die blauen und gelben Fußregimenter, wie sie gegen die kaiserlichen Batterieen am Floßgraben vorstürzten, zurückfluteten, wieder vorstürzten, unter den Hufen und Füßen die Toten und die Verwundeten in Harnisch und in Büffelwams zerstampften! Wenn dann wieder der Kommandoruf der Wirtin zur Taube in solche Träumereien klang, gab es wohl ein sonderlich Auffahren, und ohne die kleine Aloysia hätte das Ding am letzten Ende doch noch einen traurigen Ausgang mit dem armen, verloren gegangenen schwedischen Mann genommen. 3. Du lieber Himmel, eine Zeitlang, so um das Jahr 1665 herum, trug er, der Korporal, sich mit dem Gedanken, ob er sich nicht dadurch am leichtesten ranzionieren und zugleich seinem dankbaren Gemüte am angenehmsten Genüge leisten könne, wenn er die junge Wittib freie und selber Taubenwirt zu Alberschwende werde. Eine Weile lang hatte der gute Sven die größte Lust, auch einmal das Wagstück auszuführen und zu rufen: „Ho, Frau Fortunata, sing!“, aber zuletzt wagte er es doch nicht, abgesehen davon, daß er seinen lutherischen Glauben, oder vielmehr den Glauben hochseliger königlicher Majestät Gustavi Adolfi -- denn er selbst machte sich nicht viel daraus -- doch nicht gern in die Schanze schlagen wollte. Es blieb also dabei: „He, Korperal, sing!“ und Sven Knudson Knäckabröd sang; aber wie melodisch, das wollen wir lieber doch nicht weiter aufrühren. Er war eine gute Kindsmagd, und als seine Dienstjahre in dieser Hinsicht als beendet angesehen werden konnten, da tat ihm das fast leid, und als braver Veteran behielt er für alle Zeiten eine tiefe Zuneigung zu dem frühern Dienstverhältnis. Als die kleine Aloysia zehn Jahre alt geworden war, hatte das Gebirgsvolk so ziemlich vergessen, auf welche Art und Weise der schwedische Mann in seine Mitte geraten war, und die Frau Fortunata konnte ihn allein laufen lassen. Er lief aber immer noch nicht allein; auch die kleine Aloysia Madlener hielt fürderhin in Treuen an ihm, und die beiden schickten sich gar wohl in einander im Dorf, im Wald und auf den Matten bei jeglicher Lust und Arbeit. Wer jene holdselige Gegend kennt, der weiß, daß im Süden des Dorfes Alberschwende der Pfad sich steil, anfangs durch Gehölz und dann über schöne Wiesen, zu einem Bergsattel emporzieht, die Lorena geheißen. Wer ihn heute geht, der findet unterwegs, ehe er zu dem herrlichen Gipfel gelangt, drei Sennhütten; um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts aber lag nur eine dort, und diese ein wenig höher, der Kuppe näher, am Rande eines Tannenwaldes, und die Hütte, der Wald und die Wiesen ringsumher gehörten dem Taubenwirtshaus drunten im Dorfe, und die Frau Fortunata hatte das Besitztum einst als ein trefflich Nestei dem jetzo seliglich abgeschiedenen Gatten mit in die Ehe gebracht. In dieses Haus auf der Lorena versetzte die Taubenwirtin ihr Beutestück aus dem Schwedenkriege um das Jahr 1656, gab ihm Vieh und Weide zu bester Pflege und Wartung unter, wie sie ihm vordem ihr Töchterlein anvertraut hatte, und verwendete den Korporal wiederum also geziemlich und nützlich. „Sie sagen, ihr treibt auch daheim sonderliche Zucht mit allerlei absonderlichen Kreaturen in Milcherei und Käserei, Schwen. Nun seid ihr lang genug bei uns, um zu wissen, was eine Kuh ist, und könnet wohl einen Ochsen von einem Kalbe unterscheiden. Einen Bub kriegt ihr mit auf den Berg: also jetzt zeiget euch als einen mit Verstand begabten Menschen, haltet mir gute Ordnung und zeigt den Nachbarn, daß ich mir keinen Narren in euch großgezogen habe,“ sprach die Frau Fortunata Madlener, und Sven Knudson Knäckabröd zeigte sich wahrlich als einer, der nicht nur mit Renntieren, Elentieren und der Luntenbüchse, sondern auch, wie mit dem Kinderwiegen, so mit der Milch, der Butter und dem Käse umzugehen wußte. Es hätte nun bald wenig gefehlt, daß er jetzt ebenso berühmt wurde, wie er vordem berüchtigt war. Nun ließ es sich freilich auf der Lorena lustiger hausen, als in der niedrigen, dumpfigen, holzvertäfelten Stube drunten in der Taube; vorzüglich für einen, welcher von früher Jugend an die frische Luft gewöhnt war; und der Korporal Sven saß manch lieb langes Jahr dort oben, und ein undankbarer, hartherziger Gesell von Grund aus hätte er sein müssen, wenn er jetzt nicht sein Geschick allmählich gelobt hätte. Wir wollen zwar nicht behaupten, daß gerade er vor den anderen Sterblichen der damaligen Zeiten berufen war, jubilierenden Herzens in die Pracht und Schönheit der Natur zu blicken, allein er hatte doch auch seine Freude an dem, was er von seiner Tür aus überschaute. Da hatte er zu seiner Linken den mächtigen See bis in die fernste verschleierte Ferne; zu seiner Rechten aber, über dem Tal von Schwarzenberg, da hob es sich empor: Giebel an Giebel, Zacken an Zacken, Wand über Wand; und die Glocken seiner Kühe klingelten um ihn her, und Aloysia Madlener kam, erst ein jung, leichtfüßig Kind, dann eine hübsche Jungfer, und saß wieder bei ihm und suchte ihm jetzt die Zeit zu vertreiben, wie er früher sie ihr vertrieben hatte. Tagelang saß sie oft bei ihm auf der Lorena, und bald kam die Zeit, wo der kriegerische Kuhhirt Besuche bekam, die ihm gar schön um den Bart gingen und doch nicht seinetwegen von allen Höhen herab und aus allen Tälern hinauf zu ihm stiegen. Eitel jung Volk besuchte ihn, die besten Buben weit umher, und einige gab es darunter, die kamen mit der Mette und gingen erst mit dem Abendgeläut, bis die Katz’ aus dem Sack war, und der Fidel Unold, der reiche Sägmüllerssohn, es allen anderen abgewonnen hatte. Da gingen denn dem Korporal Sven Knudson Knäckabröd auch wieder einmal die Augen auf, und als er seiner Verblüffung gegen die Frau Fortunata Luft machte, da stemmte diese auch wieder einmal die Arme in die Hüften und sprach: „Schwen, daß ich einen Esel am roten Egg aufgehoben habe, das wußte ich nach den ersten drei Tagen unserer Bekanntschaft. Na, Alterle, laßt’s gut sein, ich habe hier unten die Augen offen behalten, während ihr da oben nur das Maul aufsperrtet und vermeintet, das ganze junge Volksspiel gehe nur deshalb zu euch her, um eure Lügen und Heldentaten anzuhören. In acht Wochen ist Hochzeit, und ihr seid freundlich geladen.“ In acht Wochen war wirklich die Hochzeit der schönen Aloysia Madlener und des glücklichen Fidel Unold, und der Korporal Knäckabröd spielte, obgleich er ein Esel war, doch keine geringe Rolle an dem hohen Tage. Er tanzte sogar; -- erst zu allgemeiner Bewunderung einen schwedischen Tanz, dann unter lautem Aufkreischen der Weiber und brüllendem Gelächter der Mannsleute einen Kroatentanz, und zuletzt zu seinem allereigensten Vergnügen einen zierlichen Ländler mit der Brautmutter, der Frau Fortunata Madlener; und nur verschiedene alte Weiber, die ihm einst am roten Egg mit aufgegeigt hatten, schüttelten jetzt noch den Kopf über ihn. Nach den Hochzeiten pflegen die Taufen zu folgen, und so geschah es auch hier. Gar häufig holte man ihn auch zu solchen Feierlichkeiten von seiner Höhe herunter, und dann stiegen wiederum kleine Füße zu ihm hinauf, und -- so gingen die Jahre vorüber und hin, und der Korporal Sven Knudson Knäckabröd, der in seinen jungen Jahren so vieles durchgemacht hatte mit Märschen, Stürmen, Schlachten, Hunger und Durst, und es gar nicht besser gewußt und gewollt, der saß nun im Fett und im Frieden und wußte und wollte nichts mehr von der Welt da draußen vor den Bergen. 4. „Wenn sie mich zu Hause und in Ruhe gelassen hätten, wär’s besser und mir lieber gewesen,“ brummte der schwedische Mann an seinem Tische auf dem Gebhardsberge unruhig auf- und abrückend. „Das Weibsvolk, das Weibsvolk, -- gibt es wohl Frieden? Nimmer! Kann es wohl einen in seinem Winkel sitzen lassen? Niemalen! Das muß immer herumwuseln und zerren und zupfen und einem den Bart streicheln und einem im Notfall mit Gift anschrillen, wie eine Million Heugaisen, bloß um seine eigene Million Grillen durchzusetzen. Da sitze ich nun, aber wo sind sie jetzt, meine Weibsen? Da geht es mir doch wie königlicher Majestät mit den lappländischen Regimentern Anno Dreißig. Die sollt’ man gegen den Feind führen?! Kaum hatt’ man sie zusamm’, so hupft’s auseinander mit Gequak und Gegecker wie ein Sack voll Frösch’, und der Hauptmann steht allein vor der Batterie und kann aus der Haut fahren. O potz Käs und Kuhglocken, als die Kleinen gestern Nachmittag heraufkrabbelten und einen Gruß brachten von Mutter und Großmutter und die Nachricht, heute gehe es nach Hohen-Bregenz zum heiligen Gebhard, da hab’ ich mir bei ihrer Lust gleich gedacht, daß das für mich ein sonderlich Vergnügen werden würde. Der Tiroler ist es nicht, die Erinnerung ist’s, was mich auf den Kopf stellt. Dem roten Egg bin ich seit einem Menschenalter nicht nahe gekommen, und nun muß ich der Alberschwendener Weiberstreifpartei hierher als Führer dienen! Ja, sicher wär’s besser gewesen, wenn sie einen anderen dazu kommandiert hätten, und doch -- o, o, es ist, es ist ein sonderlich Vergnügen. Da hielt der Wrangel! Und dort fanden wir den Fähndrich Olafsson mit eingeschlagenem Schädel. Ja, klingelt nur und räuchert nur; ihr klingelt und räuchert uns nicht weg! Es war eben eine gloriose Wirtschaft, und es ist nur ein Elend, daß man nicht einen hat, mit welchem man anstoßen könnte: trink, Bruder, die schwedische Gloria soll leben, -- alle guten Gesellen zu Roß und zu Fuß sollen leben, und du sollst auch leben, Bruderherz! -- Wo stecken nur die Weibsen? Das ist doch keine Art, einen mit der alten Zeit an einem solchen Ort alleine zu lassen! Ja, wenn ich nur die Kinder hätt’, da könnt’ ich mich doch woran halten -- ho, ho, der rote Tiroler und der General Wrangel, die haben nun die Oberhand über dich, Sven Knudson Knäckabröd -- o Käs und schwer Geschütz, Sven, es ist doch eine Lust und Annehmlichkeit, heut allhier auf Hohen-Bregenz zu sitzen und Anno Sechsundvierzig mit dabei gewesen zu sein, als man es mit Sturm nahm; Herrgott, die Tränen kommen einem vor Wehmütigkeit in die Augen, und wann ich heut schwedisch reden hört’, ich glaub’, das Heimweh stieße mir das Herz ab.“ Die „Weibsen“, welche der Korporal Sven zum heiligen Gebhard hatte führen müssen, nämlich die Frau Fortunata, die Frau Aloysia und die kleinen Mädchen der letzteren, hatten ihn natürlich sogleich nach der Ankunft auf dem Pfannenberge seinem Geschick und eigenen Gaudium überlassen. Den schwedischen Mann hatten sie immer zur Hand, aber um den Altar des heiligen Gebhard da gab es Bekannte und Verwandte, Freunde und Freundinnen, die man nicht immer zur Hand hatte. „Ich vertret’ mir die Füß’,“ sagte der Korporal, „es hilft nichts, hier festzuwachsen. Sie werden mich heute nicht als Spionen hängen, wenn ich des Ortes Gelegenheit wieder einmal erkunde. Donner, es war doch eine tüchtige Arbeit, damals bei dem gefrorenen Boden, Schnee und Eis, die Artillerie den Berg hinauf zu bringen!“ Er hatte sich erhoben und reckte und dehnte sich und wandelte schwerfällig durch das Getümmel und betrachtete von neuem und von allen Seiten aus den Schauplatz, auf welchem er selber einst mit der Pike in der Hand so tapfer mit agieret hatte. Er stieg um die Ringmauern. „Da kamen wir mit den Leitern und verloren manchen guten Mann. Da wollten die Herren Generals zuerst Bresche legen lassen; aber wir besannen uns eines Besseren und führten das Geschütz weiter ab. Dort hinein kamen wir! Vivat, vivat! sieh, sieh, dort stürzt’ ich die zehn Schuh tief hinunter auf den Kopf und dacht’, es wär’ mein Letztes; aber ich kam doch schnell genug wieder auf die Füße und war mit unter den ersten im Tanz! Es ist nicht zum Aushalten, -- man muß vor seinen lieblichsten Erinnerungen Reißaus nehmen, wann es einem so ergangen ist wie mir. Da sollt’ man ja ersticken. Die Mauern fallen einem auf den Kopf. Ich denk’, ich nehme wirklich Reißaus und steige nieder zum See. Solch’ groß’ Wasser hab’ ich ja auch seit dem Elend am Fallenbach nimmer wieder in der Näh’ zu Gesicht gehabt.“ Wer des Veltliners zur Genüge trank, der weiß wohl, wie blau ihm der Himmel werden mag. Dem braven Korporal Sven wurde mehr als eine Fiedel auf dem Wege, welchen er jetzo ging, gestrichen; aber es klang ihm wie der Schall von hunderten in das Ohr, und dazu viel andere Instrumente, Pauken und Posaunen, und dann durch alles ein fernes Grummeln, gleich schwerer Konstablerei in geordneter Feldschlacht. Alle Leute, die ihm begegneten, freuten sich über ihn; er aber ging so gravitätisch seines Pfades, als es sich bei der Steilheit des Berges eben tun lassen wollte, und so kam er hinab an das Ufer des Sees und blickte mit ernstem Kopfschütteln auf die breite Wasserfläche und wandelte langsam am Gestade hin, bis zu der Seekapelle, allwo, wie wir bereits sagten, die Kähne der Gäste, die über das Wasser gekommen waren, an Stricken und Ketten lagen. Wenn es in Bregenz und auf Hohen-Bregenz, in der Stadt und auf dem Pfannenberg hoch, lustig und lebhaft zuging, so war es desto stiller am Wasser um diese Zeit. Klar und ruhig lag der See da; die Enten und Gänse ruderten und tauchten am Ufer, und fern auf der Höhe des Spiegels schwangen sich blitzend wie silberne Punkte die weißen Seeschwalben im Kreise, und weiße Segel stiegen über den Horizont herauf, oder tauchten über ihn hinab, und die Stadt Lindau zur Rechten der Bucht streckte ihre Türme und Giebel so klar in die Tiefe, wie sie dieselben in den lichten Himmel emporhob. Der schwedische Mann von der Lorena nahm den Hut ab, trocknete sich die schweißtriefende Stirn und atmete tief und erleichtert; dann aber schüttelte er mehr denn je den Kopf, nachdem er sich auf einen Stein am Ufer gesetzt und die Hände auf die Kniee geschlagen hatte. „Ich hätt’ auch dem nicht nahe gehen dürfen,“ murrte er nach einer Weile. „Vom Berg aus darauf hinzusehen, hat mir nichts gemacht; aber in der Nähe ist’s ein anderes, und schlimmer als da oben die Rudera. Die Weibsen können es nimmermehr verantworten, daß sie mich hierher geschleppt haben, denn wenn ich sie darhingegen nach Jönköping am Wetternsee setzen wollt’, so würd’ ich mir wohl allerlei in die Ohren stopfen müssen, von wegen ihres Geheuls und Heimweh. Jönköping! Da bin ich umhergezogen mit dem großen Gustav, und nachher mit dem Banner, dem Torstenson, dem Königsmark und dem Wrangel und hab’ nimmer an den Wetternsee und meines Vaters Haus zu Jönköping gedacht, und heut hab’ ich selber Lust, darüber zu heulen wie ein Weib. Jetzt ist mir das Wasser noch ärger als das Land; -- ja wahrlich, als ich mit dem großen Gustavus Adolfus über das Meer fuhr, da hab’ ich noch nicht gewußt, daß es doch zuletzt nur zum Kühmelken und Käsemachen ging -- o Donner und Nordlicht, hab’ ich das nur geträumt diese langen sechsundzwanzig Jahre, oder hab’ ich es wirklich und wahrhaftig erlebt? O ja, da möcht’ man doch auf Nimmerwiederaufgucken in den See untertauchen!“ Er war wild aufgesprungen, und dann tat er noch einen Sprung, hinab vom Uferrande, doch nicht in das Wasser, sondern in den nächstliegenden Kahn, den er durch die mächtige Erschütterung fast zum Sinken gebracht hätte. Schwer fiel er auf die Bank und sah beinahe erschrocken nach der Stadt Bregenz und dem Berge des heiligen Gebhard hinüber. Aber niemand hatte ihm auf seine Schliche gepaßt, niemand auf seine Tat Acht gegeben. Im nächsten Augenblick schon hatte er das Messer gezogen und mit einem Hieb das haltende Seil zerschnitten. Er war im Rausch, als er die Ruder ergriff, doch nicht vom roten Tiroler. Drei kräftige Schläge führten das leichte Fahrzeug hinaus auf den jetzt im linden Südwest sich kräuselnden See. Es gelang dem Korporal Sven Knudson Knäckabröd, den kleinen Mast aufzurichten und -- er hatte nicht umsonst in seiner Jugend dem Herrgott halbe Tage mit dem Fischfang auf dem Wetternsee abgestohlen -- das Segel schiffermäßig zu entfalten und zu richten. Er war nicht im geringsten Schuld daran; allein es war richtig, -- er war seinen Weibsen, der Frau Fortunata, der Frau Aloysia und den kleinen drei Schmelgen durchgegangen und befand sich bei günstigem Winde auf der Fahrt nach des heiligen römischen Reiches freier Stadt Lindau im See. 5. Es war gar lieblich auf den Wassern, vorzüglich für einen, der in so seltsamer Stimmung darüber hinfuhr, wie der schwedische Hirt von der Lorena. Wenn es still am Ufer unter dem Fürberg war, so war’s noch viel stiller auf der von der Nachmittagssonne beglänzten Bucht von Bregenz, und der Korporal Sven hatte eine gute Fahrt. Er saß und hielt die Hände vor dem Bauch gefaltet und ließ sein Schifflein gleiten vor dem Winde. Wie jetzt das Ufer hinter ihm versank, oder die Berge sich vielmehr heraushoben, so hob sich nun auch vor ihm das niedrigere Hügelland des Allgäus, und vor allem wie eine Stadt aus dem Wunderschatz der Frau Saga die freie Reichsstadt Lindau. Die grauen Mauern, deren Grund der römische Kaiser Tiberius Claudius Nero legte, als er hier die Rhätier und Vindelicier besiegt hatte, lagen noch stiller da als der See. Die alten Linden nickten freundlich-schläfrig von den Bastionen, und die grün und silbern, rot und goldfarbig glänzenden Turmdächer von Sankt Peter und der heiligen Dreifaltigkeit -- den Diebesturm nicht zu vergessen -- luden förmlich behaglich wie aus der Luft, so aus dem Wasser, den braven Korporal Sven Knudson Knäckabröd zum Näherkommen ein. In dem kleinen Hafen lagen ruhig, nur da und dorten von einem weißen Spitzhund bewacht, die Lädinen und Halblädinen, die Segner und Halbsegner und dazwischen die Lustgondeln der wohlhabenden Reichsstädter, soweit sie sich nicht zu Bregenz befanden. Nur eine Bürgerschildwacht war auf der Mauer zu erblicken, und die schlummerte sanft auf ihre Partisane gestützt. Das Lebendigste auf dem Wall zu Lindau im See waren um diese Stunde die Fliegen, welche in Scharen über den erwärmten Geschützrohren summten. Der Kahn des Schweden schoß, durch den Schatten der Lastschiffe hin, in den Hafen hinein und an die Hafentreppe, und als der Korporal sein Schifflein mit einem letzten Ruderschlag dort antrieb, fragte ihn niemand um das Wohin und Woher, und das war recht gut; denn im Augenblick hätte er vielleicht auf beides keine Antwort zu geben gewußt. Seit dem Kolbenschlag am roten Egg war ihm nicht so verworren zu Mute gewesen, aber trotz allem war ihm heut’ doch die Welt behaglicher als damals, wo er sich auf dem blutigen Strohlager am Schanktisch in der Taube zu besinnen suchte. Doch wer auf eine solche Weise, wie er, im Hafen von Lindau anlangte, der mochte, nachdem das Schifflein am Lande lag, wohl selbst den Hut hin und wieder rücken um die Frage: Was nun? und wohin nun? Der Korporal Sven stand und blickte an der nahen Stadtmauer empor und durch den dunklen Bogen, welcher in das Innere der Stadt führte, hindurch und rieb sich die Stirne. In dem nämlichen Augenblick aber erschien über der Mauerbrüstung ein dicker, roter, von schneeweißem Haar umflusterter Kopf, der sich ächzend auf zwei gewaltige Fäuste legte und entsetzlich gähnend auf den See hinausstarrte. Dasselbige Haupt spie verächtlich von der Mauer der freien Reichsstadt hinab; ein nicht geringer Mund öffnete sich, und -- plötzlich -- ganz unvermutet und von einer solchen Erscheinung auch gar nicht zu vermuten, fing das Ding an zu singen, und zwar eine Weise, welche im Munde des schwedischen Volkes schon seit mehr denn hundertfünfzig Jahren umging. Und in schwedischer Zunge sang das Unding auf der Mauer heiser und gräßlich: „König Gustav reitet nach Dalarne Zum Thing mit den Dalkarlen sein; Doch Christiern liegt vor Södermalm Und frißt gestohlene Schwein;“ und wie heulend in Verdruß, Ärger, Entrüstung und Wehmut: „König Christiern sitzt in Stockholmschloß Und säuft unsern Met und Wein!“ „Blitz und Donner! Alle guten Geister!“ stöhnte der Korporal Sven Knudson Knäckabröd, versteinert nach dem Sänger aufstarrend; doch der da oben gähnte noch einmal und scheußlicher als zuvor, und fuhr fast noch unmelodischer fort: „Hört alles, was ich euch biete an, Vom Tal, ihr meine Mannen: Wollt ihr mir folgen nach Stockholm Und schlagen die Jüten von dannen?“ Mit beiden Händen griff der Korporal Sven Knudson Knäckabröd nach seinem Haupte, wie im wilden Zweifel, ob er dasselbige auch noch auf den Schultern trage; und als er es noch an Ort und Stelle fand, tat er einen Satz und brüllte seinerseits zu dem Sänger auf der Mauer hinauf: „Um’s Rebhuhn und um’s Eichhorn ist’s, Sobald wir zielen, geschehn; Und dem Blutracker Christiern, Dem soll’s nicht besser gehn;“ und die Wirkung nach oben hinauf war nicht geringer, als die von oben hinunter. Auch der da oben schnellte empor und beugte sich über die Brüstung und schrie: „Bei der blauen Fahne Wasa’s, ist ein Spuck, ein Trold aus dem See aufgestiegen, oder ist’s ein Landsmann? Ho Landsmann? Landsmann!“ „Ho Landsmann!“ rief der Hirte von der Lorena; aber da er einmal im Zuge war, so brüllte er weiter, daß die Bastionen der freien Reichsstadt Lindau wie im Schrecken widerhallten: „Das reißt nun in meiner Seite, Ich fühle mich so beengt; Auch ich hab’ von den Fischen gekostet, Die man in Dalarne fängt.“ Die Bürgerschildwacht im Lindenschatten erwachte bei den Mißtönen aus ihrem süßen Schlummer und faßte zusammenfahrend die Pike an. Die Mauertreppe aber herab stürzte der Hafenwärtel der freien, frommen und biderben Reichsstadt Lindau im See, Rolf Kok, umfaßte mit beiden Armen den Mann von der Lorena, schüttelte ihn heftig und rief: „Kerl, in aller Welt Namen, Kerl, Kerl, wo kommst du her? wo bist du jung geworden? wer bist du?“ „Arkebusierer Korporal Sven Knudson Knäckabröd im gelben Regiment Oxenstierna -- versprengt im Gebirge -- dorten! Melde mich zurück, Korporal Rolf Rolfson Kok, denn der seid ihr und kein anderer! Die Finne da auf eurem linken Nasenflügel habe ich sechzehn Jahre lang beim Aufmarsch in die Linie zur Rechten gehabt, und die Schmarre da habt ihr von dem Nürnberger Malheur, Korporal Kok. Melde mich zurück, Korporal!“ „Und wir schreiben Vierundsiebenzig! Mensch, o Mensch, Mensch, du bist der Sven, den wir hinter seinem Rücken Hahnentritt nannten, von wegen seiner Gangart? Und das passieret einem, nachdem man sich seit Anno Sechsundvierzig nicht mehr zu Gesicht gekriegt hat, heut hier zu Lindau an der Hafenmauer? O Sven, wo ist die Kumpaneia? wo Hauptmann, Leutnant und Fähndrich? wo sind die Fahnen und Trommeln? wo der Herren Generale Gnaden? Sven Knäckabröd, wo du herkommst, weiß ich noch nicht; aber ich, ich sitze hier seit dem Lindauer Sturm -- erst als Invalid, dann als Bürger und Ehemann -- und als Witwer und Hafenvogt, und sie haben mir noch nicht einmal meinen Namen gelassen: Meister Gockele nennen sie mich! ja das Gockele nennen sie mich; und du bist Sven Knudson Knäckabröd, und wir sind beide mit dem König herübergekommen und standen mit bei Breitenfeld, bei Lützen und liefen mit bei Nördlingen und zogen mit dem Wrangel gegen die Schneeberge, o Sven, Korporal Sven, Kamerad Sven, ich heule wie ein Kind!“ „Und ich heule mit, Korporal, Kamerad Rolf“, schluchzte der andere. „Siebenundzwanzig Jahre habe ich bei dem Vieh sitzen müssen, und nach so großer Gloria und gewaltigen Schlachten habe ich die Kühe gemolken und Käse gemacht, siebenundzwanzig Jahre durch. Rolf, o Rolf, Rolfson Kok, am Fallenbach, am roten Egg haben die Weiber uns alle totgeschlagen, nachdem wir Bregenz da drüben genommen hatten, und heut’ hat mich erst die gute alte Zeit in den Ruderibus verwirret, und nachher hat mich der Nix über den See gelockt. Im Traum bin ich über den See gefahren, und der Nix hat gewußt, daß ihr hier auf der Mauer von Lindau auf mich wartet, Korporal Rolf Rolfson Kok.“ Sie hielten sich in den Armen, die beiden alten Schweden. Sie küßten sich, und die Tränen rollten ihnen über die gelbbraunen Backen. Sie tätschelten sich zärtlich die breiten Buckel und hatten eine Freude aneinander wie ein Brautpaar im Maienmond. Es war aber auch keine Kleinigkeit, was ihnen begegnete an diesem Festtage des heiligen Bischofs Gebhard, den sie und ihre Kriegsgenossen vordem so hart mit Geschütz und Sturmanlauf bedrängt hatten, und dessen Wiege und Burg der eine von ihnen mit niederwerfen half. Sie waren sehr gerührt, die beiden braven schwedischen Korporale; aber nach der Rührung kam natürlich wieder um so heftiger der Durst, und dessen wurden sie nunmehr mit großer Lust inne. Da faßte der Korporal Gockele den Korporal Hahnentritt unter den Arm und sprach: „Komm, Herzensbruder, ich weiß unsern Ort, und will dir daselbsten etwas zeigen, so dir das Herze erfrischen soll, besser als der kühlste Trunk aus des Kronenwirtes Keller.“ Er führte ihn in das Wirtshaus zur Krone. 6. Wer heute zu Lindau im See, sei’s mit dem Dampfboot landet, oder mit dem Bahnzug anpfeift, der findet die Krone noch immer an ihrer Stelle. Einst zog sich die Stadtmauer dem Wasser entlang davor her: die Mauer ist längst gefallen, aber das gute, alte Wirtshaus steht noch fröhlich aufrecht. Wer heute durch den gewölbten Torweg geht und die Treppe hinaufsteigt, der findet auch heute noch zu Anfang eines langen, hellen, weißen Ganges das, was der Korporal Rolf dem Korporal Sven zu höchster Herzerfrischung weisen wollte, und mag sich ebenfalls daran erfrischen. Da hängt nämlich von der Decke herab eine eiserne Kugel an eiserner Kette, -- eine Bombe des Feldmarschalls Karl Gustav Wrangel, und das Bild des Feldmarschalls hängt an der Wand daneben. Beides gehört zu dem Hause seit dem Jahre 1647, seit dem Momente, in welchem der Herr Feldmarschall diese Bombe in die freie Reichsstadt Lindau hineinschoß und Grimmiges mit ihr im Sinn hatte, was sich gottlob nicht erfüllte, denn das Untier durchschlug nur das Dach des guten Wirtshauses und blieb, ohne weitern Schaden anzurichten, auf dem Hausboden liegen, -- 180 Pfund schwer. Damals hat man den unfreundlichen Gast vorsichtig aufgehoben, ihn seiner verderblichen Füllung entledigt und ihn bei ruhiger Zeit an besagter Kette am Gebälk aufgehängt zum ewigen Gedächtnis des Generals Wrangel und seines groben Geschützes. Der Korporal Rolf aber hatte vollständig Recht: im Jahre 1674 gab es keinen bessern Augentrost für den schwedischen Mann der Wirtin zur Taube in Alberschwende, als diese Kugel und dies Bildnis in der Krone zu Lindau. Im Jahre 1674 sah die Krone nicht so hell und freundlich aus als heute. Die Wände waren nicht mit Kalk getüncht und noch weniger al fresco mit heidnischen und christlich ritterlichen mittelalterlichen Festivitäten bemalt. Aber das Haus war schon damals gut und verdiente seinen Ruf weit übers Allgäu hinaus, und der Hafenwärtel Rolf Kok, genannt das Gockele, kannte das Getränk und hatte sein Kerbholz fröhlich hinter der schwarzbraunen Eichentür der Zechstube. Fürs erste aber stellte er den wiedergefundenen Kriegskameraden unter die Schwedenkugel, wies auf sie hin und wies auf das Bild des Feldmarschalls und sagte: „Da, Herzbruder, da!“ Der Hirt von der Lorena rieb sich die trüben Augen, starrte auf die Bombe, starrte auf das Bildnis seines Generals, tat einen Sprung und schüttelte sich, als ob er die Jahre und sein Leben unter dem Kommando der Frau Fortunata und sein Leben auf der Lorena mit einem Ruck abschütteln wolle. Er streckte die ausgebreiteten Arme dem Feldmarschall und der schwedischen Kugel zu und rief aus vollem Halse: „Vivat Gustavus Adolfus! Vivat Gustavus Wrangel! Es leben die Löwen aus Mitternacht!“ Und er tat einen zweiten Satz und schrie zum zweiten Mal, daß die Wände erzitterten, und ein einsamer Zecher nebenan in der Trinkstube sich von seinem Tisch im Winkel erhob, aufstand und den Kopf aus der offenen Tür in den Gang vorstreckte. Dem Kopfe nach folgte der übrige Mann, und das Ganze war wohl einer Schilderung wert. In dem alten, langen, hagern und gelben Gesichte mit dem eisgrauen, spitzgewichsten Knebel- und Schnurrbart umfunkelten zwei kohlschwarze Augen eine lange, scharfe Nase. Zwei lange, einknickende Beine in engen, schwarzen Hosen und schwarzen Strümpfen trugen den mit schwarzer Schoßweste und schwarzem Rock angetanen dünnen Leib, und als die Kreatur den Hut abnahm und in die Luft schwang, da entblößte sie einen ratzenkahlen, gelblichen Schädel: „Cospetto! O Jesus Maria! Vivat Ferdinandus!“ Wie auf ein Kommandowort fuhren die beiden Korporale herum, als ihnen so unvermutet auf ihren eigenen schwedischen Schlachtruf das wohlbekannte Feldgeschrei und die Losung des kaiserlichen Heeres entgegen schrillte. Und siehe, schon kam der schwarze, lange Mann, auf sein spanisch Rohr mit dem Messingknopf gestützt, herangehinkt, fegte in tiefer Verbeugung den Boden mit dem Hutrande und sprach höflichst: „Bitte um Permission, Signori; -- Kriegskameraden von der andern Seit? Groß Ehr! groß Ehr! -- -- Hab das Vergnügen, mich denen Herren zu rekommandir. Signor Tito Titinio Raffa, Zahlmeister im Regiment zu Pferd Strozzi. Hatt schon die Ehr vordem bei Breitenfelda, -- groß Ehr, groß Ehr, groß Battaglia! Woll die Herren eintret und niedersitz zu einem Trunk und freundlich Diskurs? Groß Ehr, viel Vergnügen und gut Kameradschaft!“ Mit allem Eifer schüttelten die beiden versprengten schwedischen Kriegsleute dem versprengten Reitersmann vom Regiment Strozzi die dargebotene Rechte, und im nächsten Augenblick saßen sie mit behaglichem Ächzen nieder an dem Tische, von welchem der Herr Zahlmeister aufgestanden war, um sie zu begrüßen: die Frau Wirtin zur Taube in Alberschwende hatte um diese Tageszeit, das heißt um Sonnenuntergang, auf dem Gebhardsberg gut suchen und rufen nach ihrem treuen Knecht Sven Knudson Knäckabröd aus Jönköping am Wetternsee. 7. Die Lichter des Tages waren längst verglüht auf Gefild, Berg, Wald, Tal und See. Die glänzenden Spitzen des Kamor, des Hohen Kasten und des Säntis drüben in Appenzellerland hatten sich in der Nacht verloren: der Mond sollte erst später aufgehen. Die Lichter in den Wohnungen der Menschen waren angezündet worden, und der Tisch der drei Helden in der Krone zu Lindau bot jetzt ein seltsam Schauspiel dar. Wenn der aus dem Land Tirol, der Rote, ein sauber Getränk ist, das des Menschen Herz erhebt, so hat der Bayern Bier auch seine löblichen Verdienste, und die drei Krieger tranken davon und hatten davon getrunken. Die beiden wackeren Schweden saßen wie aus Granit zurechtgehauen fest, mit den kurzen Tonpfeifen im Munde; aber der italienische Sprachlehrer Tito Titinio Raffa, vordem Zahlmeister im Regiment Strozzi, stand aufrecht, soviel ihm das möglich war, focht wild mit beiden Händen in der Luft umher und beweinte gellend die schönere Vergangenheit und das Elend der Gegenwart, ja, die schönere Vergangenheit, deren er Genuß gehabt hatte von dem Tage an, wo sich bei Breitenfeld nach des Schwedenkönigs Wort eine Krone und zwei Kurhüte an einem alten Korporal rieben. „Da ging es freilich mit Sang und Klang, mit Pauken und Posaunen herum im deutschen Lande,“ winselte er. „Die güldenen Ketten fielen einem aus dem Pulverdampfe um den Hals, und die güldenen Dukaten raffte man zu Haufen vom Erdboden auf und kümmerte sich wenig drum, wie arg er zerstampft war. Die Fackeln und Lichter brannten im Tanzsaal von einem Jahr ins andere, -- und die Lust war immer dieselbe, ob man den Feind schlug oder ihm die Fersen zeigte. Im letzten Grund gab es ja gar keinen Feind, sondern nur einen lustigen Bruder, der auch zum Fest von der dummen deutschen Nation eingeladen worden war, einen vergnügten Bruder und Kriegsgesellen, mit dem man bei Geigen- und Trompetenklang eben sein Tänzlein machte, wie es sich schicken wollte: heut’ oben an der See, morgen mitten im Land; heut’ am grünen Rheinstrom, morgen an der gelben Weser und übermorgen an der blauen Donau. Gute Kameraden, nichts als gute Kameraden in jedem Lager, unter jeglicher Fahn’ und Standarte! Das war ein Leben, wie es die Welthistorie noch niemalen aufgezeichnet hatte, und wie kein Kriegsmann zu Roß und zu Fuß es sich jemalen lieblicher ausdenken mag. Das Herz geht mir heut’ noch im Galopp gegen die gute alte Zeit durch, wenn ich daran denk’, wie der Leutnant Schneeberg von Götzens Kavallerieregiment nach der Lützner Schlacht, nach verlorener Bataille, des Königs Gustavi Adolfi goldene Kette in Halle auf den Tisch warf und für sich allein Viktoria rief.“ „So ist’s, obgleich ihr davon gerade nicht reden solltet, Zahlmeister,“ murrte der Korporal Sven. „Ein Türkis hing dran von der herrlichsten Art. Sie hatten ihn ausgegraben in dem Gebirg Piruskua, zehn Meilen von der Stadt Moscheda; ich hab’ ihn tausendmal blitzen sehen, wenn die Majestät die Front hinabritt, und wir vermeinten alle, der Stein mache schuß-, hieb- und stichfest; doch es war nicht an dem, wie sich ausgewiesen hat; aber der Teufel soll euch doch holen, Zahlmeister, weil ihr gewagt habt, die Hand daran zu legen!“ „_Di grazia, prego perdono!_ Verzeihung, ihr Herren; ich rede nur davon, um des Elends von heute willen. Der Domeneddio stand damals auf jeder Seite. Ihr hattet den Sieg, wir den Türkisen schwedischer Majestät. Jeglichem seinen Spaß, und -- freie Hand überall! Das war die Parol’ bis zum Jahr achtundvierzig. Nun ist es lange für alle aus, und keiner hat dem anderen einen Groll nachzutragen.“ „Nein, keine Feindschaft um das, was vergangen ist; ich trinke auf eure Gesundheit, Herr Zahlmeister vom Regiment Strozzi!“ rief der Korporal Rolf Rolfson Kok. „Was uns schwedische Männer insbesondere betrifft, so brauchen wir uns wenig zu grämen. Wir haben behalten, was wir gewonnen, und decken ein gut Stück deutschen Landes von Greifswald bis Verden mit unseren Piken und Musketen.“ In demselben Augenblick setzte sich der Italiener kurz nieder, und ein Grinsen der Schadenfreude überzog, trotz aller guten Gesinnungen gegen seine früheren Feinde, sein gelbes Gesicht. Er pfiff auch einen langen Pfiff und zischelte: „Decket es mit, Kamarado, es tut Not. Dorten werden freilich bald genug die Trompeten noch einmal zum Antraben rufen; aber für unser einen ist keine Freude mehr dabei, so wenig als bei des französischen Louis und des Kaisers Spektakel drüben am Rhein. Diesmal sollet ihr die Prügelsuppe für euch allein haben, ihr nordländischen Bären.“ Vier Fäuste krachten auf einmal auf den Tisch; ein halb Dutzend grausamlicher schwedischer Flüche schmetterte dazwischen, und auf den Füßen standen nunmehr die zwei Korporale und riefen wie aus einem Munde: „Was singet der Herr da?“ Der Italiener lachte und winkte begütigend dem Hafenvogt: „Könnt ihr es leugnen, Kamarado, daß ihr euch da unten Gewaltiges und Tückisches vorgenommen habt? Der Signor aus der Wildnis hat freilich bei seinen Murmeltieren geschlafen; aber wir anderen wissen doch noch ein wenig, wie es in der Welt zugehet, und meine Opinion ist augenblicklich, daß ihr euch diesmal bei dem Handel tüchtig die Pfoten verbrennen werdet. Ha, leugnet es nur, aber es ist so! Ihr werdet ihn mit nichten halten, den zehnjährigen Neutralitätsvertrag, nun da die Katz’ vom Haus ist, und die kurfürstlichen Gnaden von Brandenburg mit dero hohen Sposa, dero Kurprinz und dero glorreicher Armada zum kaiserlichen Kommandeur, dem Duc de Bournonville am Rhein aufgebrochen sind.“ „Man wird ihn halten!“ rief der Hafenwärtel. „Ich sage no! und ich sage dazu, nehmet euch in acht! Die Welt ist älter geworden seit unseren jungen Tagen, und neue Hände sind an einem neuen Werke.“ „Zahlmeister! Zahlmeister!“ rief Rolf Rolfson Kok drohend. „_Pazienza! adagio!_ möcht’ wohl einmal in eure Magazine in Stettin hineingucken. Das wird schon jetzt ein lustig Zufahren von Piken und Musketen, Pulver, Blei und Geschütz im Hafen von Wismar sein. Ohe, Signori, das wird ein lustiges Klingen von französischem Geld auf den Tischen von Stockholm und in den Taschen eurer Generale geben!“ „Ihr seid ja ein recht feiner, politischer Kopf, Herr Kamerad vom Regiment Strozzi,“ brummte Sven Knudson Knäckabröd, ungewiß, ob er das Ding für eine Schmeichelei oder das Gegenteil nehmen solle. „Bin ich doch Zahlmeister gewesen!“ lächelte Signor Tito Titinio Raffa. „Erzürnet euch nicht, wir haben es auch nie anders gehalten. _Cospetto_, wünsch’ euch aus vollem Herzen, daß ihr euren Wunsch durchsetzen möget. Der Herr Turennius mit Eisen und Stahl am Rheinstrom, und der klingende französische Sack in Stockholm werden wohl nach Kräften dazu helfen; aber -- aber nehmet euch in acht, daß euch der Brandenburger nicht doch die Karten aus der Hand schlage.“ „Er wird es wohl nicht,“ meinte Rolf bärbeißig. „Will es euch wünschen; aber -- aber saget doch: mit dem Herrn Feldmarschall Karolo Gustavo Wrangelio, dessen Bild und eisern Gastgeschenk da draußen aufgehängt ist, seid ihr vordem hierher gekommen?“ „Mit demselbigen!“ „Nun denn; wenn ihr heut’ Abend noch von hier abreiset, so trefft ihr ihn vielleicht schon auf dem Marsche nach Berlin“. „Vivat! es lebe der Held aus Mitternacht!“ schrie der Korporal Sven, der bis jetzt mit immer steigender Verwunderung von einem der beiden Politiker auf den anderen gesehen hatte und nur mit Mühe den Sprüngen ihrer Unterhaltung gefolgt war. Jetzo aber war es ihm auf einmal ganz klar geworden, wieviel Welthistoria er im Bann und Dienste der Frau Wirtin zur Taube in Alberschwende und bei seinen Kühen und Geißen auf der Lorena versäumt habe. „Schulterts Gewehr! An die Piken! Aufgesessen, Kürassiers und Dragoner!“ brüllte er und fügte in leiserem Ton hinzu: „Aber es gehet mir auf wie ein Nordlicht, daß ich schon einmal dabei gewesen bin mit den Brandenburgern, und damals war’s nichts Großes, und wir lachten auch allsamt über den Spaß. Ja, es war Anno Einunddreißig, Korporal Rolf, ihr wisset, als auch wir zuerst auf Berlin marschierten, fünfzehnhundert Mann zu Fuß und zu Pferde mit dem Könige und vier Kanonen. Wir kamen von Köpenik, allwo das große Lager war, und hatten unsere Lust mit dem damaligen Kurfürsten Georg Wilhelm und seiner Kurfürstin. Sie handelten mit uns bis zum letzten Augenblick und kamen zum Vergleich erst, als die Konstabler die Lunte aufschlagen wollten, um ihnen das Verständnis zu wecken. Ja wohl, jetzt fällt es mir genau bei. Sie gaben uns nach endlich abgeschlossenem Pakt das Geleit vor die Stadt, und da wollten ihnen beim Abschied königliche Majestät doch noch eine unverdiente Ehre antun und ließen eine Generalsalve geben aus großem und kleinem Gewehr. Das war der Spaß! Der Feuerwerker hatte vergessen, das Geschütz von der Stadt abzurichten, und weil wir zuerst als Feinde gekommen waren, so schossen wir nun auch als Freunde scharf und deckten ihnen ganz ohne bösen Willen die Dächer ab. Das gab denn freilich ein groß’ Geschrei der Damens, und königlicher Majestät war’s sehr unangenehm.“ „Ich war nicht dabei, Korporal Sven,“ sprach der Korporal Rolf, „ich stand damals in Köpenik mit der Hauptmacht. Aber die Sache ist so, und zu viel ist da auch niemandem geschehen; denn während wir ihnen nur ein paar lumpige Schindeldächer abdeckten, deckte uns der alte Korporal, der Tilly, die ganze Stadt Magdeburg ab. Der Gustavus Adolfus hat es dem Brandenburger nie vergeben.“ „Das sind alles alte Geschichten,“ meinte der Signor Raffa gähnend. „Auch ist es nicht weit von Mitternacht, und morgen früh reis’ ich zurück nach Augsburg, sintemalen niemand der hiesigen Barbaren, weder Mann noch Weib, ein Gelüst zeigt, die bella _lingua toscana_ zu erlernen. _Cospetto_, um nichts Ärgeres zu sagen! Die Herren und Kameraden mögen einen guten Schlaf tun; -- es war mir ein’ groß’ Ehr’ und Vergnüg’, mit meiner angenehm’ Konversatione aufzuwarten.“ „Möge dem Herrn unsere schlechte Gesellschaft gleichfalls gefallen haben,“ sprach der Korporal Rolf, während der Korporal Sven stumm, aber mit militärischem Anstand salutierte. Die Schenkstube der Krone hatte sich allmählich mit Gästen sehr gefüllt; aber die drei Kriegsmänner hatten wenig davon gemerkt und gar nicht sich darum gekümmert. Sven und Rolf verwunderten sich dann erst darüber, als der Zahlmeister vom Regiment Strozzi zierlich Abschied genommen hatte. 8. Wer in dieser Nacht durch die Gassen der alten freien Reichsstadt Lindau wandelte, und, was freilich nicht zu vermuten stand, einen Sinn für Naturschönheit hatte, der mochte wohl über der augenblicklichen Lieblichkeit der Erde vergessen, wie wild es auf eben dieser Erde immer noch aussah, trotzdem die drei greisen Kriegsgesellen sich soeben erst über die nichtswürdige Friedensseligkeit und jammerhafte Langeweile, die ihnen in ihrem Alter zu Teil geworden waren, so herzzerbrechend beklagt hatten. Im silbernen Mondenglanz lag jetzt der See rund um die Inselstadt her und spülte nur lind und leise an die uralten Mauern. Drüben kam der junge Rhein wahrlich friedlich aus dem Graubündnerland hervor; aber auch der, nachdem er den großen See durchströmt, Konstanz gegrüßt und bei Schaffhausen den lustigen Sprung gewagt hatte, sah und vernahm in seinem fernern Laufe mancherlei, was nicht nach Frieden klang und aussah. Sie waren hart am Werke miteinander: der Kaiser Leopoldus, daß er das Elsaß, um der ewigen Verdrießlichkeiten darob entledigt zu werden, so anständig und still als möglich losschlage, -- König Louis, daß er es mit größtmöglichstem éclat, Jubel und Feuerwerksgeprassel in Empfang nehme. „Uns gefällt nicht ein mächtiger Fürst der Wenden an der Ostsee!“ hatte der allezeit Mehrer des römischen Reiches deutscher Nation in Wien gesagt und seinem Feldherrn im Lager bei Straßburg, dem Herzog von Bournonville, Befehl gegeben, sich lieber dreimal von den Franzosen schlagen zu lassen, als einmal dem brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm Gelegenheit zu geben, seine Pflicht gegen das Reich mit Gloria zu erfüllen. Da hatte denn der Herr von Turenne natürlich ein leicht’ Spiel, und hat es auch trefflich benutzt; -- doch das sind alte Geschichten, wie Signor Tito Titinio Raffa sagen würde, und wir haben uns an dieser Stelle nicht weiter damit zu beschäftigen. Auf den Mauern der Inselstadt Lindau schritten die wenigen Wachen unter den Linden und zwischen den Geschützen langsam auf und ab, und auch auf ihren Partisanen und Musketen blitzte das Mondenlicht. Der berühmte Gasthof zur Krone, dicht hinter der Stadt- und Hafenmauer gelegen, lag im tiefsten Schatten, bis auf die gleichfalls weiß glänzenden Giebel und die Wetterfahnen. Die beiden späten Zecher, welche jetzt aus demselben hervortraten, standen anfangs ziemlich unschlüssig, ob ihres Weges in dem Dunkel. „Nicht unter Dach,“ schluchzte der Korporal Sven Hahnentritt. „Bruderherz, nicht unter Dach! Ich hielt’s nicht aus! Mir summt’s im Kopfe, als ob zehntausend Trompeten drin zum Angriff bliesen, mir kocht es in den Adern, als ob die Regimentssudler drin für eine Armee von zwanzigtausend Mann die Feuer schürten. Unter Dach, und wäre es von purem Golde, müßt’ ich ohne Gnad’ und Ranzion elend ersticken.“ „Nicht unter Dach, Bruder,“ schluchzte auch der Korporal Rolf, zu Lindau genannt das Gockele. „Du hältst mich und ich dich, und so kommen wir ohne Halsbrechen jene Walltreppe hinauf, und da setzen wir uns und reden weiter vom glorreichen Schweden und dem großen Könige und dem großen Kriege. Hupp -- marsch -- hoho, ich glaube, die Weiber nennen das Wehmut, was uns beide am Schopf gepackt hält; ich glaub’, wenn’s möglich wär’, käm’ ich heut’ Nacht zum erstenmal in meinem Leben zum Heulen und Greinen.“ Sie schwankten hinein in den Mondschein und kamen glücklich auf die Mauer, und da saßen sie nieder auf der Bastion auf einer alten bronzenen, wirklich schlangenhaften Wallschlange, die vielleicht schon den Kaiser Maximilian begrüßt hatte, als er zum Reichstag nach Lindau kam, um „die Reichskammergerichtsordnung zu Faden zu schlagen“. Da saßen sie, ein Paar alter, grauer, nordischer Seebären im Mondenlicht und sahen hinüber nach den Schweizer- und Tirolerbergen und unterredeten sich gar lieblich von neuem. Es waren zwei sehr unromantische Burschen; allein sie hatten beide genug erlebt, daß ihr Gespräch, ohne daß sie es wußten, fühlten und wollten, in hohem Grade romantisch war, vorzüglich der Teil, welchen der Korporal Rolf auf sich zu nehmen hatte. „Das wird allmählich anjetzo ein Aufsehen um mich da drüben geworden sein,“ sagte Sven. „Hui, lug, da geht noch eine Rakete auf, als ob sie mich zurückriefe. O Rolf Rolfson, es wird mir wunderlicher von Minute zu Minute.“ „Das macht der Mond, und die Feuchtigkeit in der Krone, und der welsche Signor, Kamerad. O Sven, Sven, auch mir steigt es warm und heiß und immer heißer herauf. Stelle dir vor, daß das alte Schweden da so ruhig an seiner Stelle liegen geblieben ist, mit allem, was dazu gehört, und daß wir so weit in der Welt herumgekommen sind zu Roß und zu Fuß, als Sieger und als Gefangene der Weiber und Spießbürger! Es drückt mir das Herz ab, wenn ich jetzt auf das helle Wasser sehe und denke an die Ostsee und die große Flotte und den großen König Gustav, und wie wir landeten, die Mannen aus allen Provinzen, Ost- und Westgoten, Dalkarlen, Finnen, und sogar die einfältigen, albernen Lappen! Wenn ich dran gedenk’, wie wir niederknieten, Gott zu danken, dann wieder aufstanden und an die Arbeit gingen und dabei blieben achtzehn Jahre, achtzehn lange glorreiche Jahre durch! O Bruder Sven, die Schweizer dorten, die reden immer von ihrem Heimweh, auch wenn’s niemand verlangt; aber du, Sven, hast mir das Heimweh heute mitgebracht! Ach Schweden, Schweden! Sven, möchtest du nicht auch nochmalen die blauen und die gelben Regimenter in Linie sehen mit der Sonne auf den Helmen und Kürassen und den Herren Generals und Obristern vor der Front?“ „Sei still, ich komme um!“ winselte der Korporal Sven Knudson Knäckabröd. „Ich habe die Kühe gemelkt und saß zwischen den Käsen, bis gestern morgen; und sie schulterten bis an die Weser vor den gewonnenen Städten, sie schlugen weiter gegen die Polen und gegen die Jüten! +Sie+ schlugen bei Warschau drei Tage lang, sie marschierten über das Eis nach Seeland; um Kopenhagen lagen und ritten sie. +Sie+ schlugen die Russen, und ich hab’ das alles erst heut’ abend durch dich und den welschen Signor erfahren, und ich ließ mich von den Weibern fangen und zum Kinderwarten abrichten, anstatt den Verband abzureißen und in Ehren zu sterben!“ „Du hast es doch noch gut gehabt, Kamerad. Du saßest da in deiner Wildnis und sahest nichts und hörtest nichts, und alle die guten Dinge, von denen du eben sprachst, sind dir freilich erst heute abend zu Kopf gestiegen. Mir aber hat bis zu dieser Stunde die Kugel unseres Feldherrn in der Krone auf dem Herzen gelegen. Ach Korporal Knäckabröd, was meinet ihr, wenn wir den Weg fänden?“ „Den Weg wohin?“ schrie der Hirte von der Lorena. „Den Weg nach Hause! Den Weg zu den Fahnen mit dem Löwen von Mitternacht!“ schrie der Hafenwärtel von Lindau emporspringend. „Korporal -- Kamerad, Herzbruder, wenn wir zur rechten Zeit kämen, um noch einmal -- vor Torschluß, Sven! -- noch einmal, einmal in Reih und Glied zu treten?! Der Karl Gustav, der Wrangel, unser General ist ja wieder an der Spitze; der nicht jünger ist als wir! Der Wrangel marschiert, der Wrangel, mit dem wir hierher kamen! Das ist das Heimweh, Kamerad, und wir gehen, Kamerad -- wir marschieren, Herzbruder; wir desertieren -- wir gehen zum Wrangel -- in dieser -- Nacht noch!“ „In dieser Nacht noch!“ ächzte der Kriegsgefangene der Frau Fortunata Madlener zu Alberschwende und drückte beide Fäuste auf die Augen. Dann sprang er von dem Geschützlauf empor und sang im halben Wahnsinn des höchsten Jubels in die Mondenscheinnacht hinaus: „Auf Dovrefield im Norden Liegen die Kämpfer ohne Sorgen. Ruhe im Glied!... wir gehen zum Wrangel! o wenn es doch wahr wär’, wann ich morgen früh aufwache!“ „Hast du ein Eigentum, drüben bei den Hirten im Gebirge, Sven?“ Der Korporal schüttelte den Kopf und schob die Hände tief in die leeren Hosentaschen. „Ich hab’ in meinem Turm dorten aller Welt Schätze,“ grinste Rolf Rolfson Kok; „einen Tisch, einen Stuhl, einen Strohsack, eine Muskete, ein halb’ Dutzend Angelruten und allerhand Netzwerk, drei Töpfe, eine Pfanne und einen Finken im Bauer. Den Vogel lass’ ich fliegen, denn wir fliegen ja selber; -- dreißig Gulden hab’ ich auch, die hol’ ich, und alles andere vermache ich dem Rat und der Bürgerschaft von Lindau. In zehn Minuten sind wir reisefertig. Dort liegt mein Kahn, -- in zehn Minuten schwimmen wir auf dem See und, weißt du, in Nonnenhorn landen wir und müssen dann sehen, wie wir den Weg weiter finden. Courage, Alter; sitze still, bis ich wieder komm’. Jetzt mach’ ich den Kehraus in meinem Quartier, und morgen früh sind wir weit hinaus auf dem Marsche nach Hause!“ 9. Am folgenden Morgen war die Verwunderung nicht nur des Rates, sondern auch der ganzen Stadt Lindau im Bodensee groß ob des Verschwindens ihres schwedischen Hafenvogtes. Die Kinder in den Gassen kannten den Meister Gockele, und die Alten waren mit seiner bärenhaften Erscheinung und seinem zerfetzten und zusammengeflickten Deutsch auf dem vertraulichsten Fuße. Es war in der Tat kein Wunder, daß man den Korporal Rolf Rolfson Kok sehr vermißte, sowohl in den Gassen der Stadt, wie in ihren behaglichsten und berühmtesten Schenken und Gaststuben. „Und zur Zeit der Rädle noch gar?!“ murmelten die erfahrenen und gewiegten Zechkumpane. „Zur Zeit, wo der Neue schon an die Türe pocht! es ist nicht auszudenken. Ja, wenn der See den Leichnam nicht bald ausspült, so ist es sicher, daß der böse Feind das Gockele am Fittig nahm. Aber er war doch ein guter Kamerad; -- Schade um ihn.“ War die Aufregung groß ob des Verschwindens des Korporals Rolf in der freien Reichsstadt Lindau, so trat sie doch vollständig in den Schatten vor dem Lärm und Aufruhr, welchen das Verschwinden des Korporals Sven jenseits des Fürberges hervorrief. Es war eben ein anderes, ob jemand für die volkreiche Stadt Lindau, und ein anderes, ob jemand für das Dorf Alberschwende und die Lorena verloren ging. Die gesellschaftlichen Zustände litten an den letzten beiden Orten viel mehr darunter als an dem erstern, und die Wirtin zur Taube war nicht ohne einige Berechtigung um ein Bedeutendes giftiger, betrübter und jähzorniger als der Rat und die Bürgerschaft der freien Stadt. Wir müssen darauf verzichten, die Gefühle der Frau Fortunata, der Frau Aloysia und der drei hübschen Schmelgen zu schildern, als sie am Abend des verhängnisvollen siebenten Augustes anfingen, nach dem Korporal sich umzusehen, und sie ihn nicht fanden. Anfangs suchten sie mit Lachen, allein das dauerte nicht lange. Mit dem Ingrimm einer erzürnten Löwin hub die Frau Fortunata an, ihr Beutestück im Kreise ihrer Bekannten und Freunde auszuschreien. Auch die Freunde und Bekannten machten sich auf die Jagd, wenn auch mit einem geheimen Mitleid in Betreff des Geschickes des schwedischen Mannes, sofern er in ihre und der Taubenwirtin Hände gegeben werde. Da blieb kein Busch am Gebhardsberge ununtersucht, sowie auch keine Schenke in der trefflichen Stadt Bregenz unter dem Gebhardsberge. Wenig hätte gefehlt, so wäre die Bürgerschaft aufgeboten worden, den Flüchtling (denn daß der Gesuchte ein Flüchtling sein mußte, war am folgenden Tage jedermann klar) zu verfolgen und tot oder lebendig einzubringen. Drei Tage und drei Nächte hielt sich die Taubenwirtin am Gestade des Sees auf der Suche, und erst am vierten Tage gab sie in vollkommener Verzweiflung die Hoffnung auf, den Deserteur und Verräter an Treu und Glauben wieder zu erlangen; sie trat in Grimm und Zorn die Heimfahrt in den Wald an, und für längere Zeit hatten nun die Hausgenossen und Hausfreunde für das zu büßen, was der undankbare Schwed’, der nichtsnutzige Korporal Sven Knudson Knäckabröd, gesündigt hatte. Und was das Schlimmste war, es existierten noch einige verwitterte und verwetterte Veteraninnen aus dem Jahre 1647, welche sämtlich nunmehr vor die Wirtin zur Taube, die Oberkommandantin, hintraten, das glorreiche Gefecht am roten Egg wie in der Chronika nachschlugen und kreischend behaupteten: das hätten sie schon damals vorausgesagt, und jedes ordentliche Wäldlerweib hätte schon damals sagen können, daß das so kommen würde. Aber wie es in allen menschlichen Zuständen und Angelegenheiten zu gehen pflegt, so ging es auch hier. Der Lauf der Tage nahm seinen gewiesenen Gang, und selbst ein so großes, merkwürdiges und unerhörtes Ereignis, wie dieses Verschwinden eines Menschen, der sich über sechsundzwanzig Jahre hinaus so brav hielt, versank in dem Strudel der Arbeit, in dem täglichen Kampfe mit den tausend Verdrießlichkeiten und Freuden des Daseins. Man sprach allmählich immer weniger von dem Korporal Sven, wenn man auch noch häufig genug an ihn dachte, und er immerhin ein ausgiebiges Thema der Unterhaltung für jegliche müßige Stunde blieb. Die Kinder der Frau Aloysia Unold grämten sich zuletzt doch am meisten um den alten, grauen, wackern Spielkameraden, den guten Gesellen von der Lorena; wir aber werden vor allen Dingen jetzo sehen, wo er mit seinem eigenen grauen, alten, wackern Kameraden, dem Korporal Rolf Rolfson Kok, geblieben war, und was er befuhr, nachdem er sich aus der Heimat in die Fremde fortgeschlichen hatte, um in der Fremde die Heimat, das heißt die alten glorreichen Kriegsfahnen und den alten Feldherrn Karolus Gustavus Wrangel aufzusuchen. 10. Pasewalk ist eine schöne Stadt; fraget nur die geborenen Pasewalker darnach! Im Jahre 1674 soll es eine noch viel schönere Stadt gewesen sein, doch das ist schwerlich heute noch auszumachen. Jedenfalls war es im November des ebengenannten Jahres eine recht lebhafte Stadt, denn der Feldmarschall Karl Gustav Wrangel hatte sie zum Sammelplatz der Truppen, mit welchen er im folgenden Monat in die Mark Brandenburg einfallen wollte, auserkoren. Von Pasewalk aus war er denn auch richtig im Dezember mit 14000 Mann über die Grenze aufgebrochen, hatte Stargard, Landsberg, Wriezen, Ruppin und so weiter genommen, brandschatzte und plünderte nach alter gewohnter Art sachverständig und mit Vergnügen, und ließ es sich in Abwesenheit Kurfürstlicher Durchlaucht so wohl als möglich innerhalb dero Grenzpfählen sein. Auch Rathenow ist eine schöne Stadt und wurde im Anfange des Monats Juni des Jahres 1675 ebenfalls recht lebendig; denn um jene Zeit rückte der Herr Obrister von Wangelin mit sechs Kompagnieen Dragoner von seinem eigenen Regiment und einiger Infanterie von einem andern Regiment dort ein, machte es sich gleichfalls darin recht gemütlich und dachte an nichts Böses. Die Seinigen aber folgten in allen Dingen seinem Beispiele, ohne auf die Gefühle und Behaglichkeit der Bürgerschaft die mindeste Rücksicht zu nehmen. In oder vielmehr vor der Stadt Rathenow finden wir unsere beiden guten Freunde aus der Krone zu Lindau im Bodensee, die Korporale Sven Knudson Knäckabröd und Rolf Rolfson Kok, genannt Meister Gockele, richtig und für jetzt gottlob noch in guter Gesundheit wieder. Aber um die Stelle zu beschreiben, an welcher wir sie finden, ist eine Beschreibung der Lage der Stadt Rathenow unbedingt notwendig, obgleich wir das ziemlich kurz machen können. Die Stadt Rathenow liegt nämlich an der Havel, welche in zwei verschiedenen Armen daran vorüberfließt; und um zu den morschen, an verschiedenen Stellen eingefallenen Mauern und zum Tore zu gelangen, hatte man die beiden Arme und den dadurch gebildeten Werder zu passieren, und zwar vermittelst zweier größerer Zugbrücken und mehrerer kleinerer Brücken. An der ersten Zugbrücke, das heißt, der am meisten nach Westen zu gelegenen, hatte in der Nacht auf den 15. Juni alten und 25. neuen Stils der Korporal Rolf Kok von Wangelin-Dragoner die Wacht mit sechs Mann, und der Korporal Sven Knäckabröd leistete ihm Gesellschaft. Da waren sie denn! -- In Wehr und Waffen, wie sie es auf der Hafenmauer von Lindau geträumt hatten, saßen sie wieder an einem schwedischen Wachtfeuer und hielten sie wieder einmal den vorgeschobenen Posten gegen den Feind. Sie saßen dicht nebeneinander an den verglimmenden Kohlen, die beiden braven alten Grauköpfe, und wachten hellen Auges, während ihre Mannschaft, bis auf den Posten unter dem Gewehr, ruhig auf den zusammengetragenen Strohbündeln im tiefen Schlafe lag. Es war gegen zwei Uhr Morgens, der Havelnebel lag weiß und dicht auf dem Flusse und den weiten Bruch- und Moorgegenden ringsum; aber man merkte doch, daß die Dämmerung nicht fern sein konnte. Die hohen Pfeiler der Zugbrücke standen bereits ziemlich klar hervor aus dem weißen Nebel, und die schwedischen Reitersmänner hatten bis jetzt eine ruhige Nacht gehabt. „Wie die machten wir auch sonst, Bruder Sven,“ sprach jetzt der Korporal Rolf, auf seine schnarchenden Dragoner weisend. „Das ist vorbei; wir sind zu alt dazu geworden, Kamerad; aber es hat auch sein Gutes, man sitzt und schwatzt, und eine Pfeif’ Toback am Feuer ist auch was Liebliches. Vor dreißig Jahren schmauchte man noch nicht so stark in den Armaden als heute. Das ist auch was Neues.“ Er reckte und dehnte sich, während der Kamerad nur behaglich wie ein alter Hund unterm Ofen knurrte. „Sven“, fuhr der Korporal Rolf fort, „tu’ auch was zur Unterhaltung. Jetzt haben wir doch das Leben wieder durchgeprobt; nun sag’, wo sitzest du lieber, -- hier unter den Kürassen und Eisenhelmen oder dort, -- da -- dahinten, da oben in deinen Bergen zwischen den Ziegen und Böcken und sonstigem Rindvieh? Bruderherz, sag’ an, wie gefällt dir dein jung-alt Leben?“ „Es ist nicht auszusagen, Wachtkommandant! Man kann nur immer von neuem darüber nachsinnen, und man hat dann doch auch dazu wieder keine Zeit. Ich bin noch lange nicht mit der glücklichen Stunde fertig, wo wir wieder unter der Fahne anlangten, und der Posten uns im Lager von Pasewalk die Parole abforderte. Ja Parole hin, Parole her! Die Parole hatten wir freilich nicht, aber unsern Ausweis hatten wir doch parat, und die Kniee beben mir jetzt noch, wenn ich an die Rührung denk’, mit welcher wir ihn von uns gaben. Versprengt beim Sturm auf Lindau! Gefangen in den Bergen Anno siebenundvierzig, nach dem Sturm auf die Bregenzer Klause und Burg Hohenbregenz! Das gab ein Zulaufen und Maulaufreißen bei Offiziers und Gemeinen! Und es war dazu ein Weg gewesen, ein richtiger Weg im Zickzack, auf welchem wir angelangt waren, vom Bodensee bis an den Ukerfluß! Und lauter junge Gesichter in den Regimentern, und selbst die alten unbekannt, und kein Hauptmann, Leutnant oder Feldweibel, so uns den weitern Weg in das gute alte Leben weisen konnte vor Staunen und Wunder. Das Herze zittert mir immer von der Stunde, Korporal Rolf!... Ach, der Wrangel, der Wrangel, das war das größte Glück, daß der Feldmarschall, oder wie sie ihn jetzt nennen, der Konnestable, zu Handen war und uns aufnehmen konnt’! Ja, des Feldmarschalls Gnaden, die mit uns und dem König über die See gekommen waren, wußten, was mit uns anzufangen sei, Preis und Glorie über den Karl Gustav! Er hat uns die Hände geschüttelt und in seinem Quartier an seinem Tische niedersitzen lassen. Alle großen Offiziers und Kommandanten haben uns als reine Wundertiere angestarrt, und der Konnestable hat uns zugetrunken, und alle großen Generale haben uns auch zugetrunken, und nachher hat uns das Volk, Reiter und Infanterie, auf den Schultern durch die Lagergassen getragen. Vivat Schweden! Schweden und die schwedischen Helden zu Roß und zu Fuß immerdar! Rolf Kok, nachher hab’ ich oft gedacht, in der gloriosen, leuchtenden Stunde hätten wir sterben sollen. Ich glaube, sie hätten alle Fahnen über uns gesenkt und mit allem Geschütz uns nachgefeuert, als ob wir selber die berühmtesten Generale gewesen wären.“ „Freilich wäre dieses eine großmächtige Ehre für uns gewesen“, meinte der andere nachdenklich, „aber Sven Knudson Knäckabröd, es ist auch so, wie es jetzo ist, recht angenehm. Hat nicht der Oberst Wangelin vor der Front von seinem Regiment gesagt, es sei eine mächtige Ehre für ihn, daß wir bei ihm zu Pferde stiegen? Und wir sind zu Pferde gestiegen, Sven; du, weil du in deinen Bergen eben lange genug auf der Kuh geritten hast; ich, weil ich vordem dem Rate zu Lindau auch als Feuerreiter aufgewartet habe. Wir sind zu Pferde gestiegen, Korporal Knäckabröd; -- nachdem wir lange genug im verzauberten Schlaf lagen, sind wir endlich als junge Burschen wieder aufgewacht und aufgesessen. Ist es nicht so? Und als es neulich über die Grenze ging, nach alter Weise mit fliegenden Standarten, Pauken und Trompeten, haben wir uns da nicht gefühlt wie die Jüngsten? Haben wir da nicht die Hüte geschwenkt wie die jüngsten Jungen bei der Bagage? Daß wir heute einen roten Rock tragen, ist mir freilich nicht so lieb, als wenn wir noch im gelb und blauen Koller auszögen; aber es ist einerlei: vivat die Helden aus Mitternacht! vivat der glorreiche, ewig siegreiche Karl Gustav, der Feldmarschall Wrangel! Und eine Lust war’s doch auch, daß wir mit einreiten durften in die Städte, nach alter Art: in Landsberg, Krossen, Wriezen und wie sie sonsten heißen; und ein Pläsier ist es, daß wir -- wir, Korporal Sven, heute diese Wacht halten an der Havel gegen die Brandenburger.“ „Gegen die Brandenburger“, lachte höhnisch der Korporal Sven Knäckabröd. „Bah, wo sind sie denn, diese Brandenburger? Wirf einen Groschen da in den Nebel hinein, so weit du kannst, und such’ ihn nachher! So kannst du auch nach den Brandenburgern suchen, Rolf Rolfson Kok.“ „Nein, Sven, sie sollen sich doch ziemlich brav gehalten haben am Rhein gegen die Franzosen. Ich hab’ mich hier und da umgehört und mancherlei vernommen; die Herren Offiziers und Politici munkeln allerlei. Wir haben uns eigentlich diesmal das Spiel doch ein wenig zu leicht gemacht. Der welsche Signor in der Krone war auch ein Politikus, und was er von der Katz’ und den Mäusen gesagt hat, das ist nicht ohne. Bruderherz, ich gäb’ viel darum, wenn dieser Kurfürst Friedrich Wilhelm bald zu Hause wieder einsähe, und zwar mit Macht und Gewalt. Um Kinderspiel sind wir doch den weiten Weg nicht hergekommen, und ich sage dir, Kamerad, ich hoff’ auf den Kurfürsten wie auf eine Braut, und ich hoffe, er bringt das doppelte unserer Armada mit, daß wir doch Ehre davon hätten. Bruder Sven, es wär’ mir ein Ekel, wenn das Spiel bis zum Ende zu leicht blieb, und wir gewonnen! schrieen, wie ein Lagerweib über einen gestohlenen Unterrock.“ „Da tröst’ dich, Herzbruder Rolf; auch ich habe mich unter den Politikern umgehört und das Meinige in Erfahrung gebracht. Auf dem Marsche nach Hause und gegen uns sind sie; aber daß es ein weiter Weg vom Rhein bis an die Havel ist, das haben wir ja auch gespürt. Mir ist’s auch lieber, wir rufen Viktoria auf einem ordentlichen Felde, als daß wir uns wie der Fuchs in den Taubenschlag geschlichen haben sollten, und niemand vorhanden wäre, dem es am Herzen läge, uns zu verjagen.“ „Wie geht ihr Weg eigentlich? Kannst du mir das in den Sand malen?“ „Nein, solches vermag ich nicht; aber ich zähl’ an den Fingern unsern eigenen Marsch ab und vermeine, wir haben auch unsere Zeit gebraucht. Sie kommen wie wir durch der Schwaben Land, auch durch des Bischofs von Würzburg Grenzen, und nachher durch der Thüringer Berge. In der Stadt kalkulierten sie gestern beim Landrat von Briest, sie möchten vielleicht schon bei Erfurt stehen. Geduld’ dich noch ein paar Tage, Kamerad Rolf; dann magst du nach deinen Pistolen sehen und das Schwert in der Scheide lockern.“ „Das gebe der Himmel zu unserem und Schwedens Ruhm“, sprach der Korporal Rolf Kok, und -- „Halt! Werda?“ rief in dem nämlichen Augenblick der Posten an der niedergelassenen Brücke und warf den Karabiner schußgerecht vor. 11. Der Nebel lag noch dicht und schwer auf Fluß und Land, der Morgen zögerte noch immer; man sah kaum zehn Schritte weit hinaus auf die Landstraße, die nach dem Dorfe Böhne und weiter nach Genthin, und über Parchen nach der Elbe und der Stadt Magdeburg zu führte. „Wacht heraus!“ schrie der Korporal Rolf aufspringend und zugleich den nächsten seiner süß schlafenden Dragoner an der Schulter rüttelnd. Wie ein grauer Schatten trabte ein Reiter durch den Dunst an, zwei andere folgten, dann ein Haufen, und man vernahm das Stampfen einer größeren Kavallerieabteilung im raschen Anmarsch. Das kleine Häuflein der Schweden hatte sich schnell auf der Brücke in Linie gestellt; die beiden Korporale mit dem Posten in der Front. Aber schon parierte der vorderste der schattenhaften Reiter seinen Gaul dicht vor den Karabinermündungen und rief: „Versprengte vom Regiment Bülow! Haben die Brandenburger dicht auf den Fersen! Gebt Raum, die Pferde sind abgehetzt, wir halten die Straßen nicht länger und müssen in die Stadt!“ Es war eine alte, heisere Stimme, eine Stimme wie die der beiden alten Korporale Sven und Rolf, welche das hervorstieß, und der Mann auf dem wirklich schweißtriefenden, abgehetzten, schnaubenden Gaule war auch alt und grau verwettert. Er trug einen dunkelblauen Rock über dem Brustküraß, einen breiten, an der Seite aufgeklappten Dragonerfilz, doch ohne Feder und Kokarde. Er trug mächtige Stulphandschuhe und Reiterstiefel, doch keine Feldbinde, und wie seine nun allgemach auch heranreitenden Begleiter trug er das Schwert in der Scheide. „Schnell, schnell, Kamerad von Wangelin! Wir hängen seit dreien Tagen in den Sätteln und halten uns kaum mehr. Es pressiert -- laßt uns durch.“ Die beiden Korporale sahen sich zögernd an. „Gebt die Parole, Herr!“ „Wir sind drei Tage von der Armee. Sahen die Brandenburger bei Burg auf dem Marsche. Wie können wir euch die Parol’ vom gestrigen Abend geben? Macht Platz, ich sag’ euch, Wachtkommandant, der Oberst Wangelin ist mein guter Freund. Er liegt zum Wahrzeichen mit euch drüben in Rathenow, und ich bin Leutnant im Regiment Bülow. Jetzt haltet uns nicht länger auf!“ „Was sagt ihr dazu, Korporal Knäckabröd?“ fragte der Korporal Kok. „So arg wird’s doch nicht pressieren!“ sagte der Korporal Sven; in demselben Augenblick aber richtete sich der alte Blaurock im Sattel auf und schrie krächzend: „Also nicht? Na, dann hol’ der Teufel die Höflichkeit! Wer ist denn hier eigentlich zu Hause? Ihr oder wir?“ Ein Faustschlag krachte nieder auf die unglückliche Nase des weiland Kriegsgefangenen der Frau Fortunata Madlener, Wirtin zur Taube zu Alberschwende im Bregenzerwalde, daß er besinnungslos zu Boden stürzte. In dem nämlichen Moment stießen sämtliche Reiter ihren Pferden die Sporen in die Flanken; zur Rechten und zur Linken flog die schwedische Wache an der ersten Havelbrücke vor Rathenow zur Seite, oder wurde niedergeritten. „Der Derfflinger! der Derfflinger!“ rief einer der drei Leute, welche sich mit dem Korporal Rolf Rolfson Kok im eiligen Laufe der zweiten Brücke und der Stadt zu retteten und ihre Büchsen im Lauf hinter sich abschossen. „Der Derfflinger! der Derfflinger!“ murmelte der Korporal Kok, zu Lindau im See das Gockele genannt, betäubt, fortgerissen, unfähig sich zu besinnen, unfähig selbst, einen Augenblick an das Schicksal seines guten, alten Kriegskameraden zu denken. Und es war wirklich der Generalfeldmarschall Derfflinger, der vom Rhein her als der erste an der Havel anlangte, das Hausrecht gebrauchte, die erste Brücke vor Rathenow auf die eben beschriebene Weise nahm und nun vor der zweiten Brücke, welche er natürlich aufgezogen fand, seine Dragoner absitzen ließ und in Hast und Ungeduld über der trübe unter seinen Füßen dahinschießenden Flut fast vergehen wollte. Es hätte des Faustschlags des greisen Generalfeldmarschalls gar nicht bedurft, um den armen Korporal Sven zu überzeugen, daß die Welt im Begriff sei, unterzugehen. Nah und fern klangen die Trompeten, oder wie der Korporal, mühsam und zwischen die Pfeiler der Zugbrücke gedrückt sich aufrappelnd meinte, die Posaunen des jüngsten Gerichts. Immer mächtiger wogte und dröhnte es durch den Morgennebel heran, und Zug an Zug rasselte es über die erste Brücke und ergoß sich über den Werder zwischen den beiden Armen des Flusses, allwo der Derfflinger, den Degen in der Faust, Schwadron über Schwadron durch die Fluten trieb, während von den Mauern der Stadt schon das Gewehrfeuer blitzte und krachte, und Generalmajor Götze und Oberstleutnant Kanne bereits den Fuß in die erstaunten Gassen setzten. „O heiliger Olaf!“ stöhnte Sven Knudson Knäckabröd, sich das strömende Blut von der Nase wischend und sich aus seiner geschützten Lage dicht an der Brüstung der Brücke mit Vorsicht aufrichtend. „Träume ich +das+, so habe ich auch so noch niemalen geträumt! Aber mit einer solchen Nase träume da einer! Wetter, mir wächst ein Kürbis im Gesicht, -- also das war der Derfflinger? O Rolf, Rolf, Rolf, das ist wieder eine Geschichte, wie sie nur uns beiden passieren kann; -- o Korporal Kok, wenn es nur dem großen Marschall Wrangel nicht eben so ergehet wie uns zweien!“ Es hatte allen Anschein, daß das wohl der Fall sein könne. Um diese Zeit nämlich war an dem Havelübergang, von Genthin her, ein Reiter mit großem Gefolge von, wie es sich anließ, hohen Offizieren, die alle ihre Pistolen auf den Sattelknopf gestützt hatten, -- mit einem mächtigen Gefolge von Wachen, Trompeten und Standarten erschienen und hielt, nach der Stadt hinüberhorchend. Dort hörte das Feuer allmählich auf, und einzelne Reiter sprengten von ihr wieder zurück: die zweite Zugbrücke mußte demnach auch genommen sein. Und einer dieser Kavaliere näherte sich dem hohen Befehlshaber, riß den Hut ab und neigte sich bis auf die Mähne seines Gauls: „Kurfürstliche Durchlaucht, wir haben Rathenow, wir haben den Wangelin und den Weg zum Rhin!“ „Der Brandenburger! der Brandenburger auch!“ ächzte der schwedische Mann an der Brüstung zwischen dem Pfahlwerk der Brücke, und ohne die Antwort Kurfürstlicher Durchlaucht abzuwarten, kroch er über den Rand, rutschte die Böschung hinab, glitt in das Weidengebüsch der Havelinsel und fand daselbst trotz Nebel, Betäubung, Aufregung und Blutverlust noch zwei von den Dragonerpferden der Wacht-Abteilung des Korporals Gockele, angstvoll an ihren Strängen zerrend. Im nächsten Moment schon saß der brave Alte im Sattel des einen Tieres und jagte über den Werder hin, links ab. Da die Passage auf Rathenow von dem Generalfeldmarschall Derfflinger jetzt vollständig frei gemacht war, so ging der Marsch der sechstausend, vom Rhein her zu Hause anlangenden brandenburgischen Reiter über die Brücken. Der Werder, über welchen die Obersten Kanne und Kannowsky zuerst an die Stadt gelangten, war wieder leer; der Nebel hatte sich allmählich in einen feinen Regendunst verwandelt, und der sumpfige Boden dröhnte nur wieder von dem Stampfen einiger verwundeter Pferde, die wie Geistererscheinungen durch den grauen Dunst taumelten, strauchelten und schossen. Die Furt, welche die Dragoner des Derfflingers erst mit einiger Mühe gefunden hatten, kannte der Korporal Sven, von mehreren Rekognoszierungen aus, gut genug. Er befand sich mitten im Strom und erreichte den Steindamm am linken Ufer, ohne sich umzusehen. „Es ist aus, Rolf Kok! Sie haben dich mit dem Obristen tot oder lebendig!“ rief er jammernd und jagte weiter. Unschlüssig, ob er sich gegen Havelberg zum Feldmarschall Karl Gustav oder gegen Pritzerbe zu dessen Stiefbruder, dem Grafen Waldemar, wenden solle, jagte er fürs erste gradaus in die lieblichen Sümpfe und Heiden der wackern Mark Brandenburg hinein, im Sinn und Ohr verfolgt von einem ganz andern Klingen, als dem melodischen Läuten der Kuhglocken im Lande vor dem Arlberg und dem ermutigenden Wort der Taubenwirtin zu Alberschwende: „He, Korporal, sing’!“ Das waren eilige Tage, und nimmer ist in der Welt so scharf geritten worden, wie in diesem Juni des Jahres 1675 in der Mark, sowohl vom Kurhut Brandenburg als auch von der Krone Schweden! Neun Tage schon hatte die kurfürstliche Kavallerie nicht abgesattelt, und nun sprangen auf die Kunde von der Einnahme von Rathenow, im jähen Schreck und aller Verstörung, auch die schwedischen Herren in die Sättel. Von Havelberg brach eilends der Feldmarschall Wrangel auf; von Brandenburg und Pritzerbe sein Stiefbruder. In aller Hast ging der Marsch der beiden so unvorsichtig geteilten Heeresflügel, ein spitzwinkelig Dreieck durch Bruch, Moor, Heide und Kieferwald ziehend, auf den durch alte Schlachten berühmten Kremmerdamm zu, um eine Vereinigung daselbst herzustellen und, was noch zu retten war, vor dem zornigen Hausherrn zu retten, ehe Kurfürstliche Durchlaucht, die in der Mitte der beiden Schenkel dieses Dreiecks gradaus ebenfalls einen Strich auf Fehrbellin zogen, den ungebetenen Gästen auch da an der Tür aufwarteten. Drei Tage ritten sie noch, da trafen sie zusammen, und geschah die wundervolle Schlacht, die wir leider hier nicht zu beschreiben haben: unsere Aufgabe ist es, uns nach dem tapfern Korporal Rolf Rolfson Kok umzutun und zu erkunden, wie es ihm zu Hause weiter erging. Wir haben gesehen, wie auch er sich eilends aufmachte, als er die Ankunft der Brandenburger in Erfahrung gebracht hatte. Obgleich ihn mehr als sechzigjährige Beine trugen, so beflügelte die Vorstellung, daß der Generalfeldmarschall Derfflinger mit seinen neunundsechzig Jahren hinter ihm sei, seine Schritte auf den Havelbrücken nicht wenig, und er kam richtig noch vor dem alten Herrn in der Stadt Rathenow an. „Alarm! Alarm! Feindio! Feindio!“ Ach, der Korporal Rolf Rolfson Kok hatte leider bei seinem Ruf zu den Waffen nicht auf den Herrn Landrat von Briest gerechnet. Der hatte nämlich in Erwartung der Dinge, welche von Südwesten her kommen sollten, seinen schwedischen Gästen eine große Bewillkommungsfestivität zurecht gemacht, den Offizieren selber und mit Beihilfe eines löblichen Magistrates zugetrunken und auch der gemeinen Soldateska durch gemeine Bürgerschaft auf seine Kosten wacker zutrinken lassen. Die Folge davon war, daß die Brandenburger, als sie unter dem Derfflinger und dem Prinzen mit dem silbernen Bein, dem Prinzen von Hamburg, eindrangen, die meisten der Helden aus Mitternacht im tiefsten Rausch und süßesten Schlummer vorfanden und sie somit ohne viele Mühe totschlagen konnten. Die, welche etwas bei Besinnung waren, wehrten sich freilich tapfer genug in den Gassen und auf und an den alten, morschen, mittelalterlichen Mauern und Toren; allein auch sie wurden mit verhältnismäßig geringer Mühe niedergemacht oder gefangen. Von den sechs Kompagnieen, die mit dem Obristen von Wangelin in Rathenow eingerückt waren, rettete höchstens ein Dutzend Leute das Leben und die Freiheit, und unter diesen vom Glück Begünstigten befand sich gottlob auch unser guter Freund, der Korporal Rolf. Wie der Korporal Sven an der Böschung des Haveldammes, so glitt er an Wall und Mauer der Stadt Rathenow hinunter, fiel, von Fortuna noch einmal in Schutz genommen, auf ein ledig Reiterpferd des Herrn Obristleutnants Kanne und galloppierte nunmehr gleichfalls, und ebenso betäubt und schwindelnd wie der Kamerad, in den Morgen und in die Mark Brandenburg hinein. 12. Am siebenzehnten Juni alten und siebenundzwanzigsten neuen Stils, nachdem am Tage vorher der Schwed’ im Zug auf Nauen gesehen worden war, regnete es schlimm, obgleich es am folgenden glorreichen Tage, solange die Schlacht dauerte, noch viel schlimmer regnete. Was aber die Sümpfe zwischen der Havel und dem Rhin bei anhaltendem Regen zu bedeuten haben, das erprobe ein jeglicher, der Lust dazu hat, selber und lobe nachher seine Erfahrungen, wann er wieder im Trockenen sitzt! Und von der Havel bis zum Rhin ritten bereits seit dem sechzehnten die Streifparteien der beiden schwedischen Heeresteile und der vorwärts drängenden Brandenburger gegeneinander und umeinander herum, während überall das aufgeregte, wütende Landvolk mit allerhand Gewehr und Gewaffen der Not auf den Beinen war: kurz, es war ein schwer Durchkommen selbst für zwei alte Korporale des Königs Gustav Adolf, die dem Überfall von Rathenow entwischten und nun die ihrigen suchten, ein jeglicher bis jetzt noch für sich allein. „Wenn mir heute einer sagte, daß ich einmal Hafenvogt zu Lindau im Bodensee gewesen sei, so schlüge ich ihm die Zähne in den Hals hinein, so wenig glaube ich dran“, brummte der Korporal Rolf Rolfson Kok, indem er am 17. Juni am Spätnachmittag zum dritten Mal seit der letzten Viertelstunde vor einem neuen Sumpfe vom Pferd stieg, um das Terrain als vorsichtiger Mann zu untersuchen, bevor er sich ihm mit seinem ermüdeten Gaul anvertraute, nachdem er wieder einmal mit Mühe einer nachsetzenden Patrouille des Herrn Generalmajors Lüdecke entgangen war. Ritterlich hatte er einen seiner Verfolger erlegt und dadurch den Jagdeifer der übrigen ungemein erhöht; allein einen einzelnen Mann zu jagen, lohnte sich heute eigentlich unter keinen Umständen, und so hatten die kurfürstlichen Kürassiere zuletzt doch in einem Kieferngehölze die Verfolgung aufgegeben, und der Korporal Rolf stak naß, triefend, hungrig und durstig zwischen Sumpf und Moor und suchte vorsichtig, wie wir gesagt haben, einen Übergang gen Nordost. Das war keine geringe Aufgabe, und mit steigendem Verdruß tastete und platschte er und rettete sich von neuem auf festeren Grund, bis er endlich eine Art von Fußpfad durch das tröpfelnde Gebüsch fand und ihn behutsam beschritt, seinen abgehetzten Gaul am Zügel hinter sich drein ziehend. Immerfort mit sich selber redend, oder vielmehr in den Bart brummend, tappte er zu; aber schon nach zehn Minuten hielt er horchend von neuem an; denn plötzlich vernahm er vor sich aus dem Dickicht ein Schnauben und Stampfen, vermischt mit lauten und halblauten Schimpfworten und Verwünschungen, die sämtlich nicht auf dem märkischen Boden gewachsen waren. Der Korporal Rolf stand und horchte atemlos. Derjenige, welcher dort hinter den Rüstern, wie es schien, gleichfalls im Sumpfe feststeckte, verwünschte sein Schicksal in schwedischer Zunge, und nachdem der vormalige Hafenwärtel der freien Reichsstadt Lindau nochmals die Hand hinter das Ohr gehalten hatte, schrie er: „Vivat Schweden! Ich komme, Kamerad!“ und drang mutvoll tiefer in das Moor ein, den kläglichen und verdrießlichen Kundgebungen nach. Aus dem Gebüsche hatte ihm ein Gegenruf geantwortet und der erboste Wunsch: wenn der Kamerad wirklich ein gutes schwedisches Herz habe, so möge er eiligst kommen, es sei Not vorhanden. Der Korporal Rolf hatte geantwortet: „Hier auch!“ war aber doch drauf losmarschiert, und wieder nach einigem beschwerlichen Durchwinden drang er aus dem Gebüsch hervor und hatte das Schauspiel, das er erwartete, vor sich, wie er es sich vorgestellt hatte. Ein großes Gestampf und Geplatsch im Moor und Röhricht, -- zerstampfte Binsen und Gesträuche, -- ein halb versunken Roß, und darauf ein rotlockiger, schwedischer Reitersmann, mohrenfarbig vom Sumpfwasser, -- triefend wie alles umher vom Regen, -- und dem gänzlichen Versinken in die schlammige Tiefe nahe! „Wenn es mein leiblicher Vater wär’, so würde ich ihn nicht in dem Kerl erkennen!“ murrte der Korporal Rolf; dagegen erkannte der Mensch im Röhricht den Korporal Rolf und schrie: „Alle guten und bösen Geister -- bist du es, Rolf Rolfson Kok? O, du himmlische Güte, kommen wir wirklich noch einmal zusammen auf dieser niederträchtigen Welt? Ich bin es, Wachtkommandant! Kennt ihr mich nicht? Ja, Herzbruder, meine eigene Mutter möcht’ mich wohl nach einem solchen Ritt und in solcher Farb’ und Zerzausung nicht erkennen!“ „Sven Knäckabröd?! Sven, Sven?“ schrie der andere. „Hat dich der Derfflinger nicht ganz und vollständig geholt? Das ist freilich bei allem Elend das beste Abenteuer, was mir noch zu Teil werden konnte. So schickt sich alles, und darum bin ich vorgestern von der Rathenower Stadtmauer auf einen brandenburgischen Profossengaul gefallen, um dir heute hier aus dem Malheur helfen zu können! Halt’ gut, noch einen Augenblick halt’ den Kopf über dem Wasser, Sven! gleich hab’ ich dich auf dem Trockenen, soweit es bei diesem Regen von oben und diesem Morast von unten zu machen ist.“ Er hatte sofort nach dem Bündel Hanfstricke, welches von dem Sattelknopf seines Vorgängers in eben diesem Sattel herabhing, und für die Hälse der Marodeurs, Spione und sonstigen soldatischen Übeltäter beider Heere bestimmt war, gegriffen, es heruntergerissen und auseinandergewickelt. Mit vielem Geschick verknüpfte er die einzelnen Stricke miteinander und hatte bereits im nächsten Augenblick dem armen Korporal Sven Knudson Knäckabröd ein tüchtig und haltbar Seil zugeworfen; -- nicht um ihn damit in die Ewigkeit hineinzubefördern, sondern um ihn so sanft als möglich aus dem Sumpfe der Mark Brandenburg hervorzuziehen. Nach einem ängstlichen und schweißtriefenden Abzappeln von einer Viertelstunde waren beide gerettet -- der Korporal Sven wie sein Roß -- und standen beide keuchend und schnaufend am Rande des verräterischen, grün überwachsenen Schlammes. Selbst der Frau Fortunata Madlener hatte Sven Knudson Knäckabröd, als er nach der Schlacht am roten Egg unter ihrer Pflege erwachte, nicht so zärtlich die Hand geschüttelt, wie er sie jetzt dem guten Kameraden aus der Krone zu Lindau schüttelte. „Und nun, Bruder Sven, wie ist dir außerdem, daß du aussiehst wie ein Mohrenpauker bei einer Leibtrabantengarde?“ fragte der Korporal Rolf. „Danke für die Nachfrage! Dumm, leer im Magen und jammerhaft im Sinn, Rolf Kok. Ach, Rolf Rolfson Kok, schauderhaft verbiestert!“ „In Lindau in der Krone haben sie eine Art Würste, an welche ich jetzo schon anderthalb Tage lang habe denken müssen. Und was den Wein vom vorigen Herbst betreffen möchte --“ der Korporal Sven ließ ein dumpfes Geheul vernehmen, gleich einem angeketteten Hofhund, welchem man ein Stück Schinken von Ferne zeigt; glücklicherweise geriet der Korporal Rolf schnell auf etwas anderes. „Und Rathenow haben sie; und wer weiß, was sie noch alles haben. Zu Hunderten liegen die Unsrigen vom Regiment Wangelin in den Gassen und in den Häusern. O Sven, ich gäb’ heut’ noch mehr darum, als damals auf der Bastion zu Lindau, wenn ich den Weg zum Wrangel fände. Bei solchem Hunger und Durst solche Wehmütigkeit und solchen Grimm erdulden zu müssen, das hält nicht einmal ein Mensch aus, der mit dem großen Gustavus Adolfus auf Usedom landete und nachher alles mit durchmachte.“ „Das nächste Mal reiß’ ich nicht wieder aus, wenn die Brandenburger mich zu Gesicht kriegen; -- ich halte Stand und lasse dem Trübsal ein Ende machen“, ächzte Sven. „Das beste ists; ich bin mit von der Partie, Bruder“, sprach Rolf ebenso verzweifelt-grimmig. Im nächsten Moment horchte er wieder und rief sodann: „Sieh, da ist die angenehme Gelegenheit schon. Horch, da sind sie wieder aneinander! Zu Pferde, zu Pferde und darauf los. Die Mähren brauchen eben doch nicht länger bei Atem zu bleiben als wir. Heraus mit den Plempen, und: Vivat ein ehrlicher schwedischer Reitertod! Was aber das übrige anbetrifft, so wäre es mir allmählich einerlei, wer den Weltball hinnähme, ob die Kron Schweden, oder dieser Kurfürst von Brandenburg mit seiner verwetterten Kavallerie!“ Sie stiegen mühselig von neuem auf ihre Gäule, die auch wieder und zwar fast menschlich seufzten. Um den verräterischen Sumpf herum ritten sie abermals in den Kiefern- und Rüsternwald hinein, dem vernommenen Schall des fernen Kanonendonners und der nahen Büchsenschüsse, Trompetenstöße und Menschenstimmen nach. „Das ist Nauen, um welches die Konstabler spielen; und jetzo weiß man wenigstens wieder, nach welcher Richtung man die Nase zu drehen hat. Das ist auch ein Trost; aber der andere Lärm beweist mir, daß Schweden noch immer auf dem Rückzuge ist. Vorwärts, Bruderherz; einmal müssen wir unsere Löffel noch in den Brei tunken!“ „Sprich mir nicht von Brei, Rolf Rolfson Kok!“ bat Sven Knäckabröd kläglich. „Du könntest eben so gut von einem gebratenen Ochsen reden. Das Herz wendet sich mir jedesmal, wenn ich dich von Löffel, Messer und Gabel diskurrieren hör’, im Leibe um. Ja, vorwärts, Kamerad, und wollt’, es würde endlich einmal wieder licht vor uns; was wir auch auf der Landstraße finden möchten!“ Der Wunsch, welchen der Korporal Gockele vollkommen teilte, sollte ihnen noch vor Sonnenuntergang, -- wenn man an einem solchen Regentage von Sonnenuntergang reden konnte, -- gewährt werden. Nachdem sie noch manche Fährlichkeit des Weges überwunden hatten, kamen sie endlich wirklich aus dem Walde heraus, und zwar mit immer heftiger pochenden Herzen, und das war wahrhaftig kein Wunder. Es war ein Brausen, Schwirren, Brüllen, Rufen und Kreischen in den Lüften, als ob sich auf der Erde Tausende und aber Tausende auf einem engen Pfade in höchster Not drängten -- ein Brausen und Geschrei wie von Tausenden auf dem Marsche, und zwar auf einem Rückzugsmarsche! Das hallte von ferne unter den schweren, grauen Regenwolken her, als ob der Himmel es nicht hören wolle und das Gewölk wie eine Wand zwischen sich und den irdischen Jammer gelegt habe. Näher und näher erscholl’s, je weiter die beiden Korporale vorwärts drangen, und als sie endlich den Wald sich lichten sahen, da erblickten sie schon zwischen den letzten Kiefernstämmen den Grund des Getöses, und als sie hervorritten aus der Dämmerung des Gehölzes, da spielte das große, aber schreckliche Schauspiel auf Entfernung von einigen hundert Schritten vor ihren Augen sich ab! In der graufahlen Beleuchtung des abendlichen Regenhimmels dehnten sich die großen Sümpfe, das Havelland-Luch -- und durch das Luch zog sich der schmale Damm, und auf demselben, so weit das Auge reichte, von einem Horizont zum andern, wälzte sich der schwedische Rückzug. Reiterei und Fußvolk, Geschütz, Bagage, Weiber und Schlachtvieh durcheinander, im wirren grausigen Getümmel vorüber; fern im Süd’ aber klang und donnerte das Gefecht der Nachhut. Die Brandenburger taten dort ihr Möglichstes, den Schrecken und die Verwirrung in den Gliedern des Feindes zu erhalten und den Kehraus nach besten Kräften vorzunehmen. Wie zwei Bildsäulen saßen die zwei alten Kriegsgenossen des großen Königs Gustav Adolf auf ihren Pferden und starrten auf das erstaunliche Spektakel. Hunger, Durst und Ermüdung waren vollständig vergessen. Für sich und an sich selber fühlten sie nichts mehr. Sie starrten -- stierten -- und dann nickten sie beide zu gleicher Zeit mit den Köpfen, und dann -- rollten wirklich ihnen die Tränen hell aus den Augen und verloren sich mit den ihnen ins Gesicht schlagenden Regentropfen in den weißen Bärten -- -- „O Sven“, stöhnte endlich Rolf Kok, „sind wir darum so weit hergekommen? Sind wir darum aus dem Schlaf auferwecket, um das zu erleben? O Sven, o Sven, es ist aus mit uns, und ich wollte, der Herrgott hätte uns in unserer Versprengung belassen und uns nicht das Herz erregt durcheinander und durch den welschen Signor Tito Titinio Raffa, oder wie er hieß, der Ruffian!“ „Ich wollt’ es auch, Rolf“, seufzte der Korporal Sven Knudson Knäckabröd. „Auf mich und dich kommt es wohl nicht an, und was wir darüber denken, ist auch gleichgültig: aber daß dieses dem Karl Gustav, dem gewaltigen Konnetable Wrangel passieren muß, das ist das Elend! Sieh, und da sind die Kürassiers von Wachtmeisters Regiment. Da sieh nur, wie die Schufte in den Sätteln hängen und wie reitende Feldhasen über die Schultern gucken. Und das trägt Harnisch und Schwert! Da, da -- sieh -- da drängen sie sich gar gegenseitig von der Straße, um nur ja die eigene Schande unversehrt in Sicherheit zu bringen! Ach Schweden, Schweden, an manchem Sommerabende hab’ ich dich über die Berge und den See weg gesehen, sitzend wie eine Königin in Purpur. Da hab’ ich mein Heimweh stillen müssen, und nun sehe ich dich als ein Bettelweib, wie mit dem Knüttel aus einem fremden Hause gejagt! Was sagst du, Bruder? Ich sage, wir reiten nun eben mit bis zum Ende.“ „Wir reiten mit bis zum Ende!“ rief der Korporal Rolf Kok, und blind trieben die beiden tapferen Grauköpfe unter den letzten Bäumen und aus dem letzten Gestrüpp des Waldes ihre Rosse mit wilden Sporenstößen hervor und hinab in den Sumpf, der sie von dem berühmten Damme trennte. Ihr Fatum aber schien sie wirklich bis zum Schlusse der Tragödia mitspielen lassen zu wollen. Der Sumpf verschlang sie nicht, sie erreichten den betrüblichen Strom von Menschen und Vieh, der in dem dunkelnden Abend durch die verregnete Mark heranwogte, und so wurden sie fortgerissen und fortgewirbelt -- zwei Tropfen in der kläglichen Flut der schwedischen Retraite, -- fortgewirbelt, dem Rhin entgegen. 13. Der Herbst des Jahres 1675 war gekommen, lachend wie ein rechter Bruder des Frühlings. Im weichverschleierten Sonnenlicht lag die Rheintalebene zwischen den Bergen des Bregenzerwaldes und den Bergen von St. Gallen und Appenzell. Lachend tanzte der junge Fluß dem Bodensee zu, als ob er nie Felsentrümmer und Hochwaldsbäume vor sich hergeschleudert, als ob er nie die Felder und Wiesen schwerarbeitender Menschen mit haushohem Schlamm und wüstem Steingeröll bedeckt habe; oder als ob er doch wenigstens die Absicht habe, von jetzt an es nicht wieder zu tun. Es war ein Sonntag in den letzten Tagen des Septembers. In jeder Schenke am Wege klang die Fiedel. Von der Höhe des Steusberges glänzten hell und weiß die Türme von Maria-Bildstein herab; es war auch ein Wallfahrtstag zu Maria-Bildstein, und alle Wege weit umher waren mit den bunten Gruppen der frommen Christen und Christinnen bedeckt, die entweder noch zum Gebet auf der Höhe emporstiegen, oder bereits wieder herunter und hinab in das irdische Jubelgetümmel. Zu Schwarzach im Löwen herrschte vor allem ein lustiges Leben; aber da das muntere Treiben, hier wie in jeder andern Schenke, sich wenig von dem zu Anfang dieser ziemlich historischen Geschichte beim Geburtstagsfeste des heiligen Gebhard geschilderten unterschied, so haben wir nicht nötig, uns an dieser Stelle auf eine abermalige Beschreibung einzulassen. Wir haben Sonderbareres zu berichten. Den ganzen Morgen hindurch hatte unter den Kastanienbäumen vor dem Wirtshause zum Engel an der Achbrücke bei Oberrieden ein Mann gesessen, der, ein wenig scheu, einen gewaltigen Durst zu löschen hatte, und der jetzo langsamen und müden Schrittes durch das Dorf Schwarzach zog und, dem Anschein nach, auch auf dem Wege am liebsten niemandem ins Gesicht gesehen haben würde. Es war ein alter, weißköpfiger, gebückter Mensch, der schwerfällig auftrat und seinen Stab nicht als eine überflüssige Zierde trug und handhabte. Er war bekleidet mit einem abgeblichenen roten Tuchkoller, über dem ein rostig-gelblicher Schimmer lag, als ob sich lange Zeit ein Eisenküraß dran gerieben habe. Er trug ein gelbledern Wehrgehäng, doch fehlte das Schwert; er trug desolate hohe Reiterstiefel, an welchen die Sporen fehlten, und er trug einen breitkrämpigen, an der Seite aufgeschlagenen Filzhut, welchem jedoch Feder und Kokarde ermangelten, der dafür aber mit einigen Rissen und Schrammen, die nur von naher Berührung mit blanken Waffen herrühren konnten, geziert war. Die Wirtsleute und die Gäste vom Engel an der Ach hatten ihn mit ziemlicher Verwunderung beobachtet, wie er geduckt vor seinem Schoppen saß. Sie hatten natürlicherweise auch mehr als einmal versucht, ein Gespräch mit ihm anzuknüpfen; allein er hatte selbst auf die höflichste Frage nicht Rede und Antwort stehen wollen, sondern nur grimmig in seinen Krug gesehen, oder denselben stumm zu neuer Füllung hingereicht. Kopfschüttelnd hatte das gutmütige Volk ihm nachgeblickt, als er sich endlich, schwer ächzend, erhob, ohne Gruß aus dem Schatten der Bäume fortschritt und weiter marschierte auf dem Wege durch die Felder, Schwarzach zu; und alle, die ihm begegneten, blieben gleichfalls stehen und sahen ihm verwundert und kopfschüttelnd nach. Einige Male sagte auch wohl jemand: „Den sollte ich ja doch kennen!“ aber wohin er ihn tun solle, das wußte er dann doch nicht, und erst, als der Alte auf seinem Marsche durch das große Dorf Schwarzach vor der Tür des Löwen angelangt war, fand sich einer, der es wußte. Auch hier wollte der Rotrock verstohlen an der entgegengesetzten Seite der Straße vorüberschleichen; allein es sollte ihm nicht gelingen. „Halt ihn, halt ihn! Bigott, da, da! Er ist es! Halt ihn!“ schrie eine quäkige Stimme aus dem offenen Fenster herab, und rückwärts sich in die Stube wendend, schien der Schreier eine seltsame Neuigkeit dem gedrückt vollen Raume zu verkünden. Es entstand ein gewaltiges Gepolter und Aufstehen, ein lachendes, verwundertes Durcheinander von Stimmen in der Zechstube des Löwen, und hervor aus dem Hause quollen die Gäste, und die Treppe hinunter hüpfte hinkend Meister Macedon Trafojer, ein armselig, halblahm, dürr Schneiderlein, welches von Zeit zu Zeit auch nach Alberschwende auf die Flickarbeit kam und die Frau Fortunata Madlener, sowie ihren Haushalt und ihre Wirtschaft zum Genauesten kannte. „Er ist es! Da ist er wieder! Halt ihn, halt ihn!“ schrie das heldenmütige Schneiderlein und jagte dem Korporal Sven Knudson Knäckabröd vom Regiment Wangelin-Dragoner einen gewaltigen Schrecken ein, einen panischen Schrecken in der vollsten Bedeutung des Wortes; der Korporal fuhr zusammen, sah auf, sah die Bewegung in der lachenden Gruppe sonntäglich geputzter Gäste auf der Treppe des Löwen, sah aller Blicke auf sich gerichtet, sah den koboldhaften Schneider Macedon im glühenden Eifer, der Frau Fortunata einen Gefallen zu tun, heranspringen und -- -- -- riß aus! Er lief. Er lief, so schnell ihn die alten, müden Beine tragen wollten, und ihm nach klang es jubelnd, lachend und höhnisch: „Halt ihn, halt ihn! ’s ist der Schwed’ von Alberschwend’! Halt ihn; die Taubenwirtin hält den, so ihn tot oder lebendig bringt, ein Jahr lang frei in Kost und Getränke!“ Das mochte nun der tapfere Meister Trafojer ganz ernsthaft nehmen; aber die anderen begnügten sich doch mit dem baucherschütternden Hinterdreinlachen und stellten nur verwunderte Fragen über das plötzliche Wiedererscheinen des schwedischen Mannes untereinander. Auch das Schneiderlein mußte in Anbetracht seiner lahmen Füße die Jagd an der nächsten Ecke aufgeben, und nur die Kinder von Schwarzach gaben sie fürs erste noch nicht auf, sondern verfolgten selbstverständlich in hellen Haufen den Mann von der Lorena bis zum Dorfe hinaus, allwo er zuerst den Mut fand, sich zu stellen, und sie mit donnerndem Zornesruf und geschwungenem Stocke zurückzuscheuchen versuchte. Das gelang ihm aber schlecht. Sie schrieen nur ärger: „Der Schwed’ von Alberschwend’! Ho he, der Schwed’ vom roten Egg! Er ist wieder da! Er kriegt’s, jetzt kriegt er es, der Schwed’ von Alberschwend’!“ Mit diesen Worten, doch auch mit einigen Steinwürfen begleiteten sie ihn, bis hoch hinauf in die Berge, immer den rauschenden Bach entlang. Und als sie dann endlich doch zurückblieben, als die Felsen drohender, der Hochwald dunkler wurde, und es wieder still hinter und um den armen Korporal Sven geworden war, da hielt auch er an, hielt sich den Kopf mit beiden Händen, wie auf der ersten Rast nach der Flucht von der Havelbrücke bei Rathenow, und warf sich unter einem Baume nieder, zerschlagen und wie gerädert, und was das Schlimmste war, voll großer Sorgen wegen seines Empfanges -- zu Hause. Damals führte noch keine Kunststraße durch den Wald, und wer den Weg bei dämmerndem Abend oder gar bei Nacht zu machen hatte, der mußte wohlbekannt in der Gegend und dazu recht sicher auf den Füßen sein, wenn man ihn nicht am andern Morgen mit zerbrochenen Gliedmaßen am Ufer der Schwarzach finden sollte. Der Korporal Sven Knudson Knäckabröd war eigentlich beides nicht; aber um keinen Preis in der Welt wäre er heute noch bei hellem Tageslichte in Alberschwende eingezogen. Da lag er denn unter seiner Tanne, zerschlagen und hinfällig, und es war ihm sehr schlecht zu Mute. Ein uralter nordischer Waffensegen fiel ihm gerade jetzt ein, und er summte ihn vor sich hin: „Sieg in Deine Hand! Sieg in Deinen Fuß! Sieg in alle Deine Glieder gut! Gott der heilige Herr segne Dich! Wach und regiere über Dich!“ Aber viel Erquickung und Ermunterung zog er nicht heraus. Sehr kläglich war ihm zu Mute, und so lag er, mit beiden Händen unter dem Kopfe, bis die rote Abendsonne erst von den Stämmen, dann von den höchsten Wipfeln und zuletzt von den allerhöchsten Felsenkuppen sich verzog. Dann erst erhob er sich tief seufzend und wankte weiter bergan, durch die beginnende Nacht. Gegen elf Uhr Abends erreichte er Alberschwende. In der Taube war natürlich ebenfalls Musik und Tanz, und der arme Sven sah schon von weitem die hellen Fenster und vernahm schaudernd die lustigen Jauchzer. „Das ist schlimmer als der Angriff des Homburgers, des Prinzen mit dem silbernen Bein, bei Fehrbellin!“ murmelte er. „Der Faustschlag Seiner Exzellenz, des Herrn Generalfeldmarschalls Derfflinger an der Rathenower Bruck’ war nichts Geringes; aber -- o du liebster Himmel, was wird sie sagen?!“ Die Tür des Wirtshauses zur Taube stand weit offen, und der Korporal stieg die Treppe, welche zu ihr emporführte, langsam und mit eingezogenen Schultern hinauf. Die Hausflur war augenblicklich leer, und da die Stubentür ebenfalls offen stand, so hinderte ihn nichts, geduckt und vorsichtig um die Ecke in das weite, trüb erleuchtete, niedere Gemach, in das kreischende, jubelnde Tanzgewirbel zu lugen. Er fuhr sofort zurück; denn als in diesem Moment die Reihen der Tanzenden sich lösten, da sah er sie -- da sah er sie mit in die Hüften gestemmten Armen neben ihrem Schenktisch stehen, an demselbigen Tische, neben welchem er Anno 1647 nach dem Überfall am Fallenbach aus seiner Ohnmacht erwachte und sie, die Frau Fortunata Madlener, ebenfalls mit in die Seiten gestützten Armen vor sich stehen sah. „Es ist nicht menschenmöglich“, stöhnte der Deserteur. „Selbst der tapfere Karl Gustavus, der Feldmarschall Wrangel, würde es nicht fertig bringen! Selbst der große Gustavus Adolfus, der streitbare Löwe aus Mitternacht, brächt’ es nicht zu stande, ihr jetzo unter die Augen zu treten!“ Rückwärts schreitend zog sich der Korporal Sven Knudson Knäckabröd von Wangelins Dragonern zurück und schlich sich wieder aus dem Hause, stieg die Treppe wieder herab und verlor sich von neuem in der dunkeln Nacht. Um die zwölfte Stunde hörte der Bub in der obersten Hütte auf der Lorena, plötzlich aus dem Schlafe erwachend, erst ein wildes, wütendes Anschlagen des Hundes, dann ein unterdrücktes Freudewinseln des Tieres und zuletzt ein Gepoch an der Tür. Zitternd und entschlossen zu gleicher Zeit, griff er nach dem Handbeil neben seinem Bett und schrie: „Wer ist draußen? Hex’, Unhold und Strolch soll draußen bleiben -- gut Freund komm eini!“ Da antwortete ihm eine heisere Stimme: „Gut Freund, gut Freund!“ und der Bub schlug Licht und kam mit dem Kienspan an die Tür und öffnete. Eine schwere, harte Hand legte sich ihm auf den zu einem lauten Schrei aufgerissenen Mund, und Sven Knudson Knäckabröd flüsterte: „Ja, Bursch, ich bin’s. Schrei’ nur nicht. Den Hund nehm’ ich mit herein -- schließ’ die Tür, Melchior; ich bin’s in Fleisch und Blut; marsch auf dein Stroh zurück, ich krieche in meinen eigenen Winkel dorten; morgen früh wird sich ja wohl das übrige finden.“ Das war der festeste Schlaf, den der Korporal Sven Knudson Knäckabröd je schlief, aber der Bub Melchior Rädler schlief gar nicht wieder ein in dieser Nacht. Solange es noch dunkel war, saß er aufrecht auf seinem harten Lager und horchte auf das donnernde Geschnarch aus entgegengesetzter Ecke der Hütte. Und als es dann allgemach licht wurde, saß er noch aufrecht und blickte stier nach dem Schlafgenossen hinüber. Als aber die Spitzen der Berge im ersten Lichte des neuen Tages zu scheinen begannen, da erhob er sich; fuchsartig, verstohlen beugte er sich noch einmal über den heimgekehrten Korporal und schlich aus der Tür. In dem Augenblick, wo er sich draußen fand, fing er an zu laufen; in den weitesten Sätzen sprang er bergab, nach Alberschwende hinunter, und klopfte und hämmerte wie wahnsinnig an der Pforte seiner Brotherrin. Nach zehn Minuten befand sich das ganze Haus im hellen Alarm, und nach einer weitern Viertelstunde, als sich schon der Himmel im Osten mit schönster Glut färbte, hatte sich der Lärm bereits durch das ganze Dorf verbreitet. Noch sprachen zwar die Bequemsten und Ungläubigsten von ihrem Bette aus: „Der Bub Melchior hat geträumt!“ Allein der Bub Melchior war seiner Sache eben gewiß, und die Frau Fortunata Madlener war um diese Zeit schon -- auf dem Marsche zur Lorena empor. Sie stieg bergan, gestützt, geschoben und gezogen von den stärksten Händen ihres Haushaltes. Aber auch der schwächere Teil ihres Haushaltes stieg mit. Daß die Hunde sich nicht ausschlossen, verstand sich von selber; aber auch das halbe Dorf folgte dem Zuge, und es war freilich ein sonderlicher Zug durch die graue Frühe, über die taufeuchten Halden und durch den noch phantastisch in Wolken und Nebel gehüllten Tannenwald. „Ich will sanft gegen ihn sein, wie ein eintägig Lämmle“, murmelte die Taubenwirtin. „O, er soll es schon verspüren, wie sanft ich gegen ihn sein will; aber gestehen soll er, wo er sich umgetrieben hat. Was meinst, Aloysle, ob ich es wohl aus ihm herausschmeicheln und streicheln werd’? Ei, er soll sich schon wundern, wie schön man einem solchen, wie er, tut, wann er endlich nach Hause kommt. Ah -- oh -- uh, den Stein überleb’ ich nicht; stemm’ die Schulter an, Kasperle! Sachte, Fridolin, den Arm braucht er mir nicht ausreißen; -- uh -- oh -- da -- jetzt noch einmal zum letzten -- da wä--ren -- wir -- o--ben!“ 14. Aus dem tiefen Schlafe des Korporals Sven war allmählich ein sehr unruhiger geworden. Der Bub hatte die Tür der Hütte offen stehen lassen, und die scharfe Gebirgsluft, die eindrang, mochte wohl mit schuld daran sein, daß sich der Schläfer unruhig hin und her warf; allein an dem kuriosen Traum, den er jetzo träumte, war sie jedenfalls nicht schuld. Er befand sich mitten im Schlachtgetümmel von Fehrbellin, und sein guter Kamerad, Rolf Rolfson Kok, hielt zehn Schritte von ihm ab in derselben Linie, und er sah ihn dann und wann deutlich durch den Dampf und Regennebel. Sie hatten sich zum letzten Mal gestellt vor dem brandenburgischen Andrang, ehe sie über die pommersche Grenze zurückwichen. Er sah alles wie in einem sich wandelnden Bilde: den weiten Weg von der Havel her, bedeckt mit abgeworfenen Kürassen und Eisenhüten, zerbrochenen Wagen, halb versunkenen Kanonen und Leichen von Mensch und Tier, -- und zugleich sah er rundum den letzten Kampf der Trümmer der tapfern Armada des großen Feldmarschalls Wrangel, die letzte Aufstellung hinter der Landwehr zwischen Ribbeck und Hackeberg. Er winselte in seinem Traum; über seinem Haupte flatterten die Standarten des Regiments Dalwig, und er sah sie deutlich mit ihrer goldenen Inschrift: _Auro et ferro!_ Da brauste es heran, und er schrie auf im Traum -- um ihn her schwankte und schwirrte es, er lag unter den Hufen der Gäule, der Feind ritt über ihn weg, und da -- war er allein auf dem Felde mit dem guten Kameraden, kniete neben ihm, hielt seinen zerschossenen Kopf im Arme; aber der Korporal Rolf konnte ihm nimmer wieder die Hand drücken und zunicken, der Korporal Rolf war tot und nun freilich zu Hause angelangt nach so langem, beschwerlichem Marsche. Wie war denn das? der Traum verwirrte alles zu sonderbar! Nun war der Korporal Rolf wieder nicht tot, sondern der Korporal Sven erblickte ihn in einem betrüblichen Zuge eiliger Männer, die mit einer Sänfte fliehend über graue Heidehügel dahinzogen. In der Ferne lag es noch grauer -- aber das regte sich und bewegte sich -- die See dehnte sich dorten, und große Orlogschiffe unter schwedischer Kriegsflagge kreuzten hin und wieder. Aber aus der Sänfte beugte sich ein verwelkt, kummervoll Greisengesicht, -- das war der glorreiche, sieghafte Feldherr Karolus Gustavus Wrangel selber, den der Korporal Sven schon als junger Mensch gekannt hatte in allem Glanz und Triumph. Der Korporal Rolf war aber doch tot; denn wie er neben der Sänfte des Generals einherschritt, zog er plötzlich den Reiterhandschuh ab und legte eine fleischentblößte Faust, die Hand eines Gerippes, auf den Fensterrand. Da schwankte und schwirrte es wieder um den ächzenden Sven Knudson Knäckabröd. Die Wolken zogen sich zusammen und stiegen nieder, aber des Meeres Horizont stieg immer höher auf, immer dunkler, schwärzer. Und aus den Wassern wurden steinerne, graue Mauern, die Mauern eines alten, festen schwedischen Schlosses; -- der Korporal Sven stand unter einer großen Menge bewaffneter Männer in einem düstern Saal, und in der Mitte des Saales stand ein Block und daneben ein Mann in schwarzem Kleide und Mantel. Es kniete aber ein anderer Mann vor dem Block, und wieder ein anderer hatte ihm sanft auf die Knie nieder geholfen; -- beide waren alt, sehr alt, und beide waren auch Kameraden seit langen, langen Jahren: der mächtige Konnetable Wrangel und der brave Korporal Rolf Rolfson Kok. Der Mann im schwarzen Kleid hob sein mächtig Beil und schlug -- -- da mußte der Korporal Sven Knudson Knäckabröd in der Sennhütte auf der Lorena freilich wohl erwachen, denn sie schüttelten ihn, die Leute von Alberschwende, und vor allen anderen schüttelte ihn derb die tapfere Freundin, Frau Fortunata Madlener, die Wirtin zur Taube in Alberschwende, und der alte heimgekehrte Sünder saß aufrecht auf seinem Strohsack und sah sich verstört und blinzelnd um! Natürlich, nachdem sie ihn nach Herzenslust und Bedürfnis abgeschüttelt hatten, überschwemmten sie ihn mit einer Flut von Fragen! Er aber brauchte längere Zeit, um ihnen alles mitzuteilen, was sie, nicht ohne eine Berechtigung, zu wissen verlangten. Er hatte für manchen Winterabend, wenn der Schnee erst bis zum Dachrande hinauflag, genug erlebt: wir jedoch haben hier uns an das Zunächstliegende zu halten. „Wo will er gewesen sein, er Landläufer?“ schrie die tapfere Wirtin zur Taube. „Saget es noch einmal und lüget nicht, Schwen; -- ihr kennet mich und werdet nicht verlangen, daß ich in dieser Stunde Spaß verstehen soll.“ „Auf Ehre und Gewissen, Frau Fortuna“, ächzte der Korporal. „Am Rhin war ich -- zu Hause war ich -- bei den Fahnen, bei dem Feldmarschall -- ja, auf Ehr’ und Gewissen.“ „Schwen, Schwen, ihr lügt, wie ihr es weder vor unseren katholischen noch euren lutherischen lieben Heiligen verantworten könnet. Stellt ihr euch auf die Zehen, so könnet ihr den Rhin aus dem Graubündnerland herfließen und in den See gehen sehen: hab’ ich euch nicht auf sechs Meilen in die Rund’ suchen und aufbieten lassen? Wie wollt’ ich euch nicht gefunden haben, wenn ihr nur am Rhi’ die Straßen und die Wirtshäuser unsicher gemacht hättet! Schämet euch, schämet euch, Schwen; das hat niemand vor dem Arlberg um euch verdienet, und ich am wenigsten! O Schwen, hab’ ich euch darum an die dreißig Jahre wie meinen Bruder, wie meinen Sohn, wie meinen allerbesten Freund gehalten?“ „Bei meiner Ehr’ und Gewissen, Frau; sie nannten im Generalstab das Wasser, wo wir die schlimmen Schläge kriegten, den Rhin. O, nun lasset mich ausschlafen; nachher will ich euch gern auf alles des Ferneren dienen. Nimmer in meinem Leben bin ich so gelaufen, und hab’ so mächtig Herzeleid erlitten, wie in diesem Jahr. Ich habe sie liegen sehen im Sumpf und auf den Sandhügeln zu Tausenden, und ich hab’ sie in heller Flucht gesehen, daß ich blutige Tränen wein’, im Wachen und im Schlafe.“ „Wen habet ihr liegen und auf der Flucht gesehen?“ „Uns -- die wir den Sieg behalten hatten vom ersten Sprung auf den deutschen Boden an -- Nördlingen ausgenommen.“ „Und wer, saget ihr, hat euch niedergeleget?“ „Der Brandenburger, Frau. Der Kurfürst Friedrich Wilhelm, der Fürst von Homburg mit dem silbernen Bein, und der Derfflinger, Frau. Ja, da möcht’ ich wahrlich wohl lügen, wenn es anginge! Die Brandenburger haben das Feld behalten.“ „Sehet ihr, Schwen, da habe ich euch schon! Eine solche Völkerschaft, als ihr da nennet, gibt es gar nicht! Nun verantwortet euch noch einmal vor Gott und den Menschen; da vor der Aloysia, und vor den Kindern drunten im Ort, die sich nach euch schier die Augen aus dem Kopfe gegreint haben.“ „Frau, bringet mich nicht auch zum Greinen! Ach, ich wollte, ihr könntet den Wrangel fragen, dem würdet ihr ja wohl glauben; denn er war ja hier bei euch Anno siebenundvierzig. Wisset ihr nicht, wie er Bregenz da unten nahm, und wie wir über den Pfänder aus purem Übermut zu euch auf Besuch kamen, und wie ihr uns so übel aufnahmet am roten Egg?! O Frau Fortuna, jetzo lieget der Wrangel tief zu Boden; und obgleich euch die Geschichte dort bei Fehrbellin nicht so nah’ auf die Haut brennt, als der Bregenzer Sturm, so möget ihr wohl noch ärger Viktoria schreien, als damals am Fallenbach über unseren blutigen Leibern. Auf Ehr’ und Gewissen, Frau Fortuna, die Brandenburger haben den großmächtigen Konnetable Wrangel niedergeleget in dem Rhinluch, und der Generalfeldmarschall Derfflinger hat über mich gelacht nach der Schlachtung und mich aus Spaß ranzionieret auf dem Markte zu Fehrbellin, als ich mich bei ihm bedankte, weilen er mich auf der Rathenower Brück’ nur mit der Faust traktierete. Er hat mir auch sechs Brandenburger Taler aus Generosität geschenkt, damit bin ich heimkommen zu euch; -- ach Gott! ohne den Rolf, den tapfern Herzbruder, den Korporal Rolf Rolfson Kok, den die Spießbürger zu Lindau das Gockele nannten und zum Hafenvogt gemacht hatten, weil sie nicht wußten, was er wert war. Ach Gott, wir haben ja beid’ zusammen das Heimweh zu Lindau in der Krone gekriegt; aber ich allein bin zurückkommen von unserem Marsche zu den Fahnen; -- der gute Korporal Rolf Rolfson Kok, der liegt verscharrt an der Landwehr bei Hackeberg.“ Die alte Taubenwirtin und Oberkommandantin vom Fallenbach schüttelte bedenklicher denn je den Kopf: „Jetzt wär’s mir am End’ gar noch ein Gaudium, wenn ich ihm glauben dürft’“, murmelte sie. „Als wir um die Weihnacht sechsundvierzig allhier bei Tag und Nacht zu Haufen standen und bei Tage den Rauch, bei Nacht den roten Feuerschein rund um den See sahen, da war’s ja freilich der Wrangel der uns die grausame Angst, das Zittern und Beben schuf. Schwen, Schwen, euch traue ich noch lange nicht; aber wenn das wahr wär’ mit dem Wrangel -- -- -- Schwen, ich sage euch, ich erfahr’ es noch, ob es wahr ist, daß es solch’ ein Volksspiel gibt, von welchem ihr gelogen habt und was euch eure Sünden so derb heimzahlte! Ich erfahr’ es, und nachher wollen wir weiter sehen.“ „Geträumt habe ich es nicht, Frau, verlasset euch drauf; obgleich es mir jetzo wahrlich so zu Mute sein könnt’, als sei das alles, was ich erleben mußte auf dem Marsche, nur das Gespinste einer boshaftigen Trold gewesen, so sie mir nächtlicher Weile über den Kopf und das Hirn geworfen hätt’. Ich hab’ wahrhaftig nicht gewußt, wie weit ich von euch und der Aloysia und den Kindern abkäm’, als ich euch vor’m Jahr auf dem Gebhardsberg bei den Gevatterinnen ließ und allein meines Weges am See hin lustwandeln ging! Ich konnt’ es doch sicherlich nicht wissen, wer zu Lindau auf der Hafenmauer sechsundzwanzig Jahre lang auf mich wartete! Und dann -- dann war da die Krone, und der vom Regiment Strozzi, der Titinio Raffa, und die Kugel -- unsere Kugel am Gebälk, und das Bildnis des Feldmarschalls -- unseres Feldherrn! Saget selber, wie weit wäret ihr gelaufen, Frau Fortunata, wenn euch das Heimweh also ans Herz gegriffen hätt’? Und saget, bin ich nicht um euch heimkommen, als alles aus war, in alter Freundschaft und Dankbarkeit?“ „Nun soll ich ihm gar noch eins drauf zu gute tun“, sprach die Frau Wirtin zur Taube, aber der Korporal Sven Knudson Knäckabröd faßte jetzt plötzlich ihre Hand, schüttelte sie wacker und rief: „So ist es, und es wird das Beste sein. Und Frau -- es ist doch ein Vergnügen, euch allda so dick und stattlich sitzen zu sehen, und jetzo -- saget, wie ist es denn euch ergangen in dem Jahre, wo ich mit dem armen Korporal Rolf auf dem Marsche nach Hause war?“ „Lieber Himmel, Schwen, bei uns hier im Walde ist noch alles beim alten. Seit wir Anno siebenundvierzig gegen euch auszogen, hab’ ich nichts von Merkwürdigkeiten erlebt, als heut’ eure verwunderliche Historie. Nach dem andern müßt ihr die Aloysia und die Kinderle fragen, und -- na -- weil es denn eben so ist, und ich es doch nicht ändern kann, so -- +grüeß di Gott daheim, du alter Schwed’!+“ [Illustration] Fritz Reuter: Woans ick tau ’ne Fru kamm. Mit freundlicher Erlaubnis der Verlagsbuchhandlung abgedruckt aus dem 3. Bande der „Sämmtlichen Werke“ von Fritz Reuter (Wismar: Verlag der Hinstorffschen Hofbuchhandlung, 1902). Woans ick tau ’ne Fru kamm.[1] Nah de Hochtid[2] hett ’t en Enn’;[3] Vör de Hochtid möst du s’ wenn’n.[4] Ick was mit de Wil[5] en ollen Knaw’[6] worden, ick was in de Welt ’rümme schält[7] worden, hir hen un dor hen, ick hadd minen Kopp[8] männigmal[9] up en weiken Pähl[10] leggt[11] un männigmal up en Bund Arwtstroh;[12] äwer as ick öller[13] würd, geföll[14] mi dat Arwtstroh lang’ nich mihr so gaud[15] as in mine twintiger Johren,[16] denn wer in sin Kinnerjohren girn gele Wörteln ett,[17] versmad’t[18] dorüm in sinen Öller[19] grad keinen Gaus’braden.[20] -- De Lüd’ säden:[21] „Frigen“,[22] un ick säd: „Bedenken“, un gung[23] üm den heiligen Ehestand herümmer, as de Voß[24] üm de Gaus’bucht,[25] un dacht: „Hewwen müggst[26] du woll ein’! ’Rin kümmst[27] du dor sacht ok![28] äwer wenn du s’ di irst[29] upsackt[30] hest, kümmst du denn[31] ok wedder ’rute?“[32] -- Wenn ick denn äwer wedder an den Gastwirt sinen ewigen Swin- un Hamel-Braden[33] dacht, un dat dat in mine Stuw’[34] utsach,[35] as up de leiwe[36] Gottesird’[37] +vör+ den irsten[38] Schöpfungsdag, un dat mi de ein oll ßackermentsche Knop[39] ümmer afret,[40] denn säd ick: „Frigen“, un denn säden de dummen Lüd’ wedder: „Bedenken“. So satt[41] ick denn ümmer twischen Bom un Bork;[42] un de bedenklichen Johren fungen all an,[43] mi gris[44] äwer den Kopp tau wassen,[45] dunn stah[46] ick mal an ’n Aben[47] un heww mi ’ne Pip[48] Tobak anstickt[49] un kik[50] in ’t Weder.[51] De Snei[52] fisselt[53] so sachten von den Hewen dal,[54] buten[55] is dat so still, kein Wagen is tau hüren,[56] blot[57] in de Firn[58] klingelt en Släden,[59] un mi ward gor tau einsam tau Maud,[60] un dortau is ’t heilig Christabend. -- As ick noch so stah un verluren dörch de Ruten[61] kik, tuckt[62] min Schauster[63] Linsener mit en Handsläden vull Holt[64] vör sine Dör,[65] wat hei sick in den Stadtholt sammelt hett, un baben[66] up den Släden liggt[67] en gräunen[68] Dannenbusch. „Nu kik den Racker!“ segg[69] ick. „Hei sall mi dat anner Por Stäweln[70] maken,[71] un hei karjolt[72] tau Holt! Likdürn[73] hett hei mi all anschaustert, ick lat[74] bi den Kirl[75] nich länger maken!“ -- So stah ick denn noch ’ne Wil,[76] un dat schuddert[77] mi denn dörch de Glieder un gruselt mi den Puckel dal, un ick segg tau mi: „Natürlich!“ segg[78] ick. „En Snuppen,[79] en dägten[80] Snuppen! Un worüm ok nich? De Stäweln sünd intwei,[81] un mit de Wull,[82] de ick Fru Bütow’n gewen heww, stoppt sei ehr eigen Strümp, un min hewwen keinen Bodden.[83] All’ns in de Welt geiht[84] natürlich tau.“ -- So stah ick, bet[85] dat düster[86] ward, un as ick Licht ansticken will, kann ick ’t Füertüg[87] nich finnen,[88] un as ick ’t funnen[89] heww, will de Lamp’ nich brennen: Fru Bütow’n hett den Dacht[90] nich putzt, un as ick t’ Ding kümmerlich in den Tog[91] heww, geiht s’ mi snubbs vör de Näs’[92] ut, Fru Bütow’n hett kein Öl upgaten.[93] In so ’ne Umstänn’[94] is dat schön, wenn Einer glik[95] tau Hand is, den man düchtig utschellen[96] kann; ick hadd äwer Keinen tau Hand, un wat süll ick dauhn?[97] Ick kek[98] also wedder ut dat Finster. Bi de Schausterlüd’ was dat hell worden, un in de Stuw’ was dat en lustig Lewen un en Juchen: äwer seihn künn[99] ick nicks, denn de Gardinen wiren tautreckt.[100] „Nu kik den Schauster!“ säd ick. „Ordentlich Gardinen!“ -- Ick hadd kein Gardinen, Fru Bütow’n verstunn[101] sick nich up Gardinen; sei hadd mi in de irste Tid[102] mal weck anbünzelt,[103] de segen ut as[104] ‚unnen nicks un baben nicks‘[105] un ick hadd s’ afreten,[106] as mi de Lüd’ frogen,[107] ob ick an min Finster Kinnerhemden drögen let.[108] Natürlich argert ick mi denn nu äwer den Schauster: de Kirl makt[109] mi min Stäweln nich un wull lewen,[110] as en Graf, un ick satt in ’n Düstern ahn[111] Gardinen un mit en Snuppen in den Liw’.[112] Ick mak mi denn up de Bein’ un gah äwer de Strat[113] un denk: „Täuw![114] Sallst[115] den Kirl en düchtigen Zopp maken!“[116] As ick in de Stuw ’rin kamm,[117] stunn[118] en Dannenbom[119] up den Disch, un Lichter brennten doran, un den Schauster sin Körling un sin Krischäning[120] hadden ’ne Fläut[121] un ’ne Trumpet un makten Musik dortau,[122] un dat Juchen un Krischen[123] besorgte den Schauster sin lütt Mariken,[124] de mit de Hänn’[125] nah de Lichter ampelte un mit de Beinen up ehr Mutter ehren Schot[126] ’rüm stangelte, denn sei was noch nich gangbor.[127] De Schausterfru hadd dat Spinnrad bi Sid sett’t,[128] sick ’ne ’reine Schört[129] vörbunnen[130] un ehren sünndagschen Dauk[131] ümslagen[132] un hadd en sünndagsch Gesicht upsett’t, lachte de Gören[133] an un wischte lütt Mariken den Mund af, wenn sei mit de Pepernät[134] alltausihr[135] bitau fohren ded.[136] De Schauster hadd en Enn’[137] Planlaken äwer de Markstäd’[138] deckt, hadd sick Tüffeln[139] antreckt[140] un satt nu mit ’ne lang’ Pip an den Aben un tügt sick[141] en Kraus[142] Bir. Na, hir kunn[143] doch Keiner mit Schellen[144] ’rinne kamen![145] Ick säd also blot: „Gu’n Abend,“ un hadd[146] doch mal tauseihn wullt,[147] wat de Lust hir woll tau bedüden[148] hadd. Na, nu würd mi denn Allens wis’t:[149] de Pepernät un de Appel,[150] de bunten Bohnenkräns’ un de Hahnbuttenkräns’,[151] de säben[152] Semmelpoppen[153] un de ein Zuckerpopp, de ganz baben in den Dannenbom hung.[154] „Is angrepsch’ Wohr,“[155] säd de Schauster, „drei Johr hewwen wi sei nu glücklich dörchbröcht,[156] bet[157] up den Swanz von den Husoren sin Pird,[158] den hett Krischäning mal afbeten,[159] as Mutter mal nich recht Obacht gaww.[160] -- Je, Di mein ick,“ sett’t[161] hei hentau un drauht[162] den Jungen mit den Finger. -- „„Ick will man nich von em weggahn mit min Arbeit,““ säd ick tau mi, un mi was ganz verdräglich tau Maud, obschonst ick de niderträchtigsten Koppweihdag’[163] hadd. Doch as Schauster Linsener mi dat Haupt- un Tafelstück wisen un utdüden ded[164] -- ’t was Adam un Eva, +vör+ den Sündenfall, schön in Stutendeig utkned’t[165] un mit Eier un Saffran gel anmalt[166] -- un as de beiden lütten Linseners sick rechts un links von uns’ ihrwürdigen Stammöllern[167] henstellten un tau tuten[168] un trumpeten anfungen, dunn würd mi doch grad so tau Maud, as wenn oll Rad’maker[169] Langklas mi mit sinen stumpen[170] Frittbohrer[171] ümmer pianoforte -- pianoforte -- in den Kopp ’rin bohren ded, dat dat pipt un gnirrt,[172] un mi dorbi frog, ob dat nich schön güng?[173] -- De Schauster müggt[174] mi anseihn, dat ick mi ’ne Krankheit vermauden was,[175] denn as mi sin beiden lütten Cherubim richtig ut sin Paradis ’rute trumpet’t hadden, gung hei mit mi ’räwer un wull mi Licht anmaken un frog, wo ick de Swewelsticken[176] hadd? -- „Hewwen dauh ick[177] Allens,“ säd ick, „äwer blot uns’ Herrgott un Fru Bütow’n weit,[178] wo t’ tau sinnen is.“ -- De Schauster hülp[179] mi nu ut de Stäweln un säd: „Natte Fäut![180] Un ick heww Sei de annern Stäweln nich farig[181] makt!“ hülp mi tau Bedd un säd: „Täuwen S’ man,[182] min Fru sall ’räwer kamen[183] un sall Sei Tee kaken.“[184] -- Dat geschach[185] denn ok; äwer[186] wat in de negsten virteihn Dag’[187] mit mi vörgahn[188] is, dorvon weit ick nich vel tau vertellen.[189] Ick lagg[190] in en sweren Drom.[191] Mi was, as wenn min ganze Stuw’ vull Dannenböm brennen un lüchten ded,[192] un an jeden hung ’ne wunderschöne Semmelpopp mit Adam un Eva un dat ganze Paradis, un wenn ick dorup losgung un de Hand dornah utreckt,[193] denn hadd ick en intweiigen[194] Stäwel in de Hand un en Strump ahn Bodden,[195] un Krischäning un Körling stunnen twischen[196] mi un de Heilchrist[197]-Bescherung un fläut’ten un tut’ten, dat mi dat dörch den Kopp flirren un gnirren ded, un de dusend[198] Lichter danzten vör mine Ogen,[199] un wenn ick denn rep:[200] „Lat’t[201] mi doch! Lat’t mi doch! Ick will jo ok wedder bi Jugen Vader[202] maken laten!“, un reckt de Hand wedder nah de schöne Semmelpopp ut, denn drewen[203] sei mi wedder taurügg[204] un trumpet’ten mi in de Uhren:[205] „Stäwelmaken,[206] Stäwelmaken! Hett sick wat tau Stäwelmaken! För so ’n ollen Junggesellen Sall kein Wihnachtslust mihr gellen.“[207] Denn fung[208] de olle rotglasürte Pott,[209] de t’ens’ minen Kopp[210] stunn, äwer sin ganzes, breides,[211] blankes Gesicht an tau lachen, un de ganze Stuw’ lep[212] vull intweiige Stäweln, de steken[213] all de Tung’[214] ut, un Schauster Linsener grep[215] sei sick, einen nah den annern, un treckt[216] sei all up en Band un hung sei mi an ’t Finster stats[217] Gardinen. -- T’ens’ minen Fäuten[218] dor sagten[219] Twei[220] ümmer ümschichtig Holt,[221] de Ein’, dei sagte ümmer ganz fines[222] Koffeholt, un de Anner arbeit’t in eiken Knäst[223] herüm, un wenn dat Koffeholt sagt[224] würd, denn danzte Fru Bütow’n ehr Nachtmütz vör minen Ogen ümmer up un dal[225] -- up un dal, un wenn in eiken Knäst arbeit’t würd, denn was ’t mi vör de Ogen, as stünn[226] ’ne grote, schöne Ird’beer[227] in en gräunen[228] Holt,[229] un wenn ick nipper tausach,[230] denn was ’t minen Unkel[231] Matthies sin rode Näs’[232], de kek[233] ut minen gräunen Fautsack[234] herut. Na, einmal ’s Nachtens, as wedder stark in de eiken Knäst wirkt[235] würd, dunn würd mi so tau Maud, as kem[236] ick ut den Düstern[237] in ’t Helle, ick grep üm mi, wo ick wir;[238] ick lagg in ’t Bedd, de Nachtlamp brennte düster, un in den Lehnstaul[239] mit de groten[240] Pulsterbacken lagg min Unkel Matthies würklich bet[241] unner de Näs’ in minen gräunen Fautsack un snorkte[242] ganz fürchterlich. -- „Unkel Matthies,“ rep ick. -- Irst hürt[243] hei nich, doch up de Letzt vermüntert[244] hei sik un rew[245] sick de Ogen. „Unkel Matthies,“ frog ick, „wo is Schauster Linsener?“ -- „„Jung’,““ säd min Unkel -- denn hei nennt mi noch ümmer Jung’, ungefihr mit eben so vel Recht, as oll Nahwer[246] Hamann ümmer noch sin tweiuntwintigjöhrig[247] Vörbipird[248] ‚dat Fahlen‘[249] nennt -- „„Jung’, fangst Du mi all wedder[250] an? Wat hest Du mit Schauster Linsenern? De Mann, de deiht Di nicks.““ -- „Unkel,“ säd ick, as hei sick wedder schön taurecht läd,[251] üm dat Sag’geschäft wider[252] tau besorgen, „is dat wohr,[253] oder hett mi dat drömt,[254] hewwen wi ollen Junggesellen keinen Deil[255] an de Dannenböm?“ -- „„Dummen Snack!““[256] säd Unkel Matthies. „„Ligg[257] still!““ -- „Ick bün woll sihr krank west?“ frog ick. -- „„Dat weit[258] Gott,““ säd min Unkel un krop[259] ut den Fautsack un namm[260] dat Licht un lücht’t[261] mi in de Ogen. „„Äwer würklich, würklich! Ick glöw’,[262] Du büst dor mit dörch, denn Din Utseihn,[263] min lütt Jünging,““[264] -- un dorbi strakt[265] hei mi -- „„is ganz anners worden. Kannst Du denn nu würklich seihn, dat ick Din Unkel Matthies bün, un dat dit min Näs’ is un kein Ird’beer? Un willst Du dat Ird’beernplücken nu nahgradens[266] sin laten?[267] Denn Du büst mi vergangen Nacht tweimal[268] eklich in dat Gesicht ’rinne fohrt,[269] as ick en beten[270] indrus’t[271] was.““ -- Ick versprok,[272] mi nu beter[273] tau schicken, denn ick wir nu wedder vernünftig. Un so was ’t denn nu ok; de Krankheit was tau Enn’,[274] äwer min Not gung nu irst an. Ick was so mör[275] un so ledweik,[276] dat ick mi nich rögen[277] kunn, un wenn ick de Ogen mal upslog,[278] denn stunn Fru Bütow’n vör mi un hadd den rotglasürten Pott in de ein Hand un den Lepel[279] in de anner, un faudert[280] un proppt[281] mi mit ’ne Krankensupp, dei was so stif[282] as Baukbinner-Klister[283] un smeckt ok so, un säd denn: „Eten S’![284] Eten S’ doch! -- Wenn Sei nich eten, warden Sei nich wedder beter.“ Un bi all dese Qual makt dat oll gaudmäudige[285] Gestell tau ehren Klisterpott noch so ’n mitleidig Gesicht, dat ick äwerhapsen müßt, ick müggt willen[286] oder nich. Jedes Ding hett en Enn’, un ’ne Wust[287] hett ehre twei. Ick kamm ’rut ut dat Bedd un satt denn Stunn’n[288] lang mit minen Unkel Matthies tausam[289] un vertellt mi[290] wat mit em. „Unkel,“ säd ick mal, denn mi lagg de Drom von de Dannenböm un de ollen Junggesellen noch in den Kopp, „Unkel, wi hadden eigentlich Beid’ frigen müßt.“ -- „„Dummen Snack!““ säd min Unkel, „„meinst Du, ick hadd as östreichsche Wachtmeister von Anno drütteihn[291] in Kaiserlich-Königlichen Staaten ’ne lütte ungersche Husorentucht[292] anleggen süllt?““[293] -- „Dat nich,“ säd ick, „ick red ok eigentlich man von mi. Süh[294] mal, ick denk so, wenn ick ’ne Fru hadd -- dat heit[295] ’ne ordentliche Fru un ’ne gaude[296] Fru un ’ne -- un ’ne lütte nette Fru, un Du treckst[297] denn tau uns.....“ -- „„Un süll[298] denn Kinner wohren?[299] Dank vel[300] mal!““ säd min Unkel Matthies. -- „So is dat nich meint,“ segg ick. „Äwer frigen dauh ick, denn Fru Bütow’n ehr Pleg’[301] in de letzte Krankheit....“ -- „„Mi dücht,““[302] föll[303] hei mi in ’t Wurt,[304] „„Du büst gaud naug[305] plegt.[306] Ick sülwst[307]....““ -- „Ih, red +so nich+,“ segg ick, „Du hest Din Mäglichst dahn;[308] äwer ’ne Fru....“ -- „„Na, büst Du denn all eine Gewisse up de Spur?““ fröggt[309] min Unkel. -- „Weiten dauh[310] ick ein’,“ segg ick. -- „„Na, will sei Di denn ok?““ fröggt hei. -- „Dat weit ick noch nich,“ segg ick. -- „„Is woll so ’ne rechte staatsche?““[311] fröggt hei un plinkt[312] mit dat ein Og’. -- „Dat nich,“ segg ick. -- „„Denn is sei woll all lang’ ut de soldatenpflichtigen Johren?““ fröggt hei wider[313] un plinkt wedder.[314] -- „Ok dat nich,“ segg ick. „Äwer Du kannst sei Di jo mal anseihn -- ick kann leidergotts nich mit -- sei geiht alle Nahmiddag buten den Dur[315] nah de Mähl[316] hentau[317] spazieren, so twischen dreien un vieren,[318] un verfehlen kannst Du sei nich, denn sei is de hübschste von Allen, de dor gahn.“ -- „„Natürlich!““ seggt min Unkel. -- „Un hett ’ne Troddel an den Mantel un en lütten Jungen an de Hand,“ sett’t ick hentau. -- „„Frigst[319] Du dat Kind mit?““ fröggt min Unkel. -- „Wat föllt Di in?“[320] fohr ick in Enn’.[321] „Dat is ehr Swesterkind.“ -- „„Gott bewohr uns!““ seggt min Unkel. „„Iwer[322] Di doch nich! Wat weit ick dorvon? För minentwegen kann sei jo ’ne Wittfru[323] sin. Na, anseihn will ick sei mi denn doch!““ -- Un dormit geiht hei. Des Nahmiddags so hentau fiwen[324] kümmt hei wedder, bött[325] sick ’ne Pip an, sett’t sick dal un seggt gor nicks. Dit argert mi jo denn natürlich, un ick segg ok nicks. Wi roken[326] denn nu Beid’ as de Backabens;[327] äwer ick was denn doch tau niglich,[328] stunn up[329] un stellt mi so, dat hei mi mit sin oll plinkeriges[330] Gesicht nich in de Ogen kiken[331] kunn, un frog: „Büst Du buten den Dur west?“ -- „„Dat bün ick,““ seggt hei. -- „Na?“ frag ick. -- „„Ja,““ seggt hei. -- „Hest Du sei seihn?“[332] frag ick. -- „„Heww sei seihn,““ seggt hei, „„un heww ok mit ehr redt.““[333] -- „Plagt Di de Kukuk?“ segg ick un dreih mi üm.[334] „Wat hest Du mit ehr tau reden? Ick sülwst heww jo noch nich mal mit ehr redt.“ -- „„Dorüm[335] grad!““ seggt hei. „„Denn Einer von uns möt[336] jo doch anfangen, un ick ward doch woll mit minen Swestersähn sine Brut[337] reden känen?““ -- „So wid[338] sünd wi noch lang’ nich,“ segg ick. -- „„Wat nich is, kann jo doch noch warden,““ seggt hei, un sett’t sick in den ollen Lehnstaul bet taurügg[339] un streckt de Bein’ nah vörwarts, as „sühst mi woll.“ „„Ick will Di ’t vertellen,““ seggt hei: „„As ick so den Weg entlang gung, kamm sei achter[340] mi, un ick stellt mi hen un kek[341] sei an, denn sei hadd en lütten Jung an de Hand; de Troddel kunn ick nich seihn, wil[342] dat de ehr den Puckel dal hung.““[343] -- „Ick kann ’t mi denken,“ säd ick, „Du hest sei woll snurrig anseihn?“ -- „„Wenn ick wat anseihn will, denn rit[344] ick de Ogen up,““ seggt min Unkel, „„un dat ded[345] ick, un sei slog[346] ehr Ogen so dal -- mit so en Tog,[347] as wenn sei des Abends ehr Gardinen an de Beddstäd’[348] tausamen trecken wull,[349] un as sei vörbi[350] was, sach[351] ick ok de Troddel.““ -- „Du magst sei schön ankeken[352] hewwen,“ segg ick. -- „„Dat heww ick, äwer dat dick Enn’[353] kümmt nah.““[354] -- „Na, hett sei Di denn gefollen?“ frog ick. -- „„Ih ja! Sei hett mihrere Dugenden[355] an sick, de mi woll passen: irstens hett sei sick nich vel üm den Kopp ’rümtüdert,[356] un tweitens fegt sei mit ehr Kleder[357] de Strat[358] nich af, un dat sünd en por[359] Dugenden, mihn Sähn, de führen mihr in den Munn’[360] as Einer gewöhnlich denkt, denn de so vel up den Kopp hewwen, hewwen meistendeils nich recht wat dorin, un de mit de langen Kleder hewwen All scheiw’[361] Bein’, oder, wat noch slimmer is, ehr Fauttüg[362] is nich up den Schick.[363] Min Sähn, bi Frugenslüd’[364] un bi Pird’[365] möst Du ümmer tauirst[366] nah de Beinen kiken; is dat Gangwark[367] adrett,[368] is de Beinsatz in Ordnung, un is dat Fautgeschirr[369] proper, denn kannst Du up Flit,[370] up Ordnung un Rendlichkeit[371] reken.““[372] -- „Also Du meinst....?“ frog ick. -- „„Ick mein gor nicks,““ föll hei mi in de Red’. „„Lat[373] mi irst vertellen, wat mi wider passirt is. As sei nu so vör mi up nah de Mähl hentau gung, un ick achter ehr, dunn müßt ick würklich tau mi seggen: „Wohrhaftig! Du spelst en schönen Zwickel![374] Du dreihst woll en beten[375] mit den Kopp; äwer dat schadt nich! Denn worüm sall sei nich mit den Kopp dreihn, dorför[376] is sei jo en Frugenstimmer;[377] äwer -- denk ick so bi mi -- de Red’! Dat is de Hauptsak! Du sallst mit ehr en unschüllig Gespräk[378] anspinnen!“ As sei also wedder taurügg[379] kümmt, stell ick mi mit den Rüggen gegen en Bom[380] und dauh[381] so, as wenn ick mi min Pipengeschirr[382] in ’n Gang bringen will, un as sei nu so ’n Schrittener fiw[383] von mi is, dunn treck’[384] ick Stahl un Stein ut de Tasch un rit[385] bi de Gelegenheit für en Daler[386] lütt[387] Geld mit ’rute -- Jung’, markst[388] Du! Allens mit Willen! dat de Tweigröschenstücken so äwer den froren[389] Fautstig[390] ’räwer klapperten. Nu bückt ick mi dal[391] un pust’t[392] gefährlich dorbi, as würd mi dat Upsammeln hellschen sur,[393] un as sei dit sach,[394] säd sei richtig tau den lütten Jungen, hei süll mi sammeln helpen,[395] un sei sammelt ok mit -- un dat wull ick man.[396] Ick bedank mi denn, un wi kemen[397] in ’ne Unnerhollung[398] un gungen tausamen bet an ’t Dur.““ -- „Wat redt Ji denn?“ frog ick. -- „„Oh nicks von Bedüden.[399] Ick säd, ick wär Din Unkel, un ob sei Di nich kennen ded,[400] Du lepst[401] hir ok ümmer up un dal;[402] dunn säd sei, sei hadd nich dat ‚Vergnügen‘ -- ‚Vergnügen‘ säd sei --; dunn frog ick, ob sei nich en jungen Minschen hir hadd gahn seihn mit en gel-grisen[403] Haut[404] un en gel-grisen Äwertrecker[405] un gel-grise Hosen un gel-grise Hor?[406] -- -- Ne, säd sei; en öllerhaften[407] Herrn in so ’ne Kledasch’[408] hadd sei woll seihn. Na, säd ick, de öllerhafte Herr wir de jung’ Minsch, von den ick redt hadd, dat wirst Du. -- Dunn sprung[409] dat oll lütt Jüngschen so an ehr tau Höcht[410] un säd: „Tante, das ist der Herr, von dem Du immer sagst, er säh’ aus wie eine Reihensemmel, die in Milchkaffee getaucht ist.“ -- Dunn würd sei füerroth[411] un ick müßt lud’hals’[412] lachen und säd: „„Ja, dat wirst Du.““ Ick würd nu ok füerroth, denn dei Snack[413] müßt mi jo doch sihr argern, un segg tau minen Unkel: „Wenn Du wider nicks haddst wullt, as Din Swesterkind lächerlich vör de Lüd’[414] maken, denn haddst ok leiwer[415] tau Hus bliwen[416] künnt.“ -- „„Dat hadd ick,““ seggt hei, „„äwer ick wull noch wider wat; ick wull girn weiten,[417] ob sei Di woll nem’?““ -- „Leiwer Gott!“ segg ick, „Du hest doch nich fragt?“ -- „„Jung’,““ seggt min Unkel un rokt, as wenn en lütt Mann backt,[418] „„wenn ick ’ne Sak[419] in de Hand nem, denn gründlich! -- aber fein! -- Ick frog ehr also, ob sei woll wüßt, wat Du wirst?““ -- „Ne,“ säd sei, „Du wirst villicht en Doctor?“ -- „„Bewohr uns!““ segg ick, „„wo kem’ hei dortau?““[420] -- „En Avkat?“[421] -- „„Ok dat nich.““ -- „Na, dit un dat?“ Un sei röd[422] nu ’rümmer bet nah en ‚Rat‘ ’rup un bet nah ’n ‚Barbirer‘ ’runne; ick schüddelt aewer ümmer mit den Kopp un säd tauletzt: dat raden[423] Sei doch nich! Hei is höchstens gor nicks. -- Dat schint[424] ehr denn allerdings en beten wenig, un sei meint denn: Du würdst denn also woll von Din Geld lewen. -- „„Ja,““ säd ick, „„in ein Ort[425] hadd sei Recht; tau dit Geschäft haddst Du von Jugend up de meiste Lust hatt, äwer dat Du dorbi[426] ’ne Anstellung kregen[427] haddst, künn ick grad nich seggen. Du wirst nu up en annern Stand verfollen.““ -- „Up wat för einen?“ frog sei. -- „„Up den Ehstand,““ säd ick un frog tauglik,[428] wat sei dortau meinen ded. Vörher hadd ick äwer all tau mi seggt: ward sei bi dese Frag’ blaß, denn[429] mag sei em nich liden;[430] ward sei rot, denn nimmt sei em. -- Sei würd denn nu richtig äwer un äwer[431] rot un bückt sick dal[432] un bünzelt[433] an den lütten Jungen sinen Haut[434] herümmer, un as sei wedder tau Höchten[435] kamm, dunn kek[436] sei mi so von baben dal[437] an, makt mit ’ne halwe Wennung[438] ’ne Ort[439] von Knicks, un weg was sei! Un de Frag’, de ick, för min Person, ehr noch vörleggen wull,[440] kamm gor nich tau Brett.““[441] -- „Dat ward ok ’ne schöne Frag’ west sin!“ segg ick un bit[442] vör Arger den Kopp[443] von de Pipenspitz. -- „„Oh ne!““ seggt min Unkel, „„ick wull ehr blot[444] fragen, ob sei gaud Fisch kaken[445] künn, denn[446] wull ick tau Jug trecken,““[447] un dorbi sach de olle Burß[448] so ut, so wichtig un irnsthaft,[449] as güng min Frigeri[450] em mihr an, as mi sülwst. Doch dit süll noch en ganz Deil[451] narscher[452] kamen. In de negsten Dagen,[453] as ick all so ’n beten utstümpern[454] kunn, gah ick nu absichtlich nich nah de Mähl hentau, denn mi was dat schanirlich,[455] ehr vör de Ogen tau kamen. „Sallst en beten up den See tau Is’[456] gahn,“ denk ick, „un dat Schritschauhlopen[457] un Slädenführen[458] anseihn.“ -- Dat dauh ick denn nu ok, un as ick an de Baud’[459] heran kamm, wo Bir un Bramwin[460] un Punsch un Grogg verköfft[461] ward, gah ick dor en beten ’ran un seih denn grad, wo[462] min Unkel Matthies en Achtgröschenstück up den Disch leggt un för vir Gröschen Kauken[463] un för vir Gröschen Punsch föddert.[464] Na, dit föllt[465] mi denn nu sihr up, denn hei drünk leiwer[466] en Glas Grogg, as Punsch, un Kauken namm hei gor nich in de Mund. „Na, wat dit woll heit?“[467] denk ick, „hei will woll Kinner[468] tractiren.“ -- Äwer ne! Ahn[469] dat hei mi gewohr würd, güng hei mit sinen Barg[470] Kauken un sin Glas vull Punsch up en Släden los, wo ’ne Dam’ mit en gräunen Sleuer[471] insatt,[472] und bögt[473] sick mit dat Liw[474] vörn un achter äwer,[475] as wull hei sick dat Krüz[476] verrenken, un kratzt mit de Bein’ so snaksch[477] up dat Is[478] herümmer, dat ick denk, de oll Mann verlirt de Blansirung,[479] un dat ick all up em losspringen un em unner de Arm gripen[480] will; dunn sleiht[481] de Dam’ den Sleuer taurügg,[482] un wat seih ick? -- Minen leiwen Schatz un minen säuten Ogentrost![483] Un tau Maud’[484] würd mi, as hadd mi Einer rechts un links en por Mulschellen[485] gewen.[486] -- „Dat weit[487] de Kukuk,“ segg ick, „de Oll[488] verdarwt[489] mi de ganze Frigeratschon[490] bet in de grawe Grund!“[491] un gah so arg,[492] as Einer warden kann, nah Hus. Dor satt ick nu in ’n Düstern un gruns’ mi inwendig,[493] dunn geiht de Dör[494] up, un min Unkel kümmt ’rin. „Gu’n Abend!“ seggt hei. „Wat sittst Du hir in ’n Düstern? Mak[495] Licht an!“ -- Dit is dat einzigste Mal in minen Lewen west, dat ick minen Mutter-Brauder[496] nich de Dagstid baden heww;[497] ick stunn äwerst[498] up un makt Licht an, un sach so sur ut,[499] as en solten Hiring,[500] de virteihn Dag’ in Essig leggt[501] is. -- „Wat fehlt Di?“ fröggt hei. -- „„Nicks!““ segg ick kortweg,[502] dacht äwer: ’t is din Mutter-Brauder! un sett’t hentau:[503] „„Ick bün nich up den Schick!““[504] -- „Ick sihr,“ säd hei, un dorbi sach hei so lüftig[505] ut as en ollen Esel, de virteihn Dag’ bi schiren[506] Hawer[507] in ’n Stall stahn[508] hett. „Heww wedder mit ehr redt,“ seggt hei. -- „„Minentwegen,““ segg ick. -- „Wo[509] sall ick dat verstahn?“ fröggt hei un sett’t en irnsthaft Gesicht up. -- „„Ick bün mit den Drom[510] dörch,““ segg ick. -- „Du willst nich?“ fröggt hei un leggt sin beiden Arm up de Lehn von den Lehnstaul un kickt[511] mit de Näs’ d’räwer weg, scharp[512] mi in ’t Gesicht, „ick heww de Sak infädelt so fin[513], so fin! dat dat en Hund jammern künn, wenn dor nicks ut würd, un nu willst Du nich?“ -- „„Ne““, segg ick, „„Unkel, ick +will+ nich. Meinst Du, ick sall Di den Rohm[514] affüllen laten un mi mit de sure Melk[515] begnäugen?[516] Denn doräwer sünd sei sick All einig -- kik hir! Amalie Schoppe, geborene Weise, un Elise von Hohenhausen, geborene von Ochs, un all de Annern, de äwer dit Verhältniß schrewen[517] hewwen -- dat Schönste bi de Frigeri is de Verkihr[518] von Brutlüd’ vör de Hochtid, un den Verkihr rittst[519] Du an Di, un ick sall tauseihn, wo Du min Brut mit Punsch un Kauken traktirst?““ -- Min Unkel nimmt de geborene Weise un de geborene von Ochs un smitt[520] sei in de Sophaeck, un stellt sick vör mi hen un seggt: „Ick frag Di tau ’m Letzten, willst Du dat Mäten[521] frigen oder nich?“ -- „„Ne,““ segg ick. -- „Na,“ seggt hei un kek mi lang’ an mit so ’n fierlich[522] Gesicht, as hadd hei eben sin Testament makt un wull nu noch sinen Namen unnerschriwen,[523] „na, dat Mäten sall dörch mi nich in Schaden kamen, denn frig +ick+ sei,“ un dormit gung hei stolz ut de Dör. Na, dit was denn nu mal en Stück! -- In de Irst[524] stunn ick ganz verdutzt, dunn smet[525] ick mi in de Sophaeck up de geborene Weise un lacht lud up.[526] -- Min Unkel, de gaud twintig Johr[527] öller[528] was as ick, trugte[529] sick en Stück tau, wotau mi in minen Johren de Kurasch’[530] all utgung![531] Ick wull nu lustig wider[532] lachen, kreg ’t[533] äwer nich mihr taurecht, denn ick hadd kein unbekümmert Hart,[534] un wenn ick dat Gesicht ok breid naug[535] vertrecken ded,[536] de Lach[537] blew unnerwegs hacken,[538] un as ick mi nu so mit dat dämlichste Gesicht von de Welt in den Speigel[539] tau seihn kreg, sprung ick in ’n Enn’[540] un gung mit groten Schritten in de Stuw’ up un dal[541] un bos’te mi nich slicht[542] un slog[543] up den Disch un säd: „Hei deiht ’t,[544] hei is dortau kumpabel.“[545] As Fru Bütow’n kamm, kreg sei natürlich ut männigerlei Ursak[546] Schell,[547] un as ick de taurecht sett’t hadd, gung ick in den Klubb un spelt Lomber[548] un säd ümmer tau mi: „Dat kannst du doch nich liden!“[549] un spelte[550] Solo’s, de gor nich up de Welt existirten, un verlur[551] sei un säd denn wedder:[552] „du wardst Di doch dat Hart nich afköpen laten!“[553] un namm den Muhren[554] un würd kodilg’.[555] Verdreitlich[556] gung ick nah Hus[557] un läd mi dal,[558] un wull slapen[559] un kunn[560] nich. Ick argert mi de ganze Nacht mit mi ’rümmer, denn laten kunn ick von dat säute[561] Kind nich mihr -- sei hadd mi ’t andahn[562] -- un de heilig Christabend föll[563] mi in, dat ick in minen Lewen[564] keinen Dannenbom upputzen süll. Wenn ick denn tau mi säd: „Man tau!“[565] denn flogen mi all min Bedenken as en Hummelswarm dörch den Kopp, un vör min Ogen stunn ümmer en grot Frag’teiken,[566] un wenn ick mi dat utdüden ded,[567] denn heit[568] dat ümmer: „Je, will sei di ok?“ Na, dit kunn jo doch nu Keiner beter[569] beantwurten, as sei sülwst[570] -- dat sach ick in[571] -- un as nu de grage[572] Wintermorgen in min koll[573] Stuw’ ’rinne schinen ded,[574] un mi dat so dörch de Knaken[575] grusselt,[576] as ick den Koffe makt, säd ick: „Nu bün ick dormit dörch! Wat sin möt,[577] möt sin!“ un segg tau Fru Bütow’n: „Fru Bütow’n“, segg ick, „gahn S’ nah Kopmann Bohnsacken un köpen[578] S’ mi en Por[579] von de finen, gelen Hanschen,[580] de de jungen Herrn Avkaten[581] ümmer dragen,[582] wenn sei recht wat bedüden willen.[583] -- Äwer rechte gele!“ Hen tau Elben[584] stek[585] ick denn nu in minen swarten[586] Liwrock[587] un swarte Hosen un blanke Stäweln un in de nigen[588] gelen Hanschen, un ihre[589] ick den Haut upsetten ded,[590] stellt ick mi vör den Speigel und säd mit Recht: „Wo ’s ’t mäglich! Dat hadd ick sülwst nich mihr glöwt!“[591] Smet[592] noch en Blick in min Stuw’ ’rüm un säd: „So ward’t denn nu woll hir nich bliwen!“[593] Kek in min ollen Tüffeln[594] ’rinne, de vör dat Bedd stunn’n,[595] un säd: „Ji wardt jug[596] ok wunnern,[597] wenn ’t glückt, un wenn binnen Korten[598] en Por lütte[599] nüdliche Tüffelken bi jug tau ’m Besäuk kamen.“[600] Ick gah denn nu de Strat hendalen[601] un kam[602] an minen Unkel Matthiesen sin Dör vörbi un denk: „Irst[603] mit alle Welt in Freden,[604] wenn Einer so ’n Gang geiht!“ denn tau Maud’ was mi, as gung ick den letzten Gang. Klopp[605] also an sin Dör un gung herin. Na, ick heww all vel seihn[606] in de Welt; ick heww mal seihn, dat en Kirl[607] Füer fratt;[608] ick heww mal seihn, dat Einer Häkelheed[609] fratt un schönen sidnen[610] Band ut den Hals’ herutehaspelte: äwer so blag[611] is mi dat mindag nich[612] vör de Ogen west as in den Ogenblick, wo ick an den hütigen Morgen minen Unkel Matthies tau seihn kreg.[613] Dor stunn[614] hei in sin Stuw’ in den sülwigen Uptog[615] as ick, blot[616] dat sin swarte Liwrock en gräunen Jagdsnipel[617] was, un dat sin gelen Hanschen von Hirschledder[618] wiren un min von Schapledder,[619] un dat sin witte Snurrbort[620] as en por klore Istappen[621] rechts un links äwer den Mund dal hung,[622] un min nah baben[623] upswänzt[624] was un in allerlei verdammte Coulüren[625] spelte. „Unkel!“ rep[626] ick, as ick ’rinn kamm, un min Haut tründelte[627] vör mi in de Stuw’ ’rin, so verfirt[628] ick mi. -- „„Jung’!““ rep hei, „„wat willst Du?““ -- „Wat willst Du?“ raup[629] ick. -- „„Ick will dat, wat +Du nich+ willst!““ seggt hei. -- „Ick will jo!“ rep ick. „Un ick bün jo man,“[630] sett’t ick hentau, „hir in desen Uptog blot nah Di ’ruppe kamen,[631] üm Di tau seggen, dat ick nu fast[632] bün, un wull Di bidden, Du süllst[633] man wedder min leiw’ oll[634] Unkel bliwen.“ -- „„Wullst[635] Du dat?““ säd hei un sett’t sick in sinen Lehnstaul un kek mi so nahdrücklich in de Ogen. „„Na, denn will ick Di man seggen, ick wull ok in desen Uptog nah Di henkamen un wull Di en beten verfiren.[636] Ick weit[637] dat ut min Soldatentiden:[638] so ’n beten Verfiren, dat rammelt[639] den Minschen nüdlich tausam[640] un rappelt em up,[641] denn denn[642] kümmt de Schimp[643] mit in ’t Spill.[644] Un, Jung’,““ säd hei un stunn up un läd mi de Hand up den Arm, „„ick will Di nich in den Weg stahn un Di in den witten Bagen[645] von Din Glück en Krünkel[646] maken, denn dat lütt Mäten is för Di geburen, un dat Mäten is gaud!““ -- Un dorbi knep[647] hei mi den Arm mit sine olle breide Fust[648] tausamen, dat ick dacht: wenn sei so is, denn[649] is sei +mihr+[650] as gaud. Min Unkel gung nu hen un halt[651] en Glas von sinen ollen Portwin un säd: „„Kum her, Jung’, stärk Di irst! Wo[652] willst Du ’t denn anfangen?““ -- „Je,“ segg ick, „wenn ick dat wüßt!“ -- „„Sett[653] mal Din Bein hir up den Staul,““[654] seggt hei. -- „Wat sall dat?“ frog ick. -- „„Nicks nich,““ seggt hei un knöpt[655] mi de Strippen[656] von de Hos’ af, „„mit en Fautfall[657] möst Du jo doch beginnen, un dit künn Di strämmen.““ -- „Na,“ segg ick, „Du fangst gaud an.“ -- „„Wat sick hürt,[658] hürt sik,““ seggt hei. „„Ick heww dat mindag nich sülwst dörchmakt,[659] äwer ick heww dat ümmer up Biller[660] seihn. Wat seggst Du äwer man? Täuw![661] Ick will Di unner de Arm gripen!““[662] un dorbi ret[663] hei hastig sinen Drahkasten[664] up un fliete[665] in den Uttog[666] ’rüm, worin hei sin heiligsten Schätz hadd. Un richtig, dor kamm[667] hei mit sin Stammbauk[668] tau’m Vörschin. Dat schach[669] man selten, un wenn hei ’t anrögen ded,[670] denn schach dat blot des Abends, wenn Allens so recht still was. Denn treckt[671] hei sick irst reine Wäsch’ an un sin bestes Tüg[672] un sett’t rechts un links en por Lichter up den Disch, slog deip[673] in Gedanken Blatt för Blatt üm, las all de Vers’ un höll[674] mit swarte Krüzen[675] dat Dodenregister in Ordnung. Den annern Morgen was hei denn sihr weikmäudig,[676] un dat letzte Mal kamm hei nah mi ’rüm un säd: „So vel[677] ick weit, lewt man noch Ein;[678] dat is Krischan[679] Bünger, den ollen Snider[680] Bünger sin Sähn,[681] de mit min Öllern[682] Hus an Hus[683] wahnen ded.[684] Sei seggen jo, hei sall Durschriwer[685] tau Parchen[686] wesen,[687] un wenn mi Gott dat Lewen lett,[688] denn will ick em desen Sommer besäuken.“[689] „Hir!“ säd hei, as hei ditmal[690] dat Stammbauk ’rute halt[691] un up den Disch leggt hadd, „hir sett Di dat, un säuk[692] Di en Vers ut un lihr em utwennig.[693] Dor stahn weck in[694], de kannst Du tau unsern Herrgott in ’n Himmel beden,[695] denn[696] ward sick ok woll ein för dat beste Mäten up Irden[697] finnen.“[698] -- „„Unkel,““ säd ick un namm dat Stammbauk in de Hand un bläderte[699] dorin ’rüm, „„ick weit, wat ick dauh:[700] ick red so, as mi dat üm ’t Hart is,[701] un mi is hüt[702] Morgen ganz besonders üm ’t Hart.““ -- „Ok gaud,[703] min Jung’,“ säd min Unkel, „un villicht noch beter! Äwer denn mak nu ok![704] Un täuw,“ sett’t hei hentau, as ick mi tau ’m Gahn ümdreihn ded,[705] „Di hängt jo dat witte[706] Band von ’t Vörhemd ’ne halw’ Ehl[707] den Puckel dal!“ un gaww[708] mi sinen Segen un stoppt[709] dat Enn’[710] Band unner ’t Halsdauk.[711] „So, nu gah mit Gott!“ Ick gung denn; aewer as ick ut de Husdör[712] kamm, dunn haust[713] wat baben[714] mi, un as ick ’ruppe kek,[715] dunn lagg[716] min Unkel Matthies in dat halwe[717] Finster un nickt un plinkt[718] mi tau, un jedesmal, wenn ick mi in de lange Strat[719] ümkek, denn nickt hei un weiht[720] mit sin rotbunt Taschendauk ut dat Finster ’rut, dat mi angst un bang’ würd, de Lüd’ müggten marken,[721] wovon twischen[722] uns de Red’ wir. Nu künn ick hir ne Geschicht vertellen;[723] ward mi äwer woll häuden.[724] So glatt, as dat in de Romanen steiht, geiht so ’ne Angelegenheit in de Würklichkeit nicht af. Unner Hunnert[725] maken Nägen un Nägentig[726] up desen Gang de spaßigsten Dummheiten, un wenn ok all de Hunnert as de glücklichsten Brüjams[727] taurügg kamen, warden doch de Nägen un Nägentig tau sick seggen: „Gew’[728] de leiw’ Gott, dat wi nich wedder in de Lag’ kamen; süllen wi äwer tau’m tweiten Mal de Sak äwernemen,[729] denn willen wi ’t kläuker[730] anfangen.“ -- Gott lat mi nich wedder in de Lag’ kamen! Nah en annerthalw’ Stunn’n[731] kamm ick denn wedder taurügg, glücklich bet unner[732] den Hauttöppel,[733] un mag ok woll dornah utseihn[734] hewwen; un dor ick mi in min einsam Junggesellenlewen de dürigte[735] Mod’ anwennt[736] hadd, mit mi sülwst[737] tau snacken,[738] so kann ick nu bi ruhige Besinnung de Lüd’ dat nich verdenken, wenn sei mi, as ick de Strat hendalen[739] kamm, en beten ut den Weg gungen[740] un mi scharp nahkeken,[741] ob min Bein’ ok woll so deklamirten as min Hänn’.[742] As ick nu noch so ’n Raudener drei[743] von minen Unkel sinen Hus’ af[744] bün, stört’t[745] hei mi all entgegen un föll[746] mi üm den Hals, denn hei hadd de annerthalw’ Stunn’ lang achter[747] de Husdör stahn[748] un up mi lurt,[749] un rep:[750] „Holt Din Mul![751] Holt Din Mul! Ick weit Allens; un wennihr[752] ward de Hochtid?“ -- Ick tuscht em denn nu, un säd: „„So swig[753] doch still! tau ’m wenigsten up de Strat!““ -- fat’t[754] em unner ’n Arm un treckt[755] em mit nah minen Hus’; doch as wi dor herinne kemen un Fru Bütow’n grad dat Middag deckte, dunn kunn[756] hei sick nich länger hollen,[757] dunn spelt[758] sin ganzes Hart[759] Solokolür,[760] un as de Fru em ankek, dunn lücht’ten[761] ut sin Ogen[762] nicks als Trümw’,[763] un hei wis’te[764] mit den Dumen[765] äwer de Schuller[766] nah mi hen un säd: „Seihn S’ dor,[767] Fru Bütow’n, dor steiht hei -- min Swester-Sähn! Is nu ok en Brüjam, so gaud as Einer!“ Un as nu de Fru kamm un gratulirt un weiten[768] wull, wer de Glückliche wir, hadd ick wedder naug[769] tau tuschen, un as sei weg was, säd hei un kek[770] mi dorbi sihr verdwas[771] an: ick wir en Heuchler, en sihr verstockten! un ick wis’te[772] en swartes[773] Hart, dat ick so ’n Glück so lang verswigen künn. Ick müßt mi denn nu man dalsetten[774] un em de Sak vertellen,[775] dunn würd hei denn nu wedder fründlicher un nickt mit den Kopp un säd: „schön!“ un denn mal wedder schüddelt hei mit den Kopp un säd: „dit wir nich ganz nah sinen Sinn;“ un as ick utvertellt[776] hadd, stunn hei up un makt en Gesicht, as de Hewen[777] in ’n Heuaust,[778] wenn hei nich recht weit, ob hei de Sünn schinen[779] oder regen[780] laten sall;[781] hei schüddelt un nickt, un nickt un schüddelt, un endlich säd hei: „hei, för sin Part, hadd ’t denn doch en ganz Deil[782] beter makt;“[783] un frog dunn,[784] bi weckern[785] Vers von dit Kapittel ick denn den Fautfall[786] anbröcht[787] hadd. Ick müßt denn nu gestahn,[788] dat de gor nich tau ’m Vörschin kamen[789] was. Dunn namm min Unkel Matthies sinen Haut un säd: „Na, denn wünsch ick Di woll tau spisen![790] Un holl[791] Di an dat, wat Du hest; wat nahkümmt,[792] bitt de Wulf.[793] Du hest vel tau tidig[794] kreiht;[795] de Sak[796] is noch lang’ nich in Richtigkeit; en Fautfall hürt[797] tau jeder Verlawung,[798] un de Sak is nich gültig, wenn sei nich mit de beiden Knei[799] unnersigelt is. Mi tau ’m wenigsten sall ’t gor nich wunnern, wenn de Kram in de negsten Dag’[800] utenanner[801] geiht. Up en anner Mal folg’ minen Rat!“ Somit gung hei. Trotzdem äwer fung nu för mi eine wunderschöne Tid[802] an, eine wunderschöne Tid! Ick künn ok hirvon wedder vel vertellen, ward mi äwer woll häuden.[803] De höchste Freud’ un dat deipste[804] Leid möt[805] Einer[806] nich Jedwereinen[807] up de Näs’ binnen;[808] un wenn ick nu ok girn[809] glöw’,[810] dat all Dejenigen, de dit lesen, manirliche un irnsthafte Lüd’ sünd, ein oder de anner Hans Quast künn dor doch mit mang lopen[811] un künn up mine Kosten sinen Putzen[812] dormit driwen,[813] un dat müßt mi denn doch sihr verdreiten.[814] Äwer tau jeden richtigen Honnigkauken[815] hürt[816] en lütt Beting[817] Peper,[818] un doran süll mi dat denn nu ok nich fehlen. Tauirst[819] streute min Unkel Matthies af un an en lütt Kürnken[820] an, doch as hei sach,[821] dat de Sak von Bestand was, un as hei sülwst up ’ne Visit bi min Brut ehr Fründschaft[822] west was un sick dor ok tau sine Taufredenheit[823] von dat Fischkaken[824] äwertügt[825] hadd, dunn sport[826] hei sin Gewürz un grep deip[827] in sinen Honnigpott[828] -- tau deip! segg ick -- denn nu malt hei alle Lüd’, de em hüren wullen, min Glück so säut[829] vör, bet in minen Honnigmand[830] bald so vel Fleigen[831] summten, dat ick mi nich tau bargen wüßt,[832] un dat bald so vele lustige Geschichten von mi in den Swung’[833] wiren, as wir ick blot tau ’m Vergnäugen[834] von alle Welt nich blot en +Brüjam+, sondern ok en +Brüdjam+[835] worden. Ick würd brüdt, wo ick mi seihn let.[836] Up fiw[837] Schritt all[838] grint[839] mi jeder Hans Narr up de Strat[840] an, un wenn ick denn frog, wat dor tau grinen wir, denn säden sei All, as wenn sei sick beraden[841] hadden: „Oh, nicks nich!“ Kamm[842] ick mal des Abends in minen ollen[843] Dämelklubb[844] -- denn dat hadd ick mi glik vörnamen,[845] dese Gesellschaft wull ick unner keinerlei Ümstänn’[846] upgewen,[847] irstens, wil dat[848] sei mine Gemütsort[849] sihr tauseggen ded,[850] un tweitens,[851] wil dat ick sei för mine Bildung sihr taudräglich höll[852] -- na, wenn ick also dor mal hengeröd,[853] denn würd dat en Flustern un en Tuscheln[854] un en Anstöten:[855] de Ein’ winkte ganz von Firn[856] mit den Tulpenstengel, un de Anner ganz in de Neg’[857] mit den Tunpahl,[858] un Geschichten vertellten[859] s’ sick, wat +de+[860] +vör+ de Hochtid seggt[861] hadd, un wat +de+[862] +nah+ de Hochtid seggt hadd; un wat de Scheper[863] tau sinen Hund seggt hadd; un wenn ick denn falsch[864] würd un frog, wat sei dormit seggen wullen, un wat[865] dat Spitzen up mi sin süllen, denn säden sei All: „Gott bewohre! Wi meinen man.“[866] Un wenn ick nu des Abends ut desen Grünn’n[867] nich in den Dämelklubb gung, denn makt[868] Fru Bütow’n ehr leiwe[869] Pepermähl[870] apen[871] un stöhmte[872] mi ümmer ganz lütte, fine[873] Prisen in de Näs’[874] un in de Ogen:[875] wat dat +so+ süll?[876] oder wat dat +so+ süll? Sei wüßt ok nich, wo[877] ick dat nu hemmen wull. Un sei wir[878] ’ne olle Fru un hadd in ehren Lewen all vele Herrn upwohrt,[879] äwer noch keinen, de in ’n Brutstand west wir; ick süll deswegen Geduld mit ehr hewwen, denn de Sak kem jo +nu+ bald ganz anners. Un wat dat Tüg[880] rein maken anbedrapen ded,[881] dor gew’[882] sei mi ganz Recht, dat wir för min Brut nich gaud naug,[883] denn as[884] sei man hürt hadd,[885] wir de as ’ne Prinzeß upfött[886] un hadd sindag nich[887] ehr Finger in koll Water[888] stippt; äwer ehr Ogen wiren för jede Dun’[889] up den Rock all tau olt.[890] Un wenn min Brut mi negstens[891] mal besäuken wull,[892] so künn sei dat jo dauhn,[893] sei för ehre Person hadd nicks nich dorwedder,[894] un äwer de Spennwew’[895] an ’n Bähn[896] un den Stoff[897] up de Comod’ würd sei jo nich fallen, un an den lütten Provat-Müll-Hümpel,[898] den sei sick tau ehre Bequemlichkeit in de ein’ Eck von min Stuw’ anleggt[899] hadd, würd sei sick jo ok just de Beinen nich verstuken.[900] Un wenn ick des Abends Füer[901] hewwen wull, denn künn ick jo dat man seggen -- sei wüßt jo dat ok nich -- süs[902] wir ick jo ümmer in den Dämelklump gahn,[903] worüm denn nu nich? Un denn sett’t[904] sei sick vör dat Abenlock[905] un puste un puste, un de Kahlen[906] gläuhten[907] ehr up de dicken Pustbacken, datt ick sei nich anners anseihn künn, as ick müßt ümmer denken: „Gott verzeih mi de sweren Sünden! Ick weit recht gaud, dat dit +min+ Fru Bütow’n is, un ’ne christliche Wewerwittwe,[908] worüm möt[909] ick denn bi ehr[910] ümmer an de hohen Herrschaften denken, de deip[911] -- deip unner uns wahnen[912] up en Flag,[913] wo ’t sihr heit[914] sin sall? Un worüm föllt[915] mi bi ehr Pusten ümmer in, dat mägliche Wis’ up dit Flag ok Einer sitt, de Kahlen anpusten deiht,[916] üm min schönes Ehstandsglück doch en Beting[917] antauwarmen?“[918] Hirut kann Jeder afnemen, dat bi mi de Bedenken noch nich all ut dat Finster ’rute smeten[919] wiren, un sei süllen noch düller[920] warden, as ick eins Nahmiddags von min Brut taurügg de Strat[921] entlang gung. As ick nämlich an desen Dag de Strat entlang gung, dunn hürt[922] ick all von Firn’[923] groten Larm, de Lüd’ keken[924] ut de Finstern, un vör de ein’ Husdör[925] hadd sick ok all en lütten Hümpel[926] tausam funnen,[927] de nah de Del[928] ’ruppe kek. As ick nu grad an de Dör vörbi[929] gahn will, fohrt[930] de Kürznermeister[931] Obst äwer sin halwe Husdör[932] ’räwer, as wenn ’ne Billardkugel äwer de Band’ sprengt ward, un sett’t sick mit sin vir Baukstaben[933] in den Rönnstein.[934] -- „Mein Gott! Gevatter?“ seggt sin Nahwer Gräun,[935] „wat makst Du dorvon?“ -- „„Je, dat segg man mal!““ seggt de Kürzner,[936] „„min Frugenslüd’[937] hewwen mi ’rut smeten.““ -- „Worüm denn äwer?“ fröggt de Anner. -- „„Vadder,““[938] seggt de Kürzner un rappelt sick tau Höcht:[939] „„dat will ick Di seggen: min Fru will, wat +ick+ will, und dat will +ick+ nich.““ Wil[940] mi nu dese Geschicht nicks angung,[941] so gah[942] ick wider[943] un denk so bi mi: is doch en narschen[944] Spruch! Wat de Kirl woll dormit meint? „+Min Fru+ will, wat +ick+ will, un dat will +ick+ nich.“ -- Sallst dinen Unkel Matthiesen mal dornah fragen. Ick gah nu also nah em ’rup un vertell[945] em de Sak un segg em den Spruch un frag’: „Unkel, wat meint de Kirl dormit?“ -- „„Je!““ seggt hei un geiht in Nahdenken in de Stuw’ up un dal, „„un de Kirl was von sin Frugenslüd ’rut smeten, seggst Du?““ -- „Ja,“ segg ick, „hei säd ’t jo sülwst.“ -- „„Un in den Rönnstein satt[946] hei?““ frog hei wider.[947] -- „Ja,“ segg ick, „dorin satt hei.“ -- „„Na,““ seggt min Unkel nah ’ne Wil’ Bedenken, „„denn[948] ward dat ok woll sin Richtigkeit hewwen, denn hett em sin Fru ok woll ’rut smeten, un denn findt de Spruch ok sin richtig Bedüden,[949] denn heit[950] hei: Min Fru will Herr in den Hus’[951] sin, un ick will ok Herr in den Hus’ sin, un mine Fru ehren Willen, den will ick nich nahgewen.[952] Äwer,““ sett’t hei hentau, „„wenn sei in ’n Hus’ stahn,[953] un hei vör den Hus’ in den Rönnstein seten[954] hett, denn ward sei woll Herr in den Hus’ sin.““ Ick weit nich, mi würd nah dit Gespräk so verdreitlich[955] un beängstlich tau Sinn; von de Sid[956] hadd ick min Vörnemen noch nich in ’t Og’ fat’t.[957] „Unkel,“ säd ick, „Du kennst mi doch un kennst sei jo ok, wat meinst Du denn woll, wer ward von uns Beiden woll Herr in ’n Hus’ sin?“ -- „„Je,““ seggt hei, „„sei süht[958] mi gor nich dornah ut,[959] as müggt[960] sei girn[961] +vör+ de Husdör in ’n Rönnstein sitten, ick glöw’,[962] sei bliwwt[963] leiwer binnen.““[964] -- „Den Deuwel ok!“[965] segg ick. -- „„Na, so arg,““ seggt Unkel Matthies, „„ward sei dat nu woll nich maken; äwerst[966] so ’n ‚liebenswürdig, weiblich Regiment‘ -- as de Lüd’ dat nennen -- ward sei woll äwer Di ergahn laten, Du wardst woll en beten stramm an ehren Schörtenband[967] anbunnen[968] warden, un wo lütt[969] de Achterflicken[970] an ehr Pantüffeln sünd, ward Ein[971] Di nahsten[972] woll von den Pelz lesen känen.““ -- „Bang’ maken gelt[973] nich!“ segg ick, „ick ward sei mi nah de Hochtid bi den irsten Schepel[974] Roggen wenn’n.“[975] -- „„Dor verlat Di man nich up!““[976] seggt min Unkel. „„Kennst Du dat Sprückwurt nich:[977] +Vör+ de Hochtid möst du s’ wenn’n; +Nah+ de Hochtid is ’t tau Enn’?““ „Ne“, segg ick, „dat ’s mi ganz wat Nig’s!“[978] un makt[979] en Gesicht dortau, as hadd mi min Unkel vertellt, sei hadden mi tau ’m Papst makt. -- „„Na, denn sett Di dal,““ seggt hei, „„ick will Di ’ne Geschicht vertellen.““ -- „Vertell!“ segg ick. „Äwer Din Nutzanwenning[980] lat[981] weg! Ick bün dor all tau olt tau.“[982] -- „„Kein Bang’!““ seggt hei. „„De Nutzanwenning ward Din leiw’ Fru woll äwernemen, wenn Du minen Rat nich folgen deihst.““[983] Ick sett’t mi also bi minen Unkel dal, un hei fung an tau vertellen: „Tau Rümpelmannshagen, wo ick mine irsten Lihrjohren[984] as Klutenpedder[985] dörchmakt[986] heww, wahnten[987] dunntaumalen[988] twei[989] junge, schire[990] Kirls,[991] de ein’ heit[992] Wulf[993] un was de Smid in den Dörp,[994] un de anner heit Kiwitt[995] un was de Möller.[996] De Smid was en Pfiffkopp[997] un verstunn[998] sinen Kram, de Möller was man düsig,[999] hadd äwer dat Geld. Na, mit de Tid[1000] gung in den Dörp dat Gered’: „„Vaddersch,[1001] hest all hürt?[1002] De Smid un de Möller gahn Beid’ nah den Schulten sin[1003] Fik un Marik,[1004] un sei seggen jo oll von de Hochtid tau Martini.““[1005] -- Un dat kamm ok so, sei frigten[1006] Beid’ tau Martini, un de oll Schult rüst’t ’ne Hochtid ut, de säd man: „Stah!“[1007] un wi jungen Lüd’ von den Hof wiren ok dortau beden,[1008] un ick weit dat noch as hüt,[1009] wo[1010] lustig dat hergung, denn uns’ Schriwer,[1011] Ludwig Brookmann, stülpt mi gegen Morgen ’ne Sleifkann[1012] vull Duwwelbir[1013] äwer den Kopp un säd, as ick falsch[1014] würd: dat süll jo man Spaß sin. Nah de Hochtid was dat denn nu Allens will un woll;[1015] äwer dat wohrt[1016] ok man ’ne Tid lang, dunn munkelt dat in ’t Dörp: „Vaddersch, hest all hürt? De Möllerfru sleiht[1017] ehren Mann.“ Un dat +was+ ok so. Eins Sünndagsnahmiddags kümmt de Möller tau den Smid, de sitt in ’n Kraug[1018] un spelt[1019] Solo, un de Möller seggt: „Na, wat +Di+ hüt Abend passirt, dat weit ick ok.“ -- „„Wo so?““[1020] fröggt de Smid un steiht up un geiht mit sinen Swager ’rut. -- „Na,“ seggt de Möller, „verstell Di man nich! Wi Beiden hewwen uns schön vermeidt.“[1021] -- „„Wenn Du min Fru meinst,““ seggt de Smid, „„denn möt[1022] ick Di seggen, ick heww en gauden Meidsmann.““[1023] -- „Ja,“ seggt de Möller, „wenn sei nich tau Hus is.“ -- „„Kumm[1024] mit!““ seggt de Smid. „„Ick heww gistern Swin’ slacht[1025], un Du weißt,[1026] min Fru mag girn Swartsur.[1027] Ick will Di den Bewis gewen.““[1028] -- Sei gahn nu also nah den Smid sinen Hus’, un as sei dorvör stahn, röppt[1029] de Smid: „„Fiken!““ -- Sin Fru kickt ut dat Finster un fröggt: „Wat sall ick?“ -- „„Fiken,““ seggt de Smid, „„nimm mal eins[1030] de grote Schöttel[1031] mit Swartsur un smit[1032] de mal eins[1033] hir nah de Strat ’rut.““ -- „Wat?“ fröggt sin Fru. -- „„Du sallst de Schöttel mit dat Swartsur nah de Strat ’rute smiten.““ -- „Glik“![1033] seggt Fiken, un hest nich geseihn, fohrt[1034] de Schöttel äwer de halw’ Dör ’räwer as hüt Morrn[1035] de Kürznermeister. -- „„Recht so!““ seggt Smid Wulf. „„Un nu, Fiken, smit uns den Pott[1036] mit dat anner Swartsur ok man ’rut.““ Dat schüht[1037] denn nu ok, un de Smid seggt: „„Schön, Fiken! un lat Di de Tid[1038] nich lang warden, wenn ick hüt Abend lat[1039] tau Hus kam.““ Dormit geiht hei mit den Möller nah den Kraug taurügg[1040] un fröggt em: „„Na? hest nu seihn?““ -- „Ja,“ seggt de Möller, „de is echt. Wo hest dit anfungen?“ -- „„Up ’ne ganz einfache Wis’,““[1041] seggt de Smid. -- „Hest s’ inspunnt?“[1042] -- „„Ne!““ -- „Hest s’ schacht?“[1043] -- „„Ne, ok nich!““ -- „Na, wo hest ’t denn makt?“ -- „„Dat will ick Di seggen,““ seggt de Smid. „„As wie noch Brutlüd’[1044] wiren, dunn lurt[1045] ick ehr dat af, von wecken[1046] Stück Tüg[1047] sei woll am meisten hollen ded,[1048] un dunn funn[1049] ick denn, dat dat en lütten, hübschen, roden siden Dauk[1050] was, un as sick mal de Gelegenheit gaww,[1051] dat wi Frühstück eten[1052] hadden, und de Disch en beten[1053] stark vull Gaus’smolt[1054] smert[1055] was, dunn wischt ick mit ehren schönen Dauk den Disch af. Na, nu kannst Du Di denn denken, wo sei up mi losfohren ded![1056] Ich äwer fot[1057] sei rundting[1058] üm un küßt sei un säd: „Fiken, Du hest mi jo! Wat is an so ’n Dauk gelegen? So ’n Dauk kriggst Du woll wedder; äwer Einen, de so vel von Di höllt[1059] as ick, so ’n findst[1060] Du mindag’ nich.“[1061] -- Na, sei gaww[1062] sick denn nu ok, un as wi nah den Teterowschen[1063] Königschuß wiren, gewunn[1064] sei ’n Pott, en schönen Pott; un as sei sick so recht dortau freuen ded,[1065] dunn namm[1066] ick den Pott un spelt[1067] dor so verluren mit, un -- baff! -- smet[1068] ick em up den Stein. Nu fung sei denn en beten an tau rohren;[1069] äwer ick küßt sei un säd: „Lat sin,[1070] Fiken, t’ is beter,[1071] dat de Pott intwei follen[1072] is, as dat ick mi wat intwei follen heww, denn ick sall uns uns’ Lew’[1073] lang dat Brod verdeinen!“ Na, tauletzt brok[1074] ick ehr noch drei Tähnen[1075] ut den Kamm; dunn lacht sei äwer all un säd: „Mi sall doch wunnern, ob Du mi tau ’m Teterowschen Harwstmark[1076] en nigen[1077] wedder schenken deihst.“[1078] Na, dat geschach denn nu ok, un so is ’t denn nu ok blewen;[1079] sei is mit Allens taufreden.[1080] -- Äwer ick möt[1081] ’rinne un möt minen Solo spelen.““ De Smid gung also in de Stuw’ un spelt Solo, äwer nah ’ne halw’ Stunn’ kamm de Kräuger[1082] ’rinne un säd: „Smid, kumm ’rut![1083] Möller Kiwitt steiht buten[1084] un süht schändlich ut.“ -- Smid Wulf geiht also ’rut, un dröppt[1085] denn nu ok sinen Swager mit en intweiiges[1086] Gesicht un en dickes Og’,[1087] un verfirt[1088] sick denn nich slicht[1089] un fröggt: „Swager Kiwitt, wat hest +nu+?“ „„Je, dat segg man mal!““ seggt de Möller, „„dat kümmt von Din verfluchtes Geschichten-Vertellen.““[1090] -- „Wo so?“ fröggt de Smid. -- „„Je, frag’ noch lang’!““ seggt de Möller. „„Ick hadd Din dämlich Geschicht gaud ’naug behollen,[1091] un denk so bi mi, wat bi de ein’ Swester hulpen[1092] hett, kann jo bi de anner ok helpen:[1093] probiren kannst du ’t jo wenigstens. Ick gah also nah Hus, un min Fru steiht vör ’n Speigel[1094] un makt sick de Hor[1095] tau de Hollännerfru[1096] ehren Kaffeklaatsch[1097] t’recht,[1098] un up den Disch liggt[1099] ehre beste Huw’,[1100] un ick segg tau mi: „dit trefft sick mal glücklich!“ un nem de Huw’ un denk bi mi: „wenn du sei nu in de Waschschöttel[1101] in dat smutzige Sepenwater[1102] stippst, denn kann sei gaud warden.“ Na, ick dauh[1103] dat, un sei süht jo woll min Anstalten in den Speigel, un ihre[1104] ick mi noch up wat prekawiren[1105] kann, fohrt[1106] sei mi in dat Gesicht herinne, un as ick segg: „Mariken, Du hest +mi+ jo, un ’ne Huw’ kriggst du sacht[1107] wedder!“ dunn röppt[1108] sei: „„Ja, ick +heww+ Di! Un för de Huw’ sallst Du Din richtig Deil[1109] ok krigen!““ -- „Un kik!“[1110] seggt de Möller un treckt[1111] sin Hand von dat dick Og’, „so hett sei mi tauricht’t,[1112] un dat üm Dine verdammte Geschicht.“ -- „„Du Dummbort!““[1113] seggt de Smid, „„heww ick Di nich seggt, ick hadd dit Stück +vör+ de Hochtid makt?[1114] Wat +vör+ de Hochtid helpt,[1115] helpt nich +nah+ de Hochtid.““ „Un dat is de Geschicht, min Sähn,“ säd min Unkel Matthies un stunn up,[1116] „un wenn Du klauk[1117] büst, denn kannst Du Di jo dornah richten.“ Ick stunn ok up un stellt mi an ’t Finster un let mi de Geschicht dörch den Kopp gahn un dreiht[1118] mi denn endlich üm un säd: „„’Ne dämliche Geschicht, Unkel! Du hest süs all betere[1119] Geschichten vertellt.““ -- „Ja,“ lacht de Oll, „wil ick Di süs de Nutzanwenning glik[1120] mit gaww, un hir sallst Du sei säuken.“[1121] -- „„Du wardst doch nich glöwen,““[1122] segg ick, „„dat ick min Brut ehr Huw’ in ’ne Waschschöttel stippen und mit ehren siden Dauk den Disch afwischen ward?““ -- „Du kannst ’t jo mal probiren,“ lachte de olle Spitzbauw’.[1123] -- „„Na,““ segg ick, „„dat fehlt mi noch, denn wir ick just bet an den Hacken.““[1124] -- De Oll[1125] grint[1126] nu ümmer so vör sick hen, un as ick so bi mi denk: oll Lüd’ sünd wunderlich, wenn ’t regent,[1127] führen[1128] s’ tau Heu, seggt hei: „Jung’, wo olt[1129] büst Du denn eigentlich?“ -- Von min Öller[1130] müggt[1131] ick nu in min Brüjamstid[1132] nich recht wat hüren,[1133] un ick denk bi mi: Haha! fangst du all wedder mit den Peper[1134] an? un ick frag’: „Worüm meinst Du?“ -- „„Oh,““ seggt hei, „„ick mein’ man.““ -- „Denn lat[1135] Di seggen,“ segg ick etwas scharp,[1136] „ick bün den letzten säbenten[1137] November ein un virtig Johr west.[1138]“ -- „„Also,““ seggt hei, „„dörch de Virtigen büst Du dörch?““ -- „Ja,“ segg ick, „is Di dat villicht nich tau Paß?“ -- „„För minentwegen!““ seggt hei. „„Mi föllt dorbi man dat Sprückwurt in: wer in de Twintigen[1139] nich schön is, in de Dörtigen[1140] nich stark, in de Virtigen nich klauk[1141] un in de Föftigen[1142] nich rik,[1143] de kann ’t man sin laten,[1144] ut den ward nicks. Un Du schinst[1145] mi in de Virtigen noch nich klauk tau sin.““ -- „Unkel Matthies,“ säd ick un richt’t mi stur in Enn’,[1146] „wer mi för dumm köfft,[1147] de ward bedragen;“[1148] un dorbi[1149] müßt ick woll man en sihr dämlich Gesicht maken, denn min Unkel lacht un säd: „„Un kannst bi Alledem för Di kein Nutzanwenning ut de Geschicht finnen! Jung’, dat is jo man en Glikniß:[1150] Wat de Smid mit den Dauk un den Pott un den Kamm upführt[1151] hett, dat paßt sick nich för Di; dat weit ick woll. Du möst natürlich wat Anners anstellen. Tau ’m Exempel: trugst[1152] Du Di woll tau, in Dinen Öller[1153] noch +vör+ de Hochtid en Stückerner drei[1154] schöne dumme Streich uptauführen?““ -- „Dumme Streich?“ frag ick. -- „„Dumme Streich!““ seggt min Unkel, un ick gah nu in de Stuw’ up un dal un äwerlegg[1155] mi de Sak un dreih[1156] mi endlich üm un segg: „Ja; ick glöw’,[1157] Unkel, ick krig’ in aller Geswindigkeit noch en por taurecht.“ -- „„Denn mak sei,““[1158] seggt min Unkel. -- „Un Du meinst, ick ward dordörch Herr in den Hus’ bliwen?“ -- „„Min Sähn, ick glöw’ dat. -- Dumme Streich -- nich slichte![1159] -- Süh, wenn sei denn an tau schellen[1160] fangt, denn fall ehr üm den Hals un küß sei recht düchtig un segg: Lat man sin, lat man sin! Seih äwer[1161] de Geschichten weg, seih leiwer[1162] up min Hart,[1163] dat hürt[1164] Di un sleiht[1165] för Di von nu bet[1166] in alle Ewigkeit. -- Un denn Jung’,““ sett’t hei hentau,[1167] „„denn kannst Du jo ok noch den Fautfall anbringen -- denn Du magst seggen, wat Du willst -- de hürt nu einmal dortau.““ Ick äwerläd[1168] mi de Sak nu hen un her un säd denn endlich tau mi: „Hei ’s din Mutter-Brauder un sallst em dorin tau Willen sin un sallst en por maken! un ick makt sei ok richtig. Ick künn nu hir de Geschichten vertellen, de ick anstellt[1169] heww, ward mi äwer woll häuden.[1170] Dat Unglück künn sinen Gang gahn, un de Vertellung[1171] künn in mine Fru ehr Hänn’[1172] fallen un sei künn mäglich[1173] marken,[1174] dat all dese Stückschen[1175] afkortet[1176] west sünd, un dat sei in ehre Gaudheit anführt worden is, un sei künn seggen: „Holt![1177] dit Spill[1178] gelt[1179] nich; Du hest mit Fisematenten spelt.[1180] +Ick+ will mal de Korten[1181] mischen. -- So! de Vörhand heww ick, un nu man ’rut! Bedein’[1182] mi desen un bedein’ mi jennen! Un nu will wi mal seihn, ob Du ut den Ganten büst?“[1183] Äwer männigmal,[1184] wenn sei nu so as min Fru still un flitig[1185] üm mi herümme geiht un för mi allerwegen sorgt un mi in ehre Fründlichkeit nahgiwwt,[1186] denn denk ick doch so bi mi: „Schäm’ di, dat du mit Hinnerlistigkeit tau Wark gahn[1187] büst!“ un ick säd nilich[1188] tau minen Unkel: „Weißt wat? Ick vertell ehr, wo ’t[1189] mit de dummen Streich vör de Hochtid tausamen[1190] hängt.“ -- „„Plagt hei Di?“““ fröggt min Unkel. „„Jede rechtschaff’ne Kirl möt af un an en gauden dummen Streich un en gauden Witz maken; äwer hei darw sei nich sülwst wider vertellen, denn denn[1191] verliren sei all’ beid’ ehre Kraft. Ji lewt jo[1192] glücklich, dormit wes taufreden.““[1193] -- „Je,“ segg ick, „dat seggst Du; äwer mi is männigmal so tau Maud’,[1194] as wenn wi noch glücklicher lewen künnen, wenn +sei+ dat Regiment hadd.“ -- „„Min Sähn,““ säd min oll Unkel Matthies un läd[1195] mi de Hand up de Schuller,[1196] „„all dat Glück, wat up dese Ird[1197] mäglich is, föllt meindag nich in +eine+ Hand herinne, begnäug’[1198] Di mit dat, wat Du hest. Un wat den Ehstand anbedrapen deiht,[1199] hest Du den ollen Jochen Smitten[1200] noch kennt? Den ollen Jochen Smitt mein ick, de mit sine olle Fru achtig Johr olt[1201] würd, un nahsten[1202] mit ehr tausamen an +einen+ schönen Sommer-Sünndagmorrn begrawen würd. Na, de säd mal tau mi -- denn ick sülwst verstah nicks von de Sak -- „Herr Wachtmeister,“ säd hei, de Ehstand is as en Appelbom,[1203] dor sitt Einer in[1204] un plückt un plückt; äwer de schönsten un rodsten Appel[1205] sitten in de Spitz, dor langt Keiner ’ranne, denn dor is de Natur tau kort[1206] tau. Wenn nu Einer unverstännig is, un mit Gewalt de Appel krigen will, denn halt[1207] hei sick en Staken[1208] un hau’t de schönen Appel ’run, äwer ok taunicht,[1209] un hau’t de Telgen[1210] dorbi af, woran de besten Dragknuppen[1211] för de Taukunft sitten; de vernünftig Mann lett[1212] sei ruhig sitten un täuwt[1213] bet up den Spätharwst,[1214] denn[1215] fallen sei em von sülwst in den Schot,[1216] un denn smecken sei vel säuter.“[1217] -- Un dorüm Jung’,““ sett’t[1218] min oll Unkel hentau[1219] un sin oll irnstfast Gesicht sach ok gor tau truhartig ut,[1220] „„kläter[1221] Din roden Appel nich vör de Tid[1222] von den Bom, und täuw’ bet tau ’m Spätharwst -- Din wohrt[1223] jo nich lang’ mihr -- un wenn Du Din Fru den letzten schönen Appel bringst, denn vertell[1224] ehr ok de Geschicht von Din’ dummen Streich +vör+ de Hochtid, denn sallst Du seihn, denn freut sei sick doräwer.““ [Illustration] Albert Roderich: Nemesis. Mit freundlicher Erlaubnis des Verfassers abgedruckt aus seinem Buche „Die glückliche Ehe und andere Humoresken“ (Berlin: H. Conitzers Verlag). Nemesis. Wie liebenswürdig im besten Sinne des Wortes war meine verehrte Freundin, die verwitwete Frau Professor Mentow, gegen uns Gäste gerade heute gewesen, wie viele hübsche und menschenfreundliche Worte waren da in unserer kleinen Gesellschaft hin und her geworfen worden, und wie war der Rotwein doch excellent! Was ist das beste bei einem guten Mittagessen? Die Cigarre nachher, behaupte ich, und deshalb hatte ich mich in den stillsten Winkel eines kleinen Nebenzimmers zurückgezogen und blies in jener behaglichen Stimmung des halb ruhenden Körpers und des halb erregten Geistes künstlerisch vollendete Rauchringe in die Luft. Ich richtete mich, halb unwillkürlich, schnell aus meiner etwas sehr bequemen Lage auf, als die Dame des Hauses plötzlich und unerwartet vor mir stand. „Sie sind heute so pessimistisch, so ernsthaft -- Sie, der Philosoph des lebenslustigen Humors -- hat Ihnen vielleicht Ihr Leibgericht, der Apfelkuchen, nicht geschmeckt?“ „Verehrte Frau, wenn Sie doch einmal in die geheimsten Tiefen meines Gemütes eingedrungen sind, so will ich Ihnen gestehen -- ich habe überhaupt gar nichts von dem Apfelkuchen gegessen!“ „Nicht möglich, Sie sind krank!“ „Nein, der Kuchen war an mir vorübergegangen, ehe ich ihn überhaupt gewahrt hatte. Aber, das wundert mich nicht. Heute ist kein guter Tag für mich. Fräulein Emma von Kanten ist ja hier, und sie hat sogar bei Tische neben mir gesessen. Das kann nimmer gut gehen.“ „Sie hat wohl wegen Ihres letzten Feuilletons über die Frauenemancipation mit Ihnen gezankt?“ „Fräulein von Kanten zankt nicht mit mir, denn sie haßt mich.“ „Ah wirklich?! Und ich glaubte doch, einmal gehört zu haben, daß Sie vor Jahren zu dem Fräulein in recht -- angenehmen Beziehungen gestanden haben.“ Ich wußte, daß meine sonst so diskrete Freundin viel mehr aus Teilnahme für mich als aus Neugier diese Bemerkung machte und entgegnete deshalb: „Verehrte Frau, Sie sind wie immer gut unterrichtet, und wenn Sie wollen, erzähle ich Ihnen gern die Geschichte meiner -- angenehmen Beziehungen zu Fräulein von Kanten; sichere ich mir dadurch doch auch vielleicht die Teilnahme Ihrer Freundesseele an meinem Geschick, wenn es heute über mich hereinbricht.“ „In der Tat, Sie machen mich begierig.“ „Also vor beinahe nun zwanzig Jahren lernte ich Fräulein von Kanten kennen. Sie war geistreich, hübsch, aus sehr angesehener Familie, und ich war ein wohlgestalteter Jüngling, der noch zu etwas mehr als zu den landesüblichen schönsten Hoffnungen zu berechtigen schien. Ich gründete gerade damals mit einem Teile des sehr beträchtlichen Vermögens meines Vaters die große Zeitung, an deren Spitze ich noch heute stehe. Das Fräulein und ich sahen einander fast täglich in einer befreundeten Familie, wir plauderten, scherzten, lachten, faßten Neigung zueinander und wußten bald, daß eine lebenslänglich wirkende Erklärung unmittelbar bevorstände. Ich weiß, jeder von uns wußte, daß auch der andere das wisse. So weit waren wir schon. Da eines Tages erschien Fräulein Emma in einer kleinen Gesellschaft mit einer Brustschleife von -- meiner allerdings unmaßgeblichen Ansicht nach -- so sonderbarer Form und Farbenzusammenstellung, daß ich eine spottende Bemerkung darüber nicht unterdrücken konnte. Darob aber ward das Fräulein sichtlich ungehalten und behandelte mich den ganzen Abend mit stark herabgestimmter Freundlichkeit. Das trieb mich zum Nachdenken, und ich sagte mir: wen ein tadelnder Scherz so empört, der ist auch im Ernste zu tadeln. Ich habe nur ihre Schleife gering geschätzt, dafür glaubte sie mich selber gering schätzen zu dürfen. Sieh dich vor, junger Mann! Und ich beschloß, das Fräulein noch vor dem entscheidenden Worte auf eine größere Probe zu stellen. „Wenige Tage später wollte ich die junge Dame zu einem Spaziergange abholen. Auf dem Tische ihres Zimmers lag ein allerliebster heller Frühlingshut, den Fräulein Emma eben zum ersten Male den Straßenpassanten vor die Augen führen wollte. Nicht weit davon stand eine geöffnete Flasche Wein. Meine Gedanken sprangen zu einem schnellen Entschluß zusammen. Ich goß mit geschickter Ungeschicklichkeit die Flasche Rotwein über den neuen hellen Frühlingshut. Die Wirkung war eine betrübende, niederschlagende. Das Fräulein verfiel nach einem Momente des stieren Entsetzens in recht unangenehme Zornesausrufungen und Vorwürfe; sie stampfte sogar mit dem sonst so zierlichen Fuße heftig auf, und -- mit einem Worte, sie ward in dem Augenblicke mehr als häßlich und geistlos -- sie ward unliebenswürdig. So weit nun glaube ich nach gangbar menschlichen Begriffen korrekt, zum mindesten verzeihlich, gehandelt zu haben. Oder sind Sie anderer Meinung, verehrte Freundin?“ „Nach den gangbar menschlichen Begriffen haben Sie vielleicht verzeihlich gehandelt -- nach den gangbar weiblichen wohl kaum.“ „Nun einerlei -- in der Fortsetzung meines Tuns beging ich die tragische Schuld, die mich sicher im fünften Akt zerschmettern wird. Ich sagte dem Fräulein in der Erregung des Disputes: „Ich habe den Wein absichtlich über den Hut gegossen, um deinen Charakter kennen zu lernen! Ich habe ihn kennen gelernt!“ Da wuchsen plötzlich an die kleinen Schlangen des Ärgers und der Zanklust, die bisher aus den Augen des Mädchens züngelten, die Furienhäupter der Wut und des Zornes, und -- o, all ihr Männer, die ihr freien wollt -- erst prüfet, wodurch das Weib eurer Wahl zornig gemacht wird, und wie es sich gebärdet im Zorne! „Ich eilte von dannen, und am nächsten Tage reiste Fräulein Emma von Kanten auf längere Zeit zu auswärtigen Verwandten. Es sind nun fast zwanzig Jahre seitdem vergangen, und ich habe das Fräulein seit der Zeit in langen Zwischenräumen einige Male in Gesellschaften getroffen, und jedesmal, wenn ich sie getroffen, ist mir zur selbigen Stunde irgend etwas Fürchterliches zugestoßen. Das eine Mal habe ich einer Dame die Schleppe abgetreten, das zweite Mal bin ich in einem wohlpräparierten Toaste stecken geblieben, das dritte Mal -- ach, einerlei, wenn ich jene Dame sehe, ist mir wie dem Seefahrer, der das Geisterschiff des fliegenden Holländers schaut -- er weiß, ihm steht ein Unheil bevor. Und heute hat sie gar neben mir gesessen -- weh’ mir, was wird mir heute noch geschehen!“ Frau Professor Mentow lachte. „Lieber Freund, Sie werden da von einer ganz gerechten, humoristischen Nemesis verfolgt. Sie haben es wahrscheinlich durch Ihren ernsthaften Scherz verschuldet, daß jene Jungfrau im Zorne zur alten Jungfer geworden ist, die jetzt für Frauen+rechte+ kämpft, weil ihr +das+ Frauen+recht+ versagt ist.“ „Ja, auch bei Tische hat sie fast ausschließlich von den Rechten der modernen Frau gesprochen, aber ich glaube, sie kämpft nicht -- sie streitet nur dafür.“ „In der Tat, lieber Freund --“ Die Frau Professorin kam nicht weiter in diesem Satze, denn die Tür ward geöffnet, und einer meiner Mitgäste rief, uns gewahrend, herein: „O, hier sind Sie versteckt, und drinnen streitet man sich um Sie oder über Sie -- und dann entführen Sie uns auch noch unsere liebenswürdige Frau Wirtin!“ Wir erhoben uns schnell und traten in den Salon. Die kleine Gesellschaft saß in lebhafter Unterhaltung beim Kaffee. Frau Emerich, die intime Freundin des Fräuleins von Kanten, rief mir zu, sobald sie meiner ansichtig ward: „Ah, da ist ja der Lästerer -- vielleicht hat er die Gewogenheit, uns einen Kommentar zu seinen rätselhaften Äußerungen über die Frauenfrage zu geben.“ Ich nahm mich tüchtig zusammen, setzte mich mit gewaltsam erzwungener Ruhe in einen Schaukelstuhl und sagte mit vermeintlicher Gelassenheit: „Gnädige Frau, ich glaube, Sie haben hier in diesem Augenblicke gar keine Frauenfrage, sondern eine Männerfrage behandelt.“ „Wie?! was ist das?!“ „Ja, ich glaube, die hier gemeinte Frauenfrage hat einige Ähnlichkeit mit der sozialdemokratischen: der Sozialdemokrat hört auf, es zu sein, wenn er Rentier geworden ist, und die meisten Mädchen halten die Frauenfrage für gelöst, wenn sie Gattin geworden sind. Es ist also eine Männerfrage.“ Fräulein Emma von Kanten warf mir einen vergifteten Blick herüber und sagte mit scharfer Betonung: „O, mein Herr, wir haben hier bis jetzt ganz ernsthaft debattiert, und zwar über die Ansichten, die Sie selber in Ihrem Feuilleton über die Frauen öffentlich geäußert haben. Wenn Sie es jetzt für nötig halten, Ihre vielleicht etwas bleichwangige Argumentation mit der Schminke eines beschönigenden Scherzes zu beleben, so sage ich Ihnen im Tone der tiefsten Überzeugung: die Frau ist dem Manne ebenbürtig. Sie soll nicht seine Sklavin sein, sie ist berufen, mitzuwirken für die höchsten Ziele der Menschheit!“ „O, mein Fräulein, wenn Sie Recht hätten -- wie Unrecht hätten Sie! Sie wollen dem Manne ebenbürtig sein und keine Sklavin! Wir Männer sind aber selbst Sklaven -- Sklaven der Arbeit, der Verhältnisse, des Erfolges -- Sklaven des Ehrgeizes, der Wissenschaft -- und, da Sie uns ebenbürtig sein wollen -- ist es denn ein gar so verächtlicher Sklavendienst, wenn Sie all Ihre unzähligen Liebenswürdigkeiten und Reize in einem blumendurchwirkten Fächer zusammenhalten, um dem ermüdeten Mitsklaven die lästigen Insekten der Sorgen und Mühen fortzufächeln?“ „Das heißt,“ rief jetzt die älteste der Anwesenden, „das heißt in gewöhnlichen Worten: wir sollen Köchinnen, Kinderwärterinnen und Krankenpflegerinnen werden. Und unser Herz, unser Geist, unsere Ideale?!“ „Gnädige Frau, war es nicht einst Ihr höchstes Ideal, den Mann mit Ihrer Liebe beglücken zu dürfen? Und ist es nicht jetzt Ihr höchstes Ideal, Ihre einzige Tochter recht, recht glücklich verheiratet zu sehen?“ „Allerdings!“ „Also, verehrte Frau, es ist jetzt Ihr höchstes Ideal -- Schwiegermutter zu werden! Ja, glauben Sie es einem erfahrenen Idealisten -- unsere irdischen Ideale sind veränderlich wie alles Irdische. Nenne mir deine Ideale, und ich will dir sagen, wie alt du bist.“ „O, er will uns auf den Flügeln seiner Phrasen entfliehen,“ rief jetzt Fräulein von Kanten, „haben Sie uns denn nicht in Ihrem Zeitungsartikel die Ebenbürtigkeit unseres Geistes abgestritten? Haben Sie nicht die Behauptung aufgestellt, es gebe keine klassische Dichterin, und wenn es eine -- zwei -- zehn gäbe -- das wäre nichts gegen „die überwältigende Majorität der Geistesfürsten aus dem Männergeschlechte“, wie Sie sich auszudrücken beliebten.“ „O,“ fuhr Frau Emerich zornig fort, „und was er von den Erfindungen sagt! Wie boshaft! Daß die Frauen das Pulver nicht erfunden haben oder das Dynamit, das findet er natürlich -- aber wir hätten doch wenigstens die Nähmaschine erfinden können! -- Abscheulich!“ „Geehrte Frau,“ entgegnete ich, „die meisten Wahrheiten sind abscheulich!“ „Gut,“ rief jetzt Frau Emerich in recht erregtem Tone, „wenn Sie denn doch der Wahrheit zu ihrem Recht verhelfen wollen -- ich kann Ihnen jetzt die Gelegenheit dazu geben. Ich habe Gedichte von einer jungen Dame bei mir, für die ich eine ruhmvolle Zukunft voraussehe. Wollen Sie in Ihrer Wahrheitsliebe die junge Dame durch Ihre einflußreiche Zeitung in die Öffentlichkeit einführen, wenn Sie die Dichterin nach Ihrer besten Überzeugung dessen würdig erachten?“ „Das will ich,“ entgegnete ich bestimmt. Frau Emerich zog eine zierliche Ledertasche hervor und nahm aus dieser einige Papiere, die sie mir hinreichte. „Bitte, lesen Sie.“ -- Und ich las einige offenbar von Damenhand geschriebene Verse über höchst abgenutzte Gegenstände in höchst gewöhnlicher Form und höchst unbedeutenden Worten. Die unvermeidlichen „Sonne und Wonne“ und „Liebe und Triebe“ waren auch vorhanden, und einmal war in strafwürdigster Dichter-Rohheit „Freude“ auf „heute“ gereimt. Ich gab das Manuskript zurück und sagte: „Geehrte Frau, ich bedaure, Ihnen sagen zu müssen, daß nach diesen Proben und meiner Überzeugung die junge Dichterin als solche durchaus keine Zukunft zu erwarten haben wird.“ „Ah, und womit wollen Sie dies harte Urteil begründen?“ „Wenn jemand in seinem achtzehnten Jahre schlechte Verse macht -- nun, der kann vielleicht im dreißigsten Jahre noch gute Verse machen -- wer aber im achtzehnten Jahre Verse wie diese von so unaussprechlicher Geringwertigkeit macht -- der macht sie im höchsten Alter noch ebenso nichtsnutzig. Wollen Sie übrigens meinem Urteil allein nicht trauen, so lese ich mit Ihrer gütigen Erlaubnis ein paar Verse vor.“ Und ich las mit gütiger Erlaubnis der Freundin des Fräulein Emma von Kanten ein paar Verse vor, und sämtliche Anwesende vereinten sich mit mir in der Ansicht, daß niemals unbedeutendere Worte zu überflüssigeren Versen verarbeitet worden wären. Selbst Fräulein von Kanten betonte besonders scharf, daß sie mir in diesem Falle Recht geben müsse; die Gedichte wären doch zu ungewöhnlich gewöhnlich. -- Mir ward etwas unbehaglich zu Mute, als meine Exfreundin sich so kampflustig an meine Seite stellte. „Also, meine Herrschaften,“ ergriff nun mit erhobener Stimme Frau Emerich das Wort, „dieser Mann, der selber so hoch steht in der Meinung der literarischen Welt, und der so verächtlich von unserem Frauengeiste spricht -- er behauptet, daß das Weib, welches diese Verse gemacht, kein Dichter sei und es nie werden könne?!“ „Das behaupte ich.“ „Nun denn -- das Weib, welches diese Verse gedichtet hat -- ist -- dieser Mann!“ Frau Emerich hatte sich bei diesen Worten hoch aufgerichtet und streckte ihren Arm gegen mich aus, als wollte sie mich auch körperlich zu Boden schlagen. Das unheimliche Gefühl, das mich bei der Rede der Dame befallen hatte, steigerte sich um ein Bedeutendes, als jetzt Fräulein Emma von Kanten ebenfalls ein Papier hervorzog, mir dasselbe dicht unter die Augen hielt und ausrief: „Kennen Sie diese Handschrift?“ Ich las dieselben nichtigen Verse von vorhin auf stark vergilbtem Papier in mir unheimlich bekannt scheinenden Schriftzügen. „Diese Verse,“ wandte sich nun Fräulein von Kanten an die hocherstaunte Gesellschaft, „diese Verse, welche die Tochter meiner Freundin kopiert hat, diese Verse von „so unaussprechlicher Geringwertigkeit“ -- hat vor ungefähr 20 Jahren unser großer Kritiker selbst gedichtet. Ich weiß es ganz genau, denn ich kenne die Dame, der er diese -- hoffnungslosen Verse gewidmet hat!“ Da war sie wieder, die Nemesis -- die erbarmungslose Nemesis! Ich war ein wenig in den Schaukelstuhl zurückgesunken -- ich schlug die Augen nieder vor all den lachenden Mienen und spöttischen Blicken. Nur auf dem Antlitz meiner liebenswürdigen Wirtin sah ich stilles Mitleid. Endlich erhob ich mich -- ein wenig langsam -- ein wenig unbeholfen und sagte mit etwas unsicherer Stimme: „Meine Damen und Herren -- ich bekenne es -- ich bin geschlagen, besiegt -- von einer Dame besiegt, der ich allerdings vielleicht eine Buße schuldig war -- nun, ich werde die Geschichte meiner Buße veröffentlichen.“ „Die ganze Geschichte?!“ fragte Fräulein von Kanten, und ihr überlegenes Lächeln verschwand unter einer leichten Falte der Besorgnis. „Die +ganze+ Geschichte, mein verehrtes Fräulein! Und wenn es die übrigen Herrschaften interessiert, so kann ich Ihnen den Namen der Dame gleich jetzt mitteilen.“ „Oh, ganz sicher interessiert uns das!“ rief Frau Emerich. Ich sah meine Feindin erbleichen, und Frau Professor Mentow warf mir einen zürnenden Blick zu. Ich tat einige Augenblicke, als ob ich noch nicht entschlossen sei, mein Geheimnis preiszugeben. „Ach bah,“ rief ich dann, „was sollte mich verhindern?! Also, verehrte Anwesende, die Dame von der ich sprach, heißt -- Fräulein -- Sophie Rose!“ Man war etwas enttäuscht. Man kannte natürlich diese Dame nicht. Fräulein von Kanten atmete leise auf, und Frau Professor Mentow lächelte mir freundlich zu. Ich fuhr fort: „Wenn auch sonst niemand von Ihnen, meine Herrschaften, Fräulein Sophie Rose kennt, so kennt Fräulein von Kanten sie sicherlich. Fräulein Sophie Rose hat ja dieser Dame meine armen Verse verraten, und ich richte jetzt an Fräulein von Kanten die höfliche Frage: Wo ist Fräulein Sophie Rose zu finden?“ Fräulein von Kanten antwortete mit anerkennenswerter Geistesgegenwart: „Ich werde mich hüten, Ihnen das zu sagen. Sie sind augenscheinlich im Begriffe, meine Freundin zu kompromittieren.“ „Das könnten Sie leicht verhindern, gnädiges Fräulein, wenn Sie eine Vermittlerrolle zwischen der Dame und mir spielen wollen.“ „Ah, wenn Sie im Ernste sprechen -- --.“ „Mein Ehrenwort, ich spreche im Ernste; wenn ich der frohen Stunden gedenke, die ich einst gemeinsam mit -- jener Dame verlebt, so überkommt mich wieder das Gefühl einer warmen Freundschaft.“ „Ah, wirklich?! Ich werde das meiner Freundin getreulich berichten. Und ich darf ihr sagen, daß Sie ihr wegen dieses wohl etwas indiskreten Scherzes mit Ihren -- Jugendversen nicht grollen?“ „Ich würde gewiß nicht weiter daran denken, wenn ich hoffen dürfte, daß meine ehemalige Freundin auch die Geschichte von dem -- Frühlingshut vergessen könnte.“ „Dafür stehe ich Ihnen! Der +Frühlings+hut! Ach, mein Herr, +wir sind ja jetzt im Herbste+!“ Ich reichte meiner neuen alten Freundin die Hand, und wir blickten einander zum ersten Male wieder frei in die Augen. Bald darauf ging unsere Gesellschaft auseinander. Meine liebenswürdige Wirtin hielt mich noch einen Augenblick zurück und sagte lächelnd: „Nun, lieber Freund, heute haben Sie Ihre alte Sünde zu Ende gebüßt -- jetzt wird es doch wohl aus sein mit der Nemesis.“ „Ich hoffe es! -- Hm -- übrigens, verehrte Frau, könnten wir vielleicht jetzt gleich einen Versuch anstellen -- --“ „Wie das?“ „Hm -- vorhin bei Tische hat mich diese Nemesis nicht zum Essen kommen lassen -- haben Sie vielleicht noch ein Stück Apfelkuchen?“ -- Deutsche Dichter-Gedächtnis-Stiftung. [Illustration: F 1506 d XII 11:100.000] Die Stiftung ist ein rein gemeinnütziges Unternehmen unter Ausschluß aller privaten Erwerbsinteressen. Ihr Zweck ist, „hervorragenden Dichtern durch Verbreitung ihrer Werke ein Denkmal im Herzen des deutschen Volkes zu setzen“ und durch Verbreitung guter Bücher der schlechten Literatur den Boden abzugraben. Seit dem Jahre 1903 verteilt sie alljährlich an eine stetig wachsende Zahl von Volksbibliotheken sorgfältig ausgewählte Zusammenstellungen guter volkstümlicher Bücher. Bis Ende 1911 wurden 442.338 Bücher im Werte von Mk. 522.179.28 an Volksbibliotheken verteilt. Die Auflage der von der Stiftung herausgegebenen Sammlungen „Hausbücherei“ und „Volksbücher“ betrug bis Ende 1911: =über 1½ Millionen Exemplare.= Abzüge des +Werbeblatts+, des letzten Jahresberichts, auch des Aufrufs und der Satzungen usw. werden von der Kanzlei der Deutschen Dichter-Gedächtnis-Stiftung in Hamburg-Großborstel gern unentgeltlich übersandt. Die Stiftung erbittet jährliche oder einmalige Beiträge. +Für Beiträge von 2 Mk+. an gewährt die Stiftung durch Übersendung eines Einzelbandes ihrer „Hausbücherei“ oder „Volksbücher“ Gegenleistung. Gute billige Bücher (zum Teil künstlerisch illustriert, für die Jugend besonders geeignete Bücher sind mit * versehen). Bisher sind erschienen: Hausbücherei (gebunden, jeder Band in sich abgeschlossen 1 Mark, Vorzugspreis für 11 Bände -- beliebig gemischt -- nur 10 Mark) * Bd. 1. +Heinrich von Kleist:+ =Michael Kohlhaas.= Mit Bild Kleists. 7 Vollbilder von Ernst Liebermann. Einleitung von Dr. Ernst Schultze. 11.-20. _Taus._ * Bd. 2. +Goethe:+ =Götz von Berlichingen.= Mit Bild =Goethes=. Einleitung v. Dr. W. Bode. 11.-15. _Taus._ * Bd. 3. =Deutsche Humoristen Band 1:= Ausgew. humor. Erzählungen v. P. Rosegger, W. Raabe, Fr. Reuter und A. Roderich. 46.-55. _Taus._ Bd. 4. =Deutsche Humoristen Band 2:= Cl. Brentano, E. Th. A. Hoffmann, H. Zschokke. 26.-35. _Taus._ Bd. 5. =Deutsche Humoristen Band 3:= Hans Hoffmann, Otto Ernst, Max Eyth, Helene Böhlau. 36.-45. _T._ Bd. 6/7. =Balladenbuch Band 1:= Neuere Dichter. 21.30. _T._ Bd. 8. +Herm. Kurz:+ =Der Weihnachtsfund.= Eine Volkserzählung. Mit Bild Kurz’. Einleitung v. Prof. Sulger-Gebing. 11.-15. _Taus._ Bd. 9. =Novellenbuch Band 1:= C. F. Meyer, E. v. Wildenbruch, Fr. Spielhagen, Detl. v. Liliencron. 26.-35. _Taus._ Bd. 10. =Dorfgeschichten= (+Novellenbuch+ Band 2): E. Wichert, H. Sohnrey, W. v. Polenz, R. Greinz. 16.-25. _T._ Bd. 11. +Schiller:+ =Philosophische Gedichte.= Ausgew. u. eingel. v. Prof. E. Kühnemann. Mit Bild Schillers 6.-10. _T._ Bd. 12/13. +Schiller:+ =Briefe.= Ausgew. und eingel. von Prof. E. Kühnemann. Mit 2 Bildern Schillers. 2 Bände in 1 Bande. 6.-10. _Taus._ Bd. 14. =Geschichten aus deutscher Vorzeit= (+Novellenbuch+ Band 3): A. Schmitthenner, J. J. David, W. Hauff. 11.-20. _Taus._ * Bd. 15. =Seegeschichten= (+Novellenbuch+ Band 4): Joachim Nettelbeck, W. Hauff, Hans Hoffmann, W. Jensen, Wilh. Poeck, Johs. Wilda. 21.-30. _Taus._ Bd. 16. =Auswahl aus den Dichtungen Eduard Mörikes.= Herausgeg. u. eingel. v. Dr. J. Loewenberg-Hamburg. Mit Bild u. Silhouette Mörikes. 11.-20. _Taus._ Bd. 17. =Heine-Buch.= Eine Auswahl aus Heinrich Heines Dichtungen. Herausgeg. und eingel. von Otto Ernst-Hamburg. Mit Bild Heines. 6.-10. _Taus._ Bd. 18/19. =Goethes ausgewählte Briefe.= Herausgeg. u. eingel. v. Dr. Wilh. Bode-Weimar. Mit Bildern Goethes. 2 Bände. 11.-15. _Taus._ * Bd. 20/21. =Deutsches Weihnachtsbuch.= Eine Sammlung der schönsten und beliebtesten Weihnachtsdichtungen in Poesie u. Prosa. 21.-30. _Taus._ Bd. 22. =Frauennovellen= (+Novellenbuch+ Band 5): Cl. Viebig, L. v. Strauß u. Torney, Lou Andreas-Salomé, M. R. Fischer. 21.-30. _Taus._ Bd. 23. =Kindheitsgeschichten= (+Novellenbuch+ Band 6): A. Schmitthenner, H. Aeckerle, M. Lienert, M. v. Rentz, Hans Land, A. Bayersdorfer, Ch. Niese, Th. Mann. 11.-20. _Taus._ * Bd. 24. =Kriegsgeschichten= (+Novellenbuch+ Band 7): Carl Beyer, H. v. Keist, W. v. Conrady, M. v. La Roche, D. v. Liliencron, Th. Fontane 11.-20. _Taus._ * Bd. 25/26. =Balladenbuch Band 2:= Ältere Dichter. 6.-10. _T._ * Bd. 27. +Karl Immermann:+ =Preußische Jugend zur Zeit Napoleons.= Herausgeg. u. eingeleitet von Dr. Wilhelm Bode-Weimar. Mit Bild Immermanns und 3 Bildern Magdeburgs. 11.-20. _Taus._ Bd. 28. =Martin Luther als deutscher Klassiker=, nebst einer Einführung von _Dr._ Eugen Lessing. Mit Bild Luthers. 11.-20. _Taus._ Bd. 29/30. =Deutsche Humoristen Band 4/5.= (Humoristische Gedichte.) 11.-20. _Taus._ Bd. 31. =Deutsche Humoristen Band 6=: E. Th. A. Hoffmann, B. v. Arnim, Fr. Th. Vischer, A. Bayersdorfer, Henry F. Urban, Ludw. Thoma. 11.-20. _Taus._ * Bd. 32. +Max Eyth+: =Geld und Erfahrung= (humoristische Erzählung). Mit Original-Illustrationen von Th. Herrmann und Einleitung von Dr. E. Müller-Rastatt, Hamburg. 6.-10. _Taus._ * Bd. 33. +Ludwig Uhland+: =Ausgewählte Balladen und Romanzen.= Mit Illustrationen von H. Schroedter, Karlsruhe. 6.-10. _Taus._ Bd. 34. +J. J. David+: =Mährische Dorfgeschichten.= Ruzena Capek. Cyrill Wallenta. Mit Einleitung von A. v. Weilen und Bild Davids. 6.-10. _Taus._ * Bd. 35. +Ludwig Finckh+: =Rapunzel.= Mit Bild L. Finckhs und Einleitung von M. Lang. 11.-20. _Taus._ Bd. 36. +Grethe Auer+: =Marraksch.= (6 Jahre in Marokko.) Mit Bild Gr. Auers u. Einl. von _Dr._ H. Bloesch. 6.-10. _T._ Bd. 37. +Ernst Wichert+: =Die Schwestern.= Illustriert. Bd. 38. =Musikergeschichten=: K. Söhle, R. H. Bartsch, W. Schmidtbonn, E. v. Wolzogen. Bd. 39. +Emil Ertl+: =Der Salto mortale und andere Geschichten.= Illustriert. Vorzugsausgaben +in prächtigem, biegsamem Einband+ mit Goldschnitt sind +zum Preise von je 4 Mark+ hergestellt von: Bd. 6/7 (rot, Ganzleder) Bd. 12/13 (grün, Ganzleder) Bd. 18/19 (grau, Ganzleder) Bd. 20/21 (weiß, Dermatoid) Bd. 25/26 (rot, Ganzleder) Bd. 29/30 (rot, Ganzleder). Bd. 38 (rot, Ganzleder) M. 3.-- Bd. 39 (lila Lein. m. Gold) M. 2.-- Volksbücher (zum Teil illustriert) * Heft 1. 50 Ged. v. +Goethe+. Geh. 20, geb. 50 Pf. 11.-20. _T._ * Heft 2. +Schiller+: Tell. 21.-30. _T._ Geh. 30, geb. 60 Pf. * Heft 3. +Schiller+: Balladen. 36.-40. _T._ Geh. 20, geb. 50 Pf. * Heft 4. +Schiller+: Wallensteins Lager. Die Piccolomini. Geh. 30, geb. 60 Pf. 11.-20. _T._ * Heft 5. +Schiller+: Wallensteins Tod. Geh. 30, geb. 60 Pf. 11.-20. _T._ _Heft 4 u. 5 in einen Band gebunden 1 Mark. 11.-20. _T._ Heft 6. +Brentano+: Die Geschichte vom braven Kasperl u. dem schönen Annerl. Ill. v. W. Schulz. Geh. 15, geb. 40 Pf. 11.-20. _T._ Heft 7. E. Th. A. +Hoffmann+: Das Fräulein von Scuderi. Illustr. Geh. 20, geb. 50 Pf. Heft 8. +Fr. Halm+: Die Marzipanliese. Die Freundinnen. Ill. Geh. 20, geb. 50 Pf. 11.-20. _T._ * Heft 9. +Fritz Reuter+: Woans ick tau ’ne Fru kamm. Geh. 15, geb. 40 Pf. 11.-20. _T._ * Heft 10. +Max Eyth+: Der blinde Passagier. Ill. v. Th. Herrmann. 21.-30. _T._ Geh. 20, geb. 50 Pf. Heft 11. +Marie von Ebner-Eschenbach+: Die Freiherren v. Gemperlein. Illustr. 21.-30. _T._ Geh. 20, geb. 50 Pf. Heft 12. +Wilhelm Jensen+: Über der Heide. 11.-20. _T._ Geh. 25, geb. 55 Pf. * Heft 13. +Ernst Wichert+: Der Wilddieb. Geh. 30, geb. 60 Pf. 11.-20. _T._ Heft 14. +Levin Schücking+: Die drei Großmächte. Illustr. Geh. 25, geb. 55 Pf. 11.-20. _T._ Heft 15. +Ludwig Anzengruber+: Der Erbonkel u. andere Geschichten. 11.-20. _T._ Geh. 25, geb. 55 Pf. Heft 16. +Helene Böhlau+: Kußwirkungen. 11.-20. _T._ Geh. 20, geb. 50 Pf. Heft 17. +Ilse Frapan-Akunian+: Die Last. 11.-20. _T._ Geh. 25, geb. 55 Pf. Heft 18. H. v. +Kleist+: Die Verlobung in St. Domingo. Das Erdbeben in Chili. Der Zweikampf. 11.-20. _T._ Geh. 30, geb. 60 Pf. Heft 19. +Peter Rosegger+: Der Adlerwirt von Kirchbrunn. Geh. 30, geb. 60 Pf. 21.-30. _T._ Heft 20. +Ernst Zahn+: Die Mutter. 11.-20. _T._ Geh. 20, geb. 50 Pf. * Heft 21. +E.J. Groth+: Die Kuhhaut (Humoreske). Mit Illustr. Geh. 15, geb. 40 Pf. 11.-20. _T._ * Heft 22. +A. Schmitthenner+: Die Frühglocke. Mit Illustr. v. Wilh. Schulz. 11.-20. _T._ Geh. 20, geb. 50 Pf. * Heft 23. +G. Freytag+: Karl d. Große. -- Friedrich Barbarossa. Minnesang und Minnedienst zur Hohenstaufenzeit. 11.-20. _T._ Geh. 25, geb. 55 Pf. Heft 24. +Fr. Spielhagen+: Hans und Grete. Mit Illustr. 11.-20. _T._ Geh. 40, geb. 75 Pf. Heft 25. +St. v. Kotze+: Geschichten a. Australien. 11.-20. _T._ Geh. 25, geb. 55 Pf. Heft 26. +Paul Heyse+: Andrea Delfin. 11.-20. _T._ Geh. 30, geb. 60 Pf. * Heft 27. +H. Villinger+: Leodegar, der Hirtenschüler. Mit Ill. 11.-20. _T._ Geh. 20, geb. 50 Pf. * Heft 28. +Otto Ludwig+: Aus dem Regen in die Traufe. Ill. 11.-20. _T._ Geh. 25, geb. 55 Pf. Heft 29. +Richard Huldschiner+: Fegefeuer. Mit Buchschmuck. 11.-20. _T._ Geh. 70 Pf., geb. 1 M. Heft 30. +Franz Grillparzer+: Weh dem, der lügt! Geh. 25, geb. 55 Pf. 11.-20. _T._ * Heft 31. +Paula Dehmel+: Märchenbüchlein. Mit 2 bunten Voll- u. 4 Halb-Bildern. Geh. 30, geb. 70 Pf. Heft 32. +Auguste Supper+: Die Hexe von Steinbronn. Ill. Geh. 10, geb. 40 Pf. Heft 33. +Adolf Wilbrandt+: Der Mitschuldige. Ill. Geh. 30, geb. 70 Pf. * +Schillerbuch+, enth. Einleitung über Schillers Leben, die Glocke, Balladen, Tell. Mit Bild Schillers. 346 S. 21.-30. _T._ Geb. 1 M. Druck von Grimme & Trömel in Leipzig. Deutsche Dichter-Gedächtnis-Stiftung Hamburg-Großborstel. +Zweck+ der Stiftung ist, „hervorragenden Dichtern durch Verbreitung ihrer Werke ein Denkmal im Herzen des deutschen Volkes zu setzen“. Über +Zweck+ und +Tätigkeit+ der Stiftung gibt das Werbeblatt genauere Auskunft, das auf Wunsch in jeder beliebigen Anzahl von Exemplaren (unberechnet und portofrei) zur Verfügung steht. Auch das Verzeichnis der von der Stiftung veröffentlichten Bücher wird auf Wunsch in jeder beliebigen Anzahl unentgeltlich und portofrei versandt. Für einen +Jahresbeitrag von 2 Mark aufwärts+ (oder einen einmaligen Beitrag von 20 Mark aufwärts) gibt die Stiftung einen Einzelband ihrer „Hausbücherei“ oder ihrer „Volksbücher“ als Gegenleistung. +Mitglieder+ erhalten alle bestellten Bücher von der Kanzlei der Stiftung +portofrei+. Das +Geschäftsjahr+ der Stiftung läuft vom 1. Januar bis zum 31. Dezember. +Zuschriften+ werden in der Regel unpersönlich erbeten -- nur mit der Aufschrift: Deutsche Dichter-Gedächtnis-Stiftung, Hamburg-Großborstel. Erwünscht ist Angabe der Abteilung, an die der Brief gerichtet ist. +Telegramm-Adresse+ nur: Dichterstiftung Großborstel. +Zahlungen+ werden erbeten an die Deutsche Dichter-Gedächtnis-Stiftung, Hamburg-Großborstel -- oder durch Banküberweisung an die Hamburger Filiale der Deutschen Bank, Depositenkasse H -- oder an Postscheck-Konto Hamburg 737 -- oder an Konto Nr. 859.112 der k. k. Postsparkasse, Wien. Besondere Wünsche der Stiftung an ihre Freunde: 1. +Werbung von Mitgliedern+, wofür das Werbeblatt (s. oben) zur Verfügung steht. Auch Zeichnungslisten (für mehrere Personen) übersenden wir gern. 2. +Angabe von Adressen+, an die sich die Stiftung mit der Bitte um einen Beitrag wenden könnte. 3. +Schaffung von Ortsgruppen und Frauengruppen+ (besonders auch Damen als Vorsteherinnen erwünscht). 4. +Schenkung von Büchern+ zur Vervollständigung der Bibliothek der Stiftung. [Illustration] Druck von Grimme & Trömel in Leipzig. Fußnoten: [1] Wie ich zu einer Frau kam. [2] Hochzeit. [3] hat’s ein Ende. [4] mußt du sie gewöhnen. [5] mittlerweile. [6] alter Knabe. [7] gespült. [8] Kopf. [9] manchmal. [10] weichen Pfühl. [11] gelegt. [12] Erbsenstroh. [13] älter. [14] gefiel. [15] gut. [16] zwanziger Jahren. [17] gelbe Wurzeln ißt. [18] verschmäht. [19] Alter. [20] Gänsebraten. [21] die Leute sagten. [22] Freien. [23] ging. [24] wie der Fuchs. [25] Gänsebucht. [26] haben möchtest. [27] kommst. [28] da wohl auch. [29] erst. [30] aufgeladen. [31] dann. [32] wieder heraus. [33] Schweins- und Hammelbraten. [34] Stube. [35] aussah. [36] lieb. [37] -erde. [38] ersten. [39] Knopf. [40] abriß. [41] saß. [42] zwischen Baum und Rinde, d. h. in einer mißlichen Lage. [43] fingen schon an. [44] greis, grau. [45] wachsen. [46] da stehe. [47] Ofen. [48] Pfeife. [49] angesteckt. [50] gucke. [51] ins Wetter. [52] Schnee. [53] vom leisen Herabfallen des Regens und Schnees gebraucht. [54] sanft vom Himmel nieder. [55] draußen. [56] hören. [57] bloß. [58] in der Ferne. [59] Schlitten. [60] zu Mute. [61] Fensterscheiben (Rauten). [62] zieht (ruckweise). [63] Schuster. [64] voll Holz. [65] Tür. [66] oben. [67] liegt. [68] grün. [69] sage. [70] Paar Stiefel. [71] machen. [72] fährt, karrt. [73] Leichdörner. [74] lasse. [75] Kerl. [76] Weile. [77] schaudert. [78] sage. [79] Schnupfen. [80] tüchtig. [81] entzwei. [82] Wolle. [83] Boden. [84] geht. [85] bis. [86] dunkel. [87] Feuerzeug. [88] finden. [89] gefunden. [90] Docht. [91] Zug. [92] Nase. [93] aufgegossen. [94] Umständen. [95] gleich. [96] ausschelten. [97] sollte ich tun. [98] guckte. [99] sehen konnte. [100] zugezogen. [101] verstand. [102] Zeit. [103] unordentlich angebunden. [104] sahen aus wie. [105] unten nichts und oben nichts. [106] abgerissen. [107] fragten. [108] trocknen ließe. [109] machte. [110] wollte leben. [111] ohne. [112] im Leibe. [113] gehe über die Straße. [114] warte. [115] sollst. [116] Zopf machen. [117] kam. [118] stand. [119] Tannenbaum. [120] Dim. und Koseform von Karl und Christian. [121] Flöte. [122] dazu. [123] Kreischen. [124] kleines Mariechen. [125] Händen. [126] Schoß. [127] gangbar, d. h. im Stande, zu gehen. [128] bei Seite gesetzt. [129] Schürze. [130] vorgebunden. [131] sonntägliches Tuch. [132] umgeschlagen. [133] Kinder. [134] Pfeffernüsse. [135] allzusehr. [136] beizu, vorbei fuhr. [137] Ende. [138] Werkstatt. [139] Pantoffeln. [140] angezogen. [141] zeugte, spendierte sich. [142] Krug. [143] konnte. [144] Schelten. [145] kommen. [146] hätte. [147] zusehen wollen. [148] bedeuten. [149] gewiesen, gezeigt. [150] Äpfel. [151] Kränze von Bohnen und Hagebutten. [152] sieben. [153] -puppen. [154] hing. [155] ist leicht angegriffene, stark begehrte Ware. [156] durchgebracht. [157] bis. [158] Pferd. [159] abgebissen. [160] gab. [161] setzte. [162] drohte. [163] Kopfschmerzen. [164] wies und ausdeutete. [165] in Semmelteig ausgeknetet. [166] gelb angemalt. [167] -eltern. [168] blasen. [169] der alte Rademacher. [170] stumpf. [171] kleiner Handbohrer. [172] pfiff und knirschte. [173] ginge. [174] mochte. [175] vermutete. [176] Schwefelhölzer. [177] ich habe. [178] weiß. [179] half. [180] nasse Füße. [181] fertig. [182] warten Sie nur. [183] soll herüber kommen. [184] kochen. [185] geschah. [186] aber. [187] nächsten 14 Tagen. [188] vorgegangen. [189] erzählen. [190] lag. [191] Traum. [192] leuchtete. [193] ausreckte. [194] zerrissenen. [195] ohne Boden (Sohle). [196] standen zwischen. [197] Weinachts-. [198] tausend. [199] Augen. [200] dann rief. [201] laßt. [202] bei Eurem Vater. [203] trieben. [204] zurück. [205] Ohren. [206] Stiefelmachen. [207] gelten. [208] dann fing. [209] Topf. [210] oberhalb meines Kopfes, am Kopfende. [211] breites. [212] lief. [213] steckten. [214] Zunge. [215] griff. [216] zog. [217] statt. [218] zu meinen Füßen, am Fußende. [219] da sägten. [220] zwei. [221] Holz. [222] feines. [223] in eichenen Knorren. [224] gesägt. [225] auf und nieder. [226] stände. [227] Erdbeere. [228] grün. [229] Holz, Gehölz. [230] genauer zusah. [231] meines Onkels. [232] rote Nase. [233] guckte. [234] Fußsack. [235] gewirkt, gearbeitet. [236] käme. [237] aus dem Dunkel. [238] wäre. [239] -stuhl. [240] groß. [241] bis. [242] schnarchte. [243] erst hörte. [244] zuletzt ermunterte. [245] rieb. [246] wie der alte Nachbar. [247] 22jährig. [248] Vorbei-, Handpferd. [249] Fohlen, Füllen. [250] schon wieder. [251] zurecht legte. [252] weiter. [253] wahr. [254] geträumt. [255] Teil. [256] Schnack. [257] liege. [258] weiß. [259] kroch. [260] nahm. [261] leuchtete. [262] glaube. [263] Aussehen. [264] Koseform von Junge. [265] streichelte. [266] nachgerade. [267] sein lassen. [268] zweimal. [269] gefahren. [270] bischen. [271] eingedruselt. [272] versprach. [273] besser. [274] zu Ende. [275] mürbe. [276] hinfällig (gliederweich). [277] regen, rühren. [278] aufschlug. [279] Löffel. [280] futterte. [281] pfropfte. [282] steif. [283] wie Buchbinder-Kleister. [284] Essen Sie. [285] gutmütig. [286] mochte wollen. [287] Wurst. [288] Stunden. [289] zusammen. [290] erzählte. [291] dreizehn. [292] Husarenzucht. [293] anlegen sollen. [294] sieh. [295] heißt. [296] gut. [297] ziehst. [298] sollte. [299] warten. [300] viel. [301] Pflege. [302] däucht. [303] fiel. [304] Wort. [305] genug. [306] gepflegt. [307] selbst. [308] Dein Möglichstes getan. [309] fragt. [310] wissen tue, d. h. ich weiß. [311] stattlich. [312] blinzelt. [313] weiter. [314] wieder. [315] draußen vor dem Tor. [316] Mühle. [317] hinzu. [318] zwischen drei und vier. [319] freiest. [320] fällt Dir ein. [321] fahre ich auf. [322] Ereifere. [323] Wittfrau, Witwe. [324] hinzu, gegen 5 Uhr. [325] heizt, brennt -- an. [326] rauchen. [327] wie die Backöfen. [328] neugierig. [329] stand auf. [330] blinzelnd. [331] gucken. [332] gesehen. [333] geredet. [334] drehe mich um. [335] darum. [336] muß. [337] Schwestersohnes Braut. [338] weit. [339] weiter zurück. [340] hinter. [341] guckte. [342] weil. [343] herunter hing. [344] reiße. [345] tat. [346] schlug. [347] Zug. [348] Bettstelle. [349] zusammenziehen wollte. [350] vorbei. [351] sah. [352] angeguckt. [353] das dicke Ende, die Hauptsache. [354] kommt nach. [355] mehrere Tugenden. [356] herumgebunden. [357] Kleidern. [358] Straße. [359] paar. [360] im Munde. [361] schiefe. [362] Fußzeug. [363] in Ordnung. [364] Frauensleuten. [365] Pferden. [366] zuerst. [367] Gangwerk. [368] ordentlich. [369] Fußzeug. [370] Fleiß. [371] Reinlichkeit. [372] rechnen. [373] lasse. [374] spielst einen schönen Zwickel, d. h. siehst niedlich aus. [375] drehst wohl ein bißchen. [376] dafür. [377] Frauenzimmer. [378] unschuldiges Gespräch. [379] zurück. [380] Baum. [381] tue. [382] Pfeifengeschirr. [383] etwa 5 Schritt. [384] da ziehe. [385] reiße. [386] Taler. [387] klein. [388] merkst. [389] gefroren. [390] Fußsteig. [391] nieder. [392] pustete, keuchte. [393] höllisch, sehr sauer. [394] dies sah. [395] helfen. [396] wollte ich nur. [397] kamen. [398] Unterhaltung. [399] Bedeutung. [400] kennte. [401] liefest. [402] auf und nieder. [403] gelb-grau. [404] Hut. [405] Überzieher. [406] Haare. [407] ältlich. [408] Kleidung. [409] sprang. [410] in die Höhe. [411] feuerrot. [412] laut, aus vollem Halse. [413] Schnack. [414] Leuten. [415] lieber. [416] zu Hause bleiben. [417] gerne wissen. [418] sprichwörtlich: raucht, stark dampfend, wie der mit Buschholz geheizte Backofen der kleinen Leute. [419] Sache. [420] wie käme der dazu. [421] Advokat. [422] riet. [423] raten. [424] schien. [425] Art. [426] dabei. [427] gekriegt. [428] zugleich. [429] dann. [430] leiden. [431] über und über. [432] nieder. [433] nestelte, knüpfte. [434] Hut. [435] wieder in die Höhe. [436] guckte. [437] oben herab. [438] halben Wendung. [439] Art. [440] vorlegen wollte. [441] d. h. zu stande. [442] beiße. [443] Knopf. [444] bloß. [445] kochen. [446] dann. [447] zu Euch ziehen. [448] Bursche. [449] ernsthaft. [450] Freierei, Verheiratung. [451] Teil. [452] närrischer. [453] nächsten Tagen. [454] stümperhaft ausgehen. [455] gênant. [456] zu Eise. [457] Schlittschuhlaufen. [458] Schlittenfahren. [459] Bude. [460] Branntwein. [461] verkauft. [462] wie. [463] Kuchen. [464] fordert. [465] fällt. [466] trank lieber. [467] heißt. [468] Kinder. [469] ohne. [470] Berg. [471] grünem Schleier. [472] drin saß. [473] beugte. [474] Leib. [475] vor- und hintenüber. [476] Kreuz. [477] sonderbar, possierlich. [478] Eis. [479] Balance. [480] greifen. [481] schlägt. [482] zurück. [483] süßen Augentrost. [484] zu Mute. [485] Maulschellen. [486] gegeben. [487] weiß. [488] der Alte. [489] verdirbt. [490] Freierei. [491] bis in den groben Grund, d. h. gründlich. [492] ärgerlich. [493] gräme, ärgere mich im stillen. [494] Tür. [495] mache. [496] Bruder. [497] die Tageszeit geboten, d. h. gegrüßt habe. [498] aber. [499] sah so sauer aus. [500] wie ein gesalzener Hering. [501] gelegt. [502] kurzweg. [503] setzte hinzu. [504] nicht wohl. [505] munter, schelmisch. [506] schier, rein. [507] Hafer. [508] gestanden. [509] wie. [510] Traum. [511] guckt. [512] scharf. [513] fein. [514] Rahm, Sahne. [515] Milch. [516] begnügen. [517] geschrieben. [518] Verkehr. [519] reißt. [520] schmeißt. [521] Mädchen. [522] feierlich. [523] unterschreiben. [524] zuerst. [525] dann schmiß. [526] laut auf. [527] gut 20 Jahre. [528] älter. [529] traute. [530] Courage. [531] schon ausging. [532] weiter. [533] kriegte es. [534] Herz. [535] breit genug. [536] verzog. [537] die Lache. [538] blieb unterwegs hängen. [539] Spiegel. [540] ins Ende, in die Höhe. [541] auf und nieder. [542] schlecht. [543] schlug. [544] er tut’s. [545] kapabel. [546] aus mancherlei Ursache. [547] Schelte. [548] spielte L’hombre. [549] leiden. [550] spielte. [551] verlor. [552] dann wieder. [553] abkaufen lassen. [554] nahm den Mohren. [555] Codille. [556] verdrießlich. [557] nach Hause. [558] legte mich nieder. [559] wollte schlafen. [560] konnte. [561] süß. [562] angetan. [563] fiel. [564] Leben. [565] nur zu. [566] Fragezeichen. [567] ausdeutete. [568] hieß. [569] besser. [570] selbst. [571] sah ich ein. [572] graue. [573] kalte. [574] schien. [575] Knochen. [576] schauerte, gruselte. [577] was sein muß. [578] kaufen. [579] Paar. [580] feinen, gelben Handschuhen. [581] Advokaten. [582] tragen. [583] bedeuten wollen. [584] Gegen elf (Uhr). [585] steckte (stak). [586] schwarz. [587] Leibrock. [588] neuen. [589] ehe. [590] Hut aufsetzte. [591] geglaubt. [592] schmiß. [593] bleiben. [594] Pantoffeln. [595] standen. [596] ihr werdet euch. [597] wundern. [598] binnen kurzem. [599] kleine. [600] zum Besuch kommen. [601] die Straße hinab. [602] komme. [603] erst. [604] Frieden. [605] klopfte. [606] schon viel gesehen. [607] Kerl. [608] Feuer fraß. [609] Hechelheede = Werg. [610] seidenen. [611] blau. [612] niemals. [613] kriegte. [614] da stand. [615] in demselben Aufzug. [616] bloß. [617] grüner Jagdrock (Frack). [618] Hirschleder. [619] Schafleder. [620] weißer Schnurrbart. [621] klare Eiszapfen. [622] niederhing. [623] nach oben. [624] aufgeschwänzt. [625] Couleuren. [626] rief. [627] rollte. [628] erschrak. [629] rufe. [630] ja nur. [631] gekommen. [632] fest. [633] solltest. [634] lieber alter. [635] wolltest. [636] bißchen erschrecken. [637] weiß. [638] -zeiten. [639] stößt, rüttelt. [640] zusammen. [641] rafft, richtet ihn auf. [642] denn dann. [643] Schimpf, Scham. [644] Spiel. [645] Bogen. [646] Kniff, Knautsch. [647] kniff. [648] Faust. [649] dann. [650] mehr. [651] holte. [652] wie. [653] Setze. [654] Stuhl. [655] knüpft. [656] Stege. [657] Fußfall. [658] gehört. [659] niemals selbst durchgemacht. [660] auf Bildern. [661] warte. [662] unter die Arme greifen. [663] dabei riß. [664] Kommode. [665] kramte. [666] Auszug, Schublade. [667] da kam. [668] Stammbuch. [669] geschah. [670] anrührte. [671] dann zog. [672] Zeug. [673] tief. [674] hielt. [675] mit schwarzen Kreuzen. [676] weichmütig. [677] viel. [678] einer. [679] Christian. [680] Schneider. [681] Sohn. [682] meinen Eltern. [683] Haus an Haus. [684] wohnte. [685] Torschreiber. [686] Parchim, meckl. Stadt. [687] sein. [688] läßt. [689] besuchen. [690] diesmal. [691] heraus geholt. [692] suche. [693] lerne ihn auswendig. [694] darin stehen welche. [695] beten. [696] dann. [697] auf Erden. [698] finden. [699] blätterte. [700] tue. [701] wie es mir ums Herz ist. [702] heute. [703] auch gut. [704] mache nun auch. [705] umdrehte. [706] weiße. [707] halbe Elle. [708] gab. [709] stopfte. [710] Ende. [711] unter das Halstuch. [712] Haustür. [713] da hustete. [714] über. [715] hinauf guckte. [716] lag. [717] halb (geöffnet). [718] blinzelte. [719] Straße. [720] wehte. [721] die Leute möchten merken. [722] zwischen. [723] erzählen. [724] hüten. [725] unter 100. [726] machen 99. [727] Bräutigams. [728] gebe. [729] Sache übernehmen. [730] klüger. [731] nach etwa 1½ Stunden. [732] bis unter. [733] Hutkopf. [734] darnach ausgesehen. [735] töricht. [736] angewöhnt. [737] selbst. [738] schnacken. [739] herunter. [740] gingen. [741] scharf nachguckten. [742] wie meine Hände. [743] etwa drei Ruten. [744] ab, entfernt. [745] stürzte. [746] fiel. [747] hinter. [748] gestanden. [749] gelauert. [750] rief. [751] halte dein Maul. [752] wann ehe. [753] schweige. [754] faßte. [755] zog. [756] da konnte. [757] halten. [758] spielte. [759] Herz. [760] Solo-Couleur (beim Kartenspiel). [761] leuchteten. [762] Augen. [763] Trümpfe. [764] wies. [765] Daumen. [766] Schulter. [767] sehen Sie da. [768] wissen. [769] wieder genug. [770] guckte. [771] quer, von der Seite. [772] wiese, zeigte. [773] schwarz. [774] niedersetzen. [775] erzählen. [776] aus, zu Ende erzählt. [777] wie der Himmel. [778] in der Heuernte. [779] Sonne scheinen. [780] regnen. [781] lassen soll. [782] Teil. [783] besser gemacht. [784] fragte dann. [785] bei welchem. [786] Fußfall. [787] angebracht. [788] gestehen. [789] zum Vorschein gekommen. [790] wohl zu speisen. [791] halte. [792] nachkommt. [793] beißt der Wolf, sprichw. [794] viel zu zeitig. [795] gekrähet. [796] Sache. [797] gehört. [798] Verlobung. [799] Kniee. [800] nächsten Tagen. [801] auseinander. [802] Zeit. [803] hüten. [804] tiefste. [805] muß. [806] Einer, man. [807] Jedem. [808] auf die Nase binden. [809] nun auch gerne. [810] glaube. [811] mit -- dazwischen laufen. [812] Possen. [813] treiben. [814] verdrießen. [815] Honigkuchen. [816] gehört. [817] ein klein bißchen. [818] Pfeffer. [819] zuerst. [820] Körnchen. [821] sah. [822] bei den Verwandten meiner Braut. [823] Zufriedenheit. [824] Fischkochen. [825] überzeugt. [826] sparte. [827] griff tief. [828] Honigtopf. [829] süß. [830] -monat. [831] viele Fliegen. [832] zu bergen wußte. [833] im Schwange. [834] zum Vergnügen. [835] brüden = necken, foppen. [836] ließ. [837] auf fünf. [838] schon. [839] greinte, lachte. [840] Straße. [841] beraten. [842] kam. [843] alten. [844] von dömeln = schwatzen, unbedeutende Sachen erzählen. [845] gleich vorgenommen. [846] Umständen. [847] aufgeben. [848] erstens, weil. [849] -art. [850] zusagte. [851] zweitens. [852] zuträglich hielt. [853] hin geriet. [854] leises Flüstern. [855] Anstoßen. [856] Ferne. [857] Nähe. [858] Zaunpfahl. [859] erzählten. [860] der, dieser. [861] gesagt. [862] der, jener. [863] Schäfer. [864] ärgerlich. [865] ob. [866] nur. [867] aus diesen Gründen. [868] dann machte. [869] lieb. [870] Pfeffermühle. [871] auf (offen). [872] stäubte. [873] kleine feine. [874] Nase. [875] Augen. [876] ob es so sollte. [877] wie. [878] wäre. [879] aufgewartet. [880] Zeug. [881] anbeträfe. [882] gäbe. [883] gut genug. [884] wie. [885] gehört hätte. [886] aufgefüttert, erzogen. [887] niemals. [888] kaltes Wasser. [889] Daune. [890] schon zu alt. [891] nächstens. [892] besuchen wollte. [893] tun. [894] dawider. [895] Spinnweben. [896] Boden, Zimmerdecke. [897] Staub. [898] Privat-Kehricht-Haufen. [899] angelegt. [900] verstauchen. [901] Feuer. [902] sonst. [903] gegangen. [904] dann setzte. [905] Ofenloch. [906] Kohlen. [907] glüheten. [908] Weberwitwe. [909] muß. [910] bei ihr. [911] tief. [912] wohnen. [913] Fleck, Stelle. [914] heiß. [915] fällt. [916] anpustet, anbläst. [917] ein bißchen. [918] anzuwärmem. [919] geschmissen. [920] toller, ärger. [921] Straße. [922] hörte. [923] schon von Ferne. [924] guckten. [925] Haustür. [926] Haufen. [927] zusammen gefunden. [928] Diele, Hausflur. [929] vorbei. [930] fährt. [931] Kürschnermeister. [932] d. h. die untere, gewöhnlich geschlossene Hälfte der zweiteiligen Tür, wie sie besonders in kleinen Häusern üblich ist. [933] vier Buchstaben. [934] Rinnstein. [935] Nachbar Grün. [936] Kürschner. [937] Frauensleute. [938] Gevatter. [939] in die Höhe, auf. [940] weil. [941] anging. [942] gehe. [943] weiter. [944] närrisch. [945] erzähle. [946] saß. [947] weiter. [948] dann. [949] Bedeuten, Bedeutung. [950] heißt. [951] im Hause. [952] nachgeben. [953] gestanden. [954] gesessen. [955] verdrießlich. [956] von der Seite. [957] ins Auge gefaßt. [958] sieht. [959] gar nicht darnach aus. [960] möchte. [961] gerne. [962] glaube. [963] bleibt. [964] lieber drinnen. [965] den Teufel auch. [966] aber. [967] Schürzenband. [968] angebunden. [969] wie klein. [970] Hinterfleck, Hacken. [971] einer, man. [972] nachher. [973] gilt. [974] Scheffel. [975] gewöhnen. [976] darauf verlasse dich nur nicht. [977] Sprichwort. [978] etwas Neues. [979] machte. [980] Nutzanwendung. [981] lasse. [982] zu alt dazu. [983] folgst. [984] Lehrjahre. [985] Kloß-, Erdkloßtreter, scherzhaft für: Landmann. [986] durchgemacht. [987] wohnten. [988] dazumal. [989] zwei. [990] schier, schmuck. [991] Kerle. [992] hieß. [993] Wolf. [994] Dorf. [995] Kibitz. [996] Müller. [997] Pfiffikus. [998] verstand. [999] einfältig, beschränkt. [1000] Zeit. [1001] Gevatterin. [1002] schon gehört. [1003] des Schulzen. [1004] Sophie und Marie. [1005] d. h. 10. November. [1006] freiten. [1007] etwa: gelt! eigentl.: stehe. [1008] gebeten. [1009] wie heute. [1010] wie. [1011] Schreiber, Wirtschafter. [1012] Schleifkanne, hölzerner Deckelkrug. [1013] voll Doppelbier. [1014] ärgerlich, böse. [1015] im besten Einvernehmen. [1016] währte. [1017] schlägt. [1018] Krug, Wirtshaus. [1019] spielt. [1020] wieso. [1021] eigentl. vermietet. [1022] dann muß. [1023] Mieter. [1024] komme. [1025] Schweine geschlachtet. [1026] weißt. [1027] Schwarzsauer, in Blut gekochtes Schweinefleisch. [1028] Beweis geben. [1029] ruft. [1030] einmal. [1031] die große Schüssel. [1032] schmeiße. [1033] gleich. [1034] fährt. [1035] wie heute Morgen. [1036] Topf. [1037] geschieht. [1038] lasse Dir die Zeit. [1039] spät. [1040] zurück. [1041] Weise. [1042] eingesperrt. [1043] geschlagen (mit einem ‚Schacht’‘ = Prügel). [1044] Brautleute. [1045] da lauerte, sah. [1046] welchem. [1047] Zeug. [1048] hielte. [1049] fand. [1050] rotes seidenes Tuch. [1051] gab. [1052] gegessen. [1053] bißchen. [1054] Gänseschmalz. [1055] geschmiert. [1056] losfuhr. [1057] faßte. [1058] rund. [1059] hält. [1060] findest. [1061] niemals. [1062] gab, d. h. fand sich darein. [1063] Teterow, meckl. Stadt. [1064] gewann. [1065] dazu freute. [1066] da nahm. [1067] spielte. [1068] schmiß. [1069] weinen. [1070] laß sein. [1071] besser. [1072] entzwei gefallen. [1073] unser Leben. [1074] brach. [1075] Zähne. [1076] Herbstmarkt. [1077] neuen. [1078] wieder schenkst. [1079] geblieben. [1080] zufrieden. [1081] muß. [1082] Krüger, Wirt. [1083] komme heraus. [1084] draußen. [1085] trifft. [1086] _Adj._ von entzwei. [1087] Auge. [1088] erschrickt. [1089] schlecht. [1090] Erzählen. [1091] gut genug behalten. [1092] geholfen. [1093] helfen. [1094] Spiegel. [1095] Haare. [1096] Frau des Holländers, Milchmeiers. [1097] Kaffeeklatsch, Kaffeegesellschaft. [1098] zurecht. [1099] liegt. [1100] Haube. [1101] Waschschüssel. [1102] Seifenwasser. [1103] tue. [1104] ehe. [1105] präcavieren, vorsehen. [1106] fährt. [1107] wohl. [1108] da ruft. [1109] Teil. [1110] guck. [1111] zieht. [1112] zugerichtet. [1113] -bart. [1114] gemacht. [1115] hilft. [1116] stand auf. [1117] klug. [1118] drehte. [1119] sonst schon bessere. [1120] gleich. [1121] suchen. [1122] glauben. [1123] Spitzbube. [1124] bis an den Hacken (Ferse), d. h. fertig. [1125] der Alte. [1126] greint, lacht verstohlen. [1127] regnet. [1128] fahren. [1129] wie alt. [1130] Alter. [1131] mochte. [1132] Bräutigamszeit. [1133] etwas hören. [1134] Pfeffer. [1135] dann lasse. [1136] scharf. [1137] siebenten. [1138] 41 Jahre gewesen. [1139] in den Zwanzigen. [1140] in den Dreißigen. [1141] klug. [1142] in den Fünfzigen. [1143] reich. [1144] nur sein lassen. [1145] scheinst. [1146] stramm ins Ende, in die Höhe. [1147] kauft. [1148] betrogen. [1149] dabei. [1150] Gleichnis. [1151] aufgeführt. [1152] traust. [1153] Alter. [1154] etwa drei Stück. [1155] überlege. [1156] drehe. [1157] glaube. [1158] dann mache sie. [1159] schlechte. [1160] schelten. [1161] sieh über. [1162] lieber. [1163] Herz. [1164] gehört. [1165] schlägt. [1166] bis. [1167] hinzu. [1168] überlegte. [1169] angestellt. [1170] hüten. [1171] Erzählung. [1172] Hände. [1173] möglicherweise. [1174] merken. [1175] diese Stückchen. [1176] abgekartet. [1177] halt. [1178] dieses Spiel. [1179] gilt. [1180] etwa: du hast gepfuscht; nicht richtig gespielt. [1181] Karten. [1182] bediene. [1183] aus der Hälfte, beim Kartenspiel, auch: aus dem Schneider. [1184] aber manchmal. [1185] fleißig. [1186] nachgibt. [1187] zu Werk gegangen. [1188] neulich. [1189] wie es. [1190] zusammen. [1191] denn dann. [1192] Ihr lebt ja. [1193] sei zufrieden. [1194] manchmal so zu Mute. [1195] legte. [1196] Schulter. [1197] Erde. [1198] begnüge. [1199] anbetrifft. [1200] Joachim Schmitt. [1201] alt. [1202] nachher. [1203] wie ein Apfelbaum. [1204] darin sitzt man. [1205] rötesten Äpfel. [1206] kurz. [1207] holt. [1208] Stange. [1209] zunicht. [1210] Zweige. [1211] Trage-, Fruchtknospen. [1212] läßt. [1213] wartet. [1214] Herbst. [1215] dann. [1216] Schoß. [1217] viel süßer. [1218] setzte. [1219] hinzu. [1220] treuherzig. [1221] schüttle. [1222] Zeit. [1223] deiner (währt) wartet. [1224] dann erzähle. End of the Project Gutenberg EBook of Deutsche Humoristen, 1. Band (von 8), by Peter Rosegger and Fritz Reuter and Wilhelm Raabe and Albert Roderich *** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DEUTSCHE HUMORISTEN, 1. BAND *** ***** This file should be named 52985-0.txt or 52985-0.zip ***** This and all associated files of various formats will be found in: http://www.gutenberg.org/5/2/9/8/52985/ Produced by the Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net Updated editions will replace the previous one--the old editions will be renamed. Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright law means that no one owns a United States copyright in these works, so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. Project Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you charge for the eBooks, unless you receive specific permission. 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General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg-tm electronic works 1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to and accept all the terms of this license and intellectual property (trademark/copyright) agreement. If you do not agree to abide by all the terms of this agreement, you must cease using and return or destroy all copies of Project Gutenberg-tm electronic works in your possession. If you paid a fee for obtaining a copy of or access to a Project Gutenberg-tm electronic work and you do not agree to be bound by the terms of this agreement, you may obtain a refund from the person or entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph 1.E.8. 1.B. "Project Gutenberg" is a registered trademark. It may only be used on or associated in any way with an electronic work by people who agree to be bound by the terms of this agreement. 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It exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from people in all walks of life. Volunteers and financial support to provide volunteers with the assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will remain freely available for generations to come. In 2001, the Project Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 and the Foundation information page at www.gutenberg.org Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit 501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by U.S. federal laws and your state's laws. The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its volunteers and employees are scattered throughout numerous locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. 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Donations are accepted in a number of other ways including checks, online payments and credit card donations. To donate, please visit: www.gutenberg.org/donate Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic works. Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be freely shared with anyone. For forty years, he produced and distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support. Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper edition. 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